Deutschlands Auslandsverschuldung

Bo» vr. Carl von Tyszka, Professor an der Universität Harnbnrg.

Einen starken Hemmschuh im Wiederaufstieg unserer Wirtschaft bildet die große Auslandsverschuldung unseres Baterlanbes. Da klare Erkenntnis stets die unbedingte Vor­aussetzung zur Ergreifung zweckdienlicher Maßnahmen ist, hat das Reich den Versuch einer umfassenden Erhebung sämt­licher bestehenden deutschen Auslandsschulden, und zwar nach dem Stande vom 28. Februar 1832, unternommen, deren Ergebnisse unlängst der Oeffentlichkeit vorgclegt wurden. Danach beläuft sich die gesamte Schuldenlast Deutsch­lands an das Ausland auf 20,6 Milliarden Mark, von denen 10L Milliarden langfristige und 10,1 Milliarden kurzfristige Kredite darstellen. Freilich ist mit dieser un­geheuren Summe immer noch nicht die gesamte Belastung Deutschlands durch Auslandsverpflichtungen erfaßt. Es feh­len noch die Beteiligung des Auslandes an deutschen Unter­nehmungen, die Ueberfremüung des deutschen Grundbesitzes und die Summen der im Besitz von Ausländern befindlichen innerdeutschen Schuldverschreibungen. Der erste Posten laus­ländische Beteiligung an deutschen Unternehmungen) wird vom Reich auf etwa 3 bis 3,8 Milliarden, der zweite laus ländischer Grundbesitz in Deutschland) auf etwa 2 Milliarden und der dritte Posten auf rund 400 Millionen geschützt. Es ergibt sich somit eine Gesamtbelastung Deutschlands gegen­über dem Ausland von 25,6 bis 26 Milliarden, denen nur verhältnismäßig geringe Guthaben im Auslande gegennber- stehen.

Gliedert man die deutsche Kreditverschuldung und zwar lediglich die oben erwähnten 20-6 Milliarden nach deut­schen Schuldengruppen auf, so erhält man folgendes Bild: Den verhältnismäßig größten Teil bilden die Direkt-Kredite an die Wirtschaft (Industrie, Handel, Verkehr, Landwirt­schaft) nämlich 9,6 Milliarden,' dex größte Teil davon ist der Industrie, der kleinste der Landwirtschaft zugeflossen. An zweiter Stelle stehen die Banken mit 6,7 Milliarden, davon Reichsbank und Golbdiskontbank mit rund einer Milliarde. Die öffentlichen Körperschaften sind mit 4L Milliarden be­lastet, wovon auf bas Reich 8,1 Milliarden c: Ulen. Will man genauer zwischen privater und öffentlicher Wirtschaft aufteilen, so wird man die 5,7 Milliarden, welche die deut­schen Kreditbanken ausgenommen haben, zu den privaten Auslandsschulden rechnen muffen, denn diese Banken haben ja in erster Linie als Kreditverteilungsstellen gewirkt. Es stehen dann etwa 15,3 Milliarden privaten Auslandsschulden SL Milliarden öffentlichen Auslandsschulden (einschließlich Reichsbank) gegenüber. Interessant erscheint auch eine Auf­gliederung nach langfristigen und kurzfristigen Krediten, die insofern von Bedeutung ist, als die langfristigen Schulden, besonders die Anleihen, die weniger bedenklichen sind, da sie nicht nach Belieben abgerufen werden können. Dann zeigt sich, daß die Schulden der öffentlichen Körperschaften zum weit überwiegenden Teil zu mehr als vier Fünfteln langfristig, die Bankschulden dagegen umgekehrt fast ganz kurzfristig sind. Die Mitte halten die Direkt-Kredite an die Wirtschaft, von denen etwas mehr als dis Hälfte kätkgfrtstig sind. Die «roßen Schwierigkeiten, welche die Kurzkredite durch die Möglichkeit ihrer vorzeitigen Abrufuttg bereiteten, ist erst durch dasdeutsche Kreditabkommen von 1832", das etwa die Hälfte der Kurzkredite unter bas sogenannteStill­halteabkommen" fallen ließ, beseitigt worden.

Wer waren die Gläubiger, die Deutschland diese Kredite gewährten? Teilt man nach Ländern auf, so stehen weit­aus an erster Stelle die Bereinigten Staaten von Amerika. Bon den 20,6 Milliarden Gesamtschuldcn stammten Uber 40 vom Hundert, nämlich 8,4 Milliarden, aus diesem Lande, davon über die Hälfte, nämlich 5,2 Milliarden langfristige Anleihen und 8,2 Milliarden Kurzkredite. Die an zweiter Stelle stehenden Niederlande hatten Deutschland 3,6 Mil­liarden, davon 1,8 Milliarden Anleihen und 1,7 Milliarden Kurzkredite, gewährt. An dritter Stelle kommt die Schweiz, bei der bereits die Kurzkredite überwiegen: Von den 2,8 Milliarden Gesamtschulben sind 1,7 Milliarden Kurzkredite ES folgt Großbritannien mit ebenfalls überwiegenden Kurz­krediten: insgesamt 2,4 Milliarden, davon 1L Milliarden kurzfristig. Frankreich steht mit 856 Millionen an fünfter Stelle, es folgen Schweden (330 Millionen), Belgien lrund 200 Millionen), Tschechoslowakei (175 Millionen), Italien (150 Millionen). Teilt man die ausländischen Gläubiger nach einerseits Banken, andererseits unmittelbaren Gläubigern die Direkt-Kredite gegeben haben, so zeigt sich, baß durch Vermittlung ausländischer Banken nur 8,4 Milliarden oder etwa 40 v. H. der Gesamtschulden Deutschlands zugesloffen sind, von denen der weitaus größte Teil 7,1 Milliarden Kurzkredite waren. Dagegen stehen für rund 60 v. H. der Verschuldung der deutschen Wirtschaft ausländische Nicht­banken als Gläubiger gegenüber. Der größte Teil davon entfällt auf die auf dem freien internationalen Kapitalmarkt begebenen Anleihen.

Für die Gegenwart von größter Wichtigkeit ist die Fest­stellung der Höhe der Zins- und Tilgungsver­pflichtung, mit der Deutschland belastet ist. Die Zins­last. die Deutschland gegenüber dem Ausland zu tragen hat, beläuft sich auf rund 1L3 Milliarden: diese Summe ver. teilt sich je etwa zur Hälfte auf Zinsen für ausländische Kurz- und Langkredite Hiervon entfallen rund 660 Millionen auf die private Wirtschaft unmittelbar (Industrie, Handel, Ver­kehr, Landwirtschaft), 370 Millionen auf die Banken und etwa 270 Millionen auf die öffentlichen Körperschaften. Zu diesen Zinsbeträgen treten sodann als wettere Belastung die Verpflichtungen aus den Tilgungen, die mit etwa 480 Mil­lionen anzusetzen sind. So kommt man also zusammengefaßt für dasStillhaltejahr 1932/33" zu einer Summe von etwa 1,7 Milliarden, welche die deutsche Zahlungsbilanz belastet.

Durch diese Verpflichtungen wird das Bild der deutschen Zahlungsbilanz für das laufende Jahr bestimmt. Wirft man einen Blick auf die Zahlungsbilanz des Vorjahres, so er­kennt man, baß Deutschland 1831 seine außergewöhnlich gro­ßen Zahlungen an bas Ausland im Betrage von rund 5 Mil­liarden Mark nur durch Flüssigmachung eines großen Teils seiner Reserven leisten konnte, nämlich durch die außer­gewöhnliche Inanspruchnahme der Gold- und Devisen­bestände der Neichsbank und andere ungewöhnliche Notmaß­nahmen. Für das laufende Jahr stehen derartige Möglich­

keiten nicht mehr zur Verfügung. Deutschland ist daher znm Ausgleich seiner Zahlungsbilanz in erster Linie auf einen Leistungsüberschuß, d. h. einen Aktivsaldo seiner Waren- hanbels- und Dienstleistungsbilanz angewiesen. Um die starke Anspannung der deutschen Zahlungsbilanz zu erleich­tern, wird von deutscher Seite angestrebt, durch Verein­barungen eine Herabsetzung der hohen Zinssätze für die deutsche kurzfristige Auslanbsver- schulüung za erreichen. Auf der Londoner Stillhalte» konferenz im Juli 1932 stellte deshalb die Frage der Zins- senkung einen besonderen, wichtigen Verhandlungsgcgen- stand dar, und es wurde eine Senkung der Zinssätze für Kurzkredite um durchschnittlich etwa 1 v. H. erreicht.

50 Ioüre Deutsche Koloniochesellschaft

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Als Auftakt zur 50-Jahrfeier der Deutschen Kolonial­gesellschaft fand im Berliner Kolonialheim ein Begrüßungs- abenb statt, von dem unser Bild den Vorstandsttsch zeigt- Von links nach rechts: Stellvertretender Präsident Staudinger.

Fürst zu Hohenlohe-Langenburg, der Präsident der Kolontalgesellschaft Dr. Schnee und der stellvertretende Präsident Gouverneur H a h l.

84 Millionen RM. Ausfuhrüberschuß im September

TU. Berlin, 17. Okt. Die deutsche Handelsbilanz schließt im September mit einem Ausfuhrüberschuß von 84 Mtll. RM. ab gegenüber 87 Mill. NM. im August. Dabet ist die Einfuhr gegenüber dem Vormonat um 28 Mill. Reichsmark auf 360 Mill- RM., die Ausfuhr um 16 Mill ' Reichsmark auf 444 Mill. RM. gestiegen. Die Einfuhr verzeichnet sowohl mengen« als auch wertmäßig eine Zu­nahme um 8)4 v. H- Die Ausfuhr ist mengenmäßig um 7)4 v. H. wertmäßig jedoch nur um 3)4 v. H..gestiegen, da ihr durchschnittliches Preisniveau gegenüber dem Vormonat um weitere 34 y. H. gesunken ist. .. .

Bei der Einfuhr, entfallen auf die Steigerung 20-^ lionert Reichsmark auf Rohstoffe. Das Preisniveau der Rohstoffe ist um 3 v. H. gestiegen. Bei ein­zelnen geht jedoch die Steigerung der Einfuhrdurchschnitts­werte bedeutend über diesen Satz hinaus und erreicht schon 1015 v. H. Bei der Ausfuhr entfällt der ftärkste Anteil der Zunahme auf die Lebensmittel infolge einer um 7 Mill. RM. gestiegenen Weizenausfuhr. Die Fertigwaren-, etnfuhr hat bei. um 2 v. H. gesunkenen Durchschnittswerten, um 6 Mill. RM. zugenommen. Soweit es sich schon über­blicken läßt, hat der Absatz nach den europäischen Län­dern mit Ausnahme der Tschechoslowakei im allgemeinen zugeno m m e n. Der Absatz nach Uebersee dagegen einen Rückgang erfahren.

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Neufassung des nationalsozialistischen Arbeitsbeschaffungsprogramms

München, 16. Okt. In einer geschloffenen national­sozialistischen Versammlung sprach Gottfried Feder über das neugefaßte nationalsozialistische Arbeitsbeschaffungspro­gramm. Grundforderungen des Programms seien direkte Arbeitsbeschaffung für 2 Millionen Menschen auf Grund von Auftragserteilung für staatliche Investitionen im Aus­maß von 5 Milliarden Mark, Verstaatlichung des gesamte» Geld- und Kreditwesens, Um- und Entschuldung der ge­samten Wirtschaft durch Zentralisierung aller privaten und öffentlichen Schuldverhältnisse,Brechung der-Zinsknecht­schaft", Aenbcrung des Stillhalteabkommens und einheitliche Regelung der Auslandsschulden, Stärkung des Binnenmark­tes, Wegfall der produktionshemmenden Steuern, Wieder­herstellung des deutschen Staatskredites durch Sanierung der öffentlichen Finanzen, staatliche Schutzmaßnahmen für die Landwirtschaft, Wiederaufbau dcS Haus- und Grundbesitzes und schließlich- nationale Verkehrswirtschaft und Neurege­lung -er Tarife.

Hitler und die Rüstungsindustrie

Das sozialdemokratischeEcho der Woche" in Ham­burg hatte am 24. Juli 1832 behauptet. Laß die internatio­nale Rüstungsindustrie die Hitler-Partei finanziell unterstütze. Gegen diese Behauptung hatte Hitler die Gerichte angerufen und beim Landgericht in Hamburg am 27. Juli eine einstweilige Verfügung erwirkt, wonach es demEcho der Woche" verboten wurde, die Be­hauptung zu verbreiten, Hitler werbe von der internationa­len Rüstungsindustrie unterstützt. Gegen diese einstweilige Verfügung hatte dasEcho der Woche" sofort Einspruch erho­ben, woraus da» Landgericht am 4. August Herrn Hitler auf­erlegte, glaubhaft zu machen, daß er von -er internationalen Rüstungsindustrie keine Gelder bezogen habe. Acht Tage später jedoch wurde auf Antrag Hitlers von derselben Kam­mer des Landgerichts dieser Beschluß umgestoben und dafür demEcho der Woche" auserlegt, dt« finanzielle Unterstützung

der internationalen Rüstungsindustrie an Hitler glaubhaft zu machen. ,

Aus Grund der vomEcho der Woche" vorgetragenen Be­weismittel hat das Landgericht Hamburg das durch einstwei­lige Verfügung ausgesprochene Verbot, die Behauptung zu verbreiten. Hitler werde von der internationalen Rü­stungsindustrie unterstützt, a ufgehobeu.

Wieder politische Zusammenstöße in Altona

Sommüniste» halte« Straßenbahnwagen a» und mißhandeln nationalsozialistische Fahrgäste.

TU. Alt«»«, 1«. Okt. In der Bürserstraße haben nacht» etwa 40 Kommunisten einen Straßrnbahnzug der Linie 38, angehglten. und bi« Fahrgäste zum.,Aussteigey gezwungen» Eiflige ausstelgenbe. Nationalsozialisten wurden mißhandelt. Zwßt von ihnen trugen Kopfverletzungen davon. Einer er­hielt einen Messerstich in den Rücken. Beim Erscheinen der Polizei waren die Täter bereits geflüchtet. Kurz nach Mit­ternacht kam eS Ecke Schuhmacherstraße und Schauenburger- straße zu einer Schlägerei zwischen Angehörigen der NSD­AP. und der SPD. Ein Reichsbannermann erhielt außer leichten Verletzungen mit einem Schulterriemen einen Mes­serstich in den linken Oberarm.

Politische Kurzmeldungen

Diese Woche sollen wichtige Aufgaben im Kabinett gelöst werden. Reichsbankpräsibent Luther nimmt an den meisten Kabinettssitzungen teil. Der Arbeitsbeschaffungsplan der Lalldgemetnden, der sogenannte Gerekeplan, hat zwar im Reichskabinett die tatkräftige Unterstützung des Reichswehr« Ministers gefunden, ist aber infolge des Widerspruchs de» Retchswirtschaftsmintsters und des Reichsbankpräsidenten zurückgestellt worden, obwohl Hinbenburg sich sehr für ihn eingesetzt hatte. Der Plan dürfte vermutlich nur zur Hälfte durchgeführt werden. Der neue Reichstag, der am 6. No­vember gewählt werden soll, wird voraussichtlich am Diens­tag, den 6. Dezember, seine erste Sitzung abhalten. Nach den gesetzlichen Bestimmungen muß der Zusammentritt spätestens 30 Tage nach der Wahl erfolge». Der Alterspräsident des preußischen Landtages, General Lttzmann, ist von den Natio­nalsozialisten im Wahlkreis Krankfurt-O.-Grenzmark als Spitzenkandidat zur Reichstagswahl aufgestellt worben. Die Aufstellung hat den Zweck, zu verhindern, daß Klara Zetkin nicht neuerdings als AlterSpräsidentin den Reichstag eröff­net. General Lttzmann ist 80 Jahre alt. In den letzten Monaten ist die Papterholzeinfuhr aus Rußland außcror- üentlich stark gestiegen, obwohl große Mengen deutscher Her- kunft von den Verbrauchern nicht abgenommen werden. Wir führten im Juni 660111 Doppelzentner, im Juli 1018 004 Doppelzentner und im August 1176 905 Doppelzentner Pa- pierhol, aus Rußland ein. In letzter Zeit macht sich wie- berum eine verstärkte französische Propaganda für den Ge­danken einer Jnternationalisierung der Zivilluftfahrt be­merkbar. Deutschland kann dem Plan einer Jnternationali- sierung der Zivilluftfahrt erst dann näher treten, wenn die Militärluftfahrt der anderen Länder restlos beseitigt ist. Die italienische Regierung hat ihren Botschafter in London angewiesen, sich an Macbonald zu wenden und ihn zu er­suchen, seinen Einfluß auf Sir Eric Drummonb. den Gene- ralsekretär de» Völkerbundes, dahin geltend zu machen, baß dieser noch 1 oder 2 Jahre im Amte verbleibe. Unter Be- teiltgung von über 100 000 Menschen fand in Belfast (Nord- irlanbj das Begräbnis des Mannes statt, der während der großen Unruhen erschossen worden war. Sofort nach Be- endtgung des Begräbnisses verhaftete die Polizei den 75- jährtgen kommunistischen Führer Tom Mann und schob ihn nach London ab.