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Mittwoch, 10. Dezember 1941
Im Zeichen des Mangels
Da» Statistisch« Landesamt Tübingen gibt einen interessanten Ueberblick über das Erntejahr 1916, den wir auf Seile 3 dieser Ausgabe veröffentlichen. Der Minister für Ernährung und Landwirtschaft, Dr. Franz Weiß, hat der Schwäbischen Zeitung" dazu eine Unterredung gewährt, in der er eine Reihe van Fragen be- anticortete.
Frage: Welche Zahlen liegen der Statistik tugrundet
Antwort: Der Statistik liegen die Flächenangaben der Bodenbenutzungserhebung und die bei der amtlichen Ernteschätzung festgestellten Erträge zugrunde.
Frage: Die allgemeine Tendenz des Erntejahres 1916 ist Rückgang der Erzeugnisse. Auf welche Ursachen ist das Abnehmen der Anbaufluche für Brotgetreide und für Futtergetreide zuruckzufuhrent
Antwort: Hauptursache für den Rückgang der Getreideanbaufläche sind die schlechten Getreidepreise. Dieser Rückgang konnte auch nicht teilweise durch Verstärkung des preismäßig relativ günstiger bewerteten, während der letzten Jahre nur unwesentlich veränderten Hackfruchtanbaues ausgeglichen werden wegen mangelnder Arbeitskräfte, so daß als Folge beider Ursachen eine Extensi- vierung des Ackerbaues eingetreten ist. Parallel hiermit ging ein Ansteigen des Rindviehbestandes und damit eine Intensivierung der Veredlungswirtschaft, zu deren Gunsten eine Verstärkung des Grünlandanteils eintrat. Diese Verlagerung geht aus dem neuen statistischen Heft nur teilweise hervor, da das Weideland darin unberücksichtigt geblieben ist. Der Rückbau der Getreideanbaufläche tritt im wesentlichen wieder als Zugang beim Grünland in Erscheinung, wovon die Statistik nur das Wiesenland und den Feldfutterbau mit rund 12000 Hektar Anteil
In welcher /-Zeit dies gelingen wird, hängt von der Produktionsmöglichkeit der einschlä- j gigen Fabriken ab. |
Frage: Wie ist die Zunahme des Rindviehbestandes trotz der■ Ablieferung zu erklärent
Antwort: Die Zunahme erklärt sich durch verstärkte Nachzucht und durch einen dadurch herbeigeführten großen Jungviehbestand.
F,rage: Wie groß ist der augenblickliche Bedarf an landwirtschaftlichen Maschinen! Welche Maschinenfabriken werden in Zukunft für Südwürttemberg in Frage kommt nt
Antwort: Als Beispiel sei der Jahresbedarf einiger wichtiger Maschinen genannt sowie der Prozentsatz, wie hoch dieser Bedarf augenblicklich ungefähr gedeckt werden kann: Futterschneidmaschinen ■950 Stück (5,9 Prozent), Rohöl- und Holzgasschlepper 500 Stück (13,8), Motormäher 800 Stück (32,8), Bindemäher 120 Stück (50,0), Dreschmaschinen (bäuerlich) 150 Stück (12,0), Eggen (zwei- und dreiteilig) 2000 Stück (0,3), Pflüge 4000 Stück (9,5), Gespanngrasmäher 2000 Stück (30 Prozent). Die wichtigsten Maschinenlieferanten sind: Bautz, Saulgau; Fahr, Gottma- dingen;. Lanz, Aulendorf und Zweibrücken (Schlepper); Iruswerke, Dußlingen (Motormäher); Wahl, Balingen (Schlepper); Holder, Metzingen (Spritzgeräte, Bodenfräsen); Hölz, Wangen (Jaucheanlagen); Eisele u. Söhne, Laiz (Elektromotoren und Jauchepumpen); Himmelwerke, Derendingen (Elektromotoren). Durch Ersatzteile (z. B. Pflugscharen) könnte
manche stillgelegte Maschine wieder betriebsfähig gemacht werden.
Frage: Ist die augenblickliche Ernährungspolitik gezwungen, nur von heute auf morgen zti entscheiden, oder ist unter den gegenwärtigen Umstünden überhaupt eine Planung auf Jahre hinaus möglicht
Antwort: Ein Erzeugungs- und Ernährungsplan hängt von der politischen und wirtschaftlichen Entwicklung ab. Hauptträger der Volksernährung wird künftig auf allen Gebieten die bäuerliche Wirtschaft werden. Hauptaufgabe wird deshalb für die Zukunft sein, die Erzeugungskraft und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der bäuerlichen Betriebe zu erhöhen durch eine umfassende und durchgreifende Bodenbenutzungsreform und Schaffung der hierfür erforderlichen landtechnischen und betriebswirtschaftlichen Voraussetzungen.
Frage: Wie wird im allgemeinen die Ernte 1917 gegenüber der statistisch erfaßten Ernte 1916 aus- sehent
Antwort: Abgesehen von Futterpflanzen und Gemüse ist im Land Südwürttemberg-. Hohenzollern die Ernte 1947 gegenüber 1946 höher bei Getreide, Hülsenfrüchten, Kartoffeln und Obst.
Ergänzend zu den reinen Prozentangaben in Oelfrucht-, Flachs- und Hanfanbau sagte der Minister: „Der Oelfruchtanbau. stieg von 942 Hektar 1935 bzw. 366 Hektar 1939 auf 1498 Hektar 1946 an, und erreichte nur während der Kriegsjahre einen höheren Stand. Entsprechend stieg der Hanf- und Flachsanbau von 499 Hektar 1936 bzw. 623 Hektar 1939 auf 1034 Hektar 1946 an, bei ebenfalls einem etwas höheren Stand während der Kriegsjahre.
AUS ALLER WELT
anführt.
Frage: Auf was ist die rapide Abnahme der Hektarerträge zurückzuführent Ist der Mangel an Düngemittel der Hauptgrundt
Antwort: Ja. Neben diesem Hauptgrund spielt aber auch der Mangel an menschlichen Arbeitskräften, tierischen und motorischen Zugkräften, Geräten und Maschinen sowie n Unkrautbekämpfungsmitteln eine Rolle. Dadurch ist eine starke Bodenbeanspruchung Raubbau) bedingt. Geringere Sorgfalt der Bauern kann nicht angenommen werden, wohl aber durch obige Umstände hervorgerufene unwirtschaftlichere Methoden.
Frage: Der Anbau von Feldgemüse bringt reichen Ertrag. Warum wird die Anbaufläche von Feldgemüse nicht stark vergrößert1
Antwort: Die Anbaufläche von Feldgemüse wurde in den letzten Jahren stark vergrößert. >er weiteren Ausdehnung stehen Mangel an oaatgut jand Arbeitskräften im Wege.
Frage: Warum ist trotz der starken Zuckerknappheit die Anbaufläche von Zuckerrüben so dein! Welche Möglichkeiten bestehen in St'id- cürttemberg für die Verarbeitung von Zucker- rübent
Antwort: Die Anbaufläche für Zuckerrüben wurde nicht vergrößert, weil Boden und Klima eine weitere Ausdehnung nicht ■.ulassen. In Südwürttemberg besteht keine Möglichkeit für die Verarbeitung von Zuckerrüben..
Frage: Worauf ist die erschreckende Abnahme von einer Million Kernobstbäumen zurückzuführent
Antwort: Die Abnahme der Kernobstbäume ist auf den Ausfall von Bäumen während verschiedener strenger Winter und den normalen Abgang von alten Bäumen zurückzuführen, die infolge des Mangels an Jungbaumen nicht voll ersetzt werden konnten. Die Heranzucht von Jungbäumen in genügender Zahl für die kommenden Jahre wurde vom Landwirtschaftsministerium veranlaßt.
Frage: Kann der augenblicklich vollkommen unzureichende und veraltete Bestand von 3 8 000 Pferden durch Einfuhr oder verstärkte Züchtung auf eine befriedigende Höhe gebracht werden1 -Besteht Aussicht, den Mangel an Pferden und Zuchttieren dm-ch gesteigerte Produktion oder Einfuhr von Schleppern auszugleichent .
Antwort: Der Mängel an Pferden könnte nur behoben werden, wenn bei einem Anschluß unserer Zone an die Bizone die Möglichkeit einer Pferdeeinfuhr sich ergäbe. Es wird mit allen Mitteln versucht, fehlende Zugkräfte durch Zugmaschinen zu ersetzen.
Menschenrechte ohne Garantie Der Kommission für Menschenrechte der Vereinten Nationen, die zur Zeit in Genf tagt, ist ein Entwurf des amerikanischen Staatsdepartements für eine neue Erklärung der Menschenrechte zugeleitet wordeft. Er enthält keine vertraglichen Verpflichtungen der Regierungen oder der Vereinten Nationen, die definierten Rechte zu garantieren.
Dank deutscher Findigkeit Wie die WirtschaftsabteUung der amerikanischen Militärregierung mitteilt, sind von den Maschinen, die in dem amerikanischen Sektor Berlins arbeiten, etwa 45 Prozent aus den Trümmern geborgen und „dank der deutschen Findigkeit“ wieder verwendungsfähig gemacht worden. Dreißig Prozent stammen aus den übrigen Besatzungszonen und zehn Prozent wurden neu gebaut. Nach dem Abtransport von Maschinen durch die Sowjets im Jahre 1945 blieben im amerikanischen Sektor Berlins nur 15 Prozent aller Maschinen.
Erhebliche Verbesserungen Der Generalsekretär der britischen Bergarbeiter, Horner, der mit Delegierten der Bergarbeiter-Exekutive des Weltgewerkschaftsbundes das Ruhrgebiet bereiste, sagte, die Vierseilförderung, die in Bochum am 18. Dezember in Betrieb genommen wird, weise erhebliche technische Verbesserungen gegenüber den. bisherigen Fördereinrichtungen auf.
Weniger Reisegenehmigungen Die Eisenbahndirektion Berlin hat die Zahl der Reisegenehmigungen für Fernzüge in die Ostzone um 35 bis 40 Prozent herabgesetzt.
Hundhammer reist nach Rom Nach einer „Südena“-Meldung aus München wird der bayerische Kultusminister Dr. Alois Hundhammer Mitte Dezember von Papst Pius XII. im Vatikan in Privataudienz empfangen werden. Die Meldung bringt damit die Frage einer Nuntiatur in München in Zusammenhang.
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Memoranden aus Saarburg Die Bevölkerung des Kreises Saarburg hat an die Militär« regierung des Saarlands und an die Londoner Außenministerkon- ferenz Memoranden gerichtet* in
denen sie bittet» wieder an das Saarland angeschlossen zu w'er- den. Der Kreis ist dreihundert Quadratkilometer groß und hat rund 27 000 Einwohner. Er war im Vorjahr an das Saarland angeschlossen, heuer aber zum großen Teil wieder abgetrennt worden.
Zeugen werden gesucht Für den Prozeß gegen die Angehörigen des Auswärtigen Amtes sucht die Anklagebehörde den früheren Oberleutnant der Schwarzen Reichswehr, Paul Schulz, der jetzt in Süddeutschland lebt, sowie die Hauptleute Kors und Gartenfeld. Weiter werden Angaben über die Entführung des deutschen Staatsangehörigen Basseng erbeten.
Selbst die SA weigerte sich Auf Anordnung der Militärregierung wurde bei dem Landgericht Saarbrücken eine Sonderstrafkammer gebildet, vor der Verbrechen gegen die Menschlichkeit abgeurteilt werden. Am ersten Sitzungstage wurden Ausschreitungen gegen Juden am 10. November 1938 in Losheim und Greimerath im Kreise Saarburg behandelt. Angeklagt waren fünfzehn SA- Leut^ und Parteimitglieder. In Greimerath weigerte sich^ die SA, an der Aktion teilzunehmen. Die Angeklagten wurden zu Strafen von zwei Monaten bis zu einem Jahr verurteilt. Der ehemalige Polizeibeamte Oskar Ruh aus Losheim erhielt eine Zuchthausstrafe von 3 Jahren.
Zugsattentäter verurteilt Das Hohe Gericht der britischen Kontrollkommission in Hannover verurteilte vier Verschleppte zum Tode, weil sie im Juni 1947 versucht hatten, einen Zug .der Strecke Hamburg-Hannover zu sprengen. Das Attentat, das im Auftrag einer jüdischen Geheim- organisaflon erfolgte, wurde von einem deutschen Eisenbahnangestellten entdeckt. München prägt 5-Pfennig-Stücke In der Münchner Münze, die seit der Kapitulation stillag, hat der Militärgouverneur Van Wa- goner die erste Münzprägema- schine - wieder in Bewegung gesetzt. Sechs Maschinen prägen täglich 48 000 Fünf-Pfennig- Stücke.
Ein hoher Preis
Die ' 41jährige Amerikanerin Frances Moore aus Pennsyl-
vanien hat die Erlaubnis erhalten, den 19jährigen Deutschen Hans Karl Fiegl zu heiraten, den sie als Marketenderin in PasSau kennengelernt hat. Nach der Hochzeit wollen die Neuvermählten nach Amerika abreisen.
Horst Caspar rehabilitiert Horst Caspar vom Berliner Schillertheater Ist von der Entnazifizierungskommission für Kunstschaffende rehabiliert worden. Er hatte als Mischling zweiten Grades unter Hitler große Schwierigkeiten und bedurfte für bie Rundfunk- und Filmtätigkeit Sondergenehmigungen.
Genehmigte Währungsreform Der alliierte Rat für Oesterreich hat das Währungsschutzgesetz der Regierung gebilligt. Die Regierung stellt jeder Besatzungsmacht zwölf Millionen Schilling zur Verfügung. Wechselgeschäfte mit Angehörigen der Besatzungsmacht sind den österreichischen Finanzinstituten untersagt. Die “ Sowjetunion erhält weitere fünfhundert Mil- - lionen Schilling, um eine alte Forderunng zu begleichen, die aus einer Markanleihe der Sowjets an die österreichische Regierung herrührt.
Elisabeth und Philip Nach dem „Daily Graphic“ werden Prinzessin Elisabeth und der Herzog von Edinburgh im nächsten Frühjahr mit dem Schlachtschilf „Vanguard“ Kanada die Vereinigten Staaten und Australien besuchen.
Erdbeben im Wallis Im Kanton Wallis wurde am Freitag ein kurzes und heftiges Erdbeben wahrgenommen. Schäden wurden nicht gemeldet.
Die Schweiz schenkt Windeln Die Schweiz hat den Städten Bielefeld und Herford zehntausend Franken zur Anschaffung von Windeln gespendet
„CCT 47“ . bleibt verschollen Das Flugzeug „CCT 47“, das auf dem Flug von Pisa nach Frankfurt abgestürzt ist, wird seit nunmehr zehn Tagen erfolglos gesucht. Die Bodenmannschaften wurden ln die Heimatorte zurückgenommen, da man nicht mehr an einen Absturz ln aen besiedelten Gegenden Mitteleuropas glaubt. Vielleicht birgt das Mittelmeer oder, auch eine Alpenschlucht das Geheimnis der verschwundenen Maschine.
Ute Glosse
Brücken
J. S. Der Volksmund hat sie vielfach nur die „Ortsgruppenleiterbrücken“ genannt, nicht um das Andenken an jene kleinen Potentaten der Hitlerzeit zu verewigen, sondern weil an ihrem Wiederaufbau ehemalige Ortsgruppenleiter, Amtswalter und Hoheitsträger bevorzugt beteiligt waren, allerdings recht unfreiwillig. Als diese Brücken vor zweieinhalb Jahren gesprengt Wurden, ging ein Wut schrei durch das Land. Es war ein vollendeter Narrenstreich. Als ob man damit den - Siegeslauf der Feinde hätte stoppen oder auch nur wesentlich verzögern können, als ob die französischen Divisionen auf der schwäbischen Eisenbahn heranrollen würden! Aber es war noch mehr als ein Narrenstreich, es war ein Verbrechen. Der Feind sollte eine Wüste, die berühmte „tote Erde“, ein schlafendes Deutschland vorfinden. Wenn das deutsche Volk diese Probe des Krieges nicht bestehe, so werde er ihm keine Träne nachweinen, hatte einst sein Führer erklärt. Und als es, ausgemergelt und ausgeblutet, diese Probe wirklich nicht bestand, war es in - seinen Augen eine „Verräternation“, nur wert, daß sie zt\ Grunde gehfe und mit ihrem Untergange seinen schmählichen Abgang von der Bühne zum grandiosesten Schaustück der Weltgeschichte stempele. Zähneknirschend schaute das Volk damals diesem Zerstörungswerk zu, es war machtlos dagegen. Wohl konnten beherzte Männer und Frauen etwa die Panzersperren niederreißen und manche Zerstörung vereiteln, viele büßten es mit ihrem Leben, aber die Brücken Waren dahin. Ihre Pfeiler waren geborsten, Gras wuchs auf den Trümmern, und der Rost fraß sich in die Schienenreste. Nun spannen sich die Bogen wieder stolz, schnaubend dampft das Bähn- lein wieder über den Fluß und spiegelt sich friedlich in den blauen Wassern der Donau oder der Lauchert. Noch harrt die größte und kühnste Brücke im Lande, die über die Ravennaschlucht im romantischen Höllental, der Vollendung entgegen, aber auch sie wird drankommen. So verschwinden langsam die Narben, die der unselige Krieg dem Lande geschlagen hat. Brücken waren zu .allen Zeiten Wahrzeichen friedlicher Kultur. Sie waren allen Völkern heilig, sie rücken Städte und Völker aneinander, verbinden und versöhnen. Brücken bauen ist besser als Kanonen bauen. Vielleicht ist das auch dem einen oder andern der Männer, die an diesen „Ortsgruppenleiterbrücken" bauen mußten, langsam zum Bewußtsein gekommen.
AM RANDE
In dem Lesebuch der Berliner Schüler „Wir kleinen Berliner“, das 1946 im Verlag .Volk und Wissen* herausgekommen ist, zeigte auf Seite 26 eine Ab- 'bildung eine Medizinflasdie mit der Aufschrift .Ritzinuß- Öl“. Wie’ das Hauptschulamt der .Berliner* Zeitung" mitteilt, heißt es in der diesjährigen Ausgabe des Lesebuchs richtiger .Rizinusöl".
Der Landtag: von Mecklenburg-Vorpommern hat mit den Stimmen der SED-Mehrheit die Aufhebung des § 218 beschlossen.
Die Verbreitung eines Plakats der gegenseitigen Bauernhilfe im amerikanischen Sektor Berlins wurde verboten, weil sie als Ostgrenze Deutschlands die Oder und Neiße zeigte.
In Köln bat infolge einer politischen Debatte ein Achtzehnjähriger einen Schuhmacher mit dem Schusterhammer erschlagen. Der Schuhmacher wär Kommunist und der Achtzehnjährige ein Heimkehrer aus der sowjetischen Gefangenschaft.
In Guben hat der Betriebsleiter der Firma Eisenköhler, die in Landeseigentum übergeführt worden ist, ein früherer Maschinenschlosser namens Albrecht, in 15 Monaten für Betriebs-Feste der etwa 180 Köpfe zählenden Belegschaft mehr als 36 000 Mark ausgegeben. 12 000 Mark kosteten allein das Bier und der Schnaps, die zur Feier der einjährigen Betriebleiterschaft Alb- rechts getrunken wurden.
Wetterbericht
Zunehmende Aufheiterung. Frühnebel häufig bis Mittag. Am Tage mild. Nachts Frostgefahr erst in der zweiten Wochenhälfte.
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Mitglieder der Redaktion: Dr. Konrad Fakler, Albert Komma, Dr. Alphons Nobel, Johannes Schmid. Verlag: Schwäbischer Verlag, KG., Friedrichshafen, ln Leutkirch. Druck: Rottweiler Verlags- nnd Draokerelgeno8senschaft, Rottweil. *
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Von Friedl Eidens
Am Abend dieses schmerzensreichen Tages, als sie das Kind zu Bett brachte, hatte es plötzlich die Aermchen um ihren Hals geschlungen .und gefragt: „Meinst du, daß meine Mutti auch so traurig war, als sie mich verloren hat?“ Da hatte sie nur stumm den •Kopf geschüttelt: „Schlaf jetzt, Peterle, morgen ist alles wieder gut.“
Aber nichts war gut geworden, nun war das Schicksal gekommen und verlangte ihr ab, was ihr nicht gehörte: das Peterle lag vor ihr mit einer schweren Diphterie, neben seinem weißen Bettchen stand der Tod. „Ich kann Ihnen wenig Hoffnung machen ..." — Wenig Hoffnung — sie saß da, eine alte, müde Frau, und die dunklen Wasser der Verzweiflung überspülten ihr Herz. Vielleicht war dies die Strafe, weil sie das Kind für sich behalten wollte?
Nein, dachte, sie, lieber Gott, laß es mir,' lieber Gott, lieber Gott . . . Der röchelnde Atem setzte aus, sie sprang auf, sie schüttelte das kleine Bündel, wild, verzweifelt. War es schon zu Ende? Lieber Gott, da begann es wieder zu atmen, zweimal — dreimal. Stille. Schütteln. Atmen. Schluchzen. Und plötzlich sank sie vor dem Bettchen nieder: „Lieber Gott, laß es leben, ich will es hergeben, wenn es nur lebt!“ Vor dem Fenster dämmerte der Morgen.
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Der Tod, das Schicksal, der liebe Gott, — sie nahmen das Opfer an und Peterle wurde gesund. Er lag noch ein paar Wochen in seinem Bett, sein Gesicht wurde wieder kindlich, seine Augen begannen zu leuchten. Ach,
diese herrlichen, schmerzlichen Wochen, jeder Tag war ein Geschenk, und jeder Tag war ein Abschied, war gezählt. Und eines Morgens fuhren sie zum Photographen. Peterle wurde auf den Tisch gestellt, der Photograph machte allerlei Schnickschnack und dann war’s vorbei. „Das Bild schicken wir jetzt in die Welt“, sagte sie, damit dich deine Mutti sieht.“ „Muß ich dann fort von dir?“ fragte Peter. Sie nahm ihn fest bei der Hand: „Ich glaube schon,“ sagte sie mühsam.
Vierzehn Tage später kamen die Bilder. Sie saß allein an ihrem Tisch und Sah sie unverwandt an: die warmen, braunen Augen, den sehnsüchtigen Blick, er schaute so ernst drein, und sein Schopf glänzte hell: aber so mager waren seine Beine' in den Söckchen. Was würde seine Mutter denken? Mußte sie nicht erschrecken? Sie nahm das Bild ihres Sohnes und legte das von Peterle daneben. Zwei Kinder. Und ihr blieb nichts als die toten Bilder; sie drehte sie um, da lagen sie: leere, weiße Flecken. Dann griff sie nach einem Bogen und schrieb: „Peter Schatz sucht seine Mutter. Ich fand ihn in einem Flücktlingszug . . ." Und dann steckte sie das kleine Bild in ein großes Kuvert und schrieb darauf: An das Rote Kreuz.
Die Antwort kam viel rascher, als sie befürchtet hatte: Peterles Mutter war unterwegs. Sie hatte ihr Kind schon lange als vermißt gemeldet, sie hatte alles versucht, nun war sie vor Freude wie von Sinnen. Sie kam aus einer anderen Zone, sie telegraphierte von der Grenze, sie telegraphierte aus der letzten größeren Stadt, wo sie übernachten mußte. -
„Bleiben wir dann beide bei dir?“ fragte Peterle. „Dann bist du nicht allein — oder fährst du mit uns?“
Seine Mutti kam mit dem Nachtzug. Peterle foar noch auf, er hatte unter keinen Umständen zu Bett gehen wollen, bis sie da war. Als sie zur Tür hereintrat, atemlos, blaß, blieb sie völlig erstarrt stehen. Peterle sah sie aufmerksam an: „Bist du nun wirklich die Mutti,“ fragte er. Da stürzte die junge Frau vor ihm auf die Knie und umschlang ihn so heftig, daß er fast umfiel. „Warum weinst du denn?“ fragte er ratlos und ein bißchen ängstlich.
Als er in sein Bettchen gebracht wurde, schlief er sofort ein. Er lag, die kleinen Fäuste unter dem Kissen vergraben, und er wußte und hörte nichts von dem, was zwei Frauen bis spät in die Nacht miteinander sprachen. Vielleicht, wenn er sie gesehen hätte, hätte er wieder fragen müssen: „Warum weint ihr denn eigentlich?“
Peterle und seine richtige Mutter fuhren zwei Tage später fort. Seine Sachen wurden sorgsam in eine Schachtel verpackt, das neue Holzpferdchen, das auch schon wieder den Schwanz verloren hatte, hielt er unter dem Arm. Sie gingen langsam die Straße hinunter, sein Mäntelchen leuchtete noch zwischen den Bäumen. „Gehst du nicht mit zum Bahnhof?“ hatte er gefragt, da hatte die andere Mutti nur heftig den Kopf geschüttelt. Sie war überhaupt ganz anders in diesen letzten zwei Tagen, sie hatte fast nicht mehr mit ihm gesprochen und ihn nur manchmal still angeschaut. Da stand sie nun und sah den beiden nach. An der Ecke wandte sich das Kind noch einmal um und winkte — und dann war alles vorbei. -
Langsam ging sie zurück ins Haus, in das leere Zimmer, da stand das Bettchen, und an der Bürste hingen noch ein paar blonde
Haare. Aber auf Peterles Kopfkissen lag ein Zettel, darauf war mit bunten Stiften ein Haus gemalt und eine gelbe Sonne, und vor dem Haus stand ein Männlein. Und drunter stand mit krummen, schiefen Buchstaben, zu denen jemand mühsam die Hand geführt:
„Ich hab’ dich lieb und ich komm’ bald wieder.“ '
Was der „Sperling“ erzählt Das bekannteste deutsche Zeitschriften- und itungs-Adreßbuch, der „Sperling“, Ist im Ver- ; des Börsenvereins der deutschen Buchhändler, ipzlg, wieder erschienen. Er bietet wenigstens len annähernden Gesamtüberblick über das utlge deutsche Zeitschriften- und Zeltungswesen, »gesamt sind 2485 Zeitschriften und Zeitungen «tschlands sowie der deutschen Sprachgebiete rzeichnet. Die Zeitschriften sind dabei mit 1770 schelnungen am stärksten vertreten. In der ifgliederung nach Sachgebieten nehmen Politik ulturpolitik) und Theologie mit 205 bezw. 177 schelnungen den größten Raum ein. Bei den ssensthaftllchen Zeitschriften überwiegen Medizin id Jurisprudenz. 58 Fachjournale stehen der Khnik und dem Bauwesen zur Verfügung. Von n angegebenen 37 Literaturblättern werden vier n den Besatzungsmächten herausgegeben, wäh- nd sieben nur vierteljährlich erscheinen und elf ich in Vorbereitung sind.
An Tageszeitungen verzeichnet der „Sperling - 1. Davon entfallen 52 auf die amerikanische, 49 if die britische, 32 auf die sowjetische und 24 auf e französische Besatzungszone. Mit 74 Zeitungen cerwiegen in den drei westlichen Zonen die über- irteilichen Blätter. Laut „Sperling - : verfügen crt die SPD über 19, die CDU über 16, die KPD cer 11 und die FDP über 5 parteieigene Tages- itungen. In der sowjetischen Zone erscheinen nf parteilose Tageszeitungen. LDP und CDU smo it je fünf Parteiorganen vertreten, während der 5D 17 Zeitungen zur Verfügung stehen.
Die höchsten Auflagen haben die von den Betzungsmächten herausgegebenen Blätler. „iJi - ; eue Zeitung“ (amerikanisch) erscheint täglich ml !50 000, die „Tägliche Rundschau" und „Die wen mit to onn fwwi ExemDlaren.