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ORGAN DER CHRISTLICH-DEMOKRATISCHEN UNION . Nr. 81 /Jahrgang 3/Preis20Pfg.

Freitag, den 10. Oktober 1947

Keine Hoffnung mehr auf London

Weitreichende Auswirkungen des Warschauer Manifestes

Paris. Während die Sowjetunion nach langem Zögern zugestimmt hat, daß die Lon­doner Konferenz der Außenminister am 25. und die ihrer Stellvertreter am 6. November zusammentreten sollen, wird in amerika­nischen Regierungskreisen gesagt, das Staats­departement und das Weiße Haus würden ihre Arbeitskraft nicht mehr einer fernen Erfolgs­möglichkeit dieser Konferenzen widmen, son­dern der Welt vor Augen führen, daß ihr Scheitern auf den bösen Willen und die Aggressivität der Sowjets zurückzuführen sei. Die Vereinigten Staaten wollten nicht einen Sonderfrieden mit Deutschland schließen, doch könnten die Anstrengungen, mit sowje­tischer Zustimmung zu einem Frieden zu ge­langen, die nicht unbedingt mit der Londoner Konferenz zu Ende sein brauchten, nicht ewig andauern. Die Vereinigten Staaten würden dann eine andere Entscheidung in Betracht Ziehen.

In einemSüdena-Bericht heißt es, in der Teilnahme der Franzosen und Italiener an der Warschauer Konferenz erblickten die amerikanischen Regierungskreise eine Aus­dehnung des kommunistischen Aktionsradius auf zwei Länder, die im wahrsten Sinne des Wortes zu der Sicherheitszone der Vereinigten Staaten gehörten. Die Erklärung von War­schau zeige die sowjetische Absicht, feierlich festzustellen, daß ein friedliches Nebenein­änderwohnen der beiden feindlichen Brüder unmöglich sei. Als Standpunkt der amerika­nischen Regierung wurde mitgeteilt, daß die Wiedergeburt der Komintern die Stellung der kommunistischen Parteien in der Welt als demokratische Kräfte schwächen, ihren Zu­sammenhalt als revolutionäre Organe unter der Direktive Moskaus hingegen stärken würde. Der Botschafter in Moskau, Bedell Shmith, der in Begleitung General Clays in Washington eintraf, sagte bei der Ankunft, die Erneuerung der Komintern durch die So­wjetunion, die ihn nicht überrascht habe, bezwecke offensichtlich eine wirtschaftliche ünd politische Front der osteuropäischen Länder.

Nach Aeußerungen aus Gewerkschaftskrei­sen werden Auswirkungen auf die amerika­nische Innenpolitik erwartet. Einflußreiche Mitglieder des Kongresses würden verlan­gen, daß die kommunistische Partei für un­gesetzlich erklärt werde. Die großen Ge­werkschaften sähen sich der Frage gegenüber, öb sie die Kommunisten ausschließen sollten. Die liberalen Kreise und besonders Henry Wallace kämen zu Beginn der Wahlkampagne In eine schwierige Lage. Die öffentliche Meinung Amerikas werde es für absehbare Zeit als gefährlich ansehen, daß Wallace für feine Annäherung an die Sowjetunion ein­trete.

In der Vollversammlung der Vereinten Nationen schlug die Nachricht, wie aus Lake Success gemeldet wird, gleich einer Bombe fein. Man hatte geglaubt, der diplomatische Krieg zwischen den beiden Giganten habe

A Saarbrücken. Die Wahlen im Saargebiet haben insofern keine Ueber- raschung gebracht, als von Anfang allgemein mit einer starken Mehrheit für die Parteien gerechnet worden ist, die für den wirtschaft­lichen Anschluß an Frankreich eintreten. Daß freilich die kommunistische Partei, die als einzige gegen den wirtschaftlichen An­schluß ist, seit sich Molotow auf der Moskauer Konferenz gegen ihn ausgesprochen hat, acht Prozent der abgegebenen Stimmen und nicht mehr als zwei Sitze im Landtag erhal­ten würde, das konnte man nicht voraus­sehen, und noch stärkeren Eindruck muß auf die deutsche und ausländische Oeffentlichkeit die ganz außerordentlich hohe Wahlbeteili­gung von fast 96 Prozent machen. Die Saar­länder haben nicht von der Möglichkeit der Stimmenthaltung Gebrauch gemacht, um sich der Entscheidung «über die Zukunft Ihrer Heimat zu entziehen. Sie haben durch ihr Votum, das zu 51 Prozent der Christlich­sozialen Volkspartei, zu nicht ganz 33 Pro­zent der Sozialistischen Partei Saar und zu nahezu acht Prozent der Demokratischen Par­tei Saar galt, dem Verfassungsentwurf zuge­stimmt, der von diesen drei Parteien gestützt wird und nach dem das Saarland organisch in den Wirtschaftsbereich der Französischen Union einbezogen werden soll. Dabei drängt pich der Vergleich mit den Wahlen in den drei Ländern der französischen Besatzungs­zone Deutschlands auf, in denen das Stim­menverhältnis der einzelnen Parteien ähnlich war. Die kommunistische Propaganda, die ,von Berlin aus instrumentiert wurde und in den sowjetisch lizenzierten Blättern so aggres­sive Formen annahm, daß sich Frankreich im Kontrollrat beschwerdeführend an die So­wjetunion wenden mußte, hat ihren Zweck jrerfehlt. Eben die Uebereinstimmung mit anderen Wahlen, bei denen lediglich innen­

in den Reden Marshalls und Wyschinskis sei­nen Höhepunkt erreicht und es wäre un­möglich, noch weiter zu gehen. Für die Ver­einten Nationen sei der Beschluß von War­schau ein böser Schlag. N

Das Foreign Office sieht in der neuen Ent­wicklung den Beweis, daß die Sowjetunion eine Trennung der osteuropäischen und der westlichen Nationen prüfe. Man sei immer­hin befriedigt, daß die Kommunisten ihre Ziele offen aufgedeckt hätten.

In Paris sieht man nach einem Bericht des Kosmos-Pressedienstes in dem Warschauer Manifest das Wiederaufleben der kommuni­stischen Internationale, die im März 1943 aus faktischen Gründen von Stalin aufgelöst wor­den sei, eine Aktion gegen die Vereinigten Staaten und die mit ihnen zusammenarbei­tenden Länder, die von Moskau lanciert und protegiert werde, und eine gewissermaßen offizielle Anerkennung der Aufspaltung der Welt in zwei feindliche Lager. Frangois- Poncet spricht imFigaro von einer Kriegser­klärung an Amerika und an alle Regierungen, die als schuldig angesehen würden, dem so­genannten amerikanischen Imperialismus Vor­schub zu leisten. Halte Sowjetrußland den Augenblick für gekommen, das System, das der Kreml bereits in Osteuropa anwende, auf Frankreich und Italien auszudehnen? Moskau werde einsehen müssen, daß Frank­reich keineswegs für eine Volksdemokratie östlicher Prägung reif sei.Le Monde meint, wer es noch immer ablehne, zuzugeben, daß die Welrvon nun an in zwei Lager gespalten sei, der brauche nur das Manifest der neuen Internationale zu lesen. NachLAube müsse das französische Volk aus der Wiedergeburt der Komintern unverzüglich die Konsequen­zen ziehen. Es dürfe unter keinen Umständen ln seinem Lande ein Spiel dulden, das an die Machenschaften derFünften Kolonne er­innere.

DerOsservatore Romano" beurteilt die Erklärung der kommunistischen Parteien und die Gründung des Belgrader Informations­büros als zwei Elemente der Uneinigkeit der Welt in einem Augenblick, in dem alle Kräfte für den Frieden arbeiten sollten. Alle frie­denswilligen Mächte sollten sich, ohne Rück­sicht auf ideologische und politische Mo­mente, zusammenschließen.

33 gegen siehen

Lake Success. Die Sozialkommission der Vereinten Nationen lehnte den sowjeti­schen Vorschlag ab, die Definition der Prin­zipien des Kampfes zur Entlarvung von Faschisten und Kriegsbrandstiftern auf die Tagesordnung der Internationalen Konferenz über die Presse- und Informationsfreiheit zu setzen, und die Verleumdungsfeldzüge der Presse sowie die Monopole in gewissen Presseunternehmungen anzuprangem. Sieben Länder stimmten für, 33, darunter die Vereinig­ten Staaten, Großbritannien und Frankreich, gegen den Vorschlag.

politische Gesichtspunkte die Entscheidung bestimmen konnten, beweist die absolute Freiheit der Wahlen, die ja auch ohne den geringsten Zwischenfall vor sich gingen.

Angehörige der älteren Generation mögen an die Saarabstimmung von 1938 erinnert worden sein. Auch damals geschah von außen her alles, um die Entscheidung der Saar­länder zu beeinflussen. Der ungeheure Pro­pagandaapparat des Doktor Goebbels wurde in Gang gesetzt Tag für Tag entleerten sich Eimer von Schmutz über den Häuptern der Männer, die für die Beibehaltung des Status quo eintraten. Harmloseste Zwischenfälle wurden bombastisch aufgebauscht, gestohlene Dokumente von zweifelhafter Echtheit spiel­ten ihre Rolle und der deutsche Rundfunk tat, was er konnte, um die Gegner des Natio­nalsozialismus unter den Saarländern zu diffamieren. Der Vizekanzler Franz von Papen kam eigens nach Saarbrücken, um seine Stimme abzugeben, wozu er als Eigen­tümer eines großen Industriebetriebs in Wallerfangen formell berechtigt war, und n\pn konnte nachher in der Wochenschau sehen, wie er mit sichtlichem Bedauern dendeut­schen Gruß unterließ und den Kameraleuten nur zunickte. Am Abend des Wahltags konnte man in allen deutschen Gauen aus den Lautsprechern das Triumphgegröle des fanatisierten Pöbels hören. Diesmal hat man wieder versucht, nationalistische Instinkte gegen die Stimme der Vernunft aufzuputschen, allerdings mit dem kläglichen Erfolg, daß sich ganze acht Prozent für die kommunistische Parole aussprachen. Die Saarländer haben es büßen müssen, daß sie damals nicht auf die Stimme der Vernunft hörten, und die anderen Deutschen auch. Zumindest die Saarländer haben aber, das beweist das Wahlergebnis, in den letzten zwölf Jahren etwas hinzugelernt.

Kühne Spekulationen

Paris. Die Pariser Abendblätter ver­öffentlichen eine befremdlicherweise aus Düs­seldorf datierte Depesche, in der es heißt, Molotow wolle auf der Außenministerkon­ferenz Vorschlägen, alle Besatzungstruppen binnen kurzer Zeit aus Deutschland zurück­zuziehen. Dann sollten Reichstagswahlen ab­gehalten werden, womit die Einheit Deutsch­lands wieder hergestellt wäre. Die SED ver­spreche sich bei diesen Wahlen einen großen Erfolg, da sie auch in den westlichen Zonen kandidieren könnte. DerKosmos-Presse- dienst, der die Meldung einen Versuchs­ballon nennt, meint, es handle sich sicherlich bloß um einen Wunsch von SED-Kreisen, daß die Initiative zur Räumung Deutschlands gerade von der Sowjetunion ausginge. Der Pressedienst bezweifelt, daß die SED Wahl­erfolge hätte, wenn die spwjetischen Truppen aus dem Gebiet östlich der Elbe abziehen würden. Uebrigens liege aus der Sowjet­union selbst keine einzige Nachricht vor, die die Düsseldorfer Depesche bestätigte.

Dominique Aucleres, die zur Zeit für den Figaro durch Deutschland reist, tritt in einem Artikel dafür ein, daß Frankreich sich der Bizone gegenüber nicht länger in einer spendid isolation halten dürfe. Da es dem Marshall-Plan zugestimmt habe, könne es die amerikanische Deutschland-Politik nicht wei­ter ignorieren. Eine etwaige Angliederung der französischen Zone an die Bizone wäre weder eine Konzession noch ein Zeichen der Schwäche, da Frankreich im Gegenteil in einer derartigen Arbeitsgemeinschaft eine wichtige Rolle zu spielen hätte. Es würde seine eigenen lebenswichtigen Interessen besser vertreten können, als wenn es länger abseits bliebe.

Hungertod für Steuerschuldner

M. B. München. Die Münchner müs­sen einen neuen Fragebogen ausfüllen, wenn sie in Zukunft Lebensmittelkarten erhalten wollen. Lohn- und Gehaltsempfänger müssen für die Kartenstelle den Nachweis ihrer

RvF. Für das öffentliche Leben eines Vol­kes und seinen normalen Ablauf liegt unbe­streitbar eine Gefahr darin, daß es allzu stark durch sozialwirtschaftliche Probleme und durch Fragen des konstruktiven politischen Wiederaufbaues belastet wird, wie wir es in Italien sehen, ohne einen zeitlichen Endpunkt dieser risikogeladenen Uebergangsperiode er­kennen zu können. Das Land wurdfe am 15. September, dem Tage, an dem der Friedens­vertrag in Kraft trat, von einer Nervenkrise seines vaterländischen Empfindens geschüt­telt. Der Verlust von Triest und Istrien wurde gleichsam zum neuralgischen Zentrum des Schmerzes. Dort ist ein latenter Beun­ruhigungsherd, da man die Zustände in dem neugeschaffenen Freistaat Triest für' sehr labil hält. Die Gebietsverluste an Frankreich fallen erheblich weniger ins Gewicht. Auf französischer Seite gibt man sich Mühe, dem demokratischen Italien auf dem wirt­schaftlichen und auch auf kolonialem Felde die Hand zu reichen. Hier und da taucht in der Verlustbilanz als Positivum Südtirol auf. Schöpferische Gedanken, wie die Autonomie der Provinz im Rahmen des Italienischen Staates zu sichern wäre, fehlen allerdings. Das Königreich Italien und auch die Republik sind National-, nicht Nationali­tätenstaaten. Zudem wirkt in den politi­schen Zirkeln Roms psychologisch der von der Friedenskonferenz nicht angenommene Antrag Oesterreichs auf Wiedervereinigung Südtirols mit seinem Mutterlande nach. Eine Abkehr von den , faschistischen Methoden grober Entnationalisierung ist eingetreten, doch bleibt noch viel zu tun übrig, wenn die­ses schöne Ländchen im italienischen Staats- verbande eine völkerversöhnende Funktion haben soll. So ist es ein wichtiges Anliegen der Bevölkerung, daß die nachgeborenen Söhne des Bauernstandes im öffentlichen und Gemeindedienst Unterkommen. Es ist wohl denkbar, daß das Etschland geistig und kul­turell in seine Aufgabe hineinwächst, mehr als eine nur verkehrstechnische Verbindung zwischen Süd- und Mitteleuropa zu sein. Un­längst wurde in Meran die Wochenzeitung für abendländische Kultur, Politik und Wirt­schaftDer Standpunkt ins Leben gerufen, aber das ist nur ein erster Schritt.

In Altitalien wird um eine größere Heraus­stellung des Begriffs der Region gerungen. Sie soll dem Zentralismus entgegenwirken, der vom Faschismus gefördert wurde, aber auch vom Staatssozialismus nicht ungern gesehen wird. Die Region soll nach der Vorstellung Luigi Sturzos eine Mittelstellung zwischen dem französischen Departement und dem schweizerischen Kanton einnehmen, freilich nicht eine so weitgehende Autonomie wie der Kanton. In dem Gedanken der staat­lichen Dezentralisierung kann man vielleicht eine Rückbesinnung auf die große Tradition Italiens erblicken, in dessen Geschichte be­deutende munizipale Gemeinwesen eine so bevorzugte Rolle gespielt haben. Italien ist

Steuerzahlungen durch Bescheinigungen der Arbeitgeber und den Nachweis ihrer Be­schäftigung durch Unterschrift der Betriebs­räte erbringen, selbständige Gewerbetrei­bende und Freischaffende müssen Angaben über ihre Lizenznummer, die Art des Ge­werbes und geleistete Steuerzahlungen ma­chen.

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Loritz schreibt Briete

M.B. München. Der Dena-Nachrich- tenagentur ist ein Brief zugegangen, der von Alfred Loritz unterschrieben ist und nach der Ansicht von Kennern seiner Handschrift auch wirklich von ihm stammt. Darin teilt Loritz mit, daß er nach wie vor in Bayern sei. Das Emigrieren, so bemerkt er sarka­stisch, überlasse er . Herrn Högner. Durch einen Betrug sondergleichen hätten es seine politischen Gegner verstanden, ihn in'Haft zu bringen. Die ganze Anklage gegen ihn sei aufgebaut auf falschen Zeugenaussagen von übelsten Subjekten, die sich sogar öffentlich gerühmt hätten, daß ihnen Straffreiheit zu­gesichert worden sei, wenn sie Loritz zu Fall bringen würden. Einer dieser Hauptbela­stungszeugen, ein gewisser Rolf Wiegl, sei schon vor einigen Jahren wegen Geistes­krankheit in ärztlicher Behandlung gewesen. (Rechtsanwalt Karl Grab, der Loritz vertei­digt, hat einen Zeugen aufgetrieben, nach des­sen Darstellung sich Wiegl laut eigener Aus­sage zur Zeit mit Großschiebungen in Ziga­retten und Rauschgiften befassen und auch am Brillantenschmuggel nach Oesterreich be­teiligt sein soll.) Loritz schreibt noch, ihn hätten die jahrelangen Verfolgungen durch die Regierung Hitlers nicht vernichtet, un<J die alten Ja-Sager, deren völlige Unfähigkeit in der Leitung des Staates .heute schon fest­stehe, würden ihn noch viel weniger vernich­ten können. Die Zeit $ei sehr nahe, daß die Regierung, die zwar immer von Demokratie spreche, in Wirklichkeit aber der Demokratie ins Gesicht schlage, mit Schimpf und Schande von der politischen Bildfläche verschwinden werde.

nicht das klassische Land des Föderalismus, aber es hat unter dem faschistischen Regina* die Schäden einer Politik der geballten Faust an seinen Grenzen und im Konzert der Mächte zu spüren bekommen. Die Christlich-demo­kratische Partei sucht für den Verwaltungs­aufbau des Staates einen Weg, der zwischen den Extremen eines übertriebenen Zentralis­mus und des Separatismus durchsteuert. Uebrigens hat dieser nur in Sizilien einige Verfechter, die nicht sonderlich ernst genom­men werden.

Die Tendenz geht dahin, in der Deputier­tenkammer eine getreue Spiegelung des Par­teienmosaiks zu sehen, während über den künftigen Senat, der eigentümlicherweise die zweite Kammer sein soll, die Vorschläge er­heblich voneinander abweichen. Der Artikel 35 des offiziellen Verfassungsprojekts ver­knüpft den Senat mit der Vorstellung einer eindrucksvollen Vertretung der Regionen. Nitti hat sich in der Konstituante für einen Senat von relativ wenigen, etwa hundert, besonders qualifizierten Persönlichkeiten ein­gesetzt. Im Bürgertum und in den konserva­tiven Schichten der Bauernschaft zeigt sich das Bestreben, Fachleute in die parlamenta­rische Arbeit einzuschalten. Der Kommuni­stenführer Togliatti hat sich über die Praxis von morgen vorsichtig ausgedrückt, als er sagte, daß das italienische Volk eine tiefe Erneuerung der ungerechten wirtschaftlichen Struktur der Gesellschaft wünsche. Die Rechtssozialisten Saragats haben auf ihrem ersten römischen Najionalkongreß prokla­miert, daß allein ein autonomer Sozialismus, nicht der der Sozialkommunisten, die Arbei­terklasse retten könne. Sie haben dabe einige Komplimente und Mahnungen an die Democrazia Cristiana gerichtet, die dafür be­kannt ist, daß sie die Verquickung wirtschaft­licher Not- und Uebergangszustände mit po­litischen Machtaspirationen des Linkssoziaus- mus scharf kritisiert.

Verjüngung, die enttäuschte

London. König Georg VI. hat zuge­stimmt, daß aus der Regierung Kriegsminirter Bellenger, Versorgungsminister Wilmot, Lord- Siegelbewahrer Lord Imman, Pensions­minister Hynd und Staatssekretär für Schottland, Westwood, ausscheiden. Kriegs­minister ohne Sitz im Kabinett wird Shin- well, Versorgungsminister Strauß, Lord-Sie­gelbewahrer Addison, Pensionsminister Bu- chanan, Brennstoffminister Gritskell, Minister für Commonwealth-Beziehungen Noel Baker Staatssekretär für Schottland Woodbum un( Luftfahrtminister Henderson. Die Regierungs­umbildung, durch die jüngere Politiker de- Labour Party in die Regierung kamen, ent täuschte ebenso wie die Ernennung von Stafford Cripps zum Ueberminister für Wir' Schaft durch ihre Kühnheit überrascht hatjR Attlee soll auf Bevins heftigste Oppositjp gestoßen sein, als er Alexander durc Strachey oder Bevan ersetzen wollte.

Zweimal Saar-Wahlen

Italien sucht seinen Weg