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Nr. 159

Amts- unck /lnzeigeblall für äen Oberamlsbezirk Lalw

Montag, den II. Juli 1932

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Jahrgang 105

Der Lausanner Vertrag unterzeichnet

Frankreich ratifiziert erst nach Kriegsschuldenübereinkommen mit Amerika

TU. Lausanne, 11. Juli. Der Vertrag von Lausanne, ln dem das Reparationssystem des Versailler Vertrages und des Nonngplanes endgültig beseitigt wird, ist am Samstag vormittag in der feierlichen Schlußsitzung der Konferenz von sämtlichen beteiligten Mächten unterzeichnet morden.

Nach dem Unterzeichnungsakt hielt Macdonald eine stark politisch gefärbte Schlußrede, in der er besonders un­terstrich, daß sich die Bedingungen der Lausanner Konferenz um so günstiger gestalten werden, je weiter man auf dem Weg der Abrüstung vorwärts komme. Er verurteilte das nunmehr erledigte System der Reparations­zahlungen, das dem besiegten Volk schwere Lasten auf­erlegte, die moralische Abrüstung unmöglich machte, aber auch den anderen Nationen den Beweis liefere, daß Goldzahlun­gen allein zu einer Wiederbelebung der Wirtschaft und zu einer Wiederherstellung der Prosperität nicht führen können. Macdonald setzte sich sehr stark dafür ein, daß die Ab­rüstungskonferenz ein effektives Ergebnis liefere, nicht nur im Sinn einer Herabsetzung, sondern einer wirklichen ünd baldigen Beseitigung der Rüstungen.

Die künftigen Ziele der europäischen Staaten sind gemäß den Ausführungen Macdonalds eine enge Zusammenarbeit auf wirtschaftlichem Gebiet, eine Verständigung in politischer Hinsicht und eine Steigerung der kulturellen Beziehungen. Er sprach deutlich den Gedanken aus, daß in einer engen Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich der Kern des europäischen Wie­derausbaugedankens enthalten sei. Ueber die Schwie­rigkeiten, die er als Konferenzleiter zu überwinden hatte, sprach Macdonald ziemlich wenig. Aber er wies darauf hin, daß in gewissen Augenblicken das Schiss der Konferenz zu stranden schien und daß die Gefahr vorlag, daß alle Anstren­gungen vernichtet werden könnten. Nach Macbonald sprach der französische Ministerpräsident Hcrriot, um sowohl dem Konferenzleiter als auch den an der Konferenz beteilig­ten Mitgliedern den Dank auszusprcchen. Dann wurde die Konferenz geschlossen.

Die deutsche Lausanne-Abordnung wieder in Berlin

Reichskanzler von Papen und die übrigen Mitglieder der deutschen Abordnung für die Lausanner Konferenz trafen am Sonntag um 13.45 Uhr aus Lausanne wieder in Berlin ein. Aus der Mitte einer etwa lOOköpfigen Menge erschollen Hoch- und Bravo-Nufe, als der Kanzler in Begleitung des Reichsinnenministers den Seitcnausgang des Bahnhofes verließ. Das Reichskabinett tritt heute vormittag zusammen, um den Bericht des Reichskanzlers von Papen über Verlauf und Ausgang der Lausanner Verhandlungen entgegenzu­nehmen. Etwa Mitte der Woche wird sich Reichskanzler von Papen nach Neudcck begeben, um dem Reichspräsidenten per­sönlich über Lausanne zu berichten.

Hitler sagt:

Der Vertrag in sechs Monaten nur drei Mark wert!

Im Nahmen eines am Sonntag in Berchtesgaden von -er NSDAP, veranstalteten großen deutschen Tages hielt 'Hitler nach einem Vorbeimarsch von sooo SA. und SS.- Männern und der Hitlerjugend aus Bayern und Oesterreich auf einer großen Wiese vor schätzungsweise 18 000 Menschen eine Rede, in der er einen scharfen Trennungs­strich zwischen der NSDAP, und der Negie­rung von Papen zog. Er kam dabei auch auf den neuen Vertrag von Lausanne zu sprechen. Er erklärte, dieser Ver­trag, der eine Belastung des deutschen Volkes mit 3 Mil­

liarden bringe, werde in 6 Monaten nicht mehr als 3 Mark wert sein.

Frankreich ratifiziert erst nach Schnldenregelung mitAmerika.

Die Auffassung amtlicher französischer Kreise über den Abschluß der Lausanner Konferenz geht dahin, daß Herriot das Maximum erreicht habe. Ma betont, Latz die These von der Achtung vor den Verträge» wieder einmal feierlich bestätigt worden sei. Es sei ferner gelungen, zum ersten Male die enge Verbindung zwischen den Reparationen und interalliierten Schulden offiziell sestzustellen. Man betont außerdem, daß das Lausanner Abkomme« erst nach einer Verständigung der Gläubigermächte mit Amerika ratifiziert werde und -atz deshalb die Abfindung von 3 Milliarden Goldmark nur ei« Provisorinm darstelle.

Bei seiner Ankunft in Paris erklärte Herriot der Presse: Wenn die amerikanische Regierung das Lausanner Abkommen für gut befindet und wenn Wer die Schulden­frage ein befriedigendes Abkommen getroffen werden kann, so wird die in Lausanne getroffen« Reparationsregelung ratifiziert und ihre Früchte tragen. Im anderen Fall« erlangtjeberseine Handlungsfreiheit wieder.

Begeisterter Empfang Macdonalds in London.

Die Ankunft Macdonalds auf dem Victoria-Bahnhof in London gestaltete sich zu einer begeisterten Kundgebung für den englischen Ministerpräsidenten. Als -er Zug einfuhr, wurde Macdonald von einer nach tausenden zählenden Men­schenmenge begrüßt, die ihn mit beglückwünschenden Zurufen umringte. Die Aerzte haben Macdonald wesen der An­strengung der letzten Tage vollständige Ruhe bis Dienstag verordnet. Infolgedessen wird Macdonald erst am Diens­tag im Unterhaus eine Erklärung über Lausanne abgeben. Schatzkanzler CHamverlain erklärte Pressevertretern: Ich komme sehr glücklich zurück. Wir haben einen großen Erfolg gehabt und ich denke, wir können wohl sagen, daß wir das erreicht haben, was wir zu erreichen wünschten. Die Reparationen sind hinweggefegt worben und wir haben nun eine neue Aera begonnen, in der, wie ich hoffe, die alten Zweifel und Verdächtigungen zu verschwinden beginnen wer­den. Unsere Füße stehen nun auf festem Grund und wir können mit Vertrauen vorwärts schreiten, um die Fragen in Angriff zu nehmen, die sich uns noch immer entgegen­stellen."

Keine Aeudernng in der amerikanischen Kriegsschnlden-

politik.

Das Washingtoner Staatsdepartement veröffentlicht fol­gende Erklärung: Die amerikanische Regierung ist erfreut darüber, daß man in Lausanne in der Reparationsfrage einen großen Schritt vorwärts gekommen isnd damit die Sta­bilisierung der Wirtschaftslage wesentlich gefördert habe. I« der Frage der von den europäischen Negierungen in den Ver­einigten Staate« als Kriegsschuld geschuldeten Beträge ist keine Aendernn« in der Haltung der amerikanischen Negie­rung cingetrete«, die mit aller Deutlichkeit in der Erklärung des Präsidenten vom 20. Juni letzten Jahres zur Angelegen­heit des Moratoriums für die von Regierung zu Regierung geschuldeten Beträge dargelegt worden ist.

Der demokratische Senator Groe (Oklahoma) brachte die Anfrage ein, ob die Schuldncrländer der Vereinigten Staaten es vorziehen würden, der amerikanischen Regierung die früheren deutschen Kolonien an Stelle der Kriegsschuldenrückzahlung zu übereignen.

Politische Zusammenstöße im Reich

Ueber das Wochenende haben sich im Reich wieder zahl reiche schwere Zusammenstöße zwischen politischen Gegner, abgespielt. In dem nassauischen Ort Naunheim (Kreil Biedenkopf) wurden Nationalsozialisten, die in die Ortschaf etnzogen, durch einen Steinhagel vertrieben. Die Unterbrin gung Verletzter wurde von den Einwohnern abgelehnt. Ji Hermann st ein wurden bei einer Schlägerei zwischei Nationalsozialisten und Kommunisten 80 Personen, teilweif durch Schüsse, verletzt. In Neustadt a. H. fielen bei einen Propagandamarsch der Nationalsozialisten durch die Stra plötzlich aus dem Fenster einer Wirtschaf «ter Schüße durch die vier Zugteilnehmer zum Teil schwe tungA """de"- Die Polizei verhinderte größere AuSschrei

bera""^ von den Nationalsozialisten in Schmiede Äwere?ö^"^") abgehaltenen Sturmappells kam es zi Möria- Zusammenstößen zwischen Reichsbannerleuten, An s-zialisten ''" Eisernen Front, Kommunisten und National bis Unruhen dauerten etwa von 9 Uhr abends

W Mann An den Schlägereien beteiligten sich etwl

re Straßen, auf denen sich der Kampf abge

spielt hatte, waren stark mit Blut besudelt. Bei zwei von insgesamt 14 verletzten Nationalsozialisten besteht Lebens­gefahr. Von den Reichsbannerleuten wurden 10 verletzt, da­von zwei schwerer.

Bei einem Aufmarsch der NSDAP, im Stadtbezirk Ham­born Hatten politische Gegner in der Sterkradcr- und Schil­lerstraße durch Aufstellen von Mülltonnen Hindernisse auf­gebaut. Beim Durchmarsch des Zuges wurde die Polizei­sicherung an der Spitze an der Sterkradcr- und Heinestraße aus den Häusern und von den Höfen beschossen. Die Polizei erwiderte das Feuer. Zwei Zugteilnohmer, die beim Ab­räumen der Hindernisse behilflich waren, nmrden durch Schüsse verletzt. Einer von ihnen erhielt einen lebensgefähr­lichen Lungenschuh. Die Polizei mußte wiederholt Ansamm­lungen in den Nebenstraßen, von wo ans bauernd geschossen wurde, zerstreuen und dabei auch von der Schußwaffe Ge­brauch machen. Im Verlaufe der Ausschreitungen erhielten drei nicht am Zuge beteiligte Personen Schußverletzungen seitens der Polizei. Ein Arbeiter erhielt einen lebensgefähr­lichen Lungenschutz, ein anderer Arbeiter gleichfalls einen lebensgefährlichen Lungenschub und ein dritter Arbeiter einen Beckenfchuhj letzterer schwebt in Lebensgefahr.

Bei Zusammenstößen in Bremen wurde ein Polizei-

Tages-Spiegel

Der Lausanner Vertrag ist von alle« beteiligten Mächte« unterzeichnet worden. Frankreich wird ihn jedoch nur ratifizieren, wenn ein Uebereinkommen mit Amerika in -er Kriegsschnldenfragc erzielt ist.

*

Reichskanzler v. Papen ist mit der deutschen Delegation gestern mittag in Berlin eingetrosfen. Er wird hente de« Reichskabinett über Lausanne Bericht erstatten.

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Im Reich haben sich über Samstag und Sonntag wieder schwere politische Zusammenstöße ereignet. Die Zahl der Todesopfer ist antzerordentlich groß.

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Mit einer schlichten, eindrucksvollen Feier ist -er deutsche Stndentenfriedhof von Langemarck am Sonntag mittag der deutschen Studentenschaft übergeben worden.

*

Einem Eisenbahnunglück ans der Strecke Konstantinopcl Angora sind SO Menschen zum Opfer gefallen.

beamter getötet. In Eckernförde wurde von SA.-Lcu- ten ein Reichsbannermann getötet: ein S.A.-Mann erhielt eine schwere Verletzung. Bei einem S.A.-Aufmarsch in Ohlau muhte die Reichswehr eingreifen, um kommunistische Ueberfälle abzuwehren. Zwei S.A.-Leute wurden getötet) die Zahl der Verletzten beträgt 30. Die Reichswehr schoß einen Reichsbannermann an, weil er auf Anruf nicht stehen blieb. Beuthener Nationalsozialisten schoflen auf der Fahrt durch Hindenburg aus einem Lastwagen auf politische Geg­ner. Zwei junge Leute wurden durch die Schüße schwer ver­letzt. _

tzochwasserkataslrophe in Bayern

TU. München, 11. Juli. Der andauernde Regen hat wie­der schweren Schaden angerichtet. Bereits am Samstag wa­ren aus dem bayrischen Allgäu in der Gegend von Kemp­ten und Memmingen schwere lokale Ueberschwemmun- gen infolge des mehr als dreistündigen Dauer- re ge ns gemeldet worden. In Bad Tölz drangen im Stadt­teil Gries die Waflermengen in die Häuser ein. Das Wasser stand strichweise bis zu einem Meter hoch in den Wohnun­gen, so daß die Häuser da und dort von den Bewohnern ge­räumt werden mutzten. Die zu reihenden Strömen gewor­denen kleinen Bäche rissen große Mengen Bretter, meter­hohes Erdreich usw. fort. Da die Wasserflut bei Nacht aus­brach, wurde der Schrecken der betroffenen Einwohnerschaft noch erheblich gesteigert. Auch in der Gegend von Rosen­heim hat sich wieder eine schwere Wetterkatastrophe ereig- net. In einer Länge von mehr als 8 Klm. setzten sich in den Abendstunden des Samstag und um Mitternacht zum Sonn­tag nach gewaltigen Regengüssen die SO Meter hohen Dämme Ser Jnnleite bei Leonhardpfunzen in Bewegung. Tausende von Kubikmetern Erdreich stürzten in die Tiefe, Bäume und Strauchwerk mit sich reißend.

Schwere Unglücksfälle in der Reichshauptstadt

Dampfkeflelexpkoston ans Berliner Ansflngsdampfer

TU. Berlin, ii. Juli. Dm Sonntag vormittag gegen 9 Uhr ereignete sich aus einem Ausflugsdampser der Reederei Roloff am Charlottenburger Ufer ein schweres Unglück. Auf dem Dampfer, der an der Caprivi-Brücke angelegt hatte, um Fatzrgäste für eine Fahrt nach den Havelseen aufzunehmen, explodierte aus noch unbekannter Ursache der Dampfkessel. Bon den an Bord befindlichen 90 Ausflügler» wurden 36 verletzt, darunter 14 schwer. Bei den Verletzungen Handelt es sich größtenteils um Verbrühungen. Der Heizer trug so schwere Verwundungen davon, Saß er bald nach seiner Ueber- sührung ins Krankenhaus verstarb. Von de» Schwerverletz­ten sind inzwischen noch drei verschieden: mehrere schweben noch in Lebensgefahr.

Polizeiauto rast in einen Straßenbahnwagen.

Am Samstag abend ereignete sich im Südosten Berlins ein schwerer Verkehrsunfall, bei dem zahlreiche Personen zum Teil sehr schwer verletzt wurden, darunter eine ganze Anzahl von Kindern, die aus Treptow von einem Ferienaufenthalt zurückkehrten. Ein großer Ueberfallwagen der Polizei, der von der Lustgartenkundgebung der National­sozialisten zurückkchrte, raste in voller Fahrt auf einen Stra­ßenbahnzug der Linie 3, der aus Treptow kam, auf. Der Zusammenstoß war so stark, baß der Ueberfallwagen stark be­schädigt und ein Straßenbahnwagen in der Mitte -urchge- knickt und aus den Schienen gehoben wurde. Der Verkehr an der Unglücksstelle war eine Stunde lang gesperrt. Meh­rere Löschzüge -er Feuerwehr waren beschäftigt, die beschä­digten Fahrzeuge aus dem Wege z« räumen. Wie verlautet, sollen sechs Personen schwer und 10 leicht verletzt worden fein.