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Fretta«, September 1947

Besorgtes England

W. v. D. Jenseits des Aermelkanals besteht weiter Krisenstimmung und nicht' etwa nur wegen der Wirtschaftsnot, zu deren Ueber- windung, wie man allgemein voraussagt, die Maßnahmen nicht ausreichen werden, die von der Regierung vor den Parlamentsferien be­schlossen wurden. Einzelne Minister werden scharf getadelt. Dem Schatzkanzler Dalton wirft man vor, er habe nicht rechtzeitig er­kannt, daß die Konvertierbarkeit des Pfun­des zu einer bedrohlichen Schrumpfung der britischen Dollarbestände führen müsse. Dem Arbeitsminister Isaacs sagt man nach, er sei nicht genügend vorsorglich in der Frage der Mobilisierung der Arbeitskräfte gewesen. Der Brennstoffminister Shinwell wird für die Mißhelligkeiten mit, der Kohlenförderung verantwortlich gemacht, die, wie im ver­gangenen Winter, auch jetzt wieder mit schlimmen Folgen für die Gesamtwirtschaft des Landes eintreten. Wird Attlee bei dem Umbau seines Kabinetts, den die öffentliche Meinung von ihm erwartet, dieser Kritik Rechnung tragen? Daß die Labour-Linke, wie schon früher, besonders viel an Bevin aus­zusetzen hat, fällt weniger ins Gewicht, denn hinter dem Außenminister stehen die starken Gewerkschaftsbataillone. Auch trifft ihn nach vorherrschender Ansicht der Vorwurf der Amerika-Hörigkeit zu Unrecht. Bevins Fall zeigt aber, wie schwer es war, in diesem Labour-Kabinett Aenderungen vorzunehmen,

Aus der alten Schule

Nürnberg. In seiner Eröffnungsrede für die Verteidigung seiner Mandanten, der Generalfeldmarschälle Maximilian von Weichs und Wilhelm List, zitierte der Rechtsanwalt Dr. Laternser aus Werken namhafter aus­ländischer Völkerrechtler zum Begriff des höheren Befehls:Mitglieder der Streit­kräfte eines Landes sind nicht persönlich ver­antwortlich und können nicht bestraft wer­den für Handlungen, die gegen die Regeln der Kriegführung verstoßen, wenn sie sie mit Billigung oder auf Befehl ihrer Regierung oder ihrer militärischen Vorgesetzten began­gen haben. Im Kreuzverhör durch, die" amerikanische Anklagevertretung sagte List, er seiselbstverständlich ein Offizier der- alten Schule gewesen. Jene alte Schule habe stets die Grundsätze Pflicht, Gerechtigkeit und Menschlichkeit anerkannt, und nach ihnen habe er sich während des Krieges gerichtet. Er sei sich nicht bewußt, Anweisungen ge­geben zu haben, die im Gegensatz zu seinen christlichen und ethischen Gefühlen gestan­den hätten. Der ehemalige Gesandtschaftsrat bei der deutschen Gesandtschaft in Belgrad, Dr. Feine, sagte als Entlastungszeuge für den. Generalfeldmarschall von Weichs aus, er habe bei der Kapitulation der jugoslawischen Ar­mee alles getan, um der Delegation ihre Auf­gabe zu erleichtern. Die Verhandlungen seien in würdiger Form geführt worden. Als der jugoslawische Außenminister Markowitsch die Kapitulationsurkunde unterzeichnen wollte, habe er gesagt:Heute vor drei Wochen habe ich einen anderen Vertrag mit Deutschland unterschrieben!. Damit habe Markowitsch den Eintritt Jugoslawiens in den Dreierpakt gemeint.

da die anderen Kritisierten ebenfalls ihre Gefolgschaft haben, die es in guter Laune zu erhalten gilt.

Aufgefallen ist in den letzten Wochen die sehr scharfe Sprache desManchester Guar­dian gegen Attlee. Das linksliberale Blatt hatte bis dahin die Labour-Regierung unterstützt, obwohl die Liberalen im Parla­ment in der Opposition sind. DemGuardian kommt es dabei sicherlich nicht darauf an, dem Premierminister Schwierigkeiten zu machen. Sein Urteil pflegt die fortschrittlich gesinnten Intellektuellen zu beeinflussen. Alle maßvoll denkenden Engländer und sie sind zahlreicher als bei . anderen Nationen sehen ein, daß in einer Zeit, in der die Arbeiterschaft zu äußerster Kräfteanspannung aufgerufen werden muß, der Zusammenbruch des Labour-Regimes ein nationales Unglück wäre. Kritik im Sinne der Kreise, deren Or­gan derManchester Guardian ist, bedeutet somit nicht Feindseligkeit, sondern Ansporn. Allerdings wird gerade dieser Schicht von der Regierung viel zugemutet. In den General­wahlen von 1945 hatte sie für die Labour Party gestimmt. Unter den Labour-Gesetzen muß sie so hohe Einkommensteuern zahlen,

daß mittelmäßig verdienende Schriftsteller etwa bis zu zwei Drittel ihrer Einnahmen an den Staat abführen müssen. Nun kommen die neuen Notstandsmaßnahmen hinzu, die die Mittelstandsgruppen am härtesten treffen, weil die Regierung es einerseits verstanden hat, die Arbeiterschaft unter Eingriffen, wie die Lebensmittelkürzung nicht leiden zu lassen, und weil andererseits die im großen Geschäftsleben stehenden Schichten elasti­scher reagieren können.

Das Oberhaus unterbrach am 9. September seine Ferien zu einer Sondersitzung. Das Unterhaus trat nicht zusammen. Daß die Lords ohne die Commons tagten, wird als ein Vorgang bezeichnet der in der eng­lischen Parlamentsgeschichte keinen Präze­denzfall hat. Das House of Lords hat in den vergangenen Monaten in seinen Debatten die Tendenz gezeigt, jenseits der politischen Leidenschaften und der starren Mehrheits­verhältnisse des Parteilebens zumHüter der Interessen der Oeffentlichkeit zu werden. Dagegen ließe sich vom Standpunkt der Ge­meinen freilich manches sagen. Jedenfalls aber zeigt die frühzeitige Rückkehr der Lords, zu denen ja außer den Familienchefs des Hochadels die Bischöfe der Staatskirche und hochgestellte Richter gehören, sehr deutlich an, welche Besorgnis auf der britischen Insel herrscht.

DIE KURZE NACHRICHT

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Mein Leben war Arbeit für Deutschland

Im Pohl-Prozeß wurde den /Angeklagten Gelegenheit gegeben, ihr Schlußwort zu sprechen. In seiner Rede sagte Oswald Pohl, der Chef des SS-Wirtschafts- und Verwal­tungshauptamtes, daß er bis zur Himmler- Rede im Oktober 1943 'keine Kenntnisvon allem gehabt habe. Die militärischen Ereig­nisse des Krieges hätten Himmler veranlaßt, die KZ der höheren SS-Führung zu unter­stellen. Was in ihnen geschehen sei, stamme von Hitler, Himmler und höheren SS-Füh- rem,nicht aber von ihm. Er bedauere sehr, daß seine Anstrengungen, Mißstände zu ver­hindern, .keinen Erfolg gehabt hätten. Er sei weder der Gestalter noch derMotor der KZ gewesen. Zum Schluß sagte er:Mein Lieben ist nie das eines Parteifunktionärs gewesen, obwohl ich SS-Führer war. Mein Leben war die Arbeit für Deutschland.

Sir Sbolto Douglas Abschied Der englische König hat die Er* nennung von Sir Brian Robert­son zum militärischen Ober­befehlshaber der britischen Be­satzungszone gebilligt. Er wird Nachfolger des auf eigenen Wunsch von seinem Posten ent­bundenen Luftmarschall Sir Sholto Douglas;

Termin April 1948 Die Spruchkammer Neustadt be­ginnt am kommenden Montag ihre Tätigkeit. Es werden zu­nächst nur Revisionsverfahren aufgenommen. Bisher liegen rund 14 000 Einsprüche vor, zu deren Bearbeitung allein fünf Spruchkammerabteilungen erfor­derlich sind.

Sprecher teil. In seiner Pritik dazu sagte Piek, es wäre noch etwas mehr Selbstkritik am Platze gewesen, die dazu hätte dienen können,den inneren Gehalt des SED-Gedankengutes auf ein höheres Niveau zu heben.

Verfahren Werner Kraus Nachdem der frühere Staats­schauspieler Werner Kraus in einen! Spruchkammerverfahren im Mai in die Gruppe der Nicht- belasteten eingestuft worden war, forderte nun der öffentliche Kläger einer Stuttgarter Spruch­kammer, gegen ihn als Haupt­schuldigen zu erkennen, weil er Vizepräsident der Bühnengenos­senschaften und Mitglied des Kultursenats und der Filrrikam- mer gewesen sei. In diesem neuen Verfahren, das vom würt- tembergischen Ministerium für politische Befreiung eingeleitet worden ist, sagten Albert Flo- rath und Werner Finek sls Ent­lastungszeugen für Werner Kraus aus. Erich Kästner, als Bela­stungszeuge vernommen, meinte, daß das enge Verhältnis von Werner Kraus zu Carl Zuck­mayerzweifellos ein Risiko be­deutet hätte.

Differenzen ln der Auffassung Mit der Begründung, daß die Jugend der LDP eine richtige Behandlung der zur Zeit schwie­rigen politischen Lage nicht ge­währleiste, wurde der Tag der deutschen Jungdemokraten von der sowjetischen Militärregierung verboten. Der Landesverband der LDP ln Berlin beschloß darauf, die Jugendtagung im amerikani­schen Sektor der Stadt abzuhal­ten. Die amerikanische Militär­regierung erteilte däzu ihre Ge­nehmigung. Daraufhin hat die SMA allen Jugendlichen der LDP aus dem Sowjetsektor untersagt, die Tagung zu besuchen.

Gedankenaustausch in Weimar Die der CDU angehörenden Mi­nister der sowjetischen Be­satzungszone trafen sich in Wei­mar zu einem Gedankenaus­tausch über aktuelle Fragen von gemeinsamem Interesse. Auch Jakob Kaiser nahm vorüber­gehend an den Besprechungen teil.

Mehr Selbstkritik Auf dem Parteitag der SED in Berlin verlas Hermann Matern eine Botschaft des Zentralkomi­tees der Kommunistischen Par­tei der Sowjetunion an den Par­teitag, in der die Delegierten mit wärmsten Grüßen bedacht wurden. Nach der Verlesung rief ein Vertreter der Sowjetunion: Es lebe die Sozialistische Ein­heitspartei Deutschlands! Dar­aufhin antwortete Matern mit einem Hochruf auf die Sowjet­union. Der bulgarische Delegierte rief den Parteikongreß dazu auf, im Kampf gegen Kapital und Imperialismus zu lauterklei­nen ' Wischinskys zu werden. An der Diskussion nahmen 25

Ein politisches Exempel Eine Viertelstunde nach Mitter­nacht wurde am Dienstagmorgen in Sofia der Generalsekretär aer Bauern-Opposltionspartei, Niko- las Petkoff, durch den Strang hingerichtet. Die Zeitung der Kommunistischen Partei in Bul­garien sagte zu der Hinrichtung, sie sei eine notwendige Staats­handlung zur Wahrung der ober­sten Interessen des bulgarischen Volkes gewesen, und sie sei eine Lektion für alle, die die Absicht haben sollten, die Freiheit des bulgarischen Volkes zu gefähr­den. Ein Sprecher der amerikani­schen Regierung sagte zur An­klageschrift, sie sei lächerlich ge­wesen, und die einzige ^.Verfen- lung Petkoffs sei es gewesen, eine legale Oppositionspartei ge­führt zu haben. Daß man ihn hingerichtet habe, zeige, daß - Dimitroff bestrebt sei, Jede Opposition im Keime zu erstic­ken. Sein Ziel sei die totalitäre Regierungsform. Die Welt be­wundere nicht mehr Dimitroff, sie bewundere und würdige den Mut Petkoffs. Ein Sprecher der britischen Regierung erklärte, die Nachricht über Petkoffs Hinrichtung sei so schwerwie­gend, daß eine Erklärung dazu nur von Bevin selbst abgegeben werden könne.

ren Freischärler und Partisanen durch die Militärbehörden be­waffnet wurden,um zum Kampf gegen die Banden der ukraini­schen Armee eingesetzt zu wer­den, obwohl von dieser seit einigen Wochen kaum noch die Rede ist.

Exil auf dem Lande Von ihrem Salzburger Korres­pondenten haben dieBasler Nachrichten erfahren, daß der Leiter der ungarischen Freiheits­partei, Sulyok, sich in einem kleinen Dorf in der Gegend von Salzburg in der amerikanischen Zone Oesterreichs aufhält. In seiner Begleitung befinden sich zahlreiche ehemalige Abgeord­nete der ungarischen National­versammlung.

NeueNationalgarde

Alle griechischen Männer im Al­ter von 34 und 35 Jahren werden zu der neugebildetenNational­garde einberufen. Diese Garde soll aus fünfzigtausend Mann bestehen und für die Ruhe und Ordnung im ganzen Lande sor­gen. Dafür wird' .die reguläre AVmee in Stärke von 150 000 Mann in den Grenzkämpfen ein­gesetzt werden.

Mie Gtonne

Vergessene Entnazifizierung

UdSSR brauchen zehn Jahre Auf die Frage, ob die Sowjet­union in der Lage wäre, jetzt einen Krieg zu führen, antwor­tete General Eisenhower, daß Rußland wenigstens zehn Jahre brauche, um die Wirtschaft sei­nes Landes auf einen neuen Krieg vorzubereiten. Die deut­schen Armeen hätten es zu senr verwüstet. Er fügte mit großem Nachdruck hinzu, daß er Kriege fürstupide" halte und daß sie seiner Meinung nach meistens auch durchStupidität' zum Aus­bruch kämen.

Schwenkung um 180 Grad Die slowakischen Demokraten veröffentlichen in ihren Zei­tungenListen ehemaliger deut­scher oder ungarischer Nazipar­teigänger, oder gar Listen ehe­maliger Angehöriger der slowa­kischen ^S, die jetzt wichtige Mitglieder, Funktionäre oder Ab­geordnete der slowakischen kom­munistischen Partei sind. Die augenblicklichen Spannungen ln der Slowakei werden dadurch noch verschärft, daß die frühe-

Offensive gegen das Elend In Wien hat der österreichische Außenminister Gruber eine Rede über den Marshall-Plan gehalten. Die sowjetischen Be­hörden der Stadt haben, wie Dena meldete, die Rundfunkan­sprache für den Österreich!-' sehen Funk J.n der Sowjetzone verboten. Südens meldet den Text der Rede, die Gruber über die anderen Sender hielt. Er sagte, der Marshall-Plan sei die beste aller Voraussetzungen für den richtigen Weg des Landes in der kommenden Zeit, er sei die erste ernsthafte Offensive gegen das Elend in Europa. Die Vorwürfe, der Plan führe zur Bildung eines politischen Machtblocks, seien schwer zu verstehen.Wenn es tatsäch­lich eineä Tages zu einer sol­chen Koalition kommen sollte, so kann das nur auf Grund der Angriffe derjenigen mög­lich sein, denen man wirklich diesen Vorwurf machen kann.

-ch. Eines Tages, wenn General Clay recht behält, termingemäß im April 1948, wird die politische Säuberung abgeschlossen sein. Deutschland ist dann de jure vom Na­tionalsozialismus gereinigt, ob aber auch de facto von ihm erlöst? Es sollte, meinen wir, nicht darauf ankommen, daß man durch ein Loch in der Kennkarte oder durch Brief und Siegel ein reines Gewissen nachzuweisen im­stande ist. Der Erfolg der Spruchkammer­arbeit müßte tiefer gehen. Vor allem müßte <jer Staat selbst entnazifiziert werden. So, wie er heute ist, gemahnt er noch viel zu sehr an Hitler. Es war in der damaligen Situation, ein genialer Gaunertrick, Arbeits­lose ins Brot zu bringen, indem man die Be­amtenstellen ins Uferlose vermehrte. Das war zugleich eines der Mittel, den Menschen in eine Karteikarte umzuwandeln. Hitler er­reichte mit erschreckender Folgerichtigkeit, was er wollte, den Polizeistaat, dielücken­lose Erfassung, den Moloch Obrigkeit. Sei­nem Erbe begegnen, wir auf Schritt und Tritt, in den Amtsblättern und Verfügungen, den Dienststellen und Büros, den Verästelungen des ungeheuren Apparats, die sich, zahllos wie die Fangarme, eines Polypen, über das Land verbreiten. Der Deutsche ist ihnen hilflos ausgeliefert. Nicht einmal so sehr wegen ihrer abnormen Größe, die sich mit den gesteigerten Aufgaben angesichts einer gebundenen Wirtschaft verteidigen läßt, be­darf die Verwaltung einer Entnazifizierung als wegen des Geistes der Amtsstuben. So­lange der von den, Spruchkammern entnazi­fizierte Untertan vor diesem Geiste zittern muß, ist er kein aufrechter Demokrat. Wie soll er lernen, an die Gerechtigkeit zu glau­ben, wenn sogar subalterne Behörden ihm ihren Willen aufzwingen können, indem sie ihm etwa die Lebensmittelkarte entziehen? DerUnion-Pressedienst berichtet von einem Auslanddeutschen, der sein Schicksal nicht mehr staatlich beglaubigt und gestempelt zu belegen vermochte, derrechtlich nicht mehr existent war und daher keine Lebens­mittelkarten bekam. Der Pressedienst sagt dazu:Auf Nichtbefolgung läppischer Ver- waltungsformalitäted steht also der Hunger­tod kraft letztinstanzlichen Befindens eines Registrators oder gar eines Amtsbüttels. Der Machttraum, der.der ganzen Nation so teuer, zu stehen kam, darf nicht als ein Reservat der Bürokraten weiterleben. Der Staat, der es so eilig hatte, die Kaminkehrer zu säubern, sollte sich selbst in diesem löblichen Bestre­ben nicht vergessen.

AM RANDE

In einer Polemik mit Henry Bernhard, dem Li­zenzträger derStuttgarter Nachrichten, schreibt Rudolf Agricola, der Lizenzträger derRhein- Neckar-Zeitung 4 ^Daß Herr Bernhard den Kom­munismus bekämpft und daß er sich nicht den Vorwurf machen lassen will, nicht rechtzeitig und energisch genug dagegen angegangen zu sein, ist sein gutes Recht. Er ist nicht der erste, der dies tuf, und ich wünschte mir, daß er der letzte sein möge in der Reihe derjenigen, die den Mißerfolg ihres Kampfes noch erleben. 44

Der Bäckermeister Hermann Rapp aus Ruit bei Eßlingen wurde mit seiner Frau und seinen zwei Töchtern wegen asozialen Verhaltens für vier Wo­chen in das Flüchtlingslager Ludwigsburg einge­wiesen. Sie hatten sich fortgesetzt übel zu drei Flüchtlingsfamilien benommen.

Zum Bürgermeister von Fnlkenberg im Kreise Storkow in Brandenburg wurde das 19jährige Mit­glied der Freien deutschen Jugend Werner Nowak gewählt.

Wetterbericht

Zunächst noch bedeckt bis stark bewölkt und einzelne Rege ; üIle, spater von Norden her abneh­mende Bewölkung und unverändert kühl.

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Redaktion: Albert Komma, Johannes Schmid. Verlag: Schw&bisdier Verlag, K.-G., Friedridishafen in Leutkirch. Druck: Rottweiler Verlags-, und Druckereigenossenschaft, Rottweil.

Rangliste der Milliardäre

+ Der reichste Mann der Welt ist ein bril­lentragender Mohamedaner, der in einem kleinen Zimmer lebt und für seine Person monatlich 200 Mark ausgibt Er ist so reich, daß man sein Vermögen nur annähernd schätzen kann. Er führt den TitelSeine er­habene Hoheit Rustam-i-Dauran Arastu-i- Zaman, ist der Nizam von Hyderabad und hat ein jährliches Einkommen von mehr als fünfhundert Millionen Mark. In seiner Schatzkammer gibt es mehr Edelsteine als in allen anderen Juwelensammlungen der Welt zusammen. Vor Jahren wurde sein Vermögen auf drei Milliarden Mark geschätzt, dreimal so viel als der verstorbene Henry Ford besaß. Seither ist er noch viel reicher geworden. Das hindert ihn nicht, so einfach wie nur einer seiner 20 Millionen Untertanen in einem Winkel eines seiner zahlreichen Paläste zu leben.

Nach der letzten Liste der reichsten Män­ner der Welt, die dieDaily Mail veröffent­licht, sind es in Großbritannien Sir John Ellermann mit 1500 Millionen und der Her­zog von Westminster mit 1200 Millionen Mark, in Spanien Juan March mit mehr als 1200 Millionen, in Holland die Königin Wil­helmine mit 1750 Millionen und Daniel Georg van Beuningen mit 300 Millionen, in Schweden Axel Johnsohn mit 300 Millionen, in Frankreich Pierre und Jean Gillet mit 180 Millionen, in Dänemark A. P. Moeller mit 160 Millionen, in der Schweiz Emil Ge­org Buehrle mit mehr als 150 Millionen, in Irland Joseph Mac Grath mit mehr als 50 Millionen und in Norwegen Johan Andersen mit mehr als 27 Millionen Mark. Bezieht man die Vereinigten Staaten von Amerika ein, so kommt man auf Vermögen, die alle europäischen übersteigen. Die Familie Henry

Fords besitzt mehr als zehn Milliarden Mark, die Familie John D. Rockfeller hat sechs Mil­liarden behalten, nachdem sie mehr als fünfzehn Milliarden für ihre Stiftungen auf­gewendet hat. Pierre Dupont vom Chemie- Trust verfügt ebenfalls über mehrere Milli­arden. Der verstorbene bolivianische Zinn­könig Simon Patino wurde auf fünf Milli­arden Mark geschätzt. Als seine Tochter 1931 einen spanischen Granden heiratete, erhielt sie eine Mitgift von 300 Millionen. In Indien folgt dem Nizam als zweitreichster Fürst der Gaekwar von Baroda mit einem Jahresein­kommen von 80 Millionen und einem ge­schätzten Vermögen von 2,8 Milliarden Mark.

Der reichste Engländer, Sir John Ellerman, ist durch Erbschaft in den Besitz von zahl­reichen Schiffahrtsunternehmungen gelangt. Der Herzog von Westminster besitzt mitten in London den einträglichsten Boden von ganz England. Juan March ist durch Tabak, Schiffahrt und Bankgeschäfte so reich gewor­den. Er gilt für einen der finanziellen Hinter­männer Francos. Der Holländer van Beu­ningen hat als Bergarbeiter begönnen und kontrolliert heute die holländischen Kohlen­gruben. Der Schwede Johnson besitzt Eisen­werke, Bergwerke, Forste, Oelbeteiligungen und Schiffahrtsgesellschaften. Der Däne Ar­nold Peter Moeller begann mit einer kleinen Reederei. Er ist mit der Tochter eines ameri­kanischen Millionärs, Estelle McKinney, ver­heiratet. In Frankreich sind zahlreiche Mil- lionenvermögen durch den Krieg zerrüttet worden. Pierre und Jean Gillet besitzen die bedeutendsten Seiden- und Textilfabriken in Lyon sowie Beteiligungen in Argentinien und Brasilien. Der reichste Schweizer, Emil Georg Buehrle, ist vor zwanzig Jahren aus Deutschland eingewandert. Sein Reichtum kommt von der Erzeugung und dem Export von Werkzeugmaschinen und Waffen, aber heute besizt er auch Grundbesitz und Hotels.

Mac Grath ist als Gründer der berühmten Sweepstakes-Rennen emporgekommen. Der Norweger Andersen besitzt die größte Tabak­handlung seines Landes. Ungeklärt sind. die Vermögensverhältnisse des Kaisers von Ja­pan, der vor dem Kriege ebenfalls zu den reichsten Männern der Welt gehörte.

Neue Bücher

Morgenrot, Jahresgabe unserer Dichter. Heraus­gegeben von Otto Lautenschlager, Carl Meyer Verlag, Stuttgart.

An diesem Buche ist vieles schief. Zunächst der Titel. Schon die Hereinbeziehung der Gebrüder Schnack garantiert dafür, daß von einemMor-

f enrot, also von dem Anbruch eines neuen Tages aum die Rede sein kann. Auch der Untertitel, Jahresgabe unserer Dichter, führt irre. Denn es handelt sich hier keineswegs nur nm Dichtung, oder, wie der Verlag verspricht, umeine Auswahl aus den Werken von 41 heute nnter uns wirkenden oder jüngst verstorbenen Dichtem des schwäbisch- alemannischen Lebensraums. Wenn Ernst Müller über den Gründer der Reutlinger Bruder­hausstiftung schreibt, oder Gerhard Schäke über Hans Reisiger, oder Georg Schwarz über Wala­fried, oder gar Anton Sohnack ein mäßiges Feuille­ton zum Lobpreis der Bücher beisteuert, ist das nicht Dichtung. Auch Albert Schweitzer hat sich nie zu den Dichtern gerechnet. Es ist anch nicht ganz korrekt, von einer Jaliresgabeunserer" Dichter zu sprechen. Der Raum ist hier willkürlich abgegfenzt. Mit demselben Rechte, mit dem man die Mainfranken aufmarschieren läßt, hätte man die bayerischen Schwaben einbeziehen können. So bleibt der peinliche Eindruck, daß man eben nicht genug Schwaben gefunden hat. Am peinlichsten aber berührt das Nachwort, nicht nur des sprach­lichen Ausdrucks wegen. Der Herausgeber schreibt nämlich:Wir erhalten somit eine Sammlung von Dichtern und Künstlern, die unbeirrt durch poli­tische Entschließungen ihre oft qualvollen Wege gingen, die nebenher geduldet, verharmlost, kalt- gestellt, oder aber verfolgt und verboten waren. Das ist nicht ganz richtig. Christian Wagner zum Beispiel, Emil Gött, der schon 1908 gestorben ist, nnd die andern Toten, Isolde Kurz, Ränä Schiekele, Hermann Hefele, Emst Stadler, Owlglasz Kom­mereil nsw., wir wissen nicht, daß sie Verfolgung erlitten haben, so wenig wie das etwa von Sophie Schiorke-Ebe, Anna Schieber, Otto Rombach, Georg

Schwarz, Albrecht Goes, oder gar den munteren Brüdern Schnack bekannt ist. Viele von ihnen er­schienen während des Dritten Reiches fast Jahr für Jahr mit neuen Büchern. (Mit lieinhold Schnei­der und Sebastian Blau ist es anders.) Richtig ist eines nämlich, daß tlieser Almanachnicht das Chaos dieser Tage spiegelt. Man liest sehr wenig vom Krieg und bösen Dingen und wandelt sozu­sagen im blaubeblümten Sehlafroek meist recht bürgerlich feierabendlich dahin. VomMorgen­rot" ist eigentlich nur bei den recht begabten neuen Lyriker zn spüren und dann in einigen graphischen Blättern, bei Gayer, Staudinger. Pan- kok. Leider sind diese Blätter wahllos und ohne jede Beziehung zum Text eingeheftet, bo daß gro­teskerweise zum Beispiel Wilhelm Gayer mitten in den Anton Schnack hineingeriet. Emanuel von Bodman nur mit einem mäßigen Vierzeiler oder gar den unvergeßlichen Hermann Hefele mit einem Dutzend uralter Zeilen über Schiller vorzustellen, gefällt einem schlecht. Man vermißt auch die An­gabe, aus welchen Werken die Stücke entnommen sind. Kurzum, die sehr überschwengliche Auf­machung und der Titel erwecken Hoffnungen, die leider nicht erfüllt sind. J. S.

Trittbrettnotizen

Von Eduard Schaefer

Man braucht durchaus kein Anhänger der indi­schen Lehre von der Wiedergeburt zu sein, aber daß die meisten Menschen in einem früheren Lehen Störche gewesen sein müssen, steht fest. Beweis: Versuchen Sie mal in ein überfülltes Eisenbahn­abteil hineinzukommen, ich wette, daß Ihnen jeder versichert, er stünde seit Stunden auf einem Bein.

Wir sprachen im Zuge vom Klauen. Jeder wußte Klaugeschichten. Auch der Schaffner wußte eine:Da hat mir doch neulich im Gedränge beim EinBteigen wahrhaftig einer das Flügelrad vom Kragen gerissen und mitgenommen! Stimme ans dem Hintergrund:Dct wa sieha Hermann Jörings ruhelose Seele!

Wir fuhren durch einen briihheißen Spätsom- mertag. Auf dem Trittbrett saß ein Mädchen und las in einem Buch. Hm, so was gibts. Der Wind wühlte der Schönen das Haar wild durcheinander. Fragte einer aus dem Abteilfenster:Sie, Frollein, was lesen Sie denn dnt" Noch ehe die Zerzauste antworten konnte, riefs aus dem Naehbarfemiter: Vom Winde verweht..

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