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Dienstag, 16. September 1041

Im Thüringer Wald ist Holzaktion

G. F. Auch in der Ostzone sind die Holz­fäller am Werk. Achtzehn Millionen Fest­meter sollen in diesem Jahr im Erzgebirge und Thüringer Wald, im Ostharz und an den Berghängen südlich von Bautzen geschlagen werden. Sie rollen jedoch nicht in Güter­zügen über die Grenzen. Die Sowjets lassen das Holz erst, wenn es veredelt ist, aus ihrer Besatzungszone. Wieder muß Thüringen den Hauptanteil des Einschlags stellen, obwohl dort im Vorjahre eiqe Windbruchkatastrophe 1,5 Millionen Raummeter besten Nutzholzes vorzeitig umgelegt hat. Längst arbeiten die Sägewerke zwischen Masserberg und Saal­leid, rund um Ilmenau und Friedrichroda in Ueberschichten. Die Demontage erfordert Holz, sehr viel Holz zum Verpacken der. Maschinen und Geräte in wetterfeste Kisten und Verschlüge. Außerdem muß das Land Thüringen auch noch 750 Standardhäuser stellen.

Bei der Beschaffung der Arbeitskräfte für diese Holzaktion ging die SED der Weimarer Militäradministration hillreich an die Hand. Sie sorgte lür Gespanne und Handwerkszeug. Motorsägen konnten Ireilich weder sie noch die Russen beschaffen. Verpflegung und Unter­bringung der dienstverpflichteten Holzfäller wurde dem Muster des Uranbergbaus im Erzgebirge angepaßt. Neu war eine eigene Holzabfuhrbehörde, die das Transportproblem zu lösen hatte. Wurden doch nach einem be­stimmten Turnus, ungeachtet bäuerlicher Feldarbeiten, Gespanne, Kutscher und Bei­fahrer von den Gemeinden einberufen und nach dem Thüringer Wald in Marsch gesetzt. Oft kamen Gespanne und Fahrer 200 Kilo­meter weit her. Die der schweren Holzabfuhr ungewohnten Gäule kehrten ausgemergelt Wieder heim, zumal da die Stallungen und auch Manipulationen mitamtlichem Hafer für die Tiere emährungsmößig nicht eben förderlich waren. Oft genug stehen die ein­heimischen Gespanne gleichzeitig unbenutzt, Wobei die Besitzer froh wären, die paar Mark Fuhrlohn zu verdienen. Aber die Holzabfuhr­behörde muß ja ihre Daseinsberechtigung ftachweisen und in derVerteilung des Ha­fers und des Heus ihre Nebenbeschäftigung haben. Da es im Thüringer Niederland im­mer noch mehr zu essen gibt als an den Hängen des Rennsteigs, sind bei der Holz­aktion dem Tauschhandel Tor und Tür ge­öffnet, was natürlich den amtlichen Hafer keineswegs vermehrt. Denn Hafer gibt es auch in der Ostzone nicht im Ueberfluß.

Aber nicht nur die Besatzungsmacht pro­fitiert am Holzeinschlag, in bescheidenem

Um das Recht des Menschen

Nürnberg. Der amerikanische An­klagevertreter im kommenden Prozeß gegen 23 ehemalige Offiziere der von Himmler auf- gestellten Einsatzgruppen, Benjamin B. Fe- fencz, sagte in einer Pressekonferenz, daß dieses Verfahren am 22. September beginnen Soll. Das Beweisverfahren durch die Anklage- Vertretung werde nur drei Tage beanspruchen, da das Gericht keine Zeugen vernehmen I werde. Die Anklage wird sich nur auf Doku­mente stützen, auf denen die Taten der Ein­satzgruppen Tag für Tag eingetragen »sind. Die Dokumente wurden in Berlin aufgefun­den, Es sei der Hauptzweck des Verfahrens, mit dem Prinzip des internationalen Rechtes festzulegen, daß es ein Verbrechen ist, Men­schen ihrer Rasse oder ihrer Religionszuge­hörigkeit wegen oder wegen ihrer Zugehörig­keit zu einer politischen Partei zu töten.

Prozeß gegen deutsche Heerführer

Der ehemalige Oberbefehlshaber der deut­schen Truppen auf dem westlichen Kriegs­schauplatz, Generalfeldmarschall Rudolf von Rundstedt, wird noch vor Ende dieses Jahres als Hauptangeklagter in einem neuen Kriegs­verbrecherprozeß vor einem amerikanischen Kriegsgericht stehen. Mit ihm sind angeklagt der ehemalige Oberbefehlshaber der Heeres­gruppe Süd, Generalfeldmarschall von Man- stein und Generalfeldmarschall von Brau- Chitsch.

Maße gewinnt auch die Möbelindustrie. Zeu­lenroda in Ostthüringen, die Stadt der Möbel­fabriken, erhält hinreichend Holz zugeteilt, um Hausrat und Möbel für Neusiedler anzu­fertigen, die. dort auf ihre Bezugscheine mehr oder minder'friedensmäßige Betten, Schränke und Tische erwerben können. Viel Holz wird auch für die Inneneinrichtung der Ozean­dampfer benötigt, die eine Weimarer Werft für Rußland baut. Der Bau dieser Schiffe ob auf Reparationskonto oder für Export, ist unbekannt zumindest ist er kein potem- kinsches Dorf. Außerdem verschlingen die Papierfabriken entsprechende Holzmengen. Die Werke von Halle und Waldheim laufen auf vollen Touren, beliefern die großen, täg­lich in beträchtlichem Umfange und hoher Auflage erscheinenden Zeitungen, nicht nur der Ostzone, sondern auch Rußlands, sowie die vielen kleinen und mittleren Druckereien, die Lese- und Rechenbücher und Propa­gandabroschüren drucken. Allein die Druk- kerei Vogel in Pößneck hat fünf Millionen Exemplare desLehrganges der Geschichte der bolschewistischen Partei unter der Presse. Grubenholz als Reparationen nach England, Zellulose für die Zellwoll- und Kunstseidenfabriken der Ostzone, das alles haben die Wälder der Linie Weimar

Magdeburg zu liefern. Als Kunstseide oder Zellwolle oder meist als Gewebe weiter ver­edelt, verläßt dann das Holz die Zone, ohne den Erzeugern mehr einzubringen als den Ruf der Wertarbeit.

Erneute Demontage

hr. Berlin. Durch eine Meldung des Sowjetischen Nachrichtenbüros wird jetzt zu­gegeben, daß die Demontagen in der Ost­zone fortgesetzt werden. Gegenwärtig werde die Entnahme eines Teils der bei der De­montage 1945 und 1946 vorläufig verbliebenen Ausrüstung der Kohlenbergwerke vorge­nommen. Der Abbau der Anlagen der Braun­kohlengruben und Brikettfabriken sei auf Bitten der Betriebsleiter, aus technischen Er­wägungen oder wegen Transportschwierig­keiten unterblieben. Diese Gründe seien nun­mehr fortgefallen. Die Förderung ist wegen des Ausfalls zahlreicher demontierter Tage­bauanlagen ständig zürückgegangen, so daß neuerdings, um den Bauern für die Öresch­arbeit Strom liefern zu können, in Mecklen­burg Betrieben und Haushalten die Strom­entnahme von 7 bis 21 Uhr verboten ist und Berlins Femstromkontingent» so herabgesetzt wurde, daß wieder Sperrstunden eingeführt werden mußten. Die verbliebenen Gruben behelfen sich mit veralteten Förderanlagen, können aber bei weitem nicht den Bedarf decken.

DIE KURZE MACHRICHT

Auszeichnung für General Koenig Im französischen Staatsanzeiger wird die Ernennung des Ober­befehlshabers der französischen Besatzungsarmee in Deutschland, General Koenig, zumAkademie- Offizier" veröffentlicht. General Koenig wurde damit die höchste Auszeichnung des Ministeriums für Unterrichtswesen verliehen.

Allzu vertraute Töne Die Leitung der Sozialdemokra­tischen Partei ln Hannover gibt bekannt, daß Dr. Schumacher voraussichtlich am 20. Septem­ber Deutschland zu einer Reise nach Amerika verlassen wird. Die SED hat zu dieser Reise er­klärt, sie sei einenationale Würdelosigkeit, well sie die Preisgabe der nationalen und sozialistischen Interessen zu­gleich bedeute". Schumacher fahre nach den Vereinigten Staaten, umBefehle der Wall­street entgegenzunehmen.

Nicht nach Belgien Die belgische Mllltärmlssion ln Berlin teilte mit, daß Anträge deutscher Staatsbürger auf Ein­wanderungserlaubnis nach Bel­gien von der belgischen Regie­rung abgelehnt würden. Eine Ge­nehmigung zur Einwanderung nach Belgien könne nur dann erteilt werden, wenn der Antrag einer belgischen Firma zur Be­schaffung zusätzlicher Spezial­arbeiter mit einem besonderen Dringlichkeitsnachweis einge­reicht würde. Die belgische Re­gierung wird Jugoslawische Zwangsverschleppte, die den Ar­beitsbedingungen ln den belgi­schen Bergwerken und der In­dustrie des Landes nicht gewach­sen waren und ln Ihre Heimat zurückkehren wollen, in. die Aus­länderlager in Deutschland zu- rückschicken.

1 Prozent wünschte Rückkehr Der Chef der polnischen Mission ln Berlin richtete an den Kon­trollrat eine Note, Jn der er die Rückkehr derWestfalenpolen" verlangte. Es handelt sich um einen polnischen Bevölkerungs­tell, der nach dem Kriege von 1870 nach Deutschland zur Ar­beit angeworben wurde. Von britischer Seite wird dazu er­klärt, daß von den hundert­tausend deutschen Bürgern pol­nischer Abstammung nur etwa tausend die Rückkehr nach Po­len beantragt hätten. Die briti­sche Militärregierung hat das Rückkehrgösuch abgelehnt mit dem Bemerken, daß diejenigen Polen, die in Westdeutschland lebten, Jetzt deutsche Staats­angehörige seien.

Studenten arbeiten in England Zweihundert Studenten der Uni­versität Hamburg sind ln Eng­land eingetroffen, wo sie für die Dauer von sechs Wochen engli-. sehen Bauern bei der Arbeit hel­fen wollen. Zur gleichen Zeit kam eine Gruppe von ver­schleppten Personen, die ver­schiedenen europäischen Natio­nalitäten angehören, ln London an. Auch sie werden auf dem Lande arbeiten.

Nicht schlechter als 1948

Der Leiter der Abteilung für Landwirtschaft bei der britischen Militärregierung ln Deutschland, G. E. Hughes, hat erklärt,' daß die Emteaussichten für die bri­tische Besatzungszone verhältnis­mäßig günstig wären. Zwar sei die Getreideernte schlechter als Im Vorjahr, für die Blzone je­doch könne man Insgesamt mit den gleichen Erträgen rechnen, wie lm Jahre 1946.

Liquidierte Privatbahnen In der Ostzone bestehen noch 103 privat betriebene Eisenbah­nen mit einer Gesamtstrecken­lange von 3400 Kilometer. Zur Zelt finden zwischen den Wirt­schaftsministem der Landes­regierungen dort Besprechungen statt, um diese Bahnen In die Planung der Reichsbahn einzu­beziehen.

Unbeeinflußte Forschung Der Informationsdienst der ame­rikanischen Militärregierung für Deutschland hat die bevor­stehende Gründung eines deut­schen Forschungsinstitutes für die Geschichte des Dritten Rei­ches angekündigt. Das Institut soll das deutsche Volk in rein wissenschaftlichem Geist aufklä­ren und dafür alle Dokumente sammeln, die mit der Geschichte des Dritten Reiches Zusammen­hängen. Jeder politische Einfluß auf das Institut soll ausgeschlos­sen werden.

Die Länder entnazifizieren Die britische Militärregierung hat dem Zonenbeirat einen Ver­ordnungsentwurf zur Uebertra- gung der Verantwortung für die Entnazifizierung auf die Län­derregierungen vorgelegt. Da­nach sollen die, Landtage Ge­setze zur Durchführung der Be­stimmungen der Kontrollrats- direktiven Nummer 24 und 38 sowie aller noch ln Zukunft vom Kontrollrat erlassenen Di­rektiven über Entnazifizierung erlassen. Die Rechtspflege für die Entnazifizierung soll von den Landesregierungen gehand- habt werden.

Verhandlung Meißner verschoben Die Strafverhandlung gegen den ehemaligen Staatsminister Meiß­ner wird nach einer Mitteilung des amerikanischen Anklagever­treters verschoben werden. Meißner leidet- an dem Grauen Star und muß, um seine völlige Erblindung zu verhindern, ope­riert werden. Erst nach der Ope­ration Ist die Verhandlung ge­gen Ihn zu erwarten.

Erich Kordt entlastet Vor einer Münchner Spruch­kammer wurde gegen den ehe­maligen Chef des Ministerbüros Ribbentrops, Dr. Erich Kordt, verhandelt. Kordt war bei Ende des Krieges Gesandter ln Nan­king. Da er nachweisen konnte, daß er ein sehr aktives Mitglied der Widerstandsbewegung vom 20. Juli war und seit vielen Jahren Insbesondere das eng­lische Foreign Office laufend über die bevorstehenden Ent­scheidungen der deutschen Außenpolitik Informierte, sprach Ihn das Gericht von der An­klage frei. Ihm lag auch ein Schreiben des ehemaligen eng­lischen Außenministers Lord Halifax vor, worin bestätigt wurde, daß Dr. Kordt für das Foreign Office von sehr großer Bedeutung gewesen sei.

Ueberfüllte Flüchtlingslager Durch die Anordnung der Mili­tärregierung für Bayern, nach der Illegale Grenzgänger aus der sowjetischen Zone vorläufig nicht mehr zurückgeschickt werden sollen, wird sich eine kritische Lage in den bereits Jetzt über­füllten Flüchtlingslagern erge- _ ben. Mit dem Einsetzen der käl- teren Witterung würden, wie das bayerische Staatssekretariat für das Flüchtlingswesen erklärte, die deutschen Stellen vor eine unlösbare Aufgabe gestellt. Die meisten Lager dort sind nur für Durehgangszwecke bestimmt und sind nicht winterfest.

Der Schmuck der Bismarcks Unter einem Bett in einem Durchgangszimmer des Herren­hauses auf Gut Bllesdorf lag ein gelber Lederkoffer, ln dem der Bismarcksche Familienschmuck aufbewahrt wurde. Dieser Kof­fer wurde entwendet. Von den Tätern fehlt bisher Jede Spur.

Ankunft lm Westen Eine Gruppe von ukrainischen Truppen, die sich durch die Tschechoslowakei nach Westen vorkämpften, wurde ln der Ge­gend von Passau gestellt. Sie tragen russische Uniformen, sind russisch ausgerüstet und nennen sichBenderovlcl.

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18. Erzählung von Adalbert Stifter

Sie gingen von der Wand nicht gegen die Straße zu, sondern gegen den Wald, weil sie /Tiburius bis an die Stelle begleiten wollte, wo ihr Pfad in dem Dickicht seitwärts lenkte, um gegen den Hügel zu gehen, auf dem das Haus ihres Vaters stand.

Als sie an der Stelle angekommen waren,_ blieben sie stehen, und Maria sagte:Lebt recht wohl und vergeßt nicht, übermorgen zeitlich genug zu kommen; denn jetzt stehen die Erdbeeren in den Thurschlägen unten, wohin es viel weiter ist. Ihr könnt ja dann auch wieder einmal zu dem Vater mitgehen, ich richte euch beiden die Erdbeeren zurecht, daß ihr sie esset. Jetzt gute Nacht.

Gute Nacht, Maria, ich werde kommen, antwortete Tiburius und wandte sich gegen seine Wand zurück.

Sie aber vertiefte sich zwischen den Zwei­gen und Stämmen der Tannen.

Herr Tiburius kam an dem Tage, wie er versprach, sie aber war schon da und wartete auf ihn. Da sie ihn ansichtig wurde, lachte sie und sagte:Seht, Ihr seid doch zu spät gekommen, ich bin heute genau nach unserer Uhr fortgegangen und bin früher einge­troffen als Ihr. Jetzt müßt Ihr mit mir in die Thurschläge hinunter, und dann müßt Ihr mit zu dem Vater und müßt von den Erdbeeren essen. *

Tiburius ging mit ihr in die Thurschläge, er blieb dort, solange sie Erdbeeren pflückte, ging dann mit zu ihrem Vater und die Erdbeeren, die sie den Männern auf die ge­wöhnliche Weise herrichtete, während sie die ihrigen auf einem abgesonderten grünen

Allein Herr Tiburius war von jetzt an viel scheuer und schüchterner als zuvor.

Er erschien jedesmal, wenn sie sich in dem Walde zusammen bestellten; sie gingen mit­einander herum wie zuvor; aber er war zu­rückhaltender als sonst, er umging mit Aengstlichkeit das Wörtchen du, daß er es nicht zu oft sagen mußte, und manchmal, wenn sie es nicht bemerkte, sah er sie ver­stohlen von der Seite an und bewunderte einen Zug in ihrer Schönheit.

So verging der letzte Teil des Sommers, und es erschien der Herbst, an welchem es gerade ein Jahr war, daß er sie kennen- gelemt hatte.

Da geschah es eines Abends, daß dem Herrn Tiburius unter den vielen Gedanken, die ihm jetzt seltsam und ohne daß er oft ihren Ursprung kannte, in dem Haupte herum­gingen, auch der kam:Wie wäre es, wenn du Maria zu diesem Weibe begehrtest?"

Als er diesen Gedanken gefaßt hatte, wurde er fast aberwitzig vor Ungeduld; denn es war ihm, als müßten alle unverheirateten Männer des Badeortes den heißesten und sehnsüchtigsten Wunsch haben, Maria zu ehelichen. Er war heute nicht bei ihr und ihrem Vater gewesen: wie leicht konnte einer in der Zeit hinausgefahren sein und um sie geworben haben. Er begriff den Leichtsinn nicht, mit welchem er den ganzen Sommer an ihrer Seite gewesen war, ohne diesen Zweck in das Auge gefaßt und Mittel zur annähernden Verwirklichung desselben ein­geleitet zu haben.

Er ließ daher am andern Tage frühmorgens anspannen und fuhr so weit -auf der Straße hinaus, als es ohne Aufsehen möglich war, worauf er dann auf dem Fußwege durch das Gestrüpp über den Hügel zu dem Häuschen hinaufwanderte. Er hatte die Badeordnung, die er überhaupt schon vemachläßigte, auf die Seite gesetzt.

Da sich Vater und Tochter verwunderten, warum er denn heute so früh komme, konnte er eigentlich keinen Grund angeben.. Maria blieb gerade darum, weil er da war, immer in der Stube. Als sie aber einmal doch, um irgendein häusliches Geschäft zu besorgen, hinausging, trug er dem Vater sein Anliegen vor. Da sie wieder hereingekommen war, sagte dieser zu ihr:Maria, unser Freund, da, der uns in diesem Sommer so oft und so nachbarlich besucht hat, begehrt dich zu seinem Weibe wenn du nämlich selber, wie er gesagt, recht gerne einwilligst, sonst nicht.

Maria aber stand nach diesen Worten wie eine glühende Rose da. Sie war mit Purpur übergossen und konnte nicht ein einziges Wort hervorbringen.

Nim, nun, es wird schon gut werden, sagte der Vater,du darfst jetzt keine Ant­wort geben, es wird schon alles gut werden.-

Als sie auf diese Worte hinausgegangen war, als Herr Tiburius, dem es beim Heraus­fahren nicht eingefallen war, daß er Belege über seine Person mitnehmen müsse, zu dem Vater gesagt hatte,, er werde ihm alles, was ihn und seine Verhältnisse angehe, brin­gen, insofern er es hier habe, und um das Fehlende werde er sogleich schreiben. Als er sich hierauf bald entfernt hatte und der Vater zu Maria, die auf dem hinteren Gartenbänkchen saß, hinausgegangen war, sagte diese zu ihm:Lieber Väter, ich nehme ihn recht, recht gerne; denn er ist so gut, wie gar kein einziger anderer ist, er ist von einer solchen rechtschaffenen Artigkeit, daß man weit und breit mit ihm in den Wäldern und in der Wildnis herumgehen könnte, auch trägt er nicht die närrischen Gewänder, wie die anderen in dem Badeorte, sondern ist so einfach und geradehin gekleidet wie wir sel­ber: aber das einzige fürchte ich, ob es denn wird möglich sein, ich weiß nicht, wer er ist,

Ute '

Superlative an der Spree

-ch. Mit Berlin verband man bisher die Vorstellung eines Häusermeeres, über des­sen eintönig ebenem Boden einzig der Kreuz­berg emporragt, den die Berliner so sehr rühmen, ein Hügel von Sechsundsechzig Me­ter Höhe. Sollte nun ein Plan für den Wie­deraufbau der Stadt Wahrheit werden, von dem dieContinental Daily Mail zu berich­ten weiß, so wird das Berlin der Zukunft eine Gebirgslandschaft werden, eine Stadt der sieben mal sieben Hügel. Denkt man doch dort, wie es heißt, daran, die Trümmermassen der zerstörten Häuser zu Bergen aufzuschüt­ten und sie mit Gras und Bäumen zu bepflan­zen. Alpine Aussicht auf das Brandenburger Tor und die Linden? Ein mannigfaltiges Skigelände in der Innenstadt? Grotesk zu denken, Berlin als Stadt der Berge! Rom und seine sieben Hügel fallen, einem ein, zu de­nen im' Monte Testaccio mit der Zeit ja auch ein Scherbenberg kam. Man ist versucht, sich Trojas zu erinnern, das auf seinen eigenen Trümmern immer von neuem entstehend, sich höher und höher über dem Strande erhob. Bei der fast sprichwörtlichen Liebe des Ber­liners zu Superlativen liegt die Annahme nicht fern, er wolle so aus seinen 55 Milli-/ onen Kubikmetern Schutt, einem Achtel aller deutschen Trümmer, ein Wahrzeichen seiner Bedeutung errichten, ein sichtbares Mahnmal für den Anspruch, Bürger der Hauptstadt Deutschlands zu bleiben. Ob es ihm gelingen würde, einen solchen Plan in die Tat umzu­setzen? Wer weiß! Der Berliner ist seiner Ak­tivität wegen bekannt, und solchepyrami­dalen Pläne könnte man ihm schon Zutrauen. 55 Millionen Kubikmeter Schutt aus diesen bizarren Resten ehemaligen Glanzes ergäben sich fast 45 Pyramiden von je 150 Meter Höhe und 210 000 Quadratmeter Bodenfläche. Wahrlich ein gespenstischer Trümmerrekord, um den keine andere Stadt Berlin beneiden wird.

AM RANDE

An der Ausstellung ,,Warschau klagt ao'\ die zur Zeit in Wien stattfindet» wurde bei Nacht ein Plakat angebracht: »»Zwölf Millionen Deutsche kla­gen an: vertrieben, verhungert, gemetzelt, er­froren. Wer fragt danach*

Der Chef der Abteilung für Arbeitsverhältnisse der Militärregierung in Bayern hat Verweise an die Betriebsräte zweier Fabriken erteilt, weil sie zum Protest gegen die Lebensmittelrationen zum Streik aufgerufen hatten. Streiks und. öffentliche Kundgebung zur Lebensmittelversorgung verschlim­merten lediglich eine bereits hinreichend ernste Situation und wären niemals ein positiver Beitrag zur Abhilfe.

Auf dem dreitägigen theokratiseben Kongreß der Zeugen Jehovas, der in der T^ufe von 65 Gläu­bigen gipfelte, nannte ein Redner die Presse das Mundstück des Teufels. *

In Mannheim haben von 600 befragten Jugend­lichen 70 Prozent den Winter in ungeheizten Räu­men verbracht. 12 Prozent litten an Hungerödem, 50 Prozent besaßen nur einen Anzug und kein eige­nes Bett, 64 Prozent nur ein Paar Schuhe.

Im Bezirk Weser-Ems sind mehr als drei Millio­nen Liter Milch verdorben, weil sie infolge der Stromabschaltungen nicht rechtzeitig verarbeitet werden konnten. Das bedeutet einen Verlust von 13 700 Kilogramm Butter und 22 150 Kilogramm Käse.

Das mecklenburgische Volksbildungsministerlum hat einen Erlaß zurückgezogen, nach dem die Kinderreaktionärer Eltern nicht in die neunte Klasse der Oberschule aufgenommen werden sollten.

Wetterbericht

Das mitteleuropäische Hochdruckgebiet ist für unser Wetter immer noch maßgebend. Nunmehr verlagert es sich nach SUdrußland, so daß atlanti­sche Störungen Ihren Einfluß allmählich weiter nach Süden ausdehnen können. Aussichten bis Wochenmitt'- Zunächst noch heiter und sehr warm, dann Uebergang zu etwas stärker bewölktem Wetter ur.cl Temperaturen etwas absinkend.

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Redaktion: Albert Komma, Johannes Schmid. Verlag: Schwäbischer Verlag, KG., Friedrichshafen, Leutklrch. Druck: Rottweller Verlags- und Druckereigenossenschaft, Rottweil.

ob er ein Häuschen oder sonst etwas habe, womit er ein Weib erhalten könne, und als ich in dem Badeorte war und um ihn fragte, vergaß ich gerade, um solche Dinge' zu fragen.

Sei wohl über diese Sache ruhig, ant­wortete der Vater,er ist ja die ganze Zeit, da er uns besuchte, so eingezogen und 'red­lich gewesen. Er wird daher doch nicht um ein Weib anhalten, wenn er nicht hätte, was sich ziemt. Der Mensch kann mit wenigem zufrieden sein sowie mit vielem.

Maria war durch diese Worte überzeugt und beruhigt.

Als am anderen Tage Tiburius kam, sagte ihm der Vater gleich beim Eintritte, daß Maria eingewilligt habe. Tiburius war voll Freude darüber, er wußte gar nicht, was er tun und was er nur beginnen solle. Erst in der'nächsten Woche, als ihm Maria selber, da Sie auf der Gassenbank saßen, sagte, daß sie ihn mit großer, großer Freude zum Männe nehme, legte er heimlich, ehe er fort­ging, ein Geschenk auf den Tisch, das ei schon mehrere Tage mit sich in der Tasche herumgetragen hatte.

Es war ein Halsband mit sechs. Reihen de? erlesensten Perlen, welche schon durch viele Alter her ein Schmuck der Frauen seines Hauses gewesen waren. Er hatte, da er in. Frühling kam, das Schmuckkästchen mit sich in das Bad genommen, und es lagen noch mannigfaltige andere Sachen darin, die ei nur erst fassen und umändem lassen mußte um sie dann seiner Braut als Zierde geben zu können.

Maria kannte den großen Wert dieser Per- .len nicht, aber sie hatte eine weibliche Ah­nung, daß sie viel wert sein müssen dar einzige aber wußte sie mit Gewißheit, daß sie ihr, als sie sie einmal umgetan hatte, un­säglich schön und sanft um den Hals stünden

(Fortsetzung folgt)