Die Wirlschaftskonferenz von Stresa

In Stresa am Lago Maggiore tagt gegenwärtig eine Wirtschaftskonferenz, deren Hauptprogrammpunkt die Frage des Wiederaufbaus in Mittel- und Osteuropa ist. In diplo­matischen Kreisen wird diese Wirtschaftstagung als eine Fortsetzung der Reparationskonferenz von Lausanne, gleich­zeitig aber auch als eine Ergänzung des zurSanierung Oesterreichs" geschaffenen neuen Anleiheprotokolls bezeich­net. Ueber die Reparationsfragen der östlichen Länder soll in Stresa nicht verhandelt werden, weil sie finanziell nicht so stark ins Gewicht fallen wie deren Ueberschuldung. Da der Rückgang der Devisenvorräte sämtlicher Staatsbanken zu Einschränkungen im Zahlungsverkehr und zur Aufrich­tung neuer Hindernisse im Handel führte, sollen auch die Methoden besprochen werden, die eine Milderung dieses Prozesses herbeiführen könnten. Die Handelsbilanzen sind in Unordnung geraten. Alle Staaten leiden außerdem an einer Finanzkrise, da die wirtschaftlichen Schwierigkeiten einen Rückgang der Bubgetcinnahmen verursachen, dem nur mangelhafte Sparmaßnahmen gegenüberstehen.

Nachdem der frühere Ministerpräsident Tardieu einen eigenen Donauplan entwickelt hatte, der sich auf der ersten Vorbesprechung in London infolge der Widerstände Deutsch­lands und Italiens nicht verwirklichen ließ, hat Ende April in Innsbruck eine Konferenz der Internationalen Handels­kammern stattgefunden, die den Versuch unternahm, das Donauproblem einer privatwirtschaftlichen Lösung zuzuführen. Der Handel, der auf die Politik der Oststaaten nicht den geringsten Einfluß hat, ist besonders an einem Abbau der Zollschranken interessiert, die im Ver­kehr zwischen den Kleinstaaten eine größere Störung ver­ursachen als im Handel zwischen den Großmächten.

Nachdem die Konferenz von Ottawa den Beschluß faßte, Großbritannien möge die Einführung eines Systems von Vorzugszöllen auf dem europäischen Kontinent verhindern, dürfte die Mission des englischen Vertreters auf der Kon­ferenz in Stresa klargestellt sein. Auch Italien ist gegen Vor­zugszölle zwischen den Kleinstaaten und vertritt die These, daß dem Wirtschaftsleben des Ostens nur geholfen werden könne, wenn einige geographisch günstig gelegene Groß­mächte die Getreideüberschüsse der Balkanstaaten aufnehmen. Während Frankreich, bas noch immer eine Verwirklichung des Tardieu-Planes in einer verbesserten Form erhofft, der Meinung huldigt, es genüge die Einglie­derung Ungarns und Oesterreichs in die Kleine Entente, stehen Ungarn, Polen, Bulgarien und Italien auf dem Standpunkt, jede wirtschaftliche Besserung müsse von einer Hebung der Getreideausfuhr ausgehen. Tatsächlich ist es ein großer Irrtum, wenn Westeuropa von einem Abbau der öst­lichen Zollschranken einen verstärkten Export nach den Do­nauländern erhofft.

Die Wirtschaftskrise des Ostens ist in erster Linie eine gewöhnliche Absatzkrise infolge ständig finkender Kaufkraft. Der Zeitpunkt ist nicht mehr fern, an dem die Höhe der Zölle einen untergeordneten Charakter gewinnt, weil, ähnlich wie es in der Sowjetunion seit Jahren der Fall ist, hinter den Zollschranken überhaupt kein kauf- kräftiger Markt besteht. Die Schwierigkeiten im Zah­lungsverkehr, die verschiedene Transfermoratorien erzwun­gen haben, find nur ein Symptom, daß die Kaufkraft dieser Staaten gegenüber dem Ausland erlahmt. Wer daher die Wirtschaftskrise des Ostens bekämpfen will, muß für einen Wiederaufbau der Kaufkraft sorgen, die nur möglich ist, wenn die Produktion dieser Länder, somit ihre Agrarüber­schüsse, exportiert werden und ihr Erlös zur Stärkung der Devisenvorräte dient. Auch der Staatsschuldendienst steht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit der Exportmenge und der Höhe der Getreidepreise.

Wenn Frankreich, Italien und Großbritannien die Siche­rung des Anleihedienstes und die Förderung ihres indu­striellen Exports erstreben, müssen sie, wie es die faschistische Regierung bereits bei Ungarn getan hat, einen Teil der Ge- treideüberschüffe übernehmen. Es ist zwecklos und bei der heutigen Kreditlage Europas außerdem aussichtslos, die Krise der Donauländer mit kleinen Anleihen oder kurzfri­stigen Krediten bekämpfen zu wollen, die in wenigen Wochen verbraucht find, sondern ein erfolgreicher Austausch der Wa­ren sowie eine Gesundung des Kredit- und Zahlungsver­kehrs können nur erfolgen, wenn den handelspolitischen Wünschen der östlichen Staaten verständnisvoll Rechnung getragen wird. Der Agrarexport bleibt der ein­zige erfolgreiche Hebel, der eine Ankurbelung der Wirtschaft ermöglicht.

Dem französischen Plan nach Einführung beschränkter Vorzugszölle zwischen den Kleinstaaten steht die italienische Forderung nach Vorzugszöllen einschließlich der angrenzen­den Großmächte gegenüber. Frankreich und Großbritannien kommen als Abnehmer der Erzeugnisse der Landwirtschaft Osteuropas nicht in Frage, so daß Deutschland und Italien bei einer solchen Sanierungsmaßnahme die wichtigste Nolle spielen müssen. Schließlich handelt es sich darum, ob diese beiden Staaten dem Getreide Osteuro­pas und der Donauländer den Vorzug vor dem Getreide Kanadas und Südamerikas geben. Jede Bevorzugung führt jedoch zu einer Durchbrechung der Meistbcgünstigungsklau- sel. Während Frankreich den Reichtum der Donauländer heben möchte, indem es die Armut aller Kleinstaaten addiert, um auf Umwegen vielleicht zu einer höheren politischen Ein­heit zu gelangen, liegt die Entscheidung eigentlich in Rom und Berlin. Bisher ist cs nicht gelungen, eine Einigung der Großmächte auf einer gemeinsamen Grundlage zu finden. Erschwerend wirkt auch der Widerstand des Auslanbskapi- tals, das jede Konversion der alten Anleihen und jede Her­absetzung der Zinsen auf einer dem allgemeinen Preisniveau entsprechenden Höhe verhindern möchte.

Es läßt sich noch nicht Überblicken, ob die Konferenz in Stresa genügend vorbereitet ist, um neue und taugliche Wege zu öffnen, die nur in einer Verminderung der Schuldenlast und einer Erleichterung des Agrarexports liegen können. Zum Wiederaufbau der Märkte bedarf es Opfer, Sie bei dem

heutigen Stand der Währungen niemals von den östlichen Ländern, sondern nur von den Großmächten gebracht wer­den können. Es ist selbstverständlich, daß angesichts dieser Sachlage die Konferenz von Stresa nur bann von Erfolg begleitet sein kann, wenn Frankreich die maßgebenden Be­ziehungen der Wirtschaft Deutschlands und Italiens zu den Märkten der Donaulänber entsprechend berücksichtigt.

Der Tardieu-Plan fallen gelassen

Aus Stresa wird gemeldet: Der Vorsitzende der Kon­ferenz, der französische Minister Bonnet, hat Pressevertre­tern gegenüber erklärt, daß der Tardieu-Plan lal­len gelassen sei und die französische Abordnung anderen Vorschlägen entgegensetze. Kurz zuvor hatte Bvnnet auf der Konferenz den Standpunkt Frankreichs folgendermaßen ge­kennzeichnet: Frankreich glaube nicht an die Wirksamkeit ein­zelner Hilfsmaßnahmen für einzelne Staaten, sondern wolle

Unter Leitung der Marine- und Reichswchrstellen wurde an der holsteinisch-mecklenburgischen Ostseeküste eine große Luftschutzübung veranstaltet, in deren Mittelpunkt ein ver­muteter Luftangriff auf die Stadt Kiel stand. Die gesamte Bevölkerung nahm an den Hebungen regsten Anteil. Sobald diefeindlichen Flieger" gesichtet waren, wurde die Stadt

Ostpreußen wird bis auf den letzten Mann verteidigt"

Reichswehrminister General Schleicher sXI während sei­nes aufsehenerregenden Interviews, das er im Verlauf der ostvrcnstiicken Manöver der Prelle aab General Schleicher

erklärte hierbei, daß die Regierung Ostpreußen bis auf den letzten Mann verteidigen werbe und daß Deutschland es sich nicht mehr weiter gefallen lasse, als eine Nation zweiter Klasse behandelt zu werben

Ztalien und die Gleichberechtungsfrage

Die faschistische Presse gibt der deutschen Stellungnahme zur Abrüstungsfrage breiten Raum, ohne jedoch aus ihrer Zurückhaltung herauszutreten. Die Erklärung des Neichs- außenministers wird von einigen Blättern, wie zum Bei­spiel vomPopolo di Roma", als notwendige Klärung gegenüber der alarmierenden Haltung der französischen Presse bezeichnet. Auch die Erklärungen des Neichswchrmini- sters von Schleicher werden stark in den Vordergrund ge­rückt. Der Berliner Berichterstatter desGiornale d'Jtali a" erklärt, die schwierige Frage der Abrüstung oder der Nüftungsangleichung Deutschlands sei plötzlich und t»

und Osteuropa. Aus diesem Grunde wende es sich auch gegen bilaterale Verträge, wenngleich es gewissen Präferrn- zen nicht ablehnend gegenllberstehe. Neben der Forderung auf Abbau der Handelserschwernisse betonte Bonnet die Not­wendigkeit, die Handelsbilanzen der notleidenden Landwirt­schaftsstaaten aktiv zu gestalten, wobei vielleicht auch an die »Schaffung eines Spezialfonbs gedacht werden müsse.

Der italienische Vertreter de Michelis wandte sich gegen einen Gesamtplan und trat für Lösungen von Fall zu Fall unter Berücksichtigung der besonderen Bedingungen der einzelnen Länder ein. Ter wirtschaftliche Wiederaufbau Zentral- und Osteuropas könne nicht getrennt werden von dem Finanzproblem und dem Problem der internationalen Schulden.

Der österreichische Vertreter Dr. Schüler betonte: Die Unterbilanz Oesterreichs sei erschreckend groß. Das stark verschuldete Land könne keine Vorzugszölle bewilligen, die dem Land zu große Opfer auserlesen würden. Gewissen Be­vorzugungen würde jedoch Oesterreich zustimmen. Er denke dabei vor allem an Sondervcreinbarnngen mit Italien, Deutschland und Frankreich.

verdunkelt. Scheinwerfer stammten aus, Sirenen heulten, zuletzt wurde ein Gasangriff inszeniert und die Gegenmaß­nahmen hierfür demonstriert.

Unser Bild: Auf dem Hochstand werben die feindlichen Flieger zuerst gesichtet. Die Entfernung wirb gemessen und der Angriff vorbereitet.

entscheidender Weise von Schleicher aufgerollt worden, der unter Bezugnahme auf die organisierte Scheinheiligkeit von Genf versucht habe, die letzten Fesseln des Versailler Ver­trages zu sprengen. Der erste Schlag habe ohne Zweifel die Lage Deutschlands gebessert.

Deutschland braucht Kolonien

Die wirtschaftliche Bedeutung der ehemaligen deutschen Ko

nie».

Der deutsche Vorstoß in der Wehrfrage ist nur ein Glied in der deutschen Außenpolitik, die auf die endliche Anerken­nung der völligen Gleichberechtigung Deutschlands im Kreise der Großmächte hinausläuft. Als ein anderes wichtiges Glied dieser Außenpolitik müssen die Bestrebungen zur Wiederge­winnung von Kolonialbesitz angesprochen werden. Auch in der Kolonialfrage sind die deutschen Rechtsansprüche bisher von den übrigen Großmächten stets übergangen worden. Un­ter dem Deckmantel von Völkerbundsmandaten haben Eng­land, Frankreich, Belgien und Japan unsere ehemaligen Ko­lonien in Besitz genommen. Deutschland braucht es sich nicht gefallen zu lassen, daß seine Rechte noch länger mit Füßen getreten werden. Wenn sich gegenwärtig eine völlige Rück­gabe sämtlicher ehemaliger deutscher Kolonien nicht durch­setzen ließe, so hätte Deutschland doch zum mindesten das Recht, als Mitgliedstaat des Völkerbundes die Zuweisung eines Teils seines früheren Kolonialbesitzes als Mandatsge­biet vom Völkerbund zu beanspruchen. Diesen Anspruch kann die Reichsregierung um so eher-geltend machen, als führende ausländische Staatsmänner und Wirtschaftspolitiker ihn an­erkannt und uns im Zusammenhang mit der Wirtschaftskrise ihrerseits selbst auf seine Berechtigung hingewiesen haben. Es unterliegt gar keinem Zweifel, daß die Wiedergewinnung kolonialen Besitzes für Deutschland eine wesentliche wirt­schaftliche Erleichterung im Gefolge haben würde. Die wirt­schaftliche Bedeutung der Kolonien als Rohstoffbasis und Sieülungsland kann kaum überschätzt werden. Schon 1913 belief sich die Einfuhr der ehemaligen deutschen Kolonien auf 160 Millionen, die Ausfuhr sogar auf 170 Millionen Mark. Für das Jahr 1914 rechnete man nach den Ergebnissen des ersten Halbjahres bereits mit einer Handelsbilanz von mehr als einer halben Milliarde Mark. An wichtigen Pflanzungen waren im Jahre 1913 vorhanden etiva 40 000 Hektar Kaut­schuk, 42 OM Hektar Kokospalmen, 13 200 Hektar Kakao, 13 OM Hektar Baumwolle, 80M Hektar Oelpalmen, 4800 Hektar Kaf­fee, 2200 Hektar Bananen usw. Der Viehbestand bclich sich auf rund 684 OM Schafe, 816 OM Ziegen und 206 000 stuck Rindvieh. Das war im Jahre 1913. Wenn man bedcn t, daß diese Zahlen durch eine fortschreitende Erschließung der Kolonien noch ganz erheblich erhöht, vielleicht sogar verviel­facht werden könnten, so ist die außerordentliche wirtschaftliche Bedeutung kolonialen Besitzes für bas Mutterland ohne wet. teres einleuchtend.

einen umfassenden Neubau für ganz Mittel-

Die Luftschutzüliimgen in Kiel

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