Die Zollpolitik des Kakmetts v. Papen

Kür landwirtschaftliche Selbstversorgung

Dresden, 24. Juni. Auf dem Deutschen Landwirt­schaftlichen Genossenschaftstag hielt der Reichsernährungs­minister Freiherr v. Braun eine Rede, in der er zunächst die Bedeutung des Genoffenschaftswesens unterstrich und dann u. a. ansführte: Ich habe Maßnahmen getroffen, die die Verwendung von ausländischem Brotgetreide auf bas geringste Maß beschränken. Auf eine weitere Einfuhr zu­sätzlicher Weizen- und Roggenmengen kann verzichtet wer­den. Von der Warenseite her werde ich das Austauschaus­fuhrverfahren für Weizen und Roggen in den nächsten Ta­gen in Kraft setzen. Uebermäßige Futtergetreiöe-Einfuhr muß verhindert werden. Getreidemengen, die eingelagert oder ausgeführt werden, werden im großen Umfange be­vorschußt oder beliehen werden.

Die Vertragszölle für Rindfleisch, die niedrigen Zölle insbesondere für Speck und Schmalz verhindern eine für die Landwirtschaft erträgliche Preisbildung. ... Es ist not­wendig, möglichst bald zu anderen Zollsätzen zu kommen, die uns auf dem Vieh- und Feischgebiet im ausreichenden Maße vom Weltmarkt unabhängig ma­chen. Trotz Neuregelung des Butterzolls sind noch immer starke Einfuhren vorhanden. Ziel muß sein, von diesen Weltmarktverflechtungen freizukommen und durch Verbes­serung von Erzeugung und Absatz den Beweis zu erbrin­gen, daß wir uns auch auf diesem Gebiet in der Hauptsache selbst versorgen können. Eine wirkliche Hilfe kann der Ver­edelungswirtschaft nur dadurch werden, baß grundsätzlich andere Wege in der Wirtschaftspolitik eingeschlagen wer­ben. Die Reichsregierung ist entschlossen, mitzuhelfen, daß die Genossenschaften gesund bleiben.

Schlußstrich unter die Rechnung des Krieges!

Bon Pape« vor der deutschen Kolonie in Lausanne

Bei einem Empfang, den die deutsche Kolonie in Lau­sanne zu Ehren der deutschen Delegation veranstaltete, führte der Reichskanzler von Papen u. a. aus:

Die Staatsmänner Europas sind in Lausanne zusammen­gekommen, um ihre Völker von dem ungeheuren Druck zu befreien, der fast jede wirtschaftliche Tätigkeit zum Erliegen gebracht hat. Diese Konferenz darf nicht mit Resolutionen schließen, die der Welt nur den Frie­den versprechen; diese Konferenz muß der Welt endgültig den Frieden zurückgeben. Es geht hier in Lausanne nicht darum, die Ursachen zu suchen, die die Weltwirtschaft in Un­ordnung gebracht haben; diese sind zur Genüge bekannt und von allen Sachverständigen der Welt überzeugend und über­einstimmend oft genug bargelegt worden. Heute gilt es, die bereits erkannten Fehlerquellen zu beseitigen. Die Zeit der halben Maßnahmen ist vorbei. Die Völker Europas und der Welt wollen Taten sehen.

Ich kann nicht daran glauben, daß die Welt zu solcher positiven Arbeit noch nicht reif ist. Die Geißel der Ar­beit s l o s i g ke t t lastet schwer auf Deutschland. Die Hoff­nung der Jugend ist fast geschwunden. Das wirtschaftliche Leben gleicht einem Kirchhof. Mehr noch als dieses mate­rielle Elend lastet auf uns das niederörückenöe Bewußtsein, zu einer Nation minderen Rechts degradiert zu sein. Kann man sich wundern, daß ein Volk mit einer solch stolzen Geschichte, wie die unsrige, sich in allen Fasern seines Herzens gegen einen Zustand ausbäumt, der sein see­lisches Gleichgewicht in den empfindlichsten Stellen zerstören muß. Die Welt darf sich weder darüber täuschen, daß bas Materielle Unglück, unter dem Deutschland so besonders lei­det, nicht an den Grenzen seines Landes Halt macht, noch auch darüber, daß die seelische Spannung Gegenwirkungen erzeugen muß, die das soziale Gleichgewicht Euro­pas auf das ernsteste bedrohen.

Die Frage nach dem Ausweg aus der Wirtschaftskrise ist einfach zu beantworten. Man muß sich entschließen, endlich einen endgültigen Strich unter die tragische Rechnung des Krieges zu machen. Das allein ist im­stande, der Welt bas Vertrauen wiederzugeben, das Vertrauen, dessen sie bedarf, um das seelische und materielle Gleichgewicht wieder zu finden. Aus den Schultern der hier versammelten Staatsmänner ruht eine ungeheureVer- antwortung. Ich habe den festen Glauben, daß sie, frei von voreingenommener öffentlichen Meinung, sich der Größe des geschichtlichen Augenblicks bewußt sein werden und Lö­sungen finden, die der Gesamtlage Europas Rechnung tragen. _

Wir und Frankreich"

Das deutsch-französische Problem beherrscht die Gegen­wart und die nächste Zukunft. Es ist ein heikles Thema, das heute im Brennpunkt des allgemeinen Interesses steht. In einem BucheWir und Frankreich" tritt E. E zech-Joch­berg für eine Verständigung zwischen Deutschland und Frankreich ein. In fesselnder Weise zieht der Verfasser histo­rische Parallelen, schöpft aus dem reichen Vorrat der Ge­schichte der Politik und kommt dabei zu überraschenden Er­gebnissen. Er erklärt, daß angesichts des großen Brandes im Osten Deutsche und Franzosen sich finden müssen, sonst würde Europa sterben. Europa müsse durch Afrika gerettet werden. Nach der Ansicht des Verfassers stellen die Fran­zosen sich die Erfüllung dieses Programms folgender­maßen vor:

Wir werden Afrika mit dem Pfluge der Zivilisation durchpflügen, elektrifizieren, nivellieren. Wir werben die Bänder endloser Betonstraßen in die Wüste werfen, Kanäle bauen, Wasser in die Wüste pumpen und aus den Städten Industriezentren machen. Europa reicht bann bis zum Kongo! Das geht mit deutscher Hilfe! Französisches Kapital, deutsche Industrie, deutsche Arbeiter. Für 20 Jahre kennt man hüben und drüben nicht bas Wort: Arbeitslosigkeit! Die Deutschen sind großzügig! Mit ihnen ist das Pro­jekt öurchzuführen."

Weiter wirft der Verfasser die Frage auf:Wozu die Europüisierung Afrikas?" und beantwortet sie sogleich da­hin:Um dem längst sterilen Mutterlande Frankreich den nötigen Blutzuschuß zu geben? Nein, es geht um anderes. KolonialfrankreiH sieht die Zukunft genau voraus. Frank­reich weiß, daß die Tage der Kolonisation nach britischem Muster vorüber sind. Die Völker werden mündig. Es sieht noch weiter: Das englische Kolonialreich wird zusammen­brechen. In das entstehende Vakuum muß eine starke euro­päische Mächtegruppe eintreten, soll die Stellung Europas in der Welt gerettet werden! Diese Mächtegruppe kann nur sei«: Frankreich und Deutschland. Vielleicht, so sagen diese Franzosen, retten wir damit auch noch einen Teil unserer Kolonien, nämlich das schon europäische Afrika. Man knabbert an einer Erinnerung herum. Wie hatte doch gleich der Intimus Napoleons III. einmal gesagt:Preußen (es gab ja noch kein Preußen-Deutschland) ist berufen, die Lücke auszufüllen, die durch bas Ausscheiden Englands ent­steht!" Damals meinte man allerdings das Ausscheiden Eng­lands durch sein Desinteressement an kontinentalen Vor­gängen, heute hingegen das Aufhören als Kolonial- und Großmacht!"

Bnrrikaden in Berlin

In Berlin-Moabit kam es zu schweren politischen Aus­schreitungen. An verschiedenen Punkten Moabits errichteten Kommunisten Barrikaden, um das Eindringen der Polizei in die von ihnen besetzten Straßen zu verhindern. Hier sehen wir eine von Kommunisten errichtete Barrikade, zu deren Herstellung die Aufrührer Straßenpflaster benutzten.

Wie lange noch überbesoldeie Volksvertreter?

Aus unserem Leserkreis erhalten wir folgende Zuschrift: Es ist kein Wunder, wenn man heute immer und immer wieder den Ruf hört, die Volksvertreter, die Reichs- und Landtagsabgeordneten, seien überbesoldet durch die hohen Jahres- und Sitzungsgelder, die sie beziehen. Zweifellos besteht ein großes Mißverständnis zwischen ihrerLeistung" und ihrer Bezahlung. Aber das Volk sollte eher eine höhere Leistung als eine geringere Bezahlung fordern. Würben die Abgeordneten wirklich ihre volle Kraft dem Bolkswohl wid­men, bann wäre die Entschädigung nicht zu hoch, sondern das Geld durchaus rentabel angelegt. Für sinnlose Demon­strationen, für Schlägereien und für unerfüllbare Agita­tionsanträge ist freilich jeder Pfennig zu schade. Würden die Abgeordneten dagegen sich bemühen, Einblick in das Leven des Volkes, jedes Standes (nicht bloß des eigenen», jeder Schicht, jeder Gegend zu gewinnen, alle Vorschläge, die ge­macht werden, zu prüfen und im großen und im kleinen zu bessern und zu helfen und auszugleichen, bann könnte jeder das Gefühl haben: Sie haben's verdient und wenden es nützlich an. Freilich muß sich hier das Volk vielleicht selbst einen Vorwurf machen. In die Hand des Volkes ist es ja gelegt, die richtigen Leute auszusuchen, die diesem Ideal entsprechen. Das Volk muß sich vor der Wahl fragen: Was wird der Abgeordnete tun, den ich zu wählen beabsichtige? Wird er bald einen sinnlosen Antrag, bald einen Zwischen­ruf anbringen und sonst nichts, oder wird er in stiller Arbeit (die meist in den Ausschüssen geschieht) für mich und alle Volksgenossen sorgen? Besitzt er überhaupt die Gaben dazu? Würde sich unser Volk solche Fragen vorlegen, bann könnte manch einer nicht auf den Vorschlagslisten der Parteien stehen; dann würde es aber auch in unfern Parlamenten und im ganzen Volk anders aussehen.

Kleine politische Nachrichten

Rathenan-Gedenkseier. Am 10jährigen Todestage des ehemaligen Reichsaußenministers Walter Rathenau fand auf Veranlassung der Reichsregierung im Walter Nathenau- Haus im Grunewald eine Erinnerungsfeier statt.

Tagung der nationalsozialistischen Gauleiter. Wie die nat.-soz. Korrespondenz mitteilt, findet am 27. und 28. Juni in München eine Tagung sämtlicher Gauleiter der NSDAP, statt. Die Tagung, zu der auch die Gaupropagandaleiter zu­gezogen werben, dient insbesondere der Vorbereitung des Reichstagswahlkampfes.

Zwei Millionen Mark für die durch Unwetter geschädig­te« preußischen Gebiete. Im Preußischen Landtag fcknd ein Ausschußantrag Annahme» umfassende Hilfsmaßnahmen für

durch Unwetter geschädigte Gebiete in Münsterlanü, km Landkreis Koblenz, in der Umgebung der Stadt Ratingen' bei Düsseldorf, in Nieder- und Oberschlefien und im Kreis ^ Insterburg öurchzuführen. Zur Behebung der dringendsten^ Notstände sollen zunächst zwei Millionen Mark bereitgcstellt' werden.

Abschluß des Handelsvertrags mit Bulgarien. In Sofia wurde nach einmonatigen Verhandlungen der Handelsver­trag zwischen dem Deutschen Reich und Bulgarien unter­zeichnet. Die Laufzeit des Vertrages beträgt ein Jahr. Der Vertrag regelt Eisenbahn- und Schtsfahrtsfragen, das Nie­derlassungsrecht, die Zulassung von Kaufleuten und de« Warenaustausch. Beide Länder haben sich die Meistbegünsti­gung zugesagt.

Kriegsrecht in Chile

TU. Buenos Aires, 24. Juni. Chile wirb durch Revolu­tion und Gegenrevolution in ein vollständiges Chaos ge- stürzt. In den beiden größten Städten des Landes, Santiago und Valparaiso versuchte eine kommunistische Volksmenge die militärischen Arsenale anzugreifen. Gendarmen und Truppenteile hatten größte Mühe, den Angriff zurückzuschla- gen. Sie gaben mehrere Salven auf die Volksmenge ab, wo­bei ein Dutzend Menschen getötet wurden. Die gegenrevolu- tionäre Negierung hat den Kommunismus als außerhalb des Gesetzes erklärt und seine Unterdrückung mit de« schärfsten Mitteln angeorbnet. Zu diesem Zweck ist das Kriegsrecht und der verschärfte Belage­rungszustand über das ganze Land verhängt worben, das heißt, in den Landesteilen, wo die gegenrcvo- lutionäre Regierung die Autorität besitzt. Als Antwort dar­auf haben zahlreiche Gewerkschaften den Generalstreik ausgerufen, der aber noch nicht allgemein durchgeführt wivb.

Politische Kurzmeldungen

Die Neichsregierung verhandelt zur Zeit mit einer Bau- kengruppe unter Führung der Reichskreditgesellschaft über die Diskontierung von 60 Mill. retchsbankbiskontfähi- ger Wechsel für die Finanzierung von Notstandsarbeiten im Straßenbau. Eine fühlbare Arveitsmarktentlastung ist durch diese Straßenbauarbeiten kaum zu erwarten, da nur etwa 26 006 Mann bei einjähriger Beschäftigung eingestellt wer­den dürften. Der preußische Staatsrat hat entsprechend einem Antrag des Verfaffungsausschuffes mit 42 gegen 36 Stimmen der Sozialdemokraten und Kommunisten beschlos­sen, gegen das vom Landtag beschlossene Amnestiegesetz für Vergehen aus wirtschaftlicher Not Einspruch einzulegen. In­folge dieses Einspruches muß jetzt der Landtag das Gesetz mit Zweidrittelmehrheit verabschieden. In einer Kund­gebung der NSDAP, im Berliner Sportpalast lehnte Dr. Göbbels die Papensche Notverordnung, die ungerecht in der Lastenverteilung sei und eine Fortsetzung der Brüningschen Politik mit sich bringe, ab. Die NSDAP, fordere von der Regierung, baß ste Leben und Gesundheit ihrer Parteigenos­sen beschütze. Wenn sie es nicht könne, so solle sie der NSDAP, bas Recht geben, sich selbst zu schützen. Der englische Außenminister Sir John Simon ist nach London gefahren, um dem Kabinett über die Lage in Genf und Lau­sanne zu berichten. Der Goldbestand der Bank von Frank- reich hat erneut um 660 Mill. Franken zugenommen und damit zum ersten Male mit 81643 Mill. Franken den Noten­umlauf von 81018 Mill. überschritten. In Antwerpen kam es zwischen wallonischen Frontkämpfern, die gegenwärtig in Antwerpen ihren Kongreß abhalten, und flämischen Front­kämpfern auf dem Rathausplatz zu einem wütenden Kampf, bet dem Stühle aus anliegenden Gaststätten als Waffen dienten. Der Papst empfing etwa 400 Teilnehmer des internationalen Bäckereikongretz, der gegenwärtig in Rom tagt, darunter zahlreiche Deutsche.

Aus aller Welt

KamilteutragSdie aus dem Bodens««

Eine rätselhafte Gonbelfahrt machte -er 37 Jahre alte Bäckermeister Josef Traubenkraut aus Mayen im Rhein­land mit seiner um 6 Jahre älteren, erst in diesem Jahre geheirateten zweite» Frau. Sie nahmen zuvor im Walöhaus Jakob bei Konstanz ein Mittagsmahl ein, verproviantierten sich mit je einer Flasche Kirsch, Kognak und Sekt, mieteten bei einem Bootsvermieter eine Gondel und fuhren in de» See hinaus, ohne wiederzukehren. In der Morgenfrühe des übernächsten Tages kam der Ehemann, bis auf die Haut durchnäßt, am Zoll bei Gottlieben an und frug Grenzposten nach einer Unterkunftsmöglichkeit. Er erzählte, daß er und seine Frau, etwa um 3 Uhr, als der Alkohol genossen war, sich auf eine Gonöelseite gelegt haben, bis bas Boot umge­kippt sei. Die vorher gefaßte Absicht sei gewesen, gemeinsam in den Tod zu gehen. Bon diesem Moment an wisse er sich an nichts mehr zu erinnern. Er sei auf dem Kiel der um­gekehrt auf dem Wasser treibenden Gondel erst gegen Mor­gengrauen im Schilf wieder zu sich gekommen. Wo seine Ehefrau hingekommen sei, wisse er nicht, ste werde wohl er-

iken sein.

SprenSstofsanschlag auf eine Lehrerwohnung

luf das Haus des Lehrers Gerken in dem Dorfe Osteel eis Hamburg) wurde nachts ein Sprengstofsanschlag ver- und zwar warfen die Täter, nachdem sie eine Fenster­te zertrümmert hatten, einen Sprengkörper in das imer. Er explodierte und richtete in dem Raum an beln und Wänden erheblichen Schaden an. Ein Brand, infolge der Explosion ausbrach, konnte gelöscht werden, sonen sind nicht zu Schaden gekommen. Die Täter kann- unerkannt entkomme«. Die Motive der Tat 1 stg noch unklar.