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verantwort!. Lchristleitung: Frieckrich Hans Scheel« Druck unä Verlag äer A. Oelschläger'fchen vuchäruckerei
Samstag, den 25. Juni 1932
Jahrgang 105
Deutsch-französische Sondewerhandlungen
' Frankreich gibt in Lausanne nicht nach — Der Reichskanzler heute in Berlin
TU Lausanne, 26. Juni. Die erste große gemeinsame Besprechung zwischen der deutschen und der französischen Regierung auf der Tributkonferenz hat gestern vormittag mit einem Besuch des Reichskanzlers von Papen bei dem französischen Ministerpräsidenten Herr iot im Palace- Hotel begonnen. Anschließend fand eine gemeinsame Sitzung der deutschen und der französischen Abordnung statt. Die Sitzung war ausschließlich mit einem großen Bericht des R e i chsfi n a n z m i n l st e r s Graf Schwerin Krosigk Liber die Finanz- und Wirtschaftslage Deutschlands angefullt. Keiner von den übrigen deutschen oder französischen Ministern hat bas Wort ergriffen. Eine zweite gemeinsame Sitzung der deutschen und französischen Minister, die um halb 8 Uhr begonnen hatte, wurde um halb 8 Uhr abgeschlossen. Ueber den Verlauf der Sitzung wurde folgende amtliche Verlautbarung herausgegeben:
»Die deutschen und französischen Verhandlungen sind am Freitag nachmittag weiter fortgesetzt worden mit einem Be- ,icht^Lesf^anzösischenFinanzministe^sGer- nrain Martin. Hieran hat sich ein Gedankenaustausch angeschlosscn, der von dem gleichen Wunsch beider Seiten getragen wurde, gründlich alle Elemente des gestellten Problems zu prüfen. Die nächste gemeinsame deutsch-französische Sitzung ist auf Montag nachm, halb 5 Uhr festgesetzt worden. Es ist vereinbart worden, daß jetzt unverzüglich Beratungen -er Finanzsachverständigen der deutschen un- französischen Abordnung stattsinden sollen, di« die Montags- fitzung vorzubereiten haben."
Die Darlegungen -er Finanzminifter Deutschlands «nb Frankreichs
> Ueber die heutigen beiden deutsch-französischen Sitzungen wird von zuständiger deutscher Seite darauf hingewiesen, -atz die Verhandlungen im allgemeinen in freundlichem Geiste geführt worden seien. Sie hätten im wesentlichen aus den Ausführungen der deutschen und französischen Finanzminister bestanden, die die Gesamtlage in der Tributfrage beleuchtet hätten.
Der Reichsfinanz mini st er habe sich in feinen Darlegungen zunächst darauf beschränkt, darzulegen, wie sich die gegenwärtige Lage Deutschlands gegenüber den Feststellungen des Baseler Sachverständigenberichtes vom Dezember 1931 verschlechtert habe. Der Reichsfinanzminister sah sich hierzu durch den Hinweis Herriots veranlaßt, daß der Baseler Sachverständigenbcricht die Grundlage der gesamten Konserenzverhandlnngen bilde. Demgegenüber habe Graf Schwerin Krosigk den Nachweis geführt, daß auf allen Gebieten der Wirtschaft eine wesentliche Verschlechterung in Deutschland einge- treten sei. Insbesondere hätten die in den Notverordnungen vom Dezember und Juni neu festgesetzten Sätze für die Arbeitslosenunterstützung einen Stand erreicht, der Anlaß zu schwersten sozialen Spannungen geben müsse. Der deutsche Finanzminister wies hierbei auf die außerordentliche Notlage der deutschen Arbeitslosen hin.
Der französische Finanzminister ist in seinem Bericht in der Nachmittagssihung nur kurz auf die deutschen
Darlegungen eingcgangen, hat in der Hauptsache die französische Tributthese vertreten, «ach der die gegenwärtige Notlage Deutschlands durchaus anzuerkennen sei, doch würde mit dem Ende der Weltwirtschaftskrise auch die deutsche Krise ein Ende finden, so daß von einem gewissen Zeitpunkt ab die Möglichkeit neuer deutscher Tributzahlungen und des Transfers dieser Zahlungen an die Gläubiger cintreten werde. Ferner würbe nach französischen Auffassungen eine Einigung auf dem Tributgebiet zu einer allgemeinen Erleichterung und Erholung führen, so daß nach einer gewissen Pause eine Wiederaufnahme derdeutschenZahlungeninbeschränktemUm- fangc durchaus möglich sei 0).
Die Verhandlungen sind dann nach kurzer Aussprache auf die Montagssitzung vertagt worden, in der die Hauptfrage der grundsätzlichen Gegensätze zwischen der deutschen und französischen Tribut-Auffassung geklärt werden soll, die darin besteht, baß die französische Regierung weitere Tributzahlungen verlangt, hingegen die deutsche Regierung erklärt, es könne keine weiteren Tributzahlungen mehr geben. Irgendwelche präzise Forderungen find in den beiden Sitzungen von französischer Seite nicht gestellt worden. Die weiteren Verhandlungen werden bis zur Montagsfihung jetzt zwischen den beiderseitige» Finanzsachverständigen geführt werden.
Bon Papen nach Berlin abgereift
Reichskanzler von Papen ist nach Berlin abgereist, wo er heute nachmittag eintrifft. Der Reichskanzler wird dem Reichspräsidenten über die Lausanne! Verhandlungen Bericht erstatten und heute abend wieder nach Lausanne ab- reisen. — Herriot wird am Sonntag morgen in Paris zurückerwartet, wo er seine Ministerkollegen über den Verlauf der Lausanner und Genfer Verhandlungen unterrichten will.
In dentfchen Kreisen besteht der Eindruck, daß die stark geschwächte inuerpolittsche Stellung des Kabinetts Herriot den französischen Ministerpräsidenten zu immer schärferen und radikaleren Forderungen in der Tributsrage treibt. Die deutsche Regierung stößt in den gegenwärtigen Verhandlungen täglich auf neue große Schwierigkeiten, da die französische Regierung nicht das geringste Interesse für die wachsend« Bedrohung der gesamteuropäischen Wirtschaft und die außerordentliche Notlage Deutschlands zeigt und sich jeder Erkenntnis des wahren Ernstes der heutigen Lage verschließt. Die Haltung der englischen Regierung in den letzten Verhandlungen muß als unklar bezeichnet werden. Die englische Regierung hat nach dem ergebnislosen Verlaus ihrer direkten Besprechungen mit Herriot die deutsche Regierung über den Verlaus dieser Besprechungen unterrichtet, jedoch anheimgestellt, durch Zugeständnisse fl) eine Lösung der Tributfrage möglich zu mache». Auf deutscher Seite ist diese Empfehlung eindeutig zurück ge wiesen worden. Die Lage auf der Tributkorrfe- renz spitzt sich immer mehr zu der Frage zu, in welcher Weise wenigstens nach außen hin eine formale Weiterführung der gesamten Verhandlungen möglich ist.
Die Genfer Abrüstungsbesprechungen
Die privaten Abrüstungsbesprechungen der drei Großmächte Amerika, England „nd Frankreich in Genf, über deren Inhalt inzwischen auch Konferenzprüsident Hendcrson amtlich unterrichtet wurde, wurden am Freitag weitergc- führt. Die englische Abordnung wird dabei durch Sir Her- .bert Samuel und Lord London-erry vertreten, da der Außenminister Simon erst Samstag oder Sonntag aus London zurück erwartet wird. Bei diesen Besprechungen wird der Hooverplan vorläufig nicht behandelt, da man dazu erst die Rückkehr Simons abrvarten will. Wie verlautet, sind öie Amerikaner mit der bisherigen Aufnahme ihrer Vorschläge in Genf nicht unzufrieden, da bisher etwa 30 Abordnungen privatim ihre grundsätzliche Zustimmung zum Hoo- haben sollen. M a c S o n a l b war in der letzten Nacht in Genf und hatte hier eine längere Nntcr- e ung mit dem italienischen Außenminister Grandi über den Abrüstungsvorschlag Hoovcrs.
Ein belgischer Vorschlag für den Wiederaufbau Europas
Von amtlicher belgischer Seite wird folgende Verlautbarung veröffentlicht: Die belgische Abordnung hat in «auianne einen Vorschlag mit geivissen Lösungen für den wirtschaftlichen und finanziellen Aufbau Europas überreicht.
brei Teile: 1. Reorganisation gewisser ücut- rnehmungen von öffentlichem Nutzen, die die Sta- - Währung des deutschen Reiches sicher« könnte.'
- «ryast^ng einer internattonalen Kreditorganisation, die ern Mittel- und Osteuropas zn Hilf« kommen
könnte,' 3. Reform der Zollsysteme mit dem Ziel, den Handelsaustausch durch schrittweise Senkung der Einfuhrzölle zu beleben.
Revolution in Siam
Der König «-gesetzt
TU Berlin, 26 .Juni. Die deutsche Fliegerin Marga von Etzdorf hat am Freitag der „Vossischen Zeitung" aus der siamesischen Hauptstadt Bangkok folgende telefonische Mitteilung zugehen lassen: »In Siam ist heute nacht eine Revolution ausgebrochen. Die königliche Familie wurde sefangen genommen und wird im Königspalast als Geisel festgehalten für den Fall, -aß Gewalttaten gegen die Revolutionäre und ihre Führer Vorkommen. Später soll die königliche Familie auf ein Kriegsschiff gebracht werden. Aus den Straßen von Bangkok jubelt man den revolutionären Soldaten und Matrosen zu, die sämtliche Straßenzüge besetzt halten. UcLcrall sind Tanks und Maschinengewehre aufgefahren: die Führung der Revolution liegt offensichtlich in Händen der Bolkspartei, der sich Militärtruppen und Marine angeschloflen haben. Die Gründe für die revolutionäre Bewegung find in dem Niedergang der wirtschaftlichen Verhältnisse des Landes infolge Absehens vom Goldstandard und in der Unzufriedenheit unter der Beamtenschaft und de« Offizieren wegen der eingetretcne« Kürzung der Gehälter zu erblicken. Es ist beabsichtigt, eine verfassungsmäßige Regierung unter Ausschaltung der Prinzenherrschaft zu schaffen. An» Freitag nachmittag wurde die konstitutionelle Monarchie ausgerufen.
Tages-Spiegel
I« Lansaunc «mrden gestern die -entsch-sranzSstsche« So»» -crvcrhandlnngcn ausgenommen. Es zeigte sich hierbei, daß Frankreich auf einer Schlußzahlung besteht. England ev»psichlt -entskhe Zugeständnisse.
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Reichskanzler v. Papen trifft hente in Berlin ein» um dem Reichspräsidenten Bericht zn geben. Der Kanzler reist bereits heute Abend wieder nach Lausanne.
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Der Reichsinnenminister soll ans eine neuerliche nationalsozialistische Beschwerde die Aushebung des Demonstra» tionsvcrbots für das ganze Reich bis Mitte nächster Woche zugesagt haben.
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Der Preußische Landtag setzte anf nationalsozialistischen Antrag, einen Untersuchungsausschuß gegen den Berliner Polizeivizepräsidenten Weiß «in, der beschuldigt wird, Spiclklnbs organisiert zu habe«.
Der englische Minister Baldwi« erklärte im Unterhaus, England tue zur Zeit bedeutend mehr für seine Arbeitslosen als Deutschland, nachdem dieses letzthin äußerst eingreifende Maßnahmen in der Arbeitslosenversicherung durchgeführt habe.
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Im Württ. Landtag kam es gestern wegen des Tragens von Uniformen der nationalsozialistischen Abgeordneten zu sehr lebhaften Auseinandersetzungen, so daß der Landtag drei Sitzungen abhielt.
Hinausschiebung der Länderantworlen
Bayern lehnt die Auffassung der Reichsregierung ab
TU. Berli», 28. Juut. Die Reichsregierung hat, wie gemeldet, die süddeutsche» Länder wissen lassen, daß sie die Antwort ans die vom Reichsinnenminister anf der Länder- konfcreuz vorgebrachten Wünsche erst für Montag abend erwartet. Wie dazu nach der »DAZ." von unterrichteter Seite verlautet, hat es die Bvrdringlichkeit der außenpolitischen Probleme der Reichs re gierung gestattet, den Ländern Gelegenheit zu geben, die verabredete Frist bis zu Eingang der Antworten zu verlängert». Die Kabinettsfitzung am heutige» Samstag wird sich nur mit den Lausanner Vorgängen beschäftigen.
Die BBP.-Korrefpondenz schreibt: Der Konflikt zwischen Bayern und der Reichsregierung beruhe wesentlich darin, daß die bayrische Staatsregierung beim besten Willen sich nicht den politischen Auffassungen der Reichsregierung anschließen könne, daß die Preisgabe der Straße an die uniformierten politischen Verbände der politischen Befriedung dienen würde. Zu diesen politischen Erwägungen komme für die bayrische Regierung noch der Rechtsstanbpunkt hinzu, der es grundsätzlich nicht erlaubt, der Reichsregierung so tiefe, in die Polizeihoheit eingreifende Maßnahmen zuzugestehen. Bei dieser tiefgreifenden politischen und rechtliche» Meinungsverschiedenheit könne man in Berlin nicht erwarten, -aß man in München di« verlangte Anpassung an die politischen Wünsche der Reichsregierung vollziehen werde. Niemand werbe daher überrascht fein können, wenn der bayrische Ministerrat zu einem durchaus ablehnenden Standpunkt gekommen sei. Die bayrische Staatsregieruug werde eS wohl nicht daran fehlen lassen, der Reichsregieruug noch einmal eingehend zu er- klären, warum sie aus verfassungsrechtlichen und politischen Gründen eine andere Haltung nicht einnehmen kann.
Sein Ausnahmezustand in Bayer» geplant
Entgegen einem in Berlin ausgetauchten Gerücht, wonach mit der Verhängung des Ausnahmezustandes in Bayern zu rechnen sei, verlautet von unterrichteter bayrischer Seite, daß eine derartige Maßnahme in Bayern »Acht in Frage komme und nicht geplant sei.
Die täglichen Zusammenstöße
DU Berlin, 28. Juni. Am Freitag aber»- ereigneten sich an verschiedenen Stellen Berlins wiederum Zusammenstöße zwischen politischen Gegner«, die jedoch durchweg leichteren Charakter trugen. So entstand in Charlottenburg ein« Schlägerei zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten, bei der auch Schüsse gewechselt wurden. Ein Nationalsozialist erlitt eine leichte Kopfverletzung, ein Kommunist einen Schuiterschuß. 6 Kommunisten wurden durch die Polizei verhaftet. — Am Knrfürstrndamm wurde bei einem Zusammenstoß zwischen Nationalsozialisten und ReichSvaunerlenten ein Reichsbaunermann leicht verletzt. — Am Norden wurde ei» Nationalsozialist verletzt.