Mittwoch, 19. November 1947

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W\J RTTEMBERG1SCHER S CHYVARZYVALD

Umschau im

Aus der Arbeit des Volksbildungswerk^s

Calw. _ Die Vortragsreihe ..Meister der Tonkunst

wild am Freitag, den 21. November 1947, mit einem Abend der Franz Schubert gewidmet ist, fortgesetzt. F.s wirken mit Thusnelde Wolff-Isenberg (Sopran). Trude Sannwald (Alt), Albert Barth (Tenor), Willy Rosenau (Baß-Bariton) und als Begleitung Hedwig Weiß-Dietrich, während Elena Halm den Einführungs­vortrag übernehmen wird. Zur Aufführung gelangen neben einigen öfters gesungenen Liedern wenig oder gänzlich unbekannte Kompositionen. Zum Abschluß des Abends singt das Solo-Quartett Teile aus der 6. Messe in es-Dur. Gerade an diesem Stück wird spürbar mehr noch als an manchen Liedern des Nachlasses, welche vielversprechende Entwick­lung sich im Schaffen Schuberts vor seinem viel zu frühen Ende anbahnte. Wir wünschen dem Volksbil­dungswerk auch für diesen Abend einen vollen Er­folg und wollen hoffen,' daß uns das Dargebotene das Dunkle, Sonderbare und Zwiespältige, das wir durchleben und erleiden müssen, menschenförmig und- damit wirklich mache. Vielleicht dürfen wir an dieser Stelle auch einmal eine Anregung zu der ge­planten Winterarbeit des Volksbildungswerkes ge­ben: Wir Deutsche haben über ein Jahrzwölft lang auch in der Kunst Zähne des Drachen gesät Das Kunstschaffen des Dritten Reiches erschöpfte sich darin, die Wirklichkeit der vorhandenen Spannun­gen auszusagen. Ganz Europa hat diese Drachensaat als Entzweiung zwischen Geist und Leben ernten müssen! Sollte es darum nicht die neue Tugend der Kunst sein, die Einheit des Menschen auszusagen, des Menschen, der gerüstet ist mit dem neuen Geist, der jene Zwietracht besiegt? Das wäre beileibe kein Rückschritt und hat nichts mitpolitischem Optimis­mus" zu tun, sondern das ist die Forderung der Stundei Es wäre erfreulich, wenn sich das Volksbil­dungswerk Calw auch zu solchen zeitführenden Dar­bietungen entschließen könnte.

Brief aus Unferreidienbach

Unterreichenbach. Die Holz- und Kartoffel­versorgung der Gemeinde fand in der vergan­genen Woche ihren Abschluß. Dem Spar- und Darlehenskassenverein gebührt bei der Bewäl­tigung dieser Aufgabe besondere Anerkennung, denn' die Beschaffungs- und Transportschwierig­keiten, die auch heuer wieder von der Kasse gelöst werden mußten, stellten wieder erneut unter Beweis, daß die Kasse nicht nur gewillt ist, in guten und normalen Zeiten die Versor­gung der .Gemeinde zu übernehmen. In diesen Tagen sieht man ein eifriges Schaffen der Bür­ger im Wald, wo es gilt, die vom Forstamt Bad Liebenzell zugeteilten Holzschläge noch vor Einbruch des Winters unter Dach und Fach zu bringen. Zu allem Fleiß, der zu beobachten ist, gesellt sich wohl gelegentlich ein nicht zu ver­antwortender Ueberfleiß, der dadurch zum Ausdruck kommt, daß die eingesteckten Begren­zungspfähle (die nun einmal notwendig sind, wenn mehrere Familien sich das Holz teilen müssen) um selbstsüchtiger Gründe willen ver­schoben werden. Ein weiterer Anlaß zur Klage gibt der wöchentliche Kinobesuch im Lö­wensaal, wo bei jeder Veranstaltung ein Kampf um die Plätze zu beobachten ist Bei Vorstel­lungen, zu denen Jugendliche zugelassen sind, sollte es nicht Vorkommen, daß 14- bis 15Jäh- rige einen oft 40prozentigen Anteil der Sitz­plätze einnehmen, während die Erwachsenen zum Stehen genötigt werden oder wegen Ueber- füllung überhaupt keinen Einlaß mehr finden. Darüber hinaus möchten wir sehr in Frage stellen, ob allejugendfreien Filme dazu ange­tan sind, den jungen Menschen wirklich Werte zu vermitteln. Am 25. November 1947 feiert die älteste Einwohnerin, Frau Maria Steinmetz, ihren 93. Geburtstag. Die Jubilarin mußte noch in den letzten Tagen des Krieges die totale Zerstörung ihres Heimes erleben.

Ostelsheim. Freche Einbruchsdiebstähle. Nach­dem sich in letzter Zeit hier nächtlicherweise verschiedene verdächtige Personen herumge­trieben haben, hat sich nunmehr herausge­stellt, daß sie Einbruchsgelegenheiten auskund­schafteten. Bei drei Familien wurden in den letzten Tagen schwere 'Einbrüche verübt und insgesamt 100 Eier, etwa 1 Dutzend Büchsen Fleisch, 3 Liter Mohnöl, 1 Laib Brot und 1 ge­schlachteter Hase gestohlen.

Gechingen. Michael Süßer konnte dieser Ta­ge seinen 81. Geburtstag feiern. Am 8. Januar 1907 verunglückte der Jubilar als 41jähriger kräftiger Mann beim Holzfällen und verlor da­bei einen Fuß. Seit fast zehn Jahren liegt er

Zu Hirsau in den Trümmern ...

So beginnt Ludwig Uhland sein Gedicht von der altehrwürdigen Ulme, die als Wahrzeichen Hirsaus aus den Mauern des ehemaligen Jagdschlosses hoch in die Lüfte ragt. Was schon früher jedes Jahr Tau­sende nach Hirsau zog und auch heute noch, wenn auch in verminderter Anzahl, lockt, ist nicht allein die Fülle der Naturschönheiten, sondern vor allen Dingen der Umstand, daß wir es hier mit einer ur­alten Kultstätte zu tun haben, deren Anfänge bis in die ältesten Perioden der uns bekannten Geschichte zurückreichen. Zwar gehört die erste Stiftung einer Kapelle durch eine Witfrau mit Namen Helizena im Jahr 645 wohl in das Reich der Sagen, doch haben wir schon zweihundert Jahre später festeren Boden unter den Füßen. Aus alten Urkunden erfahren wir folgendes:. Jm Jahre 830 brachte Bischof Nottung von Vercelli in Piemont, dem Calwer Grafenge- schlecht entstammend, die Gebeine des heiligen Aurelius auf einem Saumroß über die Alpen in seine Heimat. Aurelius war ein Deutscher von Geblüt, Bi­schof von Redicia in Armenien, und starb 383 in Mailand, wo er auch begraben wurde. Nottung be­wog nun seinen Vater, den Grafen Erlafrid von Calw, zur Stiftung eines Klosters an dem Ort, an dem bis­her ein Jagdhaus der Calwer Grafen stand, und zwar an der Stelle, wo angeblich ein Blinder durch An­rufung des Namens des hl. Aurelius wieder sehend wurde. Die hl. Reliquien wurden zuerst in dem so­genannten Nazariuskirchlein, der Stiftung obenge­nannter Witwe Helizena, untergebracht und sodann in der im Jahre 838 fertiggestellten Aureliuskirche unter dem Hochaltar, einem für damalige Begriffe stattlichen Gebäude mit 4 Altären mit Kreuzen, Kel­chen und anderen Kleinodien ausgestattet. An diese Kirche wurde ein Kloster angebaut und erhielt durch den berühmten Abt Rhabanus Maurus in Fulda 15 Benediktinermönche. Schirmherr des Klosters war der Graf Erlafrid von Calw. Die Mönche wurden Schnell berühmt, namentlich durch ihre Schule, eine

Kreis Calw

nun zu Bett, nimmt aber trotz aller körperli­cher Behinderung an dem Geschehen der Zeit noch regen Anteil.

Ernstmühl. Dieser Tage wurde dem Säge­werksbesitzer Ludwig Wagner von hier ein Fahrrad gestohlen.

Calmbach. Aus dem Slandesamtsregister. An Geburten sind zu verzeichnen: Renate Helene Barth, T. d. Paul Barth, Platzmeister hier und Roland Manfred Proß,, S. d. Adolf Proß, Gold­schmied. In den Stand der Ehe traten: Oskar Schmiedt, Schlosser mit Klara Hehr, geborene Krauth. Als 78Jähriger starb Christian Friedr. Jauch, Säger.

Wildbad. Da der bisherige erste Beigeordnete Weber zum Bürgermeister gewählt wurde, scheidet er aus dem Gemeinderatskollegium aus. Als Nachfolger für ihn käme vom Wahl­vorschlag der CDU Dr. med. Lahmeyer in Fra­ge. Wie Dr. Lahmeyer in einem Schreiben zum Ausdruck bringt, bedauert er, das Ehrenamt nicht annehmen zu können, weil er durch ein ihm zwischenzeitlich übertragenes Amt in der Aerzteorganlsation sehr stark ln Anspruch ge­nommen ist, mit dem er bei der Zusage für eine Kandidatur s. Zt. nicht rechnen konnte. Der Gemeinderat anerkannte in seiner Sitzung die von Dr. Lahmeyer vorgebrachten Begrün­dungen und hat als nächst Nachfolgenden Karl Volz von der Parzelle Sprollenhaus als Gemein- derat eingesetzt. Um das lange Anstehen bei der Verteilung von Spinnstoffwaren und dergl. zu verhindern, ist man immer noch bestrebt, einen geeigneten Ausweg hierfür zu findeh. Man hofft- nunmehr, eine Lösung dieses schwierigen Problems dadurch erreichen zu können, daß man von jedem Einwohner auf einem besonde­ren Vordruck dessen dringendst benötigten Ge­genstände "Vermerkt und den in Frage kommen­den Personenkreis in drei Bedarfsgruppen auf­teilt. Die Auswahl der zu berücksichtigenden Personen und die Zuweisung der Bedarfsgegen­stände soll einer Kommission übertragen wer­den, zu deren Vorsitzender der Leiter des Wirt­schaftsamtes, Störzinger, und zu dessen Stell­vertreter und zugleich Vertreter auch des Ge­meinderats Stadtrat Bott einstimmig bestellt wurde. Als weitere Beisitzer in die Kommis­sion sollen die Parteien und die Gewerkschaft je einen Vertreter und Stellvertreter namhaft machen, wobei auch an die Hinzuziehung von Frauen gedacht werden soll. Um auch für die Parzellen eine gerechte Zuteilung zu sichern, wird nach dort entsprechend dem Verhältnis der Einwohnerzahl die zustehende Menge abge­zweigt, die dann ebenfalls durch eine hierfür noch einzusetzende Kommission verteilt wer­den soll. Die Herausnahme verschiedener Gemeinden aus dem Unterkreis Neuenbürg hat Anlaß gegeben, daß von Neuenbürg aus erneut ein Vorstoß zur Verselbständigung des Altkreises Neuenbjürg unternommen wurde. Die sehr ausführlich begründete Eingabe wurde

Horb. Der Kreisbauernverband hielt an Martini seine Kreiskonferenz ab, die sich eines großen Zu­laufes erfreuen durfte, so daß sich der Lindenhofsaal als viel zu klein erwies. Der Kreisvorsitzende Kneis- ler-Altheim leitete die Kundgebung. Abgeordneter Bauknecht, der Landesvorsitzende des Verbandes, ging darauf in seiner Rede auf die wichtigen Auf­gaben des Bauernstandes ein. Der Bauer fühle sich wie in einem Ausverkauf, da seine Stubstanz ständig zurückgehe. Die ihm auferlegten Preise stünden seit langem in keinem Verhältnis mehr zu all jenen Preisen, die er für seine Bedarfsartikel zu bezahlen habe. Während eine latente Geldentwertung bestehe, würden die Preise für landw. Erzeugnisse nieder­gehalten, die Steuern gleich hoch aber zehrten über­mäßig an seiner Substanz. Hier müsse ein Lastenaus­gleich kommen. Es gelte, mit dem Blick auf die Zu­kunft auf genossenschaftlicher Grundlage alle jene Maßnahmen auszudenken und durchzuführen, die die bäuerliche Arbeit ergiebiger und planvoller gestal­tet. Der Streubesitz mit all seinen Mängeln und Zeit­verlusten müsse einer gesunden Dorfgemeinschafts­arbeit, sog. Flurbereinigung, weichen. Sodann for­derte er die Bauern auf, sich in ihren Dörfern wie­

der damaligen 14 höheren Lehranstalten Deutsch­lands, an welcher hervorragende Lehrer wirkten. Später kam eine Zeit des Verfalls, bis dann auf Drän­gen des Papstes Leos IX. Graf Adalbert II. von Calw das Kloster wiederherstellte. Der neue Aufschwung des Klosters knüpfte sich aber an den Namen des Abtes Wilhelm, eines ungewöhnlich begabten Man­nes, der am 28. Mai 1069 aus dem Kloster St. Em- meran bei Regensburg nach Hirsau kam, der Freund Gregors VII. Da die Zahl der Mönche und Insassen des Klosters allmählich bis auf 300 gestiegen war, entschloß sich der gewaltige Baumeister im Jahre 1083 zum Bau des Peter- und Paulklosters, das dann auch in der verhältnismäßig kurzen Zeit von 8 Jah­ren erstellt wurde. Die Einweihung erfolgte am 2. Mai 1091. Schon am 5. Juli desselben Jahres starb, 64jährig, der gewaltige Abt im Kampf gegen den Kaiser Heinrich IV. Die von ihm erbaute Kirche war mit 97 m Länge, 24 m Breite und 23 m Höhe im Mittelschiff, die größte und großartigste Deutsch­lands, .denn der Kölner Dom Vmd das Ulmer Münster wurden erst später erbaut. Flankiert wurde sie von zwei etwa 40 m hohen Türmen, von denen der nörd­liche, der sogenannte Eulenturm, noch heute gen Himmel ragt. An den Friesen der Nord-West- und Südseite ist bis in die neueste Zeit herein viel her­umgedeutet worden. Im Lauf der Jahre wurden ver­schiedene Kapellen angebaut, unter denen die wich­tigste die Allerheiligen-Kapelle zwischen Chor und Querschiff im Nordosten war. Unter den Nachfol­gern des Abtes Wilhelm waren es hauptsächlich die Aebte Blasius und Johann II., die in Beziehung auf Bautätigkeit in den Fußstapfen ihres Vorgängers wandelten. Eine besondere Herde war die Brunnen­kapelle im sddl. Kreuzgang mit ihren Schalen und Röhren und den 40 Fenstergemälden mit Darstellun­gen aus der biblischen Geschichte. Abt Johann II. ist auch der Erbauer der Marien-Kapelle von 1508 bis 1516, der heutigen Ortskirche Hirsaus, die von 18881892 renoviert wurde, in deren oberen Räumen

Igelsloch. Am Sonntag erfreute die Kinder­chor der Liebenzeller Mission die hiesige Kir­chengemeinde mit einer wohlgelungenen Feier­stunde. Das schmucke Kirchlein war nahezu bis auf den letzten Platz besetzt und mit gro­ßer Freude und innerer Anteilnahme lauschte die Menge den zarten, reinen Kinderstimmen, die unter Leitung von Schwester Emma in Lie­dern und Festgesängen einen Gang durchs Kir­chenjahr darboten. Die verbindenden Worte sprach Pfarrer Meyer-Langenbrand. Die Zuhö­rer waren von den gesanglichen Leistungen der Kinder sichtlich beeindruckt, die in so feiner Weise den Reichtum der kirchlichen Festtage und der Zwischenzeiten offenbarten. Man hofft hier, daß wir die kleinen Gäste recht bald wieder begrüßen dürfen.

vom Gemeinderat zur Kenntnis genommen, ohne jedoch zunächst eine eigene Stellungnah­me hierüber zu beschließen- Die Milchver­sorgung Pforzheim eGmbH. teilt mit, daß sie den vom Gemeinderat zugesagten Bauplatz nach einer eingehenden Beratung und Besichtigung an Ort und Stelle nunmehr doch als imgeeignet halte und daher von dem gemachten Angebot Abstand nehmen möchte. Sie will aber ihre Be­mühungen um einen günstigeren Platz weiter betreiben. Von Stadtrat Bott wird angeregt, den Schwerkriegsbeschädigten, die auf Grund ihres Ausweises bei den Amtsstellen und in den Läden eine bevorzugte Abfertigung beanspru­chen können, zu untersagen, daß sie hierbei auch gleichzeitig Aufträge fremder Personen erledigen. Von Stadtrat Schober wird darauf gedrängt, daß die Bekleidung für die Leichen­träger nunmehr raschestens beschafft werden soll, was von Stadtbaumeister Bischoff dahinge­hend beantwortet wird, daß der Auftrag hier­für schon längst erteilt worden sei. Man erwar­tet, daß die Erledigung dieser Angelegenheit nicht mehr länger zurückgestellt wird. Von Stadtrat Waidelich wird bemängelt, daß das Ausschreiben der Rauchwaren erfolgte, ehe die­se hier eingetroffen waren. Der Leiter des Er­nährungsamtes verwies bei dieser Gelegenheit auf die von der Vorgesetzten Dienststelle er­lassene Bestimmung, wonach es ihm bezw. dem Bürgermeisteramt zur Auflage gemacht Sei, daß diese Bekanntmachung in ortsüblicher Weise sofort zu geschehen habi. In der Zwischenzeit sei jedoch eine weitere Anordnung eingetroffen, nach welcher die Ausgabe der Rauchwaren erst nach dem. 14. d. Mts. erfolgen dürfe. Wir wol­len mit unseren Gemeinderäten hoffen, daß sieh ähnlicheVerfügungen nicht allzu oft wieder­holen. e.

Wildbad. Am Donnerstag um 20 Uhr findet im staatl. Kursaal wieder eine der beliebten Heinz-Hoffmeister - Veranstaltungen statt mit Perlen der Operette", ausgeführt von Kräften des Badischen Staatstheaters Karlsruhe. Im Gemeindesaal wird am Donnerstag um 20 Uhr ein Singabend mit Meta Distel stattfinden. Ihr Kommen wird bei all denen, die schon einmal einem ihrer Singabende beigewohnt haben, auch diesmal wieder Freude auslösen.

der das erste Wort zu verschaffen und sich nicht von Schreiern und Fremden das Kommando aufdrän­gen zu lassen. Auch würden in Zukunft über alle bäuerlichen Belange ohne vorheriges Anhören der zuständigen Bauemstellen von keiner Amtsstelle her mehr Befehle angenommen. Es sei eine wichtige Auf­gabe, durch Schulung des bäuerlichen Nachwuchses dafür zu sargen, daß der Bauer nicht nur Objekt bleibe, sondern es lerne, selbständig mitzureden und zu handeln. Zur Frage der Bodenreform stellte der Redner die Stellung des Verbandes klar heraus: wer keine Lust habe, sein Feld selbst umzutreiben, habe es an Bauern, bäuerliche Nachkommen und Flücht­linge gegen Entschädigung abzutreten. Die Ertrags­steigerung sei dabei besonders ins Auge zu fassen. Daß seitheriger Großbesitz auf gleicher Basis ihre pflichtige Abtretung an oft-jahrzehnte lange Pächter gegen Entschädigung abzutreten hätten, sei ein Ge­bot der Gerechtigkeit. Er lehnte jede Art Kollekti­vismus als den Tod jeder gesunden Initiative ab. Der Schlußappell galt der Einigkeit der Bauern. Der beruflichen Arbeit und allen einschlägigen wichti­gen Aufgaben und Fragen war die restliche Zeit dieser Tagung gewidmet. H.

sich der Bibliotheksaal mit alten Funden und präch­tig geschnitzten Wandschränken der Mönche befin­det. Viel Unruhe für das Kloster brachte die Refor­mation und die Gegenreformation, bis endlich im Jahre 1555 durch den Augsburger Religionsfrieden eine Entspannung der Gegensätze eintrat Ein Jahr darauf machte dann der .württembergische Herzog Christoph aus dem Kloster ein niederes Seminar für evangelische Geistliche. Nach den Wirren des 30- jährigen Krieges trat von 1648 an eine Zeit ruhiger und friedlicher Arbeit ein, bis dann 44 Jahre später die ganze Klosterherrlichkeit in Schutt und Asche ging. Es war der 20. Sept. 1692,ein finsterer, dunk­ler, neblichter Tag", der auch das von Herzog Lud­wig in den Jahren 1586-1592 erbaute herrliche Jagd­schloß völlig zerstörte. Aus dem Schutt wuchs die weit über 200 Jahre alte Ulme hervor, höher und höher strebend,bis sie zum Lichte kam". Im Jahre ,1806 wurde das Klosteramt Hirsaus aufgelöst, um dann 4830 eine politische Gemeinde zu werden, in welcher die bisherigenKlosterhintersassen" als vollgültige württembergische Untertanen in den Staatsverband aufgenommen wurden. Um die letzte Jahrhundertwende entwickelte sich Hirsau im­mer mehr zum gerne besuchten Luftkurort mit Kur­konzerten, Klosterbeleuchtungen usw. Auch nach dem ersten Weltkrieg kam der Kurbetrieb sehr rasch wieder in Schwung. Im zweiten Weltkrieg hat Hirsau verhältnismäßig wenig gelitten, leider fielen einem Luftangriff eine größere Anzahl Einwohner zum Op­fer. Gebäudeschäden größeren Ausmaßes entstanden vor allem am Kurhotel und an der früheren Kloster­herberge zumHirsch und Lamm. Augenblicklich kann eine Wiederaufnahme des Kurbetriebes natür­lich nicht in Frage kommen. Wir hoffen aber auch für unseren Kurort wieder auf bessere Zeiten! Die aus den Trümmern machtvoll zum Himmel ragende Ulme möge uns Sinnbild und Mahnung sein: Höher hinauf!er.

Gefangenenpost zu Weihnachten

Im Hinblick auf das kommende Weihnachtsfest geben wir die neuen Bestimmungen im Versand von Kriegsgefangenenpost bekannt. Danach kann gesandt werden an Kriegsgefangene in:

französischer Hand (in Deutschland, Frank­reich und Algerien): Lagerantwortkarten und Ant­worten auf gewöhnlichen Postkarten: Päckchen bis 1 kg, Pakete bis 5 kg:

britischer Hand (Großbritannien und britisch besetzte Zone): Briefe bis zu 20 g und Poskarten, Päckchen bis 1 kg, Pakete bis 5 kg; wöchentlich je­doch höchstens ein Brief bis 40 gj zur Adresse: Baor Via Hannover;

russischer Hand (Rußland und russisch be­setzte Zone): Lagerantwortkarten, sofern diese nicht mehr anhängt, kann gegen Vorzeigen der Karte eine Ersatzpostkarte gesandt werden, wobei die l ink e Kar- ten-Anschriftseite die AufschriftKriegsgefangenen­post" mit Dienststempel der Post tragen muß: zuge­lassen ist monatlich eine Karte;

belgischer Hand: Antwortbriefe und Antwort­karten, Päckchen bis 1 kg, Pakete bis 5 kg, monat­lich einmal;

jugoslawischer Hand: monatlich 2 Briefe bis 20 g und eine Postkarte, Pakete bis 5 Kilogramm;

tschechoslowakischer Hand: Briefe bis 20 g und Postkarten sind zu senden an: Service des postes et colis aux armees B. P. S. 6, pi b) Lödefi- scheid / brit. Zone.

Die Päckchen und Pakete dürfen nur wichtige Be­darfsartikel enthalten, nicht verderbliche Lebensmit­tel, Geld, chemische Erzeugnisse, Zündhölzer. Werk­zeuge usw.

Die Kluft

Vorbemerkung: Zuschi Ulen von und Gespräche mit jungen Menschen aus dem Kreis Calvr lassen es notwendig erscheinen, daß wir einmal der Er­scheinung nachgehen, die sich auch in unserem Kreisgebiet immer deutlicher abzeichnet: der Kluft zwischen der alten und der jungen Genera­tion. Wir wissen um die Bemühungen derer, die diese Kluit seit langem zu überbrücken versucheh und auch um die Anstrengungen der politischen Parteien im Kreisgebiet, die Jugend iür sich zu gewinnen. Weil aber bislang alle Versuche, die Jugend aus dem Jammer politischer Riehl- und Ratlosigkeit herauszulühren, mehr oder weniger fehlschJugen, wollen wir zu diesem Problem ein­mal von der Seite her Steilung nehmen, die u. E. bisher allzuwenig Berücksichtigung fand und da­rum wohl unseres Nachdenkens wert ist.

Wir werden die Jugend für Politik erst dann in­teressieren können, wenn wir es aufgeben, sie mehr oder weniger väterlich-wohlwollend für unsere vor­gefaßten Meinungen, Programme und Behauptungen gewinnen zu wollen! Die Phrasen politischer Char- latane klingen der jungen Generation noch laut ge­nug in den Ohren. Wir können es ihr wahrlich nicht verübeln, wenn sie eine Neuauflage derselben nicht so ohne weiteres verdauen kann! Auch mit den Methoden, mit denen man die Jugend nach dem ersten Weltkrieg für die Weimarer Demokratie be­geisterte, ist heute nicht viel anzufangen. Wir müs­sen der Jugend auf dem Boden begegnen wo unsere Eikenntnisse objektiv und mittelbar und unsere Ein­sichten auch für sie sinnvoll .und verpflichtend werden! Mit einem neu aufgetünchten politischen Wortschwall reden wir an den Ohren der jungen Menschen vorbei. Wir brauchen uns deshalb nicht zu wundern, wenn heute mancheerfahrenen Poli­tiker" für die Jugend bereits stumm geworden sind! Was wir der jungen Generation vor allen! andern entgegen bringen müssen, das ist der unbedingte Wille zur Wahrheit und das Beispiel der Verwirk­lichung im eigenen Leben."Wir müssen uns darum zunächst zu der Einsicht durchringen, daß wir kein Recht haben, der Jugend Vorhalte zu machen und sie zu schulmeistern wegen dem, was in dem letz­ten Jahrzwölft durch unser Volk und mit unserem Volke geschehen ist. Daß die Jugend dem Ruf Hit­lers in das Neue und Unwegsame desDritten Rei­ches" hemmungsloser entsprochen hat, als die filtere Generation, bedeutet für sie noch, lange keinen vermehrten Schuldanteil an der deutschen Kata- , Strophe.

Sie hat damit keine verbrecherischen Ziele ver­folgt, sondern sie wollte lediglich mit dem stürmisch voraneilenden Geschehen in Fühlung bleiben, weil wir Aelteren zu schwach waren, dieses in die rechte Richtung zu weisen! Und zum andern tat die Jugend diesen Sprung in die Arme Hitlers nicht aus freien Stücken, sondern sie wurde von einer übermäch­tigen, geradezu dämonischen Gewalt ins Dunkle hinein geschleudert. Daß die Jugend durch ein sol­ches Geschleudertwerden aus den alten Zuständen in eine neue geistig-politische Erregung ojme Ziel, ernsten Schaden nehmen und lebensnotwendige Grundlagen ihres Menschseins aufgeben mußte, kön­nen ihr nur fremde Weltschwärmer oder politische Dogmenreiter zum Vorwurf machen! Wir sehen also, daß die politische Gleichgültigkeit der Jugend, ihr seelischer Zustand und ihr Mißtrauen gegen die Politik der Alten" nicht auf einen oder zwei Nen­ner zu bringen sind und darum auch nicht mit einer drohenden Handbewegung abgetan werden können. Wollen wir mit der Jugend in ein wirklich frucht­bares Gespräch kommen und sie für die Demokratie gewinnen, dann müssen wir zunächst einmal das Eingeständnis machen, daß wir Aelteren durch un­ser politisches Versagen gerade an der Jugend schuldig geworden sind und darum bereit sein müssen, mit der jungen Generation zusammen un­sere gemeinsame Chance auszunützen, nämlich ganz neu und ganz von vorn^ anzufangen! Solange aber die erfahrenen Politiker" so tun, als ob man das politische Trümmerfeld wiede r-aufbauen könnte und sich nicht zu dem notwendigen Neu aufbau be­reit finden, werden wir den Skeptizismus der Ju­gend nicht überwinden! Es ist eine alte Wahrheit, daßneuer Wein nicht in alte Schläuche gefasst werden" kann, wenn es einem wirklich um die Schaffung von neuen Werten zu tun ist und wenn nicht nur ein allzu durchsichtiges Experiment vor­geführt werden soll. Die Jugend von heute, die durch so viele Tode gegangen ist, hat ein feines Ge- merke für das Echte und Wahre. Sie durchschaut mit ihrem wachen und kritischen Realismus jeden Restaurationsversuch deralten, erfahrenen Poli­tiker", die vor und nach 1933 versagt haben und heute gerade dort wieder anknüpfen, wo ihr Ver­sagen einst am deutlichsten offenbar wnrde! Diese alten Taktiker, die der Jugend nicht an politischer Weisheit und Einsicht, sondern nur durch ihre schneeweißen Fragebogen überlegen sind, sollten einmal herabsteigen von ihren Dogmen und Theo­rien und sich mit der jungen Generation an einen Tisch setzen um gemeinsam Richtung, Weg und Ziel eines echten Neubeginns zu beraten Solange das nicht geschieht, hat die Jugend das Nachsehen und niemand braucht sich dann darüber zu wun­dern, wenn der Graben zwischen dei jungen und der älteren Generation immer breiter und tiefer wird! Wollen wir im Kreis Calw nicht damit anfan­gen?

Die Sorgen der Bauern

Abg. Bauknecht sprach auf einer Tagung des Kreisbauernverbandes Horb

Vom Wildbader Rathaus