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Dienstag, 28. Septesiber 18*7

Analyse des Industrieplanes

R. A. W. Seit Stalin, Truman und Attlee "das Abkommen von Potsdam unterzeichnet haben, wird man für lange Jahre das po­litische und wirtschaftliche Leben in Deutsch­land nur verstehen -können, wenn man die Entwicklung von diesem Zeitpunkt an be­trachtet. Der Industrieplan ist in seinem Kernstück über die v zukünftige Höhe der deutschen Stahlproduktion nicht unmittelbar im Potsdamer Abkommen verankert. Dem - Kontrollrat in Berlin fiel es zu, die befristete Ergänzung zu Kapitel IV, Absatz 5 zu schaf­fen. Um das Ausmaß; der in diesem Kapitel unter Absatz 4 a festgelegten Demontage, besonders aus der Hütten-, chemischen und Maschinenindustrie bestimmen zu können, mußte der Industrieplan für die deutsche Friedenswirtschaft festgelegt werden. Unter der nahen Nachwirkung des Krieges wurde ein großer Unterschied in de? Deutschland von den drei Verhandlungspartnern zugebil­ligten Rohstahlproduktion gemacht. Groß­britannien hielt 10, Rußland 4 und Amerika 5 bis 8 Millionen Tonnen für ausreichend. Im Verhandlungsweg wurde am 31. März 1946 eine Leistungsfähigkeit von 7,5 und eine Produktionserlaubnis von 5,8 Millionen Ton­nen ermittelt. Die deutsche Rohstahlkapazität, die 1938 eine Produktion von 22,99 Millionen Tonnen erreicht hatte, war mit 15 Millionen Tonnen für . Reparationslieferungen frei­gegeben. Deutschland hatte aber bei reiner Friedenswirtschaft, ohne die Wiederaufbau­bedürfnisse, einen innerdeutschen Jahres­stahlverbrauch von mindestens 12 Millionen Tonnen. Die neuauf zubauende deutsche Friedenswirtschaft, die 60 Prozent der er­zeugten Rohstahlmenge in der Metallindu­strie und im Metallhandwerk und 35 Pro-

Man sieht, wie in der deutschen Friedens­wirtschaft der Fertigwaren-Export und dabei wieder der Export von Eisen- und Metall­waren die Voraussetzung für die Einfuhr von Nahrungsmitteln und Rohstoffen war. Ohne genügende Rohstahlerzeugung wäre der Ex­port von Eisen- und Metallfertigwaren un­möglich. Trotz der gewaltigen Nahrungsmit­teleinfuhr stellte diese nur etwa 15,5 Prozent zu unserer Ernährung. Die damals noch ver­fügbaren Emteüberschußgebiete "östlich von Oder und Neiße hatten mit nur 13 Prozent der Gesamtbevölkerung Emteerträge, die 25 Prozent der gesamtdeutschen Getreide- und Zuckerrübenernte und 30 Prozent der Kar­toffelernte betrugen. Als Kriegsfolge gingen diese Gebiete Deutschland verloren und ihre Bevölkerung mußte in die Nahrungszuschuß­gebiete westlich von Oder und Neiße aufge­nommen werden. Betrachtet man den neuen Industrieplan von dieser Seite her, so wird das nicht ohne ernste Sorgen auch für die Zukunft möglich sein.

Die Revision des Industrieplans vom 31. März 1946, mit seiner genehmigten Stahlpro­duktion von 5,8 Millionen Tonnen vollzog sich notwendigerweise in der bewußten Ab­sicht einer beachtlichen Annäherung an die deutsche Friedenswirtschaft. Es wurde be-

tont, die Erfahrungen hätten gezeigt, daß weder die Bizone noch ganz Deutschland un­ter den alten Bedingungen jemals wirtschaft­lich gesunden könnte. Die wirtschaftliche Erholung Europas sei von einem gesunden Deutschland abhängig. Das zusammengefaßte Revisionsergebnis ist eine Steigerung der Produktionshöhe von 70 bis 75 Prozent auf den vollen' industriellen Stand des Jahres 1936. Der neue Plan sieht vor, Deutschland drei Viertel des damaligen Lebensstandards und eine Tagesration von 2000 Kalorien zu gewähren.

Die wichtigsten Punkte des am 29. August von der amerikanischen und britischen Mili­tärregierung veröffentlichten neuen Indu­strieplanes für die . Bizone wurden in der Schwäbischen Zeitung, Nummer 70 vom 2- September, veröffentlicht.

Der Bizonen-Wirtschaftsrat begrüßte die Revision mit den Worten:Die Tatsache der Neufassung gibt dem Volk die Zuversicht, daß Ihm die Wiederherstellung normaler Le­bensbedingungen durch seine eigene Arbeits­kraft ermöglicht wird. Neben Zuversicht und Hoffnung sind freilich auch Mißtöne zu vernehmen. So schrieb der LondonerEcono­mist, der neue Plan könne nur akademische Bedeutung haben, weil keine Zone auf irgend­einem Gebiet den alten Plan erreicht habe. Eine Politik zur Steigerung der Produktion mit allen Mitteln sei nötig.

Regenbogen über dem Petersplatz

BJR. Vatikanstadt. Im Dezember 1946 hat Papst Pius XII. seine letzte große Rede vom großen Mittelbalkon der Peters­kirche gehalten. Zum 25jährigen Bestehen

TCathnlisphpri AVtinn kam pt* auf Hpti

es kaum einem Papst gelungen, so wie der Römer Pius XII.. zu den Bewohnern der Ewigen Stadt zu sprechen. Seine Reden sind nicht so sehr rhetorische Meisterstücke, als äußerst geschickt auf die italienische Men-

zent in der Bauindustrie verarbeitet hatte, wurde durch diese Herabsetzungen auf 5,8 Millionen Tonnen (1934: 11,7; 1935: 16,1; 1936: 18,7; 1937: 19,4; 1938: 22,99 Millionen Tonnen) gelähmt. -

Nach der Erkenntnis, daß der Stahlver­brauch der beste Gradmesser für den Kul­tur- und Wohlstand eines Volkes sei, zeigte sich denn auch, daß unter solchen Voraus­setzungen weder eine Annäherung an allge­meine deutsche Friedensverhältnisse noch an die Lebensbedingungen des Jahres 1932 möglich wäre. Schon auf der Konferenz in Moskau wurde deshalb die Revision des Kon trollratsplanes vom März 1946 erwogen. Sollte sie Erfolg haben, und die Selbsterhal­tung der. Vereinigten Zonen gewährleisten, so müßte sie eine weitgehende Annäherung an die frühere deutsche Wirtschaftsstruktur bringen, wie sie die nachstehende Handels­bilanz für das normale Friedensjahr. 1937 und der Lebensstandard der Vorkriegszeit eiv kennen lassen.

Deutschlands Ein- und Ausfuhr im Jahr 1937:

Einfuhr

um.

KM.

Lebende Tiere (Schweine,

Ausfuhr

Mill.

v.H. RM. v.H.

Rindvieh)

Nahrungsmittel tierischen Ur­

107,5

2,0

2,8

0,2

sprungs

479,7

8,8

9,6

0,2

darunter: Milch

5,0

0,1

0,1

0,0

Butter

115,0

2,1

Käse

36,7

0,7

0,1

0,0

Fleisch u. Fleischwaren

79,8

1,5

1,5

0,0

Fische und Fischzubereitungen

52,9

1,0

3,7

0,1

Walöl

31,6

0,6

2.4

0,1

Schmalz und Talg

24,8

0,5

Eier, Eiweiß, Eigelb Nahrungsmittel pflanzlichen

94,0

1,7

0.6

0,0

Ursprungs

1135,2

20,7 45,7

0,8

darunter: Weizen

156 2

2,8

Roggen

23,2

0.4

Mais, Dari

178.0

3,2

Reis

23,2

0,4

3,5

0,1

Hülsenfrüchte zur Ernährung

26.6

0,5

0,2

0,0

Kartoffeln

10,6

0,2

2,2

0,1

Kuchengewächse

41,9

0,8

0.4

0,0

Obst, außer Südfrüchte

97,5

1.8

0.2

0,0

Südfrüchte

120,5

2,2

0.2

0,0

Kakao, roh

47,4

0.9

0,8

0,0.

Zucker

2,0

0,0

1,2

0.0

Oel fruchte, pfl. Oele u. Fette

248,2

4,5

15,6

0,3

Genußmittol

322,7

5,9

30,7

0,5

darunter: Kaffee

151,4

2,8

0,1

Rohtabak

131,9

2,4

"~

---

Wein

20.2

0,4

10,3

0,2

Tee, Hopfen, Bier, Branntvtein

19.2

0,3

20,3

0,3

Emährungswirtschaft ges.i

2045,1

37,4

88,8

1,5

Rohstoffe

1996,2

36,5

577,6

93

darunter: Eisenerze'

221.9

4,1

0,2

0,0

Sonstige Erze u. Metallaschen

198,4

3,7

6,4

0,1

Wolle und Reißwolle

285,2

5,2

4,6

0,1

Baumwolle

275,1

5,0

1,5

0,0

Flachs, Hanf u. dergl.

112,6

2.0

0,6

0.0

Falle u. Häute, roh u. zu Pelz

235,7

4.3

3,5

0,1

Holz zu Holzmanse

45,8

0,8

Bau- u. Nutzholz (Rundholz)

69.0

1,3

2,1

0,1

Kautschuk, Guttapercha, Baläta

117.5

2,1

0,3

0,0

Steinkohle (einschl. Preßkohle)

62.3

1,1

440,4

73

Braunkohle (einschl. Preßkohle) 16,5

0,3

17.6

0,3

Halbwaren

980.3

17,9

543,2

92

Fertigwaren

396,6

7.3 4700,0

79,5

darunter: Eisen- u. Metallwaren 79,6

1,5 2112,8

35,9

Textilien

62,3

1,2

430,2

7,2

(Jesamter Warenverkehr 1937:

5468,4 100,0 5911,0 100,0

Nahrungs- und Genußmittelverbrauch je Vollperson im Jahr 1937:

Fleisch (ohne Fett)

kg

53,2

Zucker

kg

27,8

Innereien

2,1

Honig

0,5

Geflügel

1,7

Gemüse

58,3

Eier (Stück)

144

Kern- u. Steinobst

42,5

Trinkmilch von

Nüsse

1,2

Kühen Liter

110

Südfrüchte

6,8

Ziegenmilch Liter

13

Bohnenkaffee

2,4

Käse

6,3

Kakao

1,0

Seefische

14.2

Malzkaffee

2,7

Schweinefett

9,3

Tee

0,1

Butter

10,3

Bier (Liter)

82,5

Speisotalg, Kunst­

Wein (Liter)

8,9

fette, Margarine

10,3 .

Süßmost (Liter)

1,0

Kartoffeln

201,6

Branntwein (Liter)

1,4

Roggenmehl

63,7

Tabakerzeugnisse

4,9

Weizenmehl

64,6

Zigarren (Stück)

129

Graupen, Reis, Haferflocken

Zigaretten (Stück)

609

6,4

Kalorienverbrauch je Vollperson and je Tag:

Nahrungsmittel

1930/1932

1932

1933/1937

Mehl

1072

1046

1108

Kartoffeln

428

447

413

Zucker

283

261

282

Gemüse, Obst

136

137

143

Reit», Oraup., Hiilsenfr., Hafer 59

63

65

Fleisch

267

259

273

Fette, einschl. pfl.

Fette 770

785

732

Milch

' 214

207

213

Eier, Kakao, Fisch

u. dergl. 73

72

73

zusammen:

3.102

8277

8302

davon: Fett

1110

1115

1076

Eiweiß

380

373

887

Kohlenhydrate

1812

\

1789

1839

Petersplatz herunter, auf dem nach vorsich­tigen Presseschätzungen 3Ö0 000 Personen versammelt waren. Vor dem Hauptportal der Kirche stand auf einem roten Podium der goldene Thronsessel unter dem Baldachin. Auf den Treppenstufen waren Kardinäle und Prälaten in ihren leuchtenden Roben und die Schweizer Garde in ihren mittelalterlichen Uniformen gruppiert. Immer wieder mußte der Beginn der Kundgebung verschoben werden, da die auf dem einzigen Anmarsch­weg, der Via della Conciliazione, heran­drängenden Menschenmassen ständig den schmalen Eingang zum Petersplatz verstopf­ten. Lautsprecher übertrugen Gebete und for­derten die Menge zu gemeinsamen Liedern auf. Zwei Flugzeuge zogen knapp über den Dächern ihre Kreise. Endlich erschien der Papst auf einem Tragsessel, angekündigt von Fanfarenstößen. Minutenlang donnerten die Rufe der MengeVita! Vita! (Leben! Leben!). Die Dimensionen der welthistorischen Kulisse ließen die Gestalt des Papstes, der in weißer Soutane mit purpurrotem, gold­gerändertem Umhang erschien, noch schmaler wirken als sonst.

Langsam beruhigte sich die Menge, das Rufen und Tücherschwenken ebbte ab, und die Lautsprecher trugen eine Stunde lang die Worte des Heiligen Vaters bis in die äußersten Ecken des Platzes. Schon lange ist i

talität abgestimmt. So versäumte er auch in seiner jüngsten Rede nicht, gleich zu Anfang den italienischen Radrennmeister Gino Bar- tali, der gegenwärtig in aller Munde ist, als Mitglied der Katholischen Aktion zu erwäh­nen.

Vor Beginn der Kundgebung hatte man einen der jetzt in Rom häufigen Wolken­brüche befürchtet, doch nur ein paar Tropfen fielen, und gerade als der Papst zu sprechen begann, spannte sich ein Regenbogen, das biblische Zeichen des Bundes, über Engels­burg und Tiber. Das Unwetter verzog sich und leuchtendrote Wolken bildeten über der Kuppel Michelangelos den Hintergrund des farbenprächtigen Bildes.

Am Vorabend der Papstrede nahmen an einer MittemachtsmeSse in den Caracalla- Thermen etwa 100 000 Menschen teil. Die ge­waltigen Ruinen waren in ein farbiges Scheinwerferlicht getaucht; der Altar und die riesigen Kandelaber" auf der Bühne, die bis­her für die Opemvorstellungen benutzt wurden, glänzten wie Gold. Unter den Zehntausenden, die an den Hauptaltären und zwei .Nebenaltären das Sakrament empfingen, befand sich Ministeipräsident de Gasperi mit einigen seiner Minister. Sel­ten wurden so eindrucksvoll heidnische An­tike, Christentum und moderne Technik mit- i einander verbunden.

DIE KURZE NACHRICHT

Ernst Lemmer antwortet Zu der Behauptung des Vertei­digers von Hans Fritzsche, auch Ernst Lemmer habe sich während der Hitlerzeit journalistisch be­tätigt und werde jetzt 'nicht da­für bestraft, sagte Lemmer:Zu­gleich mit' dem Ausschluß aus der Berufsorganisation der deut­schen Journalisten im Jahre 1933 wurde mir jede Mitarbeit an deutschen Zeitungen und Zeit­schriften untersagt. Dieses Ver­bot ist bis zum Ende der Regie­rung Hitlers nicht aufgehoben worden."

Jedoch auch nicht feindlich Lord Pakenham besuchte zum Schluß seiner Reise durch Schleswig-Holstein die Lager Pöppendorf und am Stau bet Lübeck, in denen die Exodos- Flüchtlinge untergebracht sind. Pakenham sagte, er sei sehr zu­frieden mit der Arbeit der bri­tischen Behörden in beiden La­gern. Die Stimmung der Juden sei nicht gut, Jedoch auch nicht feindlich. Ihr Eindruck sei heute besser, als vor ihrer An- - kunft.

In Leipzig verschwunden' Der Münchener Wirtschaftsbe­rater Dr. Georg Michalstei, seine Frau und ein sie begleitender Student sind seit ihrer Abreise mit einem Sonderzug der Leip­ziger Messe verschwunden. Die letzte Nachricht von den Ver­mißten, so teilt die Münchner Kriminalpolizei mit, sei ein Telegramm aus Leipzig gewesen, das die Abfahrt ankündigte.

17 000 Wagen Schulden In einem Halbmonatsbericht für September der amerikanischen Militärregierung für Deutsch­land heißt es, daß die Wagen­transporte nach der sowjeti­schen Zone erheblich vermin­dert oder ganz eingestellt wer­den müßten, falls die sowjeti­sche Zone ihre Wagenschulden nicht begleicht. 17 000 offene Eisenbahnwagen aus der aFheri- kanischen Zone sind aus der Ostzone nicht zurückgekehrt, während sich in der amerikani­schen Zone über fünftausend Güterwagen aller Art befinden, die in die Sowjetzone gehören. Die Behörden der sowjetischen Besatzungszone sind dringend ersucht worden, die Wagen­schulden umgehend zu be­gleichen.

Guter Rat an Dutt Die britische Militärregierung hat dem Vorsitzenden der bri­tischen kommunistischen Partei den Rat gegeben, nicht am Par­teitag der deutschen SED in Berlin teilzunehmen. Britische Kreise betonen bei dieser Ge­legenheit, ihnen sei von einer Verbindung zwischen der KP in

der britischen Zone und der SED nichts bekannt. Jakob Kaiser hat eine Einladung zur Teilnahme am Kongreß der amerikanischen Gewerkschaft AFL in San Franzisko. abge­lehnt. Er begründete seine Ab­sage mit der Arbeit, die ihm durch die gegenwärtige poli­tische Lage auferiegt sei.

Kreis Saarburg wählte Der aus dem Saargebiet ln das Land Rheinland-Pfalz rückgeglie­derte Kreis Saarburg hielt am Sonntag Neuwahlen ab. Bei 22 835 Stimmberechtigten wurden 10 849 gültige Stimmen abge­geben. Davon' erhielt die CDU 8620 Stimmen, die SPD .697 Stim­men, die KPD 356 Stimmen und die Demokratische Partei 1176 Stimmen.

Herriot wiedergewählt Der Kongreß der französischen Radikalsozialistischen Partei hat Edouard Herriot als ihren Prä­sidenten wiedergewählt.

Militärgericht sprach frei Das Pariser Militärgericht sprach den deutschen General Hans Jung von der Anklage frei, ille­gale Beschlagnahmungen bei Saint Nazaire nördlich der Loire durchgeführt zu haben. Die An­klage warf ihm die Plünderung mehrerer Banken vor. Zahlreiche Zeugen bestätigten in der Ver­handlung das menschliche Ver­halten Jungs während seines Aufenthaltes in Frankreich.

Im Schatten der 20 Vetos Die drei Vertreter der West­mächte in der Staatsvertrags- komission in Wien griffen den sowjetischen Vertreter heftig an, weil er den französischen Kom­promißvorschlag zur Frage über das deutsche Eigentum abge­lehnt hatte. Der amerikanische Delegierte erklärte dazu, daß diese Ablehnung vier verlorene Monate harter Arbeit bedeute, denn man müsse die bereits in Moskau abgelehnten Vorschläge dann erneut der Außenminister­konferenz in London vorlegen. Die Vereinigten Staaten seien mit dem französischen Vorschlag einverstanden. Sie seien zu Ver­handlungen bereit. Sir Rendel, der britische Delegierte, erklärte, man könne die russische Hal­tung ln zwei Sätzen zusammen­fassen:Was wir haben, behal­ten wir 1 undwir gehen nicht mehr von dem ab, was wir schon einmal gesagt haben."

Inflationsgefahr in Wien Der Reuter-Korresjpondent in Wien nannte es einen vergeb­lichen Versuch, wenn die öster­reichische Regierung die wach­sende Inflationsgefahr durch Zu­lassung von Lohn- und Preis­erhöhungen bekämpfen wolle. T>*e Regierungspläne werden eine

Preiserhöhung von 50 Prozent erlauben, in Wirklichkeit jedoch sind die Preise bis zu vierhun­dert Prozent angestiegen. Auch die Löhne sind innerhalb von wenigen Monaten bis auf fast zweihundert Prozent erhöht worden.

Ungerechte Verurteilung Der bulgarische Kassations­gerichtshof hat das Urteil gegen Petkoff bestätigt. Ein Sprecher des britischen Foreign Office sagte dazu, daß die britische Regierung den Entschluß des bulgarischen Gerichtes bedauere. Die Tatsache, daß die Berufung Petkoffs wenige Tage nach In­krafttretens des Friedensver­trages, der die Wahrung der parlamentarischen Rechte be­stimmt, verworfen wurde, habe in London einen deprimierenden Eindruck hinterlassen. Ein ame­rikanischer Sprecher wies darauf hin, daß die Vereinigten Staaten die Verurteilung Petkoffs für ungerecht hielten. Sie hätten ihren Standpunkt formuliert und seien nicht in der Lage, ihn zu korrigieren. Sie hielten jedoch eine neue Intervention für zwecklos. In Sofia aber haben die bulgarische Sektion der Liga der Menschenrechte und die so­zialdemokratische Oppositions­partei neue Gnadengesuche an den Präsidenten der bulgarischen Republik gerichtet.

La Guardia ist tot Der frühere Oberbürgermeister von New York und ehemalige Generaldirektor der UNRRA, Fiorello La Guardia, ist am Samstag im Alter von 65 Jah­ren in New York gestorben.

Erreichtes Exportziel Der amerikanische Landwirt­schaftsminister Anderson sagte, daß die Vereinigten Staaten fünfhundert Millionen Bushel Getreide zum Export aufbringen könnten, wenn sie es müßten. Damit wäre das erhoffte Ex­portziel der Vereinigten Staaten für das Wirtschaftsjahr 1947/48 erreicht.

Hurrikan über Palmbeach Der schlimmste Hurrikan, der Florida seit zwei Jahrzehnten heimgesucht hat, zerstörte allein im Gebiet von Palmbeach über 375 Gebäude, beschädigte 5000 andere Häuser und vernichtete den größten Teil*der Obsternte.

Transportbegleiter morden Der indische Rundfunk .meldet, daß im Gebiet von Lahore etwa hundert Flüchtlinge getötet und über zweihundert verletzt wur­den. Die Opfer gehörten zu dem ersten großen Transport aus Pa­kistan kommender Flüchtlinge. 47 von ihnen wurden von paki­stanischen Soldaten getötet, die den Transport begleiteten.

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Ein Duineser Nachtstück

a. k. Die Proklamation des Freistaates Triest haben zum Teil dramatische Ereignisse be­gleitet, die' in manchen Momenten eine un­übersehbare Entwicklung fürchten ließen. So setzten die Jugoslawen ihre Einheiten be­reits um zwei Uhr nachts statt um "zehn Uhr vormittags in Marsch, um das ihnen zugesprochene Gebiet in Julisch-Venetien zu besetzen. Sie wollten auch nicht an der ver­einbarten Demarkationslinie haltmachen, son­dern die GrenzenTitoniens, wie man in den westlichen Ländern zu sagen pflegt, wei­ter vorschieben. Das alliierte Oberkommando auf Schloß Duino war zeitweilig in einer Situation, in der es ihm schon vor seiner Verantwortung bange werden konnte. Schließ­lich sahen die Vorhuten der östlichen Volks­demokraten aber doch ein, daß man zwischen der Ratifizierung eines Vertrages und seinem Bruch eine Anstandsfrist verstreichen lassen müsse. Sie dauerte (siehe Seite 1) keine halbe Woche.

Uns Deutschen kann es im Grunde gleich­gültig sein, wie die Grenze in Julisch-Ve­netien verläuft. Die Zeit'ist lange vorbei, in der es als Kronland Istrien dem großen deutsch-bestimmten Kulturbereich angehörte, der Oesterreich-Ungarn hieß, und es gibt im Augenblick Grenzfragen, die uns weit mehr berühren. Dennoch läßt uns der Name Duino aufhorchen. Er ist und bleibt uns teuer, .weil auf dem Schloß in der übersonnten Karst­landschaft Rainer Maria Rilke seineDui­neser Elegien geschrieben hat, den Gedicht­band, der für sein späteres Werk neben den Sonetten an Orpheus wohl am meisten charakteristisch ist. Und wir verlieren uns in Sinnen, wie der Dichter, der, im geographi­schen Mittelpunkt Europas, in einer der Lan­deshauptstädte der letzten übernationalen Großmacht geboren, für sein Werk in Paris und in Rußland entscheidende Impulse empfing und in der ^Schweiz starb, der bis heute übernationalen Bundesrepublik, wie wohl Rainer Maria Rilke einer Entwicklung gegenüber gestanden wäre, die in dem von ihm so geliebten Duino fast eine verhängnis­volle Explosion ausgelöst hätte. Er, der sich, aus altösterreichischer Tradition wie aus seiner Zeit vorgreifender weltbürgerlicher Gesinnung, immer' vom nationalistischen Ueberschwang femhielt, dem doch selbst der wesensverwandte Stefan George, dem Ger- hart Hauptmann und heute mag ers nicht mehr hören auch Thomas Mann verfielen. Von der Kindheit her hatte er böhmischen Volkes Weise im Ohr und im Blut und die Vollendung fand er, der deutsch schrieb, in­mitten romanischen Volkes. Die größte Wir­kung verzeichnet seine Kunst, zwanzig Jahre nach seinem Tode, in der angelsächsischen Welt. Wollten wir glauben, daß die Toten wiederkehren, wir könnten uns vorstelien, daß der Geist des Dichters im nächtlichen Saale von Duino neben General Lee stand, als der Soldat aus Uebersee der, bezeich­nend genug, sofort danach nach Amerika flog, um ein Laienamt seiner Kirche zu über­nehmen sich entschloß, nicht den Ein­flüsterungen großmächtlichen Prestiges, son. dem der uralten Weisheit wahrer Ueber- legenheit zu folgen, die ihren Ausdruck in dem Sprichwort findet:Der Klügere gibt nach wobei es außer Zweifel bleibt, daß es auch im Nachgeben eine Grenze gibt, die zu überschreiten nicht mehr klug ist. Auch das hat uns das Experiment Hitler gelehrt.

Fritzsdie contra Ribbentrop

J.. Nürnberg. Vor der Berufungs­kammer sagla.Hans Fritzsche, daß er sich voll verantw-tiich fühle für jedes Wort, das er gesagt hr'r_* und für jede Tat, die er be­gangen habe. Er fühle sich aber nicht schuldig. Er würde nie einem Befehl gefolgt sein, der gegen seine Auffassung gegangen wäre. Noch bis zum Ausbruch des Krieges habe et an eine friedliche Lösung der Pro­bleme geglaubt, obwohl er Hitler gegenüber immer Mißtrauen empfunden habe. Im Jahre 1939 gab Fritzsche eine Zusammenstellung kleiner Denkschriften heraus, die er aus aus­ländischen Nachrichten zusammengestellt hatte. Es waren Aufsätze über die Oester­reich-Frage, das Sudetenland, dasProtekto­rat, über die Polenkrise und Englands Stel­lung im Falle eines Krieges. Als Goebbels diese Schriften gelesen hatte, soll er gesagt haben:Wir haben nicht sechs Jahre lang gearbeitet, und erfolgreich gearbeitet, um al­les durch einen Krieg wieder zu verlieren. Auch Hitler, so sagte Fritzsche, sei von den ausländischen Pressestimmen beeindruckt ge­wesen. Ribbentrop aber habe alle seine Be­denken zu zerstreuen gewußt. Ribbentrop habe Hitler gesagt:England wird nicht in den Krieg eintreten, es wird von einer klei­nen, degenerierten Schicht beherrscht, die nicht fähig ist, einen Krieg zu führen. Als Fritzsche aber im Nürnberger Gefängnis den ehemaligen deutschen Außenminister darauf zur Rede stellte, sei diese Aeußerung von Ribbentrop auf das schärfste bestritten wor­den. Fritzsche will geglaubt haben, daß der Krieg auf diplomatischem Wege zu einem er­träglichen Ende hätten geführt werden kön­nen.Ein nicht ganz unfähiger Politiker hätte Nutzen aus den Meinungsverschieden­heiten der Alliierten ziehen können. Auf den Vorwurf des zweiten Klägers der Kam­mer, Fritzsche habe die nationalsozialistische Tendenz gefördert und durch die Art seiner Propaganda zur Verlängerung des Krieges beigetragen, antwortete Fritzsdie, er habe mit allen Mitteln gegen die Ausbreitung der na­tionalsozialistischen Idee gekämpft.

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Redaktion: Albert Komma, Johanne« Schmid.

Verlag: Schwäbischer Verlag, KG., Friedrichshafen, in Leutfcirch. Druck: Kottweiler Verlags- und Druekereigenossenschaft, Rottweil.