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Samstag. 22. November 1941

Rommel wurde ermordet

Zu den Meldungen über den Tod des Gene­ralfeldmarschalls Rommel, die in der letzten Zeit verbreitet wurden, schreibt uns Gutsbe­sitzer Famy, Dürren: Ich bin über die Tra­gödie Rommel in allen Einzelheiten unter­richtet. Um einer späteren Geschichtsklitte­rung vorzubeugen und um der deutsehen Nachwelt die Wahrheit über eines der kapi­talsten und perversesten Staatsverbrechen Hitlers unverfälscht zu erhalten, kann ich unter Zustimmung seiner Frau und seines letzten Generalstabschefs, General a. D. Dr. Speidel, feststellen: Generalfeldmarschall

Rommel ist auf direkten und persönlichen Befehl Hitlers durch Gift beseitigt worden. Rommel hat uns noch am Tage vor seiner Ermordung in Dürren, Kreis Wangen i. A., ebenso wie einige Wochen vorher, ausdrück­lich gesagt, daß er aus inneren und äußeren Gründen niemals Selbstmord begehen werde, und daß, wenn die damals im Gange befind­lichen und uns bekannten Nachstellungen v einen ernsten Ausgang nehmen sollten, .er selbst keinesfalls einem Tatbestand Vorschub leisten werde, welcher dem herrschenden Re­gime die Möglichkeit geben würde, einen Selbstmord vorzutäuschen. Was sich in den letzten Sekunden in dem Mordauto .zwischen Herrlingen und Ulm abspielte, wird das Ge­heimnis der Toten bleiben. Soviel aber ist sicher, daß der General Burgdorf Gift mit­gebracht hatte, das, wie man Rommel sagte, binnen drei Sekunden töte. Er konnte seiner Frau noch unter vier Augen sagen, Burg- dort zwinge ihm das Gift auf; ob in Pillen­form oder durch eine Spritze, wird unauf­geklärt bleiben. .

Rommel und Burgdorf sind tot. Maisei und der SS-Fahrer des Wagens, Doose, geben an, daß sie den Wagen auf einige Zeit verlassen mußten, und bei ihrer Rückkehr Rommel nur noch im Tode röchelnd angetroffen hät­ten. Nach einer anderen Meldung soll auf der

Die Bremse am Karren

^ Nürnberg. Im Mittelpunkt des Prozesses gegen das ehemalige Auswärtige Amt steht der frühere Botschafter von Weizsäcker. Viele Beschuldigte haben in zehn Prozessen auf den Anklagebänken im Nürnberger Justizpalast gesessen, ihre Na­men waren der deutschen Oeffentlichkeit oft t neu. Nun wird Botschafter von Weizsäcker nicht nur das deutsche, sondern auch das Interesse Europas wieder auf Nürnberg len­ken. Das beweist ein Tagesbericht, derBas­ler Nachrichten, in dem es heißt, man wisse in der Schweiz, wo man Weizsäcker aus den Jahren seiner Funktion als Konsul in Basel und als Gesandter in Bern kenne, eines ganz sicher, nämlich, daß er ein fast fanatischer Kämpfer für die Friedenserhaltung war und nichts weniger als ein Judenfresser.Als Diplomat in der Schweiz, als Staatssekretär m Auswärtigen Amt in Berlin, und als kjtschafter beim Vatikan wird er jetzt so Karikiert, wie wenn er nicht Weizsäcker, son­dern Ribbentrop gewesen wäre, sein bedenk­licher Vorgesetzter. Der ist nicht mehr greif­bar, da er schon am 16. Oktober 1946 nach dem ersten Nürnberger Prozeß gehängt wurde. An seiner Stelle muß nun im elften Nürnberger Prozeß groteskerweise Weizsäcker .den Buckel hinhalten, Weizsäcker, der stets eine kräftige Bremse an Ribbentrops Kar­ren war. Nach der Feststellung, Weizsäcker habe zu den Hintermännern der Verschwö­rung vom 20. Juli gehört, heißt es dann weiter:Botschafter von Weizsäcker war bona fide. Aber wie soll er dies seinem Richter beweisen? Nachdem er seine Wahl getroffen und seine Stellung behalten hatte, durfte er nicht mit einer einzigen Zeile seine wahre Gesinnung verraten, sondern mußte sich in Wort und Schrift dem Stil seines Amtes fügen.

Fahrt ein SS-Arzt zugestiegen sein. Sicher ist, daß das Haus Rommels von schwer be­waffneter und motorisierter SS und Gestapo umstellt und abgeriegelt war, daß das Mord­auto während "der Fahrt nach allen Seiten durch Begleitfahrzeujje abgeschirmt wurde, sicher und aus dem Munde Rommels ver­bürgt ist, daß ihm ein Ultimatum von kür­zester Frist gestellt war, mit der Bedingung, keinen Widerstand gegen Hitlers Befehl zu leisten, da nur dann seine Familie geschont würde. Damit steht fest, daß Rommel zur Zeit seines Todes völlig in der Gewalt an­derer war und daß von freiem Handeln nicht mehr die Rede sein konnte. Damit entfällt der

DIE KURZE

Tatbestand eines Selbstmordes. Die letztere Version geht auf eine unglückliche Fassung und unpräzise Ausdrucksweise in dem Ver­nehmungsprotokoll des jugendlichen Sohnes Rommels, Manfred, vom April 1945 in Ried­lingen zurück. Wenn dfeser Darstellung auch in anderen Punkten nicht sofort widerspro­chen wurde, so lag dies an den damaligen Zeitumständen und daran, daß noch manches, was zum Falle Rommel zu sagen wäre, bes­ser in einer leidenschaftsloseren Zeit gesagt wird, womit der geschichtlichen Wahrheit mehr gedient wäre. Die falsche Darstellung des Todes Rommels ist geeignet, sein Charakterbild zu entstellen und die Schuld seiner Mörder zu mindern. Rommel hat nicht Selbstmord begangen, sondern wurde von Hitlers Schergen auf dessen persönlichen und direkten Befehl durch Gift beseitigt.

NACHRICHT

Wendelin Hecht

J. S. Vor einigen Wochen noch saß er unter uns, eindringlich mit gedämpfter Stimme die Schatten einer Zukunft beschwörend, die er drohend am Horizont sich abzeichnen sah. Da aber der blanke Kern seines Wesens Mut und immer zugreifende Tapferkeit war, ge­traute er sich auch, diese Zukunft zu mei­stern. Die lange, ihm ungewohnte Muße hatte den unruhigen, rastlos tätigen und planen­den Mann krank und grau gemacht. Die großen Augen glühten in den Höhlen, schmal war das männliche Gesicht geworden. Die schwere Hand unterstrich in wenigen, für ihn charakteristischen Gesten die Eindringlichkeit seiner Worte. Gewiß sah er mitgenommen aus, aber wer von uns ist nach diesen Jahren nicht irgendwie angeschlagen? Daß ihn jetzt so plötzlich der Tod aus unseren Reihen riß, viel zu früh, traf seine Freunde wie ein Keu­lenschlag. Es ist schwer, von ihm ein Bild zu zeichnen, und man wird sich begnügen müs­sen, einige Züge aneinander zu reihen. Denn nur Wenigen erschloß sich Hecht ganz, und immer behielt er auch vor diesen Wenigen einen Rest seines Wesens für sich. In vielen Dingen war er scheu und befangen, fast kna­benhaft schüchtern, wie er sich auch noch die kindliche Gabe bewahrt hatte, sich über einfache Dinge zu freuen, über ein spielendes * 'Tier etwa, oder über den Anblick eines in der Morgensonne auf leuchtenden Waldrandes. Repräsentative Geselligkeit haßte- er. Impul­siv und leicht enthusiasmiert war er für alles, was einen Zug zum Großen hatte, zu begeistern. Und niemals kapitulierte er. Als cholerischer Schwabe brauste er gerne auf, aber es war ein Maigewitter, denn er war der gütigste Mensch, und seine Treue war sprich­wörtlich. Er rühmte sich nicht gerne, aber auf das war er stolz, daß er keinen seiner Mitarbeiter im Stich gelassen hatte, gleich­gültig, ob es einer der weithin sichtbaren Journalisten derFrankfurter Zeitung war oder der kleinste Redaktionsbote. Für sie kämpfte er wie ein Löwe, und dariftn wurde er auch grenzenlos verehrt. Wenn wir nun sein sterblich Teil in der heimatlichen Erde, von der er sich zeit seines Leljens doch nicht lösen konnte, bergen, so sind wir gewiß, daß dieses Grab für Unzählige, an denen sich seine Güte bewährt hat, eine verehrungswür­dige Stätte sein wird. Geweihte Erde in jedem Sinne des Wortes.

Umstrittene Formulierungen M.B. München. In bayerischen po­litischen Kreisen ist die Resolution der von Bürgermeister Dr. Friedensburg eingeladenen Politiker mit großer Zurückhaltung aufge­nommen worden. Man hält die Veröffent­lichung ihres Wortlautes sowie der bisher vorliegenden Unterschriften in der Presse für verfehlt, da im Süden und Westen noch Aenderungswünsdie bestanden. Außerdem hätte die Veröffentlichung erst nach der Unterzeichnung durch einen größeren Kreis bedeutender Persönlichkeiten erfolgen dürfen. Zwei Sätze der Resolution waren strittig, ein Passus über die Teilnahme deutscher Sachver­ständiger in London und die Formulierung Deutsche Einheit. Man steht im Westen auf dem Standpunkt, daß die Beteiligung deutscher Delegierter, wenn diese weder als Verhandlungspartner noch als Mandats­träger ihres Volkes auftreten können, Deutschland mehr schaden als nützen wür­de. Die Formulierung ,.Deutsche Einheit hätte man lieber durchKeine Aufsplitterung Deutschlands ersetzt gesehen.

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Redaktion: Albert Komma, Johannes Schmld. Verlag: Schwäbischer Verlag, KG., Friedrichshafen, ln Lentkirch. Drnck: Kottweiler Verlags- nnd Druckereigenossenschaft, Kottweil.

Hoffnungen anf Hoffnungen Auf einer Pressekonferenz sagte General Clay, daß alle Voraus­sagen über den Ausgang der Londoner Konferenz nur Hoff­nungen seien, die sich auf Hoff­nungen gründeten. Der General gab bekannt, daß das amerika­nische Hauptquartier aus Frank­furt ausziehen würde, wenn Frankfurt die Hauptstadt der vereinigten Westzonen werden sollte.

Berlin ist für Loebe Der Vorstand des Landesver­bandes der SPD in Groß-Berlin befaßt?: sich mit der Entscheidung, des Zentralvorstandes im Falle Loebe. Der Landesvorstand er­klärte, er identifiziere sich mit den Entscheidungen des Zentral- vorstandes zur Londoner Konfe­renz, er werde dadurch aber nicht an der weiteren Zusammen­arbeit mit Paul Loebe 'gehindert. Der frühere Reichstagspräsident Paul Loebe war auf der Bremer Konferenz des Zentralvorstandes am 14. November aus dem außen­politischen Ausschuß der Partei ausgeschlossen worden, weil er an der Friedensburg-Konferenz in Berlin teilgenommen hatte, die vom Parteivorstand nicht gebilligt worden war.

Schumacher in Schweden Dr. Kurt Schumacher, Erich Ollenhauer und Franz Neumann sind zu einem Besuch schwedi­scher Sozialdemokraten in Schwe­den eingetroffen. Dr. Schumacher sagte auf einer Pressekonferenz, die sowjetischen Behörden hät­ten ln ihrer Besatzungszone in Deutschland neue Konzentrations­lager eröffnet und bereits be­stehende wieder mit neuen Häft­lingen gefüllt. Er kenne neun solcher Lager. In ihnen würden Arbeiter gefangen gehalten, die für die Sowjetunion verpflichtet worden sind, aber auch ehemalige Nazis und andere politische Geg­ner. In vielen Fällen seien es Sozialdemokraten.

Rätselhafte Erdstöße Auch der Seismograph der Erd­bebenwarte in Babelsberg hat ferne Erdstöße zur gleichen Zeit registriert wie die Erdbeben­warte ln Stuttgart. Aus Babels­berg heißt es, bei dem Seis- mogramm handele es sich um eine langgestreckte Kurve mit Ausschlägen von einem Milli­meter. Eipe Auswertung der Aufzeichnungen sei nicht vor­genommen worden. In Stuttgart glaubte man, die Erdstöße rus­sischer Atombombenversuche auf- genomnjen zu haben.

Plötzlich eingeschränkt Die Auflage der Berliner CDU- ZeitungNeue Zelt ist wegen plötzlich angeordneter Papier­beschränkung um 25 Prozent gekürzt worden.

Flacht vor Verhaftung Der LDP-Abgeordnete des Land­tages von Sachsen-Anhalt, Mit­glied des großen politischen Aus­

schusses des Landes Sachsen- Anhalt, Franz Holler, ist aus der Ostzone geflohen und in Frankfurt am Main eingetroffen. In seiner Heimat sollte er ver­haftet werden.

Untersuchung zugesagt

General Kotikow, der sowjetische Kommandant von Berlin, hat auf die Anfrage der amerikanischen Militärregierung, ob er etwas Ober das Verbleiben des Berliner Journalisten Dieter Friede wisse, geantwortet, über dessen Verschwinden sei ihm nichts bekannt. Kotikow hat der amerikanischen Regierung eine Untersuchung der Angelegenheit zugesagt.

Sehr lange Prüfung

Rechtsanwalt Dr. Schwamber- ger, der Verteidiger Schachts, hat an das Staatsministerium in Stuttgart einen Brief gerichtet, in dem er um Mitteilung des Prüfungsergebnisses bittet, wie­weit Schacht in seiner Eigenschaft als Reichsbankpräsident gegen das zum Schutz der deutschen Währung bestehende Bankgesetz und in seiner Eigenschaft als Mitglied der Reichsregierung mittelbar oder unmittelbar gegen weitere Strafgesetze verstoßen habe. Schwamberger fordert eine möglichst schnelle Mittei­lung, da seit der Ankündigung einer Ueberprüfung durch das Staatsministerium schon über 13 Monate verstrichen seien.

Rekordmonat Oktober

Im Monat Oktober wurde ln Bayern die Höchstzahl der bis­her ln einem Monat erledigten Spruchkammerverfahren regist­riert. Von 18 948 Fällen waren 1719 mündlich und 5447 schriftlich zu erledigen.

Auch in Abwesenheit

Der ehemalige Chef der deut­schen Präsidialkanzlei, Otto Meiß­ner, der im Prozeß gegen die Wilhelmstraße unter Anklage steht,' hat den stellvertretenden amerikanischen Hauptankläger gebeten, gegen Ihn ln Abwesen­heit t zu verhandeln. Er mußte sieh ln einem Münchner Kran­kenhaus einer Augenoperation unterziehen. Die Anklageschrift wirft ihm die Mitschuld am zweiten Weltkrieg, Mord, Grau­samkeiten, Versklavung und andere Verbrechen vor.

Deutsche Direktoren

Der Generaldirektor der neu­gebildeten deutschen Kohlen­bergbauleitung wird HeinrichKost »ein. Kost war früher General­direktor der Rheinpreußen-Berg- bau-Gesellschaft. In weitere leitende Posten sind als Produk­tionschef Dr. Ing. A. Grosse- Boymann, als Verteilung»- und Verkaufsleiter W. D. Ahlers, als Bergbauzubehör- und Beschaf­fungschef R. Wüster, als Arbeits­direktor Albert Martmöller und als Finanzdirektor Karl Schirmer berufen worden.

Krise In Wien

Der österreichische Elektrizitäts­minister Karl Altmann hat als Protest gegen den Gesetzentwurf zur Verringerung des Noten­umlaufs in Oesterreich dem Bundeskanzler Dr. Figl seinen Rücktritt eingereicht. Altmann ist der einzige kommunistische Minister im österreichischen Ka­binett. Gut Informierte politische Kreise sind in Wien der Ansicht, daß der Rücktritt des Ministers eine politische Krise hervorrufen und vielleicht sogar zur Auf­lösung der gesamten Regierung und zu Neuwahlen führen könne.

Desertion über die Grenze Ein Leutnant und zwei Mann der tschechoslowakischen Armee stell­ten sich in Wien einer Streife der internationalen MllltärpoUzei und gaben an, aus politischen Gründen aus der Tschecho­slowakei geflohen zu sein.

Verhaftungen ln Budapest Die für die Sicherheit des Staa­tes zuständige Abteilung der ungarischen Polizei hat den Journalisten Nagy Geza, ein Mit­glied der unabhängigen Rechts­partei, den Abgeordneten Robert Gal, Organisator der Jugend­gruppe der Partei, und Henn Laszle festgenommen. Sie stehen unter der Anschuldigung,Ur­heber der falschen und alarmie­renden Nachrichten über Ungarn zu sein, die augenblicklich im Umlauf sind. In politischen Kreisen von Budapest erwartet man in naher Zukunft weitere Verhaftungen in den Reihen der Rechtspartei.

Einheitspartei in Rumänien Die kommunistische und sozial­demokratische Partei in Rumä­nien-sind nach einer gemein­samen Erklärung des Zentral­ausschusses der beiden Organi­sationen übereingekommen, eine vereinigte rumänische Arbeiter­partei zu bilden.

Präsident des Stadtrates Pierre de Gaulle, der Bruder des Generals, wurde als Kandidat der Sammlungsbewegung des französischen Volkes mit 103 982 Stimmen von insgesamt 130 328 Stimmen auf den Posten des Präsidenten des Pariser Stadt­rates berufen.

Prinzipien als Hindernis Die Vollversammlung der UNO qualiflzierte Irland, Portugal, Transjordanien, Italien, Oester­reich und Finnland für die Mit­gliedschaft ln der Organisation der Vereinten Nationen. Eswurde dem Weltsicherheitsrat empfoh­len, die Aufnahme dieser Staa­ten in die UNO zu prüfen. Der sowj etische Delegierte Wyschinski erklärte dazu, die Sowjetunion werde nicht von ihren Prinzipien abweichen. Irland und Portugal seien faschistische Staaten. Da­rauf befürwortete die Vollver­sammlung einen belgischen An­trag, den internationalen Ge­richtshof zu dieser Angelegen­heit zu befragen.

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3. Von Max Mell

Der Auditor aber erhob die Stimme und sprach:Heinz Dederdinger, deine Kame­raden wollen nicht mehr mit dir dienen, weil du unehrlich geworden bist. So stößt dich das löbliche Regiment aus, und dem Profosen gibst du Gewehr und Bajonett zu­samt deiner Montur. Aber weil du nicht aus bösem Willen gehandelt, sondern in Unüber­legtheit, wird vom öffentlichen Anschlägen deines Namens an den Galgen diesmal ab­gesehen. Morgen früh wirst du uns verlassen, und Gott sei mit dir. Dann sprach er:Pro- fos! Der Profos kam, ein Auge schielte, und seine Hände waren rot und groß. Da gab Heinz sein treues Gewehr hin und schnallte das Bajonett ab und ging auf das Kommando davon, als ob er ratlos wie ein Stein wäre.

Allein ging dr über den weiten Hof, was er noch nie getan hatte, und suchte das Mannschaftszimmer auf; dort saß nur der Regimentsschneider auf einem Tisch am Fenster, pfiff, sah den Heinz an und dann wieder zum Fenster hinaus; dazwischen schlug er mit einem Tuchlappen Fliegen tot, und nur das zusamt dem Pfeifen hörte der arme Heinz, der den Kopf verbarg, an einem Tisch sitzend, und die Kante preßte er gegen die Stirne, als ob ihm davon besser würde. Nach einer Weile sprang der Schneider herab und ging weg; als er wiederkam, brachte er ihm einen schlechten Kittel und grobe Hosen, und ihm die schlappen Kleider auf den Tisch werfend, hieß er ihn sich überziehen.

' Später dann suchte Philipp den Heinz auf und setzte sich zu ihm, und sie sahen einan­der an und nickten dabei betrübtWeißt du, am besten ist es, Heinz, sagte Philipp, du verläßt dia Stadt und suchst anderwärts Arbeit und brtngst dich fort" Heinz schüt­

telte traurig den Kopf.Glaubst du nicht, daß sie mich doch noch ehrlich machen? Wenn ich beim Obersten vorstellig werde?Ver­suchs eben, meinte Philipp.Was wird denn nun die arme Katharina sagen, wenn jeh nicht mehr die Montur tragen darf! seufzte Heinz beklommen. Sein Freund ant­wortete nichts.Ihr Vater ist Lohgerber, und vielleicht hat er die Gnade, mich anzuneh­men als Gesellen! Ich will am Abend ver­suchen, mit ihr zu sprechen.Kannst du das denn wohl, wenn die Eltern zu Hause sind?Es geht schon, sagte er mit schüch­ternem Lächeln,hast du gemerkt, daß gegen das erste Haus am Tor zu ein tiefer düsterer Winkel hineinschneidet bis zu einer Garten­mauer? Dort ist immer viel Mist abgelagert, die Mauer aber hat einen Pfeiler, den besteig ich und reiß mir eine Gerte von drüben ab, und mit der kann ich gerade an eine Fenster­scheibe klopfen, wo die Küche ist Und Katharina paßt wohl auf, öffnet das Fen­ster, und ich sag ihr alles. Wenn aber die Mutter etwa in der Küche war, so tu Ith, als hätte ich einen Scherz gemacht, zeig ihr die Zunge und lauf davon und erdulde die Schimpfreden oder was Hinabgegossenes. Ist dir das schon passiert?Nein, am Abend war immer die Katharina dort. In der Er­innerung an sie wurde er ganz heiter.

Den Philipp aber ließ es nicht ruhen; auf einmal war ihm, als ob er Eile hätte. Es ge­lang ihm, sich eine dienstfreie Stunde zu erbetteln, und da lief er hin zu dem Haus und stahl sich in den Winkel. Als er mit der Gerte geklopft hatte, war er überzeugt, daß nun die Mutter herausschauen würde, ein dickes, rotes Gesicht, als ob sich alles um zwanzig Jahre später begäbe: aber nein, krie sich das Fensterchen auftat, war es noch das holde Gesichtchen, das erst erstaunt, dann freundlich herunterguckte.Was gibt es denn? flüsterte sie. Da sprach der Soldat, der auf dem Pfeiler stand und dem das Herz

recht sehr klopfte:Der arme, arme Heinz! Waffen -und Montur sind ihm aberkannt worden, und nie mehr wird er Euch, schöne Mamsell, strahlend und blank beim Sonntags­wetter nach Müßleinsreut führen!Was ist ihm denn geschehen? fragte sie, mehr neu­gierig als erschrocken.Ach, laßt es mich verschweigen! Unehrlich ist er geworden, und zu wem er sich setzt, der rückt fort, und der Gastwirt in Müßleinsreut muß ihm den Trunk verweigern.Ach! sagte sie und blickte starr.Ja, und wen er berührt, der ist auch unehrlich. Sie wiegte das schöne Köpfchen.U6d was tut er da?Er will zu Eurem Vater als Gesell, denkt nuraber kein Handwerker nimmt einen unehrlichen Burschen er wird heut abend noch hier sein und Euch zum Fürsprech bitten bei Eurem Vater!Nein, Gesell soll er mir nicht werden! sprach sie,das mag Ich nicht, er soll Soldat bleiben!Ich rate Euch gut, Mamsell, flüsterte Philipp,weist ihn ab, sprecht nicht mit ihm, sondern wartet, bis er wieder ehrlich gesprochen ist.Ja, ja, und ohne Montur will ich ihn nicht sehen. Sagt ihm das, er soll nicht kommen.Ich wills ihm sagen, er wird aber doch seinen Willen haben wollen.Dann, meinte sie trotzig,dann will ich auf die Mutter Gottes ein Zeichen tun, das wird er schon verstehen. Ich muß weg/ adieu! Sie reichte ihm die Hand hinunter, und er, auf dem Pfeiler stehend, streckte die Hand herauf, so erreich­ten sie sich gerade, und er drückte und drückte heiß die ihrige.Nun, so reißt mich nur ja nicht hinunter! rief sie und schloß mit einem Feuerblick das Fenster.

Aber dem Philipp war es nun doch gar nicht wohl. Wenn Heinz erfuhr, daß Katha­rina schon alles wußte, lag seine Hinterlist am Tage? und vielleicht war das Mädel gar nicht der Mühe wert, eine Schlechtigkeit zu begehen^ Sie würde zwar nichts verraten, denn sie war falsch gegen Heinz, und wie

Philipp so bedachte, daß Freund und Liebste gegen den armen Unehrlichen sich verschwo­ren hätten, verachtete er das Mädel sogar, und Reue faßte ihn und gleich darauf wieder Sinnlichkeit, wenn er sich die Liebeslust in ihren Armen vorstellte. Er redete also dem Heinz zu, doch lieber nicht zu Katharina zu gehen, sondern abzuwarten, ob er nicht ehr­lich gesprochen werden würde und sie da­durch überhaupt von dem bösen Handel nichts erführe. Er sollte lieber am anderen Morgen gleich zum Obersten gehen. Doch Heinz-ließ sich nicht überreden, er wollte in seinem Unglück einmal den Trost haben, der Katharina ins schöne Gesicht zu blicken, und sowie es dunkel wurde, begab er sich fort. Inzwischen vernahm Philipp das Gerücht, daß die Offiziere selber Rücksicht nehmen und die Ehrlichsprechung wohl dürfte vor­genommen werden, und wie er _ das hörte, brannte wieder der Neid in Philipp auf und das Verlangen, seinen Freund lieber im Un­glück zu sehen.

Er stellte sich im Dunkel an die Tür des Schlafraumes, aus dem das reihenweise Schnarchen tönte, um Heinz abzuwarten. Er kam schon ziemlich bald, schlapfte die Stiege herauf und wollte an Philipp vorbei, ohne ihn wahrzunehmen; aber der packte ihn am Arm. Heinz erschrak gar nicht, sondern fragte nur:Bist du es, Philipp?Ja, was ist mit dir?Sie hat um das Marien­bild einen schwarzen Flor gehängt, deutlich hab ichs im Mondschein gesehen.Und hast nicht geklopft?Vergebens. Philipp sah seines Freundes Gesicht nicht in der Finsternis, aber seine Stimme klang so, als wäre ihr das Ungeheuerste an Schmerz auf­getürmt in der Nacht.Wo gehst jetzt hin? Ich schlaf nicht bei euch, erwiderte Heinz,sondern oben in einer Kammer vor dem Bodenraum. Leb wohl. Er drückte dem Freund die Hand und schlich die Treppe hm-

ail f (Fortsetzung folgt!

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