Württembergischer Landtag

Aus den Lanoiags-Ausschüsse«.

Der Finanzausschuß befaßt« sich mit Eingaben Len Poli- ,eibeamten Württembergs, betreffend Unterbringung von Bersorguugsanwärtern im Staatsdienst und des Reichsver­bands der Zivildtenstbe recht, gten betreffend Ge­währung von Unterstützungen an ehemalige Angehörige der Schutzpolizei. Wie Ministerialrat Beutel mitteilte, erhielten von 463 Anwärtern der Schutzpolizei 321 Beschäftigung. Von den 134 ohne Beschäftigung sind 123 noch im Genuß der Uebergangsgebühren. Nur 7 waren ohne Versorgung. Die Uebergangsgebühren betragen im ersten Jahr monatlich ISO, im zweiten Jahr 125 und im dritten Jahr 100 Mark. Mini­sterialrat Kiefer beziffert die Zahl der Versorgungsanwärter in Württemberg mit Stellenanrecht auf rund 1000. Nach län­gerer Aussprache wurden die Eingaben der Regierung zur Erwägung übergeben.

Ein Antrag Dr. Wider (Dn.) verlangt, aus der gesamten Wohnungszwangswirtschaft die Wohnungen mit einer Friedensmiete von 500 Mark herauszunehmen und die Wohnungsämter in Württemberg aufzuheben. Präsident Dr. Aichele erklärt, daß zu den Städten, die noch dem Woh- nungsmangelgesetz unterliegen, nur noch Stuttgart und Um­gebung, Eßlingen und Heilbronn gehören. Ab 1. April 1933 fällt das Wohnungsmangelgesetz. Abg. Pflüger lSoz.) er­klärt den Antrag Wider praktisch als größtenteils überholt. Der Antrag Wider wird in Ziffer 1 angenommen, ebenso ein weiterer Antrag Wider, für Hausbesitzer verbilligte Kre­dite für Umbauten zur Verfügung zu stellen. Angenom­men wurde auch ein Antrag Pflüger lSoz.) die Eingaben des Landesverbands der Mietervereine der Negierung in dem Sinne zur Berücksichtigung zu übergeben, daß der Landeskreditanstalt aus dem Ertrag der Gebäudeentschul- -ungssteuer Mittel zur Förderung des Wohnungsbaus in angemessener Höhe wieder zur Verfügung gestellt werden.

Der Finanzausschuß des Landtages besichtigte in den Ausstellungshallen bei der Gewerbehalle die jetzt der Öffent­lichkeit zugänglich gemachten Entwürfe der Preisträger bet dem staatlichen Wettbewerb für den Wiederaufbau des Al­ten Schlosses.

Der Vcrwaltnngs- und Wirtschaftsausschuß behandelte eine Reihe von Eingaben. Die Regierung teilte mit, daß dieVollzugsverfllgung zur Gemeinbe- orbnung nunmehr endgültig fcrtiggestellt sei. Dem Wunsch der Stadt Stuttgart bctr. Einführung einer Alters­grenze für städtische Beamte will die Regierung entgegen- kommen. Ein Antrag Murr lNS-1, dem Staatsanzeiger öle Aufnahme von Anzeigen von Warenhäusern und Einheits­preisgeschäften zu verbieten, den Gemeinden den Beitritt zu Konsumvereinen und den Staatsbehörden Len Einkauf von Waren bei Warenhäusern und Konsumvereinen zu verbieten, wurde abgelehnt. Angenommen wurde ein Abänderungsan­trag des Berichterstatters Küchle, auf die zuständigen Stel­len einzuwirken, daß auf die Reklame im Rundfunk verzich­tet wirb, mindestens aber die Reklame für Warenhäuser und Einheitspreisgeschäfte unterbleibt. Des weiteren wurde nach Ablehnung eines Antrags Fischer (K.), der die weitere Ver­wendung von Eisenbahnwagen zu Wohnzwecken verbieten wollte, ein Abänderungsantrag Küchle angenommen, im Sinne dieses Antrags nach Möglichkeit auf Ausscheidung der Eisenbahnwagen als Wohngelegenhctt bei Len Gemeinden hinzuwirken.

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Keine politische Betätigung der Geistlichen im Neichstags- wahlkampf.

Der württembergische evangelische Obcrkirchenrat hat in einem Erlaß über die politische Betätigung der Geistlichen in Württemberg an die Geistlichen, gleichviel welcher politischen Richtung sie angehörcn, mit Nachdruck die Aufforderung ge­richtet, daß sie um ihres Amtes willen sich bei der kommenden Neichstagswahl jeder Wahlagitation enthalten, insbesondere in Wahlversammlungen nicht als Vertreter einer Partei auf- treten, Wahlaufrufe und Wahlkunbgebungen, gleichviel wel­cher Partei, nicht unterzeichnen, Werbungen für eine Partei in der Presse unterlassen. Der Oberkirchenrat spricht die be­stimmte Erwartung ans, daß die Geistlichen mit Rücksicht auf die Zeitlage, wie auf ihre Verpflichtung, allen Gemcindeglie- Lern ohne Unterschied der Partei zu dienen, dieser Aufforde­rung gewissenhaft Folge leisten.

Aus Stadt und Land

Calw, den 6. Oktober 1932.

Brief aus Simmozhcim.

Nach fast 40jühriger Tätigkeit an der Kleinkinder- schule ist Kindcrschwester Luise zum 1. Oktober in den wohlverdienten Ruhestand getreten. Die Schuljugend ehrte die Scheibende Lurch einen Fackelzug und, unterstützt vom Gemischten Chor, durch ein wohlgclungenes Stündchen vor der Kinderschule. Bürgermeister Fischer sprach Schwester r?.» Dank der Gemeinde für ihre treue Pflichterfül- "'^renb Pfarrer Held den herzlichen Dank der '9emeinde Wunsch auf einen vieljährigen.

sonnigen Ruhestand übermittelte. In treffenden Worten schilderte hierbei letzterer die vielseitige Berufsaufgabe einer Kinderlehrerin und anerkannte besonders die auf­opfernde Liebe zu den Kleinen, die Schwester Luise fast 40 Jahre lang in überaus reichem Maße bezeigt hatte. Als Vertreter der Schule gedachte zuletzt Hauptlehrer Wtes- meyer mit Dankesworten der von der Scheidenden gelei­steten Pionierarbeit. Die Abschiedsfeier war von alt und jung zahlreich besucht und legte in schöner Weise Zeugnis von der herzlichen Verbundenheit der Einwohnerschaft mit ihrer Kindcrschwester ab. Alle wünschen der Scheidenden, daß ihr ein schöner Lebensabend zuteil werden und sie Sim­mozhcim, den langjährigen Ort ihres Wirkens, immer in gutem Andenken behalten möge. Ein eigenartiger Unfall stieß vergangenen Sonntag einer Frau zu, die' mit dem Fahrrad die durch den Wald führende. Straße von Unter- haugstett nach Simmozhcim fuhr. In einer Waldlichtung sprang der Ueberraschten plötzlich ein Rehbock ins Rad, so daß sie glücklicherweise ohne sich zu verletzen zu Bo­den stürzte. Das Tier blieb indessen, mit einem Lauf in den Speichen des Rades eingeklemmt, hängen und mußte von der Fahrerin erst aus seiner unglücklichen Lage be­freit werden. Wieder in Freiheit, verschwand der Nehbock eilig im Walde. Zwei Arbeiter wollten dieser Tage Obst nach Weilderstadt bringen, wozu sie sich eines kleinen vier- räberigen Handwagens bedienten. Einer derselben, ein Wohlfahrtserwerbsloser, setzte sich zu Beginn einer ziemlich scharf abfallenden Straßenstrccke auf bas Gefährt, um, die­ses an der Deichsel lenkend, die Straße herabzufahren. Das Fahrzeug kam auf der glatten Straße aber derart in Schuß, daß der Lenker die Herrschaft darüber verlor und im Stra­ßengraben verunglückte. Bei dem harten Aufprall erlitt der unglückliche Fahrer einen Bruch des Fußes, so daß er sich in ärztliche Behandlung begeben mußte.

Um- und Neubaupläne in Bad Teinach.

Die diesjährige Saison in Bad Teinach ist kaum beendet und schon werden Vorbereitungen getroffen, um die kom­mende Saison noch würdiger zu gestalten als bisher. Großes plant Bad Teinach. Der seitherige Saisonbetricb soll zum ganzjährigen Kurbetrieb umgewandelt werden. Zu diesem Zwecke müssen verschiedene Um- und Neubauten am Bad vorgenommen werden. Es ist, wie wir schon vor einiger Zeit andcuten konnten, beabsichtigt, das seitherige Füllhans der Mineralbrunnen-A.-G. abzubrechen und in dem Garten über der Straße wieder aufzubauen. An Stelle des seitherigen Fttllhauses käme bann eine überdeckte Wan­delhalle, in der ein Musikpavillon eingebaut würbe und die Trinkkur im Winter durchgeführt werden könnte. Das Bad selbst wird mit den modernsten ärztlichen Errungenschaften, wie Inhalatorium, elektrische Lichtbäder und sonstige elek­trische Behandlungsarten, eingerichtet werben.

Eine humoristische Abendveranstaltung findet morgen abend im Bad. Hof in Calw statt. Wie uns mitgeteilt wird, tritt hierbei der kleinste und originellste Hu­morist, Komiker, Solotänzer und Helbentenor mit einem Riesenprogramin und künstlerischen Höchstleistungen auf. Die mannigfachen, äußerst unterhaltenden Darbietungen ver­sprechen einen schönen, heiteren und gemütlichen Abend. lNähcres im Anzeigenteil.)

Wetter für Freitag und Samstag.

Die Kaltluftzufuhr hatte den Aufbau eines schmalen Zwischenhochs über Mitteleuropa zur Folge. Von Island nähert sich jedoch wieder ein Tiefdruckgebiet. Für Freitag und Samstag ist vorwiegend trockenes, aber kühles Wetter zu erwarten.

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SCB. Pforzheim, 5. Okt. Als am Montag abend in der Küche eines Hauses der Auerbachstraße eine Frau auf dem Gasherd Milch kochte, lief diese über und löschte die Gas­flamme aus. Die Frau unterließ es, den Gashahnen zu schließen, so daß die Nacht über Gas ausströmte. Gegen 4.15 Uhr früh betrat der Ehemann mit einer brennenden Kerze die Küche. Das Gas zerknallte. Der Mann erlitt am Kopf und an der rechten Hand Hautverbrennungen. Die eine Ktt- chenwand wurde eingedrückt. Der Gebäudeschaden ist er­heblich.

Altensteig, 5. Okt. Heute Nacht fiel hier der erste starke Reif bei einem Thermometerstand von nur 1^ Grad über Null. Christian Waidelich aus Zwerenberg, der schon 8>L Jahre in Monte Carlo in Argentinien war und sich kürzlich mit Nane Kalmbach, der Tochter des Sternenmirts Kalmbach hier verheiratet hat, ist gestern mit seiner Frau wieder nach Argentinien abgereist.

SCB. Freudcnstadt, 5. Okt. Ein neuerlicher Polarluftein­bruch hat gestern in allen Teilen des Schwarzwaldes einen scharfen Temperaturrückgang zur Folge gehabt. Die tiefsten Temperaturen werden gegenwärtig von den Gipfelhöhen und Vcrgkämmen gemeldet, wo schon am Dienstag früh der Ge­frierpunkt erreicht wurde. In Freudenstadt ging bas Ther­mometer in der vergangenen Nacht bis auf 0,7 Grad unter Null herunter, heute früh um 7 Uhr stand es auf plus 0,2 Grad.

SCB. Neukirch, OA. Nottweil, 5. Okt. Am Samstag mittag war der staatlich angestellte Förster Rieg in seinem RevierVaihinger Wald" damit beschäftigt, junge tannene

letzt mit

8ammeliül6ern

Kulturen durchzureinigen. Sein über die Schulter gehäng­tes Jagdgewehr entlud sich auf ungeklärte Weise und der Schuß ging dem Förster in den Oberarm, welcher buchstäb­lich zerrissen wurde. In schwerverletztem Zustand konnte er sich noch ins Freie schleppen, wo er um Hilfe rief, die ihm auch sofort zuteil wurde. Er wurde alsbald ins Bezirks­krankenhaus übergeführt, wo ihm der Arm abgenommen werden mußte.

SCB. Stuttgart, 5. Okt. Bei der in der vergangenen Woche in Stuttgart stattgefundenen Dienstprüfung zum mittleren württ. Verwaltungsfach beteiligte sich zum ersten Mal seit der Einführung dieser Dienstprüfung als Kan­didatin eine Frau. Die Dame, Frl. Schäfer, Tochter des Stuttgarter Stadtpflegers, ist somit die erste württembcr- gischeVerwaltungsmännin". Es wurde ihr daher bei Er­öffnung der Prüfung seitens der Vertretung des Innen­ministeriums eine besondere Begrüßung zuteil. Wie verlau- tet, beabsichtigt die Dame sich dem Gebiet der Fürsorge in­nerhalb der Jnnenverwaltung zuzuwenden.

Besigheim, 5. Okt. Die sonnigen Tage im August und in der ersten Hälfte des September lassen jetzt schon mit Sicher­heit der Güte nach einen trefflichen Wein erhoffen, der Meng« nach einen halben Herbst,' wenn der Oktober noch sonnige Herbsttage bringt, wird der 1S32er sogar ausgezeichnet wer­ben. Nach den günstigen Regen der letzten Wochen geht nun die Reife der Trauben sehr rasch vor sich.

Kurznachrichlen aus aller Welt

Die Einfuhr ausländischer Weine nach Deutschland ist immer noch sehr erheblich, wenn auch sestgestellt werden kann, daß in dieser Beziehung in den letzten Jahren ein erfreulicher Rückgang zu verzeichnen ist. Denn während in den Jahren 1929 und 1930 noch 60 bzw. 36 Millionen für die Weineinfuhr ins Ausland gingen, betrug die hier­für verausgabte Summe im Vorjahre 27 Millionen Auf der Tagung des Deutschen Bäderverbandes in Bad Kreuznach wurde festgestellt, daß die in diesem Sommer er­teilte Erlaubnis, 700 Mark mit in die Schweiz zu nehmen, ebensowenig einen riesigen Strom Deutscher nach der Schweiz geführt habe, wie der Versuch, die eingefrorenen Schillinge aus Oesterreich durch den Reiseverkehr freizu­machen, viel genutzt habe. Der Verkehr habe längst nicht den erwarteten Umfang erreicht. Zum erstenmal wird Heuer auch im Winter im deutschen Luftverkehr ein Alpen­flug-Personenverkehr .durchgeführt, und zwar auf der Strecke MünchenVenedigNom. Dieser neue Kursflug ist auf die Bemühungen der Süddeutschen Lufthansa zurückzuführen. Sechs führende Vertreter der chinesischen Unterrichtsverwal- tung sind, von Warschau kommend, in Berlin eingetroffen. Sie beabsichtigen, im Verlauf einer dreiwöchigen Studien­reise die deutschen Großstädte zu besuchen, um den Ausbau und die Verwaltung des deutschen Schulwesens zu studie­ren. Die Deutsche Landwirtschaftsgesellschaft hält in die­sem Jahr ihre Herbsttagung erstmalig in Danzig ab. Den Auftakt der Tagung bildeten Arbeitssitzungen zahlreicher Ausschüsse. In Wien starb, 75 Jahre alt, der bekannte Oesterreicher Slatin Pascha, der viele Jahre englischer Gouverneur im Sudan war und hervorragenden Anteil an der Niederwerfung des religiösen Aufstandes des Madht hatte. Während des Weltkrieges war Slatin Leiter des österreichischen Roten Kreuzes. In dem lothringischen Dorf Craincourt wurde ein jugendlicher Raubmörder ver­haftet, der zwei Landwirte während des Schlafes ermordet und beraubt hatte. Der Sekretär des Regimentszahl­meisters des französischen 178. Infanterieregiments na­mens Ostermann hat mit der Regimentskasie, die 250 000 Frank fetwa 40 000 Mark) Bargeld enthielt, die Flucht er­griffen. Man nimmt an, daß er sich in Paris aufhält. In der Nähe von Stanislau in Südostgalizien ist infolge falscher Weichenstellung ein Personenzug in einen stehenden Güterzug hineingefahren. 24 Personen wurden leicht ver­letzt Wie die Moskauer Blätter aus Turkestan berichten, wurde im mittelasiatischen Gebiet ein Erdbeben wahrgenom- mcn. Die Erschütterungen wurden sowohl in Samarkand wie in Taschkent verspürt. Mehrere Häuser sind eingestürzt, andere haben starke Risse erhalten.

Geld-, Volks- und Landwirtschaft

Börse

SCB. Stuttgart, 5. Okt. Die Börse hatte auch heute stilles Geschäft, doch waren die Kurse am Aktienmarkt gebessert. Am Rentenmarkt blieb die Stimmung freundlich.

LC. Berliner Produktenbörse vom S. Oktober.

Weizen märk. 203205/ Roggen märk. 156158/ Brau­gerste 174184/ Futter- und Jndustriegerste 167173/ Hafer märk. 135140/ Weizenmehl 25,5029/ Noggenmchl 20.25 bis 22,75/ Wetzenklete 9,40-9,75/ Roggenkleie 8,408,80/ Viktoriaerbsen 2225/ Futtererbscn 1417/ Wicken 1720/ Leinkuchen 10.3010.50/ Erdnußkuchen 11,50/ Erdnußkuchen­mehl 11.80/ Trockenschnitzel 9,209,50/ Extrahiertes Soya- bohnenschrot 46 Proz. ab Hamburg 10.40/ bto. ab Stettin 11.40. Allgemeine Tendenz: uneinheitlich.

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Die örtlichen Kleinhandelspreise dürfen selbstverständlich nicht an den Börsen- und Großhandelspreisen gemessen werden, da für jene noch die log wirtschaftliche» Verkebrs'osten in Anschlaa kommen Die Schristlta

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