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Nr. 237

Montag, den 10. Oktober 1932

Der deutsche Gleichberechtigungsanspruch

Vor Verhandlungen Herriot-Maedonald in London Befremdende Haltung Oesterreichs in der'Gleichberechligungssrage

TU. Berlin, 10. Okt. Der Wortlaut der deutschen Antwortnote auf die englische Einladung, an einer Kon­ferenz zur Beilegung der Abrüstungsstreitigkeiten in Lon­don teilzunchmen, wird nicht veröffentlicht. Wie verlautet, erklärt die deutsche Regierung in der Note ihre Bereit­willigkeit, mit den eingeladencn Mächten in einen offe­nen Meinungsaustausch über eine zweckmäßige und billige Lösung der aus der Abrüstungskonferenz entstande­nen Schwierigkeiten einzntreten. Als Ausgangspunkt für die Aussprache wird die Schlußerklärung von Lausanne angesehen, in der festgestellt wurde, daß auch andere aktuelle Fragen als die Neparationsfrage im Wege eines Meinungsaustausches zur Herstellung und Förderung des Friedens und des Bertrauens zwischen den Völkern im Geiste des Ausgleiches, der Zusammenarbeit und der Gleich­heit geregelt werden können. Dagegen wird fcstgcstcllt, daß als Grundlage der Aussprache die englische und fran­zösische Note auf den deutschen Schritt schlecht ge­eignet seien.

Die deutsche Note vermeidet es jedoch, einen pessimisti­schen Ton anzuschlagen und gibt der Hoffnung Ausdruck, daß es möglich lein werde, die Gründe zu beseitigen, die zu dem Fernbleiben Deutschlands von der Abrüstungskonferenz ge­führt hätten. Bezüglich des Zeitpunktes der Konferenz wird erklärt, daß der ursprünglich in Aussicht genommene Zeit­punkt infolge der Tagung der Bundcsratsversammlung des Völkerbundes in Genf nicht geeignet erscheine. Statt dessen wird vorgeschlagen, einen späteren Termin zu wählen.

In Berliner politischen Kreisen wird ergänzend darauf hingcwjesen, daß die Note die Wcstmächte ausdrücklich zwei­mal daran erinnert, daß die Mächte Deutschland bereits bestimmte Versprechungen in der Gleichberechtigungsfrage gemacht haben, und zwar nicht nur im Schlußprotokoll von Lausanne, sondern auch im Vertrauenspakt, da in beiden Er­klärungen auf die Gleichberechtigung Deutschlands Bezug ge­nommen wird. Der Vorbehalt wird durch die Feststellung an­gemeldet, daß die englische und die französische Antwortnote auf die deutsche Zusammenfassung der Gleichberechtigungs­frage ausdrücklich nicht als Grundlage der kommenden Ab­rüstungskonferenz angesehen werden könne.

England über die Zusage befriedigt

Nach dem Vorliegen der deutschen und der französischen Antwort auf den englischen Konferenzvorschlag hin, wird die Auffassung maßgebender politischer Kreise in London wie ,olgt zusammengefaßt: Angesichts dessen, baß auch die ita­lienische Negierung ihre Bereitwilligkeit gezeigt hat, zur Lösung der Schwierigkeiten beizutragen, und die englische Einladung zu einer Konferenz angenommen hat, wirb in englischen Kreisen besondere Befriedigung darüber zum Ausdruck gebracht, daß die von der englischen Regierung nngeleiteten Schritte zur Überbrückung der bestehenden Schlucht, die obenerwähnten Antworten der Mächte zur Folge gehabt haben. Man ist der Ansicht, daß es verhält­nismäßig leicht sein werde, die Frage des Zeitpunktes und des Ortes der Konferenz zu regeln, wenn ein allgemeiner Wunsch besteht, eine Brücke zu den verschiedenartigen Auf- 'nssungcn zu schlagen.

Die französische Regierung steht, wie in London mitge- 'eilt wird, einem Gedankenaustausch ebenfalls günstig ge­genüber, ist aber der Ansicht, daß der Ort der Zusammen- nnft noch zum Gegenstand von Erwägungen gemacht wer­den soll.

Der freiwillige Arbeitsdienst

TU. Halle, 10. Okt. Reichsarbeitsminister Schäffer be­sichtigte gemeinsam mit dem Neichskommissar für Arbeits­dienst, Präsident Dr. Syrup, die Sozialeinrichtungen des Landesverbandes Mitteldeutschland des Stahlhelm, und zwar die seit neun Jahren bestehende Stahlhelmvolksspei- sung in Halle, die Stahlhelmsiedlung in der Dölauer Heide, das Arbeitsdienstlager in Wcttin an der Saale und die Ar­beiten auf der Burg Wettin. Bor Persönlichkeiten der mittel­deutschen Wirtschaft führte Minister Schäffer unter ande­rem dann a»s, die Reichsregiernng sei durchaus nicht der Meinung, baß mit dem Freiwilligen Arbeitsdienst etwa die Arbeitsbeschaffungsfrage als solche gelüst werden könne, die Regierung versuche vielmehr, die Privatwirtschaft 'elbst diese Frage lösen zu lassen. Der Arbeits­losigkeit sei mit Arbeitslagern allein selbstverständlich nicht beizukommen. Der Unterstützung der Privatwirtschaft im Bemühen um die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit solle viel­mehr das Wirtschaftsprogramm der Reichsrcgierung als Ganzes dienen.

Präsident Dr. Syrup wieS im Anschluß darauf hin,

Hsrriot reist nach London

In Paris wird die Londoner Meldung, nach der Frank­reich amtlich seine Zustimmung zu der Fünfmächtekonfercnz erteilt habe, zunächst noch nicht bestätigt. An zuständi­ger Stelle verhält man sich in dieser Angelegenheit außer­ordentlich zurückhaltend und betont, baß die Londoner For­mulierung der französischen Auffassung jedenfalls nicht den Tatsachen entspreche. Obgleich in amtlichen französischen Kreisen über die beabsichtigte Reise Herriots nach London strengstes Stillschweigen bewahrt wird, erklärt man in po­litischen Kreisen, daß eine Zusammenkunft zwischen dem englischen und dem französischen Mini­sterpräsidenten voraussichtlich am Mittwoch oder Donnerstag stattfinden werde. Der Plan dieser Zusammen­kunft sei merkwürdigerweise nicht beim ersten Besuch Lord Tyrrells bei Herriot am Samstag nachmittag aufgetaucht, sondern erst bei der zweiten Unterredung am Samstag abend. Am Samstag nachmittag habe Lord Tyrrell den Ministcrvräsidcnien lediglich über die Antwort der Reichs- regierung unterrichtet und sich nach der Haltung erkundigt, die die französische Regierung nunmehr einzunehmen ge­denke. Als Herriot nach wie vor seinen ablehnenden Stand­punkt vertreten habe, sei Tyrrell im Laufe des Abends noch einmal bet Herriot erschienen, um den Gedanken einer per­sönlichen Aussprache zwischen de» Ministerpräsidenten der beiden Länder aufzuwerfen.

Ein befremdender Schrill Oesterreichs

Der ständige Vertreter der österreichischen Regierung beim Völkerbund, von Pflügl, hat nach französischen Mit­teilungen im Aufträge feiner Negierung beim französischen Kriegsminister Paul-Boncour einen Schritt unternommen und darauf hingewiesen, daß die österreichische Negierung lebhafte Beunruhigung über eine Zusammenkunft der Großmächte zur Behandlung der Abrüstungsfragen außerhalb Genf empfinde. Die österreichische Negierung hat sich damit dem Vorgehen der Tschechoslowakei, Polens, Rumäniens, Sübslawiens und Belgiens angeschlossen und sucht damit in Uebereinstimmung mit diesen Mächten und dem offiziellen Standpunkt der französischen Negierung eine Behandlung der deutschen G le i chb e r e ch t t- gungssorberung unmöglich zu machen. Der Schritt des österreichischen Gesandten hat in Genfer inter­nationalen Kreisen Befremden erregt, da man ein derart offenkundiges Abrücken von Deutschland nicht erwartet hat.

Die österreichische Negierung beeilt sich, diese Nachrichten zu widerrufen und erklärt, v. Pflügl habe mit Paul-Boncour lediglich über die österreichische Völkerbunds­anleihe gesprochen. Im Gegensatz hierzu wird der Schritt v. Pflügls von französischer Seite ausdrücklich bestätigt. Gesandter von Pflügl habe in dieser Unterredung die Auf­fassung der österreichischen Negierung dahin Largelegt, daß die österreichische Regierung an der Frage der Gleich­berechtigung nicht interessiert sei und in kei- ner Weise die Ausfassung der deutsche« Re­gierung in dieser Frage teile. In maßgebenden deutschen Kreisen hat der Schritt des österreichischen Ge­sandten, der allgemein lebhaft erörtert wird, einen äußerst peinlichen Eindruck hervorgerufen, umso mehr, als Ge­sandter von Pflügl als künftiger Gesandter Oesterreichs in Paris genannt wird.

Saß der Freiwillige Arbeitsdienst heute bereits 200 000 Mann erfasse. Die zu seiner Durchführung zur Verfügung stehen­den 60 Millionen RM. würden bis zum Ende des Jahres reichen. Di« jährlichen Kosten eines Arbeitswilligen veran­schlagte Dr. Syrup mit 1000 RM. Eine restlose Durchführung des Programms würde daher, da jeweils mit einer Gene­ration von etwa 800 000 jugendlichen Arbeitsdienstwilligen zu rechnen sei, rund 600 Millionen RM. erfordern. Gegenstand des Arbeitsdienstes dürften nur wirtschaftlich, zweckvolle, zusätzliche gemeinnützige Arbeiten sein, und zwar möglichst solche in freier Luft, da die ethische Aufgabe des Arbeitsdienstes wesentlich nur in geschlossenen Arbeitslagern erfüllt werben könnte. Zu fordern seien gemischte Ar­beitslager, abzulehnen solche bestimmter Parteien, Ver­bände oder studentischer Gruppen. Chaussee- und Hochbau komme für die Einbeziehung in den FAD. nicht in Frage. Bon den zur Zeit verwirklichten FAD.-Vorhaben dienten 1260 der Wasserregulierung, 1060 Len Verkehrsverbessernn- gen auf dem Lande, 600 den Wald- und Forstarbeiten und 300 dem Siedlungsbau. Neben der eigentlichen Werkarbeit sei das Wichtigste eine körperliche und sittliche Erziehung der Jugend zum Gemeinschastswillen am Volke. Das geistige

Jahrgang 105

Tages-Spiegel

In England huldigt man bezüglich der Gleichberechtigungs- konfereuz einem starken Zweckoptimismus. Ministerpräsi­dent Herriot wird sich im Laufe dieser Woche zu einer Aussprache mit Macdonald »ach London begeben.

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Der österreichische Gesandte v. Pflügl hat sich in Genf in einer Unterredung mit dem französische« Kriegsminister gegen die deutsche Gleichberechtigungssordcrung ausgespro­chen. In Berlin hat dieser Vorgang stark verstimmt.

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Der Staatsgerichtshof behandelt heute die Klage der durch die Notverordnung des Reichspräsidenten vom SO. Juki 1932 ihrer Acmter enthobenen 8 preußischen Minister ge­gen das Reich «nd gegen den Reichskanzler als Reichs» kommiffar.

Der Westfälische Banernverein hat an den Reichskanzler und den Reichsernährungsminister ein Telegramm gerich­tet, in dem dringend die Verwirklichung d-r verkündeten Kontingentiernngsmaßnahmen verlangt wird.

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Das LuftschiffGraf Zeppelin" ist am Sonntag abend z« seiner achten Südamerikafahrt aufgestiegen. An der Fahrt nimmt u. a. der Generaldirektor der Deutsche« Rcichs- bahngesellschast, Dr. Dorpmüller, teil.

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Im Rahmen der Berliner Funkstunde werden seitens der Deutschen Reichspost von hcute ab auch Fernsehsendungen übermittelt.

Leben in den Arbeitslagern solle ebenso wie die Führerschaft aus der Gemeinschaft selbst herauswachsen.

Nationalsozialismus und Stahlhelm

Reichstagspräsident Göring in Braunschweig

TU Brannschweig, 10. Okt. In einer nationalsozialisti­schen Versammlung führte am Sonntag Neichstagspräsident Göring u. a. aus: Jnnerpolitisch habe das Kabinett Pa- pen erreicht, daß der Klaffenkampf wieder beginne. Außen­politisch reihe sich Mißerfolg an Mißerfolg und wirtschasts- polttisch könne man nur Scheinerfolge verbuchen. Tie Deutschnationalen seien von jeher erbitterte Gegner des Nationalsozialismus gewesen. In Harzburg habe man ver­sucht, Hugenberg zum Führer der gesamten nationalen Op- Position zu machen. Die Harzburger Front habe zusammen­brechen müssen, weil man unaufrichtig gegen den Partne- gewesen sei. Göring befaßte sich dann mit der Stellung des Nationalsozialismus zum Stahlhelm, der seiner Einstellung nach zum Nationalsozialismus gehöre und nicht zu Papen. Man habe niemals den Stahlhelm bekämpft und werbe ihn auch niemals bekämpfen. Der Na­tionalsozialismus müsse jedoch die Führung bekämpfen, weil sie sich hinter die Regierung Papen und damit gegen das Volk stelle.

Henderson wieder in Genf

Der Präsident der Abrüstungskonferenz, Henderson» ist am Sonntag aus Paris wieder in Genf eingetrofscn. Die ursprünglich auf heute einberufene Vürositzung der Ab­rüstungskonferenz ist bisher noch nicht verschoben worden. Man nimmt daher an, baß das Büro heute zu einer kur­zen Sitzung zusammentreten wird, in der über die Ver tagung der Bürositzung beraten werden soll. Das Bürr wird sich voraussichtlich bis Ende Oktober vertagen, da de, große Abrüstungs- und Sicherheitsplan der französischer Regierung erst Ende des Monats fertig ist und sodann dem Büro der Konferenz vorgelcgt werden soll.

Henderson hatte am Samstagabend in Paris eine fast einstündige Unterredung mit Herriot.

Japans Antwort an den Völkerbund

TU Tokio» 10. Okt. Wie halbamtlich mitgcteilt wird, ist die japanische Antwort auf den Lytk-wrricht bereits fertiz- gestcllt. Sie wird anfangs der Woche vom Kronrat geneh­migt werden. In der Antwort wird darauf hingewiesen, daß Japan nicht daran denke, von den Grund­sätzen seiner Politik in der Mandschurei ab- zuweichen. Die japanische Negierung sei bereit, die vo"e Verantwortung für die Lage im fernen Osten zu überneh­men.

General Muto brachte der mandschurischen Negierung zur Kenntnis, baß die japanische Regierung unter den ge­genwärtigen politischen Umständen beschlossen habe, die ja­panischen Truppen bis 1. Januar 1034 in der Mandschurei zu belassen.