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Nr. 187
Freitag, den 12. August 1932
Jahrgang 105
Um die Regierungsbildung
Ueberraschende Einschaltung des Zentrums in die Verhandlungen — Bevorstehende Besprechung des Zentrums mit den Nationalsozialisten und den Deutschnationalen
TU. Berlin, 12. Aug. Ucber die Verhandlungen bezüglich der Umbildung der Reichsregierung kann von amtlicher Stelle noch keine Auskunft gegeben werden. Wie bereits bekannt, hat Reichskanzler von Papen am Mittwoch den Führer der Deutschnationalen Volkspartei, Dr. Hugenbcrg, empfangen. Am Donnerstag sprachen die Herren Bolz und Joos vom Zentrum beim Kanzler vor. Eine Unterredung mit dem Führer der NSDAP., Adolf Hitler, ist noch nicht angesctzt, da sich Hitler im Augenblick noch nicht in Berlin befindet. Die Besprechung wird aber voraussichtlich am heutigen Freitag stattfinden. Von zuständiger Stelle wird unterstrichen, daß der Reichspräsident an der Linie, von der aus er die jetzige Regierung berufen hat, unbedingt festhal- tcn wird, d. h. an einer vom Parlament und den Parteien unabhängigen Negierung.
Reichsregierung und Zentrum TU. Berlin, 12. Aug. Von zuständiger Stelle lehnt man eine Stellungnahme zu der Auslassung von Zentrumsseite über den Verlauf der Unterredung des Reichskanzlers mit den Zentrumsführern ab. In unterrichteten Kreisen erklärt man jedoch — falls es einer solchen erneuten Erklärung überhaupt noch bedürfe — daß der hier zum Ausdruck kommende Standpunkt der tatsächlichen innerpolitischen Lage in keiner Weise gerecht werde. Sie laufe demzufolge auch der einzig möglichen Folgerung einer von den Parteien unabhängigen Regierung, die der Reichspräsident aus dieser Situation gezogen habe, stracks zuwider. Was das Reich angehe, so verlange die innerpolitische Lage gerade im Hinblick auf das Ergebnis der Reichstagswahlen gebieterisch die Führung durch eine von der verfassungsmäßigen Initiative des Reichspräsidenten eingesetzten Reichsregierung und es sei Sache der Parteien, ob sie im Reichstag mit dieser Regierung zusammenarbeiten wollen oder nicht.
Joos und Bolz beim Reichskanzler.
TU. Berlin, 12. Aug. Reichskanzler von Papen empfing am Donnerstag nachmittag 17 Uhr die Vertreter des Zentrums, den stellvertretenden Partetvorsitzenden Joos und den württembergischen Staatspräsidenten Bolz, in der Reichskanzlei zu einer etroa einstündigen Aussprache.
Ueber die Stellungnahme der Vertreter des Zentrums wird uns mitgeteilt: „Die Zentrüuisaügeordneten knüpften in der Darstellung ihrer Auffassung über die gegenwärtige Lage an die Forderung an, die seinerzeit nach dem Sturz des Kabinetts Brüning der Vorsitzende der Zcntrumspartei, Prälat Kaas, beim Reichspräsidenten erhoben hat: die sogenannte Totallüsung, d. h. die volle verantwortliche Einbeziehung der damaligen Opposition in die Reichsregierung. Nach Ansicht des Zentrums ergebe sich die Notwendigkeit eines solchen Einbaues durch die Konsequenz des Ergebnisses der letzten Reichstagswahl von selbst. Das Zentrum müsse absolut klare Verantwortung verlangen, dazu gehöre die offene und volle Mitverantwortung der nationalsozialistischen Partei. Es sei selbstverständlich, daß Labei die strikte Eingliederung verfassungsmäßiger Methoden gewährleistet sei und die neue Neichsregierung die Zusammenarbeit mit den Volksvertretungen wollen und pflegen müsse. Alles andere führe notwendigerweise zur Abkehr und Experimenten, die mit der Verfassung nicht mehr zu vereinbaren seien. In diesem Zusammenhang sehe die Zentrumspartei auch die gegen die frühere preußische Regierung ergriffenen Maßnahmen der Reichsregierung und sie müsse es ablehnen, für die Folge auch noch nachträglich die Verantwortung zu über- uchmen. Allein aus dieser Betrachtung ergebe sich bereits die einer weiteren Existenz des gegenwärtigen
'Reichskabinetts, da ihm die Grundlagen und Voraussetzun- aen zu einer vertrauensvollen, gesicherten und erfolgver- ^^enben Arbeit durchaus fehlten. Die Zentrumspartei werde sich positiv verhalten jeder Lösung gegenüber, die unter us> ) utz jeder Parteidiktatur Len beiden Grundgedanken Weges entspreche""°E'chkeit und des verfassungsmäßigen
Besprechung über die Regierungsbildung in Preußen erst am Montag.
12. Aus. Die Besprechung zwischen Vertretern der Nationalsozialisten, der Deutschnationalen Volks-
Vre»k-«"?i k» ^"?u'ns über -ie Regierungsbildung in Preußen, für die ursprünglich der Samstag in Aussicht ge-
erst am Montag nachmittag stattfinden, da »ie Vertreter der DNVP. am Samstag verhindert sind.
Eine Erklärung Hitlers.
^ dlug. Der „Völkische Beobachter' ver- vom 10. August datierte Erklärung Hit- r«s. Durch Sie Presse gehen zurzeit wieder romanhafte Dchlldeoungen über die „Zersplitterung' innerhalb der Füh
rung der nationalsozialistischen Partei und die Opposition, die von einzelnen Führern, wie Dr. Göbbels, Gregor Straffer usw. gegen mich betrieben werden soll. Die Nachrichten sind zu dumm, als daß man sie zu dementieren brauchte. Ich will hier nur bekannt geben, daß ich mich nicht in Berlin in einem neuen „Hauptquartier' in der Badenschen Straße aufhalte, sondern mich feit Beendigung des Wahlkampfes zusammen mit Dr. Göbbels und den anderen Führern der Bewegung in den bayerischen Bergen befinde. Welche Entschlüsse die Partei für die Zukunft getroffen hat, werden die neugierigen Zeitungsschreiber noch früh genug erfahren.
Der „Angriff" fordert erneut die Regierungssuhrung für
Hitler.
TU. Berlin» 12. Aug. Der „Angriff" schreibt am Donnerstag u. a.: Noch einmal sei an dieser Stelle mit aller Schärfe herausgestellt, daß der Nationalsozialismus heute ein Recht darauf hat, die Regierungsführung in die Hand zu nehmen und daß er nicht in der Lage ist, irgend eine Verantwortung zu übernehmen, wenn er nicht den Kurs der Regierung bestimmen kann. Das ist so selbstverständlich und logisch, daß es eigentlich überflüssig sein sollte, es immer wieder zu betonen. Aber bürgerliche Unverschämtheit glaubt noch immer, von uns verlangen zu können, daß wir irgendwelche nebensächlichen Ministerien übernehmen, aber auf die Ne-
Tages-Spiegel
Reichspräsident von Hindenburg hält nach wie vor an einer überparteilichen Regierung fest; er hat die Entscheidung über die Berufung Hitlers zum Reichskanzler noch offen gelaflen, doch ist es mehr als wahrscheinlich, daß Hitler den Reichskanzlerposten übernimmt.
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Der Reichskanzler hatte eine Besprechung mit dem württ. Staatspräsidenten Dr. Bolz und dem Reichstagsabgeordneten Joos.
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In überraschender Weise hat sich das Zentrum in die Verhandlungen über -ie Regierungsumbildung eingeschaltet. Es hat Nationalsozialisten und Dentschnationale zu einer Besprechung eingelckben.
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Das Haager Urteil im Memelprozeß ist für Deutschlands Forderung nicht günstig ansgefallen. Litauens Vorgehe« wnrde größtenteils bestätigt.
Der Aufstand in Spanien Rnhe wiederhergestellt.
ist znsammengebrochen «nd die
gierungsfühicung verzichten sollten. D->s kommt — zum hundertsten Male sei es gesagt — niemals in Frage. Entweder man betraut Adolf Hitler mit der Führung der Regierung, oder die Nationalsozialistische Partei sieht sich genötigt, den schärfsten Kampf gegen die Negierung aufzunehmen. Ein Mittelding gibt es nicht.
Die Entscheidung im Memelstreit
Böttchers Absetzung gebilligt — Die Auflösung des Landtags nicht zu Recht erfolgt
Das Urteil in der Memelklage
TU. Haag, 12. Aug. In öffentlicher Sitzung hat der ständige internationale Gerichtshof unter dem Vorsitz des Präsidenten Guerero am Donnerstag vormittag seine Entscheidung in der Memelklage bekanntgegeben, die zugunsten Litauens ausgefallen ätst. Mit 10 gegen b Stimmen ist der Gerichtshof zu der Entscheidung gekommen, daß
1. der Gouverneur des Memelgebiets das Recht hat, zum Schutze der Interessen des Staates den Präsidenten des Direktoriums entsprechend dem Memelabkommen vom 8. Mai 1924 und der Anlagen bei Vorliegen ernster Handlungen abzusetzen, die geeignet sind, die Souveränität Litauens zu gefährden, sofern keine anderen Mittel vorhanden sind;
2. daß die Absetzung des Präsidenten des Direktoriums an und für sich nicht die Außerkraftsetzung der Funktionen der übrigen Mitglieder des Direktoriums mit sich bringt;
3. daß die Absetzung des Herrn Böttcher als Präsidenten des Direktoriums unter den Umständen, unter denen sie erfolgten, ordnungsgemäß ist. Im
4. Punkt hat der Gerichtshof den von Litauen erhobenen Einwand der Unzuständigkeit für die Entscheidung in den beiden letzten Punkten der Klage abgewiesen.
6. Ferner ist der Gerichtshof zu dem Urteil gekommen, daß die Zusammensetzung des Direktoriums unter dem Vorsitz Simaitis unter den Umständen, unter denen sie erfolgt ist, ordnungsgemäß ist, und
6. daß die am 22. März 1932 erfolgte Auflösung des memelländischen Landtages, nachdem das Direktorium unter dem Vorsitz Simaitis' kein Vertrauensvotum erhalten hatte, nicht ordnungsgemäß ist.
Die Richter de Bustamente Altamira, Schücking und van Eysinga haben zwar den Punkten 4 und 6 des Urteils zugestimmt, jedoch sich dem ganzen Urteil nicht angeschlossen. Das Mitglied des Gerichtshofs Urrutia hat erklärt, daß er sich weder der Begründung, noch der Tendenz d^s Urteils anschließen könnte.
In der Begründung zu dem Punkt 1 wird u. a. ausgeführt, das Gericht sei zu der Ansicht gekommen, daß der Gouverneur des Memelgebiets das Recht haben müsse, die Handlungen der ausführenden autonomen Gewalten im Memelgebiet zu überwachen, um dafür zu sorgen, daß diese Handlungen nicht die Grenzen der Inständigkeit der lokalen Behörden überschreiten.
terschied der Parteien eine begeisterte Vertrauensentschließung angenommen. In ganz Spanien sei die Ordnung vollkommen sichergestellt.
General Sa« Jnrjo verhaftet.
Madrid, 12. Aug. Wie amtlich mitgeteilt wird, ist Genera» San Jurjo festgenommen worden. Vermutlich hatte San Jurjo erkannt, daß er mit demoralisierten Truppen keiner» Kampf wagen könne und sich ergeben. Wie verlautet, ist San Jurjo bereits nach Madrid gebracht worden.
Die Verhaftung des Generals San Jurjo erfolgt« in der Nähe der portugiesischen Grenze. In Ayamonte (Provinz Huelva) wurde das Auto des Generals von einem Schutzmann, der ihn erkannt hatte, angehalten und San Jurjo mitsamt seiner Begleitung widerstandslos festgenommen.
Spanien
TU. Paris, 12. Aug. Wie in amtlichen Kreisen Madrids verlautet, gilt der Aufstand als vollkommen zusammen- geürochen. Die Pariser spanische Botschaft erklärt in einer Verlautbarung, daß die Unruhen keine Unterstützung im Lande gefunden haben. Die republikanische Regierung sei stets von der Zuverlässigkeit des Heeres überzeugt gewesen. Dieses Vertrauen hat die Armee gerechtfertigt. Das Parlament habe die Haltung der Reaicruna und ohne Un
Aus Amerika
Hoovers große Programmrede — Gegen Schnldenstreichung Für Absatzkonzcssion
TU. Washington, 12. Aug. In seiner mit Spannung erwarteten großen Programmrede anläßlich der offiziellen Annahme der Präsidentschaftskandidat»,: sprach sich Präsident Hoover am Donnerstag abend auf der Terrasse des Weißen Hauses für unverminderte Zölle und für Beibehaltung der paritätischen Zollkommissionen aus.
Bezüglich der Kriegsschulden sagte Hoover, er hoffe, daß Fortschritte in der Abrüstung die Steuerzahler in den Schulbnerlänöern entlasten und ihnen helfen würden, die Schulden an Amerika zu bezahlen. Er glaube, daß das amerikanische Volk eine Herabsetzung der Schulden erwäge» würde, falls ihm an Stelle einer bestimmten Jahreszahlung eine angemessene Entschädigung in Form von Absatzkonzesstonen, hauptsächlich für landwirtschaftliche Erzeugnisse, gewährt würben. Auf keinen Fall komme eine Streichun, der Schulden oder eine Abwälzung auf die amerikanischen Steuerzahler in Betracht.
Hoover befürwortete dann, daß Armee und Marine stark genug seien, um einen fremden Einfall zu verhindern. Ihr» Verteidigungsstärke müsse der anderer Nationen angemessen sein und die Abrüstung dürfe nur unter Beibehaltung dieses angemessenen Verhältnisses erfolgen. Außerdem sprach er sich für eine stark verminderte Einwanderung aus.
Vor Ausländsanleihen für unproduktive Zwecke warnte er eindringlich.
Im weiteren Verlauf streifte er den Kellogg-Pakt sowie das Ergebnis von Genf und erinnerte an die Durchführung des Londoner Flottenvertrages ",nb an die Aufrechterhaltung des Friedens durch die „Hoover-Doktrin" gemäß der Rede Stimsons am Montag. Den Beitritt Amerikas zum Haager Schiedsgcrichtshof unter Wahrung der amerikanischen Handlungsfreiheit befürwortete er. Zum Schluß bekannte er sich zu einer Beibehaltung der Prohibition, befürwortete aber in Uebereinstimmung mit dem Chikagoer Parteiprogramm eine Abstimmung tu den Liuselst aa tsa. — ?