eptember 1947
FEUILLETON
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J. S.
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Charly
Von Otto Schümann
Charly war ein prächtiger Kerl, er kam aus Texas. Das Land Texas bringt gute und kräftige Männer auf die Beine. Wer nicht kräftig und hart ist, sollte nicht nach Texas i gehen, und wer es ist, sollte im Lande bleiben. Charly war kräftig und gut gebaut, ein Mann, wie er bei den Texasreitern gesucht wird. Er aber y ließ sich nicht werben, weder von der Polizei noch von Frauen. Dabei wurde er überall umworben, doch er sagte: „Nein“. Das machte mir Charly sympathisch, denn mir kam nur zu oft ein Ja über die Lippen.
So suchte ich denn Charlys Freundschaft, und die erwarb ich durch Zufall und Glück. In Eixies Bar gab es eine prächtige Schlägerei. Charly stand allein, denn nachdem er einigen Männern die Härte seiner Fäuste zu schmecken gegeben hatte, wagten, sie nur } gemeinsam anzugreifen. In diesem Augen- ? '—blick kam ich in den Raum und merkte, \ jorum es ging. Ich nahm zwei Whiskyflaschen und beschloß, Charly zur Seite zu stehen. Was Mut und Kraft nicht vermögen, tut oft die Geschicklichkeit, und so ließ ich • , -denn beim Ansturm der Leute die beiden | .'laschen schnellen. Der erste Angreifer hatte genug mit den Scherben in seinem Gesicht zu tun, während die zweite Flasche an der großen Glühbirne landete, die an einem nerabhängenden Leitungsdraht dem Raume Licht gab. Dann zog ich Charly, auf den Schläge prasselten, hinter den Bartisch. Wir drückten uns nur die Hände.
Das war der Beginn unserer Freundschaft. Charly war nun immer in meiner oder Ich in seiner Nähe, denn allein durfte ich mich in dieser Gegend nicht mehr sehen lassen.
. \ Charly war ein prächtiger Kerl. Er hatte Hände, die so breit waren wie Kohlenschaufeln und hart wie Stein. Ich habe keinen Mann gesehen, der nicht einige Zähne auf den Altar der Zornesgöttin spie, wenn I Charlys Hand sein Gesicht gestreichelt hatte, j Charly hatte keine Fehler, wenn man davon ; absah, daß er gern trank, ja, mehr als trank, j und gern rauchte. Wenn er rauchte, und das ! tat er fast immer, so pustete er den Rauch i von sich wie eine asthmakranke Alte. Das Spielen konnte er auch nicht lassen, und , raufen tat er für sein Leben gern. Doch das sind bei einem Manne keine Fehler.
Charly hatte nie Geld. Was er verdiente — denn er arbeitete gelegentlich, sonst war er ein freier Mann —, ging sofort in fremde Hände. So riet ich Charly, mit mir einige Länder tiefer zu gehen, von Texas aus also nach Mittelamerika, und dort Gold zu suchen. Charly sagte zu.
1 Mittelamerika ist bekanntlich noch heißer als Texas, und Charlys Durst wuchs ins Unermeßliche. ' Es kostete mich allerhand an physischer Kraft und an Geld, bis ich ihn aus einem Barraum herausgeschleust hatte.
• Ich mußte ihn auf Maulesel und räudige Hunde aufmerksam machen, um mit. ihm sicher an den nächsten Bars vorbeizukommen. Tagsüber aber saß er mit einer halben Flasche Whisky hinter verschlossener Hoteltür, während ich Gerätschaften zum Goldgraben und -waschen besorgte. Das war nicht leicht, da viele gleich mir zum Golddiggen wollten. Auch drei Maulesel gehörten zum Kauf, je einer für Charly und mich, der dritte als Tragtier für die Ausrüstung. Ich hatte aber nicht mit Charly gerechnet, denn er sah es als Beleidigung für einen Texasmann an, ein anderes Tier als ein Pferd reiten zu sollen.
Wohl oder übel nahm Ich mein letztes Geld und setzte Charly unter Alkohol, so bekam ich ihn weg. Nachdem er in der Bar nur durch seine affenartige Geschwindigkeit den Kugeln eines 42er Revolvers ausgewichen war und bei der Gelegenheit noch einige Whiskyflaschen mitgenommen hatte, konnte ich ihm klarmachen, daß er den feurigsten Hengst der Stadt unterm Sattel habe. Charly glaubte es, denn er ritt, oder vielmehr Josefa, so hatte ich den Maulesel getauft, trug ihn mit Würde, und das war nidit leicht. Wir waren noch nicht weit, da begann Charly den Schwindel zu bemerken, doch bevor er ganz zu sich kam, hatte ich schon einer Whisky- j flasche den Hals am harten Sattelkopf abgeschlagen, und reichte sie ihm. So ging es den Tag über wohl viermal, und ich wäre auch noch die Nacht durchgeritten, wenn nicht die Tiere gestreikt und Charly und ich uns
• wundgeritten hätten. So schlug ich inmitten | .ines Kakteenfeldes unser Zelt auf, während , Charly den dunkelblauen Tropenhimmel ansang, vielmehr anbrüllte, vielleicht vor Schmerzen. Als er nämlich abstieg, sah ich, daß sein Hosenboden durchblutet war, und
i ls ich ihn von der Hülle befreit hatte, kam •das rohe Fleisch zum Vorschein. Daran hatte
• ich nicht gedacht, und so blieb nur eine Lö- sung: die letzte Whiskyflasche schon jetzt
, aufzumachen. Die Hälfte teilten wir uns brüderlich, indem wir Daumenbreite tranken, und damit war Charly einverstanden, da sein Daumen doppelt so breit war wie meiner. Mit dem Rest rieben wir uns gegenseitig Unsere Kehrseite ein. Danach tanzten wir Unfreiwillig eine Viertelstunde vorm Zelt und betrugen uns wie die Maultiere, wenn man ihnen eine Prise Pfeffer unter den Schwanz gestreut hat.
Nach einigen Tagen fanden wir die Stelle, die man mir bezeichnet hatte. Charly war vernünftig geworden, nachdem er eingesehen hatte, daß kein Whisky mehr da war und wir tageweit von der nächsten Bar entfernt. Doch wohin waren wir geraten? Weit und . breit kein Golddigger, kein Claim, nichts. Da ein Umkehren sinnlos war, beschlossen Wir, die Gegend systematisch abzusuchen. Und wir hatten Glück: Schon am nächsten Tag stieß ich nahe einem Höhenzug der Cordillera auf ein Flüßchen, in dessen Sand sich Goldstaub befand.
In den folgenden Wochen wuschen wir den Tag über Gold; es war eine harte Arbeit, zumal wir keine Erfahrung darin hatten. Die Sonne aber schien heiß, wir waren in der Trockenzeit. Abends wurde alles Gold in der Goldpfanne geröstet, und der bescheidene Ertrag wanderte in unser Leinensäckchen. Später zogen wir flußauf in die Berge und hatten Glück., denn wir fanden so etwas wie eine kleine Goldader. Unsere Picken hatten nicht immer leichte Arbeit, und gar oft mußten sie nebenbei noch den Kopf einer Klapperschlange zermalmen. So verloren wir auch unser Tragtier durch einen Schlangenbiß und mußten den Kadaver schleunigst vergraben, um nicht unser Lager zu einem Versammlungsplatz der Aasgeier zu machen. Charly und ich waren die besten Freunde geworden, obwohl wir immer zusammen waren. Wir kannten keinen Goldhunger, uns genügte, was wir am Tage schafften, und das war nicht wenig.
Als- die Regenzeit herankam, packten wir unsere Sachen. Pfannen, Siebe und alle entbehrlichen Dinge. ließen wir liegen. Wir hatten mehr als genug gediggt. Und so bestieg Charly die Josöfa und ich meinen Otto, den Charly nach mir getauft hatte, da er behauptete, der Esel sei genau so klug wie ich, und umgekehrt, doch das erhöhte nur unsere Freundschaft. Wir ritten auf Umwegen und kamen aus entgegengesetzter Richtung in die Stadt, um den Herum- lungerem nicht unseren Schürfgrund zu verraten. Das Gold wurde bis auf weniges in der Bank deponiert, und dann ging es in die nächste Bar, während unsere Maulesel nach Monaten wieder in den zivilisatorischen Stall kamen.
Ein lautes Hallo empfing uns. Wir mußten berichten. Das tat Charly in hervorragender Weise. Er log das Blaue vom Himmel herunter, und wie aller Schwindel, so wurde auch dieser geglaubt. Charly trank nicht, er soff, doch keinen Whisky, sondern — Sodawasser, während mir die Schnapstränen über seine blutrünstige Erzählung kamen.
*
Hartes Pochen an meiner Zimmertür unterbrach am nächsten Tage meinen Schlaf. Draußen stand Charly mit einem braunen Mädchen am Arm, über dem anderen Arm aber lag ein Smoking. ' Charly schob mich einfach zur Seite, dann nahm er mich, der ich - noch im Reiteranzug steckte, zwischen seine beiden Hände und bugsierte mich in den Duschraum. Das kalte Wasser ließ mich ganz wach werden, dazu klatschten Charleys harte Hände auf meinem Körper herum. Nach genügender Befeuchtung von außen gab er mir dann einen Schluck aus einer Whiskyflasche und schob mich, ohne ein Wort zu sagen, in mein Zimmer zurück. Das Mädchen mußte draußen warten, während mir/Charly, das nasse Zeug vom Körper riß und mich dann in ein frisches Hemd und den Smoking steckte. Da er passende Schuhe vergessen hatte, mußte ich in die Reitstiefel hinein, die die Hosenbeine warfen, als ob ich Was
ser in den Beinen hätte. Dann wurde ich vor dem Hotel in einen Wagen gesetzt, der zur Kathedrale fuhr. Wieder wurde ich geschoben und stand plötzlich vor dem Altar. Neben mir knieten Charly und die Schwarze. Der Pfarrer fragte ihn und das Mädchen, und ich habe Charly nie ein solch zartes „Ja“ hauchen hören. Auch mein Name fiel, dann war alles vorbei.
Im Hotel nahm ich gleich zwei Flaschen Whisky für mich, um festzustellen, ob ich nüchtern oder betrunken war. Danach weinte ich, denn ich glaubte, ich hätte einen Tropenkoller. Gerade jetzt, wo ich wieder Geld besaß, mußte • mir das passieren. So trank ich denn meinen Whisky und ließ mich auf die Erde gleiten. Nun mochten sie mit mir anfangen, was sie mochten. '
Nach zwei Tagen weckte man mich. Den Smoking hatte ich noch an, und darum kann man die Erregung verstehen, mit der ich Charly entgegentrat. Charly rief: „Anita“, und herein trat eine schöngewachsene und intelligent aussehende junge Kreolin. „Meine Frau“, sagte Charly, „heute kann ich sie dir ja vorstellen, denn du scheinst wieder bei Besinnung zu sein und bist ja schließlich Brautführer und Trauzeuge gewesen.“ Es bedurfte langer Erklärungen, bis ich verstand. Charly hatte Anita bei unserer Rückkehr gesehen, sich kurzerhand verliebt und das Mädel, da es am nächsten Tag mit den Eltern auf die Bananenplantagen zurück sollte, sofort geheiratet.
Anita war ein hübsches Mädchen, und ich hätte gewiß Neid empfunden, wenn nicht Charly mein bester Freund gewesen wäre. So gab ich ihnen meinen Segen, als sie sich nach einigen Tagen auf die Hochzeitsreise machten. Nun hielt es mich auch nicht mehr in Mittelamerika, ich bestieg einen der Dampfer, die die Küste abklapperten, und fuhr nach San Franzisko. Die beiden Maulesel Josefa und Otto sandte ich Charly. Ein Telegramm bestätigte ihr Eintreffen: „Josefa und du gut angekommen, freuen uns über dein Erscheinen. Charly und Anita.“
In Frisko kaufte ich mir eine Klapperschlange, der man die Giftzähne entfernt hatte, setzte mich ins Flugzeug und flog nach Texas. Das Reptil legte ich in Charlys Bett, bevor ich die beiden im Feld ihrer Farm aufsuchte. Der Abend war nett, Anita eine reizende Frau. Am andern Morgen kam als erste Anita, begrüßte midi freundlich und sagte, daß Charly letzte Nacht wohl eine Art • Tropenkoller gehabt hätte. Er sei noch ganz friedlich ins Bett gestiegen, um gleich darauf mit gesträubten Haaren im Zimmer herumzufegen und unartikulierte Schreie auszustoßen. Dann hätte er seinen Revolver ergriffen und ins Bett geschossen. Darauf einige Fetzen, die wie zerrissene Strümpfe aussahen, auf den Boden geworfen Und wäre schließlich wie ein Halbtoter ins Bett gefallen. Ich sagte ihr, das hätte ich an Charly schon manchmal beim Goldgraben erlebt, es wäre- aber nicht ernst zu nehmen, da dies bestimmt sein letzter Anfall gewesen. Ein wenig später trugen Josefa und Otto Charly und mich zum Flugplatz, und wir haben noch herzhaft gelacht. Denn Texasmänner sind harte Kerle, darum sollten auch nur ganze Männer nach Texas gehen.
Reminiszenzen
Gesammelt von Artur Müller
LICHTENBERG: „Ich kann freilich nicht sagen, ob es besser werden wird, wenn es anders wird; aber so viel kann iqh sagen, es muß anders werden, wenn es gut werden soll.“
NAPOLEON: „Wer den Frieden Europas beunruhigt, der will den Bürgerkrieg.“ BURCKHARDT: „Der ganze Hauptentscheid kann nur aus dem Inneren der Menschheit hervorgehen. Wird der als Erwerbssinn und Machtsinn ausgeprägte Optimismus weiter- dauem, und wie lange? Oder wird worauf die pessimistische Philosophie der heutigen Zeit könnte hinzuweisen scheinen, eine allgemeine Veränderung der Denkweise wie etwa im 3. und 4. Jahrhundert eintreten? Wer vermag es zu ahnen?
DER ERZBISCHOF VON YORK (am 6. Dezember 1935): „Es ist möglich, daß ein neuer, großer und schrecklicher Krieg notwendig sein wird, um die Macht des Völkerbundes fest zu begründen.“
KÖNIGIN CHRISTINE VON SCHWEDEN: „Die Menschen wären verloren, wenn ihre Wunschgebete immer erhört würden.“ NIETZSCHE: „Kultur ist nur ein dünnes Apfelhäutchen über glühendem Chaos.“ GOETHE: „Unsere moralische und politische Welt ist mit unterirdischen Kellern und Kloaken miniert, wie es eine große Stadt zu sein pflegt, an deren Zusammenhang und ihrer Bewohner Verhältnisse wohl niemand denkt. Nun wird es dem, der einige Kundschaft davon hat, viel begreiflicher, wenn da einmal der Erdboden einstürzt, dort einmal der Rauch aufgeht aus einer Schlucht und hier verworrene Stimmen gehört werden.“
KIERKEGAARD: „Man kann überhaupt nicht etwas Einzelnes zu einer Gewissensache machen; entweder muß man, wie das Christentum, alles zu einer Gewissenssache machen oder nichts.“
THEODOR HAECKER: „Ein guter und gutmütiger Hund, der privat ganz genau und besser als die allermeisten Menschen zwischen guten und bösen, zwischen gefährlichen und ungefährlichen Menschen unterscheidet, wird böse und gemein, auch im Aussehen, in dem Augenblick, wo er das „Amt“ bekommt, auf einem Wagen zu sitzen und ihn zu bewachen.“
ANATOLE FRANCE: „Die Völker sichern sich von Zeit zu Zeit durch Aufstände ihre be
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Gelassen stieg die Nacht ans Land, lehnt träumend an der. Berge Wand, ihr Auge sieht die goldne Wage nun der Zeit in gleichen Schalen stille ruhn; und kecker rauschen die Quellen hervor, sie singen, der Mutter, der Nacht, ins Ohr vom Tage,
vom heute gewesenen Tage
Das uralt alte Schlummerlied, sie achtets nicht, sie ist es müd; ihr klingt des Himmels Bläue süßer noch, der flüchtigen Stunden gleichgeschwungnes
, [Joch.
Doch immer behalten die Quellen das
[Wort,
es singen die Wasser im Schlafe noch fort vom Tage,
vom heute gewesenen Tage.
Von Eduard Mörike
drohten Freiheiten. Sie erwerben sich auf diesem Wege aber niemals neue Freiheiten.“
JEAN PAUL: „Vom Worte werden die Völker länger als vom Gedanken regiert; denn es bleibt, mit demselben Tone Köpfe zusammenrufend und aneinander heftend und Zeiten durchziehend, in lebendiger Wirkung zurück, indes der ewig wechselhafte Gedanke ohne Zeichen umfliegt, und sich sein Wort erst sucht.“
GOETHE:.Das Beste unserer Ueberzeu-
gungen ist nicht in Worte zu fassen . . .“
NIETZSCHE an Strindberg:.Ich will den
jungen Kaiser füsilieren lassen . . .“; am 7. Januar meldet er an den Freund Overbeck: „. . . Ich lasse eben alle Antisemiten erschießen ..." — Ob diese Wahnvorstellungen in die Wirklichkeit umgesetzt, den Lauf der Weltgeschichte so weit verändert hätten, daß die beiden Weltkriege samt der Hitler-Diktatur nicht über die Menschheit gekommen wären? Darüber im Hinblick der Nürnberger Kriegs verbrech erprozesse nachzudenken, kann nur von Nutzen sein.
DAS BÜRGERTUM ist immer und zu allen Zeiten in seinen Handlungen von engen Besitzinteressen bestimmt und darum in politischen Dingen meist reichlich instinktlos. Hiefür sei als Illustration eine Stelle aus dem Tagebuch ■ der Brüder Goncourt angeführt. Die Eintragung stammt vom 31. Oktober 1870, dem Tage, da die .Kommune* sich zum ersten Male als Macht auf der Straße zeigte. Es heißt: „Die Rufe .Hoch die Kommune!* erschallen auf dem ganzen Plätz, und neue Bataillone strömen durch die Rue de Rivoli, denen ein tobender, die Arme wild bewegender Straßenpöbel folgt. In diesem Augenblick fragt mich eine alte Dame, die mich die Abendzeitung durchlesen sieht, ob — oh, welche Ironie! — der Kurs der Staatspapiere in meinem Blatt stehe.“
BISMARCK erklärte an der Tafelrunde zu Versailles während der Belagerung von Paris eines Tages: „Ich habe einen Lieblingsgedanken in bezug auf den Friedensschluß. Der ist, ein internationales Gericht niederzusetzen, das die aburteilen soll, die zum Kriege gehetzt haben, Zeitungsschreiber, Deputierte, Senatoren, Minister.“ Einer der Vertrauten an der Tafelrunde meinte, auch Thiers gehöre als chauvinistischer Geschichtsschreiber unter die Anzuklagenden. Bismarck versetzte darauf: „Auch der-Kai
ser, der nicht so unschuldig ist, wie er sein will. Ich dachte mir von jeder Großmacht gleich viel Richter, von Amerika, England, Rußland usw., und sie wären die Ankläger. Einer der Teilnehmer der Tafelrunde fand es bemerkenswert genug, aufzuzeichnen, daß Bismarck bei diesen Ausführungen gelächelt habe.
SHAKESPEARE: „Warum sollte die Einbildungskraft nicht den edlen Staub Alexanders verfolgen können, bis sie ihn findet, wo er ein Spundloch verstopft?“
LESSING: „Es sind nicht alle frei, die ihrer Ketten spotten.“
DIE ZUGEHFRAU, die Lessing während der letzten Zeit seines Lebens die Zimmer in Ordnung gehalten hatte, sprach ihm den lakonischen Nachruf: „Er hatte nichts, er konnte nichts, er taugte nichts.“
Der Teppichknüpfer
Von Claus Rack
Ein Europäer ging einst durch die engen Gassen von Smyrna. Er hatte am Hafenkai ein günstiges Geschäft’ in europäischen Stahlwaren abgeschlossen und schlenderte nun durch die Frankenstraße auf den Basar zu, wo er von seinem rasch erlangten Gewinn etwas Schönes zu kaufen gedachte, um /es mit heimzunehmen.
Während er dort zwischen Händlern in Fessen und Kaftanen, inmitten von Lärm und Gewimmel die Reihen von kleinen Buden betrachtete und seine Augen wohlgefällig auf Stickereien und Seidenstoffen, Lederarbeiten und Pfeifenköpfen, Schwämmen und * Dolchmessem" ruhen ließ, vernahm er aus der dämmrigen Tiefe eines Hauses einen eintönigen Gesang. In einem höhlenartigen Gelaß saß dort ein Handwerker mit untergeschlagenen Beinen vor einem Gerüst, das wie eine riesige Staffelei aussah und dicht mit Fäden bespannt war. Ab und zu griff er in Wolleknäuel, die über ihm hingen, und zog einen bunten Faden heraus, bavon schnitt er halbfingerlange Stückchen ab und schlang sie einzeln zwischen die Fäden auf dem Gerüst, so daß die Enden nach vorn herausstanden. Dazu sang er ein melancholisch einförmiges Lied.
„Das ist eine mühsame Arbeit!“ sagte der Europäer in griechischer Sprache, nachdem' er dem Teppichknüpfer eine Weile zugeschaut hatte. „Ich könnte das nicht.“
Der Türke sah den Fremden scharf an. „Euch fehlt die Geduld“, antwortete er. „Das Leben ist schön, aber ihr macht eine Hetzjagd daraus und ersetzt Beharrlichkeit durch Gewalt. Damit erreicht ihr nichts!“
Der Europäer lachte belustigt, auf. „Dein Teppich wird ein Kunstwerk, ich würde ihn kaufen. Allein ich fürchte, bis er fertig ist, bin ich längst tot!“
„Tot wirst du nicht sein“, antwortete der Teppichknüpfer ruhig, „aber du wirst meine Arbeit dann nicht mehr bezahlen können!“ , s Zehn — zwanzig — fünfzig Teppiche werde ich bezahlen können!“ rief der Europäer selbstbewußt, „denn so viel mehr als du verdiene ich in der gleichen Zeit!“
Damit verließ er die Werkstatt und stürzte, sich mit Feuereifer in seine Geschäfte, um seine Ankündigung wahr zu machen. Große und schnelle Erfolge verleiteten ihn zu immer neuen, immer kühneren Unternehmungen. Ständig gewagter, ständig maßloser griff seine Hand in das Wirtschaftsleben Kleinasiens. Aber den Plan einer neuen anatoli- schen Bahnlinie schlug ihm ein großer Krieg aus der Hand, und das Ende war ein Mil- lionenverlust und ein armer Mann.
So geschah es, daß eines Tages ein mittelloser Europäer den Basar von Smyrna betrat, um einen Smaragdring, sein letztes Wertstück, zu Gelde machte. Da wurde er plötzlich angerufen, und als er sich umsah, gewahrte er den Teppichknüpfer in seiner Werkstatt, der ihn erkannt hatte. „Mein Teppich ist fertig!“ sagte er. „Willst du ihn haben?“
Beschämt erzählte der Fremde sein Mißgeschick.
„Sagte ich’s nicht?“ frohlockte der Türke. „Mit eurer Ungeduld zerstört ihr immer wieder, was ihr begonnen habt! Die Ungeduld ist die Ursache eurer Kriege, sie ist die Ursache all eures Unglücks und wird euch noch vollends zugrunde richten!“
Er wandte sich wieder seiner mühseligen Kleinarbeit zu. „Schau, ich arbeite unentwegt ruhig fort, und jeder Teppich wird schöner und besser als der vorangegangene. Du aber mußt wieder von vom beginnen, und was du bisher getan hast, war alles umsonst! Sag. wer schafft mehr in der gleichen Zeit, du oder ich?“
,Ich will von dir lernen!“ sagte der Europäer und setzte sich zu ihm und half ihm, bedächtig die Wollfäden einzuknüpfen.