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Nr. 252' Donnerstag, den 27. Oktober 1932 Jahrgang 105
Die Folgen des Leipziger Urteils
Zweiteilung der Gewalten in Preußen - Ministerpräsident Braun verständigungsbereit
Morgen Stellungnahme der Reichsregierunq
TU. Berlin, 27. Okt. Zwischen dem Staatssekretär des Reichspräsidenten, Meißner, und dem Vertreter Preußens vor dem Staatsgerichtshof, Ministerialdirektor Dr. Brecht, hat gestern abend eine Besprechung stattgefunden, die sich, wie verlautet, um die Ausführung des Leipziger Urteils drehte. Das Reichskabinett wird sich voraussichtlich morgen mit dem Problem Preußen-Reich befassen.
Die „Berliner Börsenzettung" erfährt, daß man die „Möglichkeit einer Zusammenarbeit" und die „Abgrenzung" der in Leipzig Herrn Braun zuerkannten Hoheitsrechte und der dem Reichskommissar zustehendeu Exekutivrechte erörtert habe. Gerüchtweise verlautet sogar, daß die von Braun gewünschten direkten „Ausgletchsverhand- lungeu" mit dem Neichskommissar bzw. dem Reichskanzler auf dem Wege über den Staatssekretär Dr. Meißner angebahnt werden sollen. Das Blatt erfährt weiter, daß es sich nur um eine ganz unverbindliche Fühlungnahme gehandelt habe, zu der die Initiative ausschließlich von der Seite Vraun-Severing ausgegangen sei-
Eine Erklärung der alten preußischen Staatsregiernng Das Büro der alten preußischen Staatsregierung teilt mit: „Das preußische Staatsministerium trat gestern vormittag unter dem Vorsitz des Ministerpräsidenten Dr. Braun zu einer Kabinettsttzung zusammen. Sämtliche Staatsmtnister waren anwesend. Die Vertreter Preußens in dem Leipziger Prozeß erstatteten Bericht über die Verhandlungen vor dem Staatsgerichtshof. Die durch die Entscheidung des Staatsgerichtshoses geschaffene Lage wurde im einzelnen erörtert. Ministerpräsident Braun stellte als einheitliche Ansicht des Staatsministeriums fest, -aß das Staatsmintsterium die Entscheidung des Staatsgerichtshoses als maßgebende und zur Entwirrung der Lage geeignete Grundlage betrachte. Das Staatsministerium hat darnach nicht nur das Recht, sondern auch die Pflicht, die Befugnisse auszuiiben, die ihm nach der Entscheidung weiterhin zustehen. Die Staatsregiernng wird diese Befugnisse im Sinne möglichst reibungsloser Zusammenarbeit mit den anderen verantwortlichen Stellen ansüben und sich dabei lediglich von den Interessen des Reiches und des Landes leiten lassen.
Im Anschluß au die Sitzung des Preußen-Kabinetts empfing Ministerpräsident Braun die Presse. Der Ministerpräsident führte aus, durch das Urteil sei jetzt zum Ausdruck gebracht worden, daß das alte Staatsministerium die Landesregierung sei und zu Recht bestehe: der geschäfts. führende Charakter des Ministeriums könne seine Besugnisse nicht im geringsten einschränken. Nach der Verfassung habe ein geschäftsführendes Ministerium die Pflicht, die Geschäfte weiterzuführen, bis ein neues
Führer der Landwirtschaft beim Reichspräsidenten
TU. Berlin, 27. Okt. Amtlich wirb mttgeteilt: Der Reichspräsident empfing am Mittwoch morgen den Vorsitzenden des Schlesischen Landbundes. Rittergutsbesitzer von Rohr- Manze und den Präsidenten der Landwirtschaftskammer Niederschlesten, Schneider, zu einem Vortrag über die Lage der schlesischen Landwirtschaft. Ferner empfing der Reichspräsident den Vorsitzenden der Landwirtschaftskammer für die Rheinprovtnz, Freiherr von Lünin ck, der ihm über die landwirtschaftliche Lage in den westdeutschen bäuerlichen Bezirken Vortrag hielt.
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In Berlin veranstaltete gestern der Verein für das Deutschtum im Ausland eine Ostmarkenkundge- b u n g, in deren Verlauf auch Rcichsernährungsministcr « Braun Las Wort ergriff. Der Mini,
stcr überbrachte die Grüß« der Reichsregierung und be- tonte, -aß zwischen der Aufgabe des VDA. und dem Ar- bcitsgebiet des Ernährungsminifters eine enge Verbunüen- . Daneben habe er als Reichskommissar für die O,thllfe die besondere Pflicht, in den ostdeutschen Grenzmarken ein starkes und kräftiges Bauerntum zu erhalte» und darüber hinaus durch Siedlung neue Bau- crnstellcn zu schaffen, denn die ostdeutschen Grenzlande könnten auf d'e Dauer nur durch Schaffung und Erhaltung eines gesunden Bauerntums deutsch erhalten werden. Der Bauer M der zäheste Träger deutscher Kultur.
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Die deutsche Kontingentsabordnung in Kopenhagen Ko>^ ^ deutsche Kontingentsabordnung ist am Mittwoch in penha.Km ei „getroffen. Ministerialrat Walter erklärte
Ministerium gebildet sei. „Mir und meinen Kollegen", erklärte Ministerpräsident Braun, „wäre nichts lieber, als daß der Landtag endlich seine Pflicht erfüllt und einen neuen Ministerpräsidenten wählt. Solange bas nicht geschieht, müssen wir die Geschäfte weitcrführen." Dr. Braun kam dann im einzelnen auf die Schwierigkeiten zu sprechen, die in der Abgrenzung der Funktionen des Reichskommissars und des Staatsministeriums liegen. Diese Schwierigkeiten müßten aber überwunden werden. Das Staatsministerium stehe jedenfalls auf dem Standpunkt, daß von seiner Seite nichts geschehen solle, um die Regelung auf der Grundlage des Urteils zu erschweren. Er hoffe, daß auch die Reichsregierunq -er Auffassung sein werde, daß man einen Ausgleich und einen Weg zur Wahrung der Interessen Preußens und des Reichs finden müsse. Dazu sei viel guter Wille zur Sachlichkeit nötig. Früher sei über den Dualismus zwischen Preußen und dem Reich geklagt worden. Durch die dritte Instanz, den Reichskommissar, sei die Situation nicht leichter geworden, und die Reichsregierung werde sich deshalb mit der Frag« beschäftigen müssen, ob sich dieser Zustand nach Umfang und Zeitdauer aufrecht erhalten lasse. Z»m Schluß kam Ministerpräsident Braun noch auf das Problem -er Neichsreform zu sprechen. Der Weg. den die Reichsregierung zur Neichsreform ein- geschlagen habe, der einer gewaltsamen Reichsexekution, sei nicht richtig. Nach Auffassung Dr. Brauns wäre es gut, wenn man aus diesen Vorgängen die Lehre zöge und sich bemühte, durch Zusammenfassung von preußischen und Reichs st eilen etwas Vernünftiges zustande zu bringen.
Ein Erlaß -es Reichskomissars für Preußen
Wie der amtl. preuß. Pressedienst mitteilt, hat der mit -er Wahrnehmung der Befugnisse des preuß. Ministerpräsidenten beauftragte Neichskommissar für das Land Preußen am 26. Oktober 1932 an alle preußischen Behörden folgenden Erlaß gerichtet: „Die Gehorsamspflicht der preußischen Beamten gegenüber dem durch die Verordnung des Reichspräsidenten vom 20. Juli 1932 eingesetzten Reichskommissar und den von ihm bestellten Vertretern stecht nach dem Urteil des Staatsgerichtshofes vom 23. Oktober 1932 fest."
Von unterrichteter Seite wird bemerkt, daß die Maßnahmen des Neichskommissars in Preußen mit dem Leipziger Urteil nicht in Widerspruch ständen. Rückgängig gemacht werden müsse lediglich die Neuernennnng des Ministerialdirektors Landfried zum Bevollmächtigen beim Reichsrat. Staatssekretär Nobis war hingegen bereits früher Bevollmächtigter beim Reichsrat, sodaß er es auch künftig bleiben wird. Ebenso bleiben die Ministerialdirektoren Badt und Brecht Bevollmächtigte zum Reichsrat.
vor der Presse, es seien die Verhältnisse, vor allem die Weltkrise, die Deutschland zu diesem außergewöhnlichen Schritt gezwungen hätten. Was den deutsch-dänischen Handelsaustausch in -er Zukunft betreffe, so hoffe er. Laß Li« Dänen und die Deutschen immer zueinander finden würden und daß man zu einer friedlichen Verständigung kommen würde.
Förderung des Kleindaus-Baus durch das Reich
TU. Berlin» 27. Okt- Die Retchsregierung hat kürzlich beschlossen, 20 Millionen Reichsmark zur Förderung des Baues von Eigenheimen bereitzustellen. Für die Förderung kommen nach den Richtlinien, die demnächst veröffentlicht werden, bescheidene Eigenheime in Betracht, deren Baukosten ohne den Wert des Grundstückes in der Regel zwischen 4000 und 8000 liegen werden. Die Wohnfläche -er Wohn- und Schlafräume, sowie der Küche darf höchstens 90 Quadratmeter betragen, die Nebenräume müssen sich in den ortsüblichen Grenzen halten. Das Reich wird Hypothekendarlehen zur Erleichterung der Finanzierung gewähren, die in der Regel 1S00 nicht übersteigen dürfen. Für kinderreiche Familien wird jedoch eine kleine Erhöhung der Baudarlehen zugelassen werden.
Die Darlehen sollen mit 4 Prozent verzinslich und mit 1 Prozent tilgbar sein. Das Neichsbaudarlehen ist durch Eintragung einer Hypothek an breitester Stelle für das Reich zu sichern. Der Bauherr muß mindestens über ein Eigenkapital von 80 Prozent nachweisbar verfügen und den Rest der Finanzierung, also insbesondere auch die 1. Hypothek, selbst besorgen. Die Maßnahme soll vor allem auch der Arbeitsbeschaffung dienen.
Tages-Spiegel
Die Folge des Leipziger Urteils ist eine Zweiteilung der Staatsgewalt in Preußen. Ministerpräsident Braun erklärte sich für eine gütlich-sachliche Regelung der zwiespältigen Lage.
Die Retchsregierung wird morge» zusammentreten, um zu der Lage in Preußen Stellung zu nehmen.
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Reichspräsident von Hindenburg empfing mehrere Führer der Landwirtschaft, «m sich über die Lage der Landwirtschaft zu unterrichten.
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Der englische Außenminister erklärte im Unterhaus, daß dis Locarno-Verträge England nicht zum Schutze der Grenze« Polens und der Tschechoslowakei verpflichten.
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In Genf ist der vom Europaausschuß aus Grund der Stre- saer Konferenz eingesetzte Sonderausschuß für die Schaffung eines Währungsstützungsfonds und eines Valori- ficrungsfonds für Getreide zusammengetreten.
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Die Moskauer amtlichen Stellen erklären, daß die japanischen Nachrichten über einen Verkauf der chinesischen Ostbahn an Japan falsch seien.
Um die ViermÄchlekonferenz
Amerikas Abrüstungs-Unterhändler morgen in Paris
TU. London, 27. Okt. Der amerikanische Unterstaatssekretär Norman Davis hat seine Abreise nach Genf um einen Tag verschoben und wird voraussichtlich erst am Freitag London verlassen, um am Freitag nachmittag mit Herriot am Quai d'Orsay zusammen zu treffen. Es wird mit ziemlicher Sicherheit angenommen, daß sich die Vertreter Englands und Amerikas über grundsätzliche Richtlinien einig geworden find, wie durch Zugeständnisse in der Sce- abrüstung, deren Einzelheiten noch sehr stark von Japan abhängen, ein Anschluß an Frankreich und Italien auch hinsichtlich der Land- und Luftrüstungen genommen werden kann und welche Wege hierbei «inzuschlagen sind. Politische Kreise rechnen damit, daß die Verhandlungen der beteiligten Mächte in der Zeit vor dem Zusammentritt des Allgcm. Büros der Abrüstungskonferenz so gefördert werden sollen» daß sich bis dahin die Richtlinien für einen greifbaren Abrüstungsplan herausschälen lassen. Hieran würde Deutschland zunächst nicht beteiligt sein, wohl aber sei es möglich, -aß in Genf erwogen wird, wie man an Deutschland h^rantreten solle und ob dies im Rahmen einer Biermächtekonferenz geschehen soll oder nicht.
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Der Abrüstungsplan Frankreichs
Der „Quotidien" will erfahren haben, daß Kriegsmini- ster Paul-Boncour im Zusammenhang mit der Ausarbeitung deS französischen Sicherheits- und Abrüstungsplanes die Herabsetzung -er Militärdienstzeit von 12 auf 9 Monate vorgeschlagen und durchgesetzt habe. Diese Maßnahme habe zu den Meinungsverschiedenheiten zwischen der Regierung und dem Großen Generalstab geführt. Die Zahl der französischen Divisionen soll« von 20 auf 12 herabgesetzt werden. Dafür solle u. a. ein« Neuorganisation der Bürgergarde durchgeführt werden»
Wahlkrawalle in Bamberg
Steinwürfe gegen Brüning
TU. Bamberg, 27. Okt. Zu schweren politischen Ausschreitungen kam es anläßlich einer Kundgebung der Bayrischen Volkspartei in Bamberg, in der Dr. Brüning sprach. Vor den Sälen hatten sich Tausende von Menschen versammelt, die den ehemaligen Reichskanzler mit Rufen wie „Hungerkanzler" usw. empfingen, so daß dieser jeweils nur unter dem Schutz der Polizei in den Saal gelangen konnte. Die Menge vollführte dann einen Höllenlärm, io daß die Polizei mit dem Gummiknüppel die Straßen räumen mußte. Da die städtische Polizei nicht ausreichte, mußte Lanbespolizei herbeigerufen werden. Diese wurde von den Kundgebern mit Steinen beworfen- Auf der Fahrt von einem der Säle zum Hotel „Drei Kronen" wurde gegen den Kraftwagen, in dem Brüning saß, ein Stein geschleudert. Das Fenster des Rücksitzes wurde dabei zertrümmert. Die Polizei gibt bekannt, daß eS sich um planmäßig vorbereitete und organisierte Demonstrationen gehandelt habe. Die Demonstranten gehören nach dem Polizeibericht der NSDAP, und KPD. an. Die Polizei selbst hatte drei Verletzte aus- -»weisen.