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ilmlr- unä Knzeigeblall für äen Oberamlsbezirk (alw
Nr. 139
Freitag, den 17. 3uni 1932
Bezugspreis:
In ä«rStaät35Soläpfennig« rvöchentlich mit rrägerlohn Post-Bezugspreis 35 6olä- pfennige ohne Bestellgelä
Schluß äer Anzeigenannahme 8 Uhr vormittags
In Zöllen höherer Sewal« besteht kein Anspruch auf Lieferung «ler Seiiung ocker auf Rückzahlung öe» Sezugepreise»
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verantwort!. Schriftleitung: Frieärich Hans Scheele vruck unä Verlag äer A. Oelschläger'schen Bnchärutkerei
Jahrgang 105
Die politische Notverordnung in Kraft
Das Uniformverbot aufgehoben — Gleichstellung aller politischen Perbände Baden und Bayern erlassen Sonderverordnungen
TU. Berlin, 17. Juni. Der Reichspräsident hat gestern an den Reichsminister des Innern Freiherrn von Gayl folgendes Schreiben gerichtet: »Sehr geehrter Herr Reichsminister! Anbei übersende ich Ihnen die von mir vollzogene Berordnnng gegen politische Ansschrei- tnngen zur Veröffentlichung. Ich habe die mir von der Reichsregierung vorgeschlagenen weitgehenden Milderungen der bisherigen Vorschriften in dem Vertrauen darauf vorgenommen, daß -er politische Meinnngstampf in Deutschland sich künftig in ruhigeren Forme« abspielen wird «nd baß Gewalttätigkeiten unterbleiben. Sollte sich diese Erwartung nicht erfüllen, so bin ich entschlossen, mit allen mtrver- sassnngSmätzig -«stehenden Mittel« gegen Ansschreitungen jeder Art vorzngehen. Ich ermächtige Tie, diese meine Willensmeinnng bekannt z« geben."
Di« gestern mittag bekanntgegeben« Verordnung des Reichspräsidenten gegen politische Ausschreitungen tritt an die Stelle der 7 bisherigen Verordnungen, die das sogenannte »Ausschreitungsrecht" regelten. Diese Verordnungen, unter ihnen das Uniformverbot und das SA.- und SS.-Verbot gelten von dem Inkrafttreten der n«uen Verordnung ab, d. h. also von Heiite ab, als aufgehoben.
Der Abschnitt 1 der Verordnung regelt die Frage, wann Versammlungen und Aufzüge verboten werden können. Die Bestimmungen Ler neuen Verordnung entsprechen hier im wesentlichen dem bisherigen Recht. Neu ist, daß Polizeibeaustragte zu Versammlungen zugelassen werden müssen.
Der Abschnitt 2 regelt die Frage, wann periodische Druckschriften Auflagcnachrichten ausnehmcn müssen und mann periodische Druckschriften verboten werden können. Die Vcrbotsgründe entsprechen den bisherigen (Aufreizung zum Ungehorsam gegen Gesetze. Beschimpfung der Organe des Staates, der Behörden und der Religionsgemeinschaften). Neu ist, daß ein Verbot ergehen kann, wenn lebenswichtige Interessen des Staates dadurch gefährdet werden, daß unwahre oder entstellte Tatsachen behauptet oder verbreitet werden. Die Verbotsdauer.darf bei Tageszeitungen in Zukunft 4 Wochen nicht überschreiten. Neu geregelt wird ferner das Beschwerdeversahren, das sehr viel verbessert worben ist. Auflagenachrichten können in Zukunft von Landcsbehürden nur im Einvernehmen mit dem Reichs- tnnenmintster auferlegt werden.
Der Abschnitt 3 regelt die Frage der politischen Verbände neu. Politische Verbände, deren Mitglieder in geschlossener Ordnung öffentlich aufzutreten pflegen, untersteh«« der Aufsicht des Reichsinnenministers, dem sie ihre Satzungen usw. vorzulegen haben. Sie müssen jeder Auslage Nachkommen, die der Reichsminister des Innern zur Sicherung der Staatsautorität für erforderlich hält. Verbände, die einer solchen Verpflichtung nicht Nachkommen, können aufgelöst werden.
Abschnitt 4 enthält eine Reih« von Strafbestimmungen für Verstöße gegen die öffentliche Ruhe und Ordnung. So wird mit mindestens 3 Monaten Gefängnis bestraft, wer eine Schußwaffe unbefugt führt usw. Neu ist, daß Personen in polizeilich« Haft bis zur Dauer von 3 Monaten genommen werden können, wenn es die öffentliche Sicherheit erfordert.
In Abschnitt 6 lSchlußvorschriften) sind eine Reihe von Uebergangsvorschriften enthalten, die das Außerkrafttreten Ler alten Verordnung zum Ausdruck bringen. Endlich wird mit der neuen Notverordnung eine erste Durchführungsverordnung bekanntgegeben, die u. a. bestimmt, daß Aus- lagekundgebnngen nicht mehr als 590 Worte umfassen und daß überschießend« Zeilen bezahlt werden sollen. Ferner wird hier bestimmt, baß vor Erlaß eines Verbotes einer Druckschrift geprüft werden soll, ob nicht eine Verwarnung am Platze ist.
Sonderverordnnngen in Baden und Bayern
Wie amtlich mitgeteilt wird, hat der badische Innenminister mit Rücksicht auf die in Baden gegebenen Verhältnisse entsprechend einer früheren badischen Regelung ein allgemeines Uniformverbot ausgesprochen. Auch daS in Baden bestehende Demonstrationsverbot bleibt durch die Reichsverordnung unberührt. Das Verbot von Geländeübungen ist bis auf weiteres verlängert worden.
Amtlich wird aus München mitgeteilt: Das am 10. Juli 1931 erlassene und durch Anordnung vom 39. März 1932 bis 30. September 1932 verlängerte Verbot von politischen Versammlungen unter freiem Himmel in Bayern einschl. der Aufzüge und Propagandafahrten, gleichviel, ob uniformiert oder nicht uniformiert, bleibt durch die Notverordnung des Reichspräsidenten unberührt. Politische Versammlungen unter freiem Himmel und politische Aufzüge jeder Art sind also nach wie vor im Gebiet des Freistaates Bayern verboten.
Nach der neuen Notverordnung werden nunmehr alle Zuwiderhandlungen gegen die aus Art. 123 Abs. 2 der Reichsverfassung gestützten Anordnungen dieser Art und damit auch Zuwiderhandlungen gegen bas bayerische Aufzugsverbot mit Gefängnis bestraft.
Das Reich wird prüfen
Angesichts der Erklärung der bayrischen Negierung, trotz der gestrigen Reichsnotverordnung für das Tragen von Uniformen bei bestimmten Anlässen noch besondere polizeiliche Vorschriften zu erlassen und des Vorgehens der badischen Regierung, die ein allgemeines Uniformverbot ausgesprochen hat, wird die Reichsregierung, wie der »Lokalanzeiger" erfährt, zunächst genau prüfen, auf Grund welcher landesrechtlichen Bestimmungen die beiden Länder ihre Anordnungen erlassen werden oder haben. Die Reichsregierung werde von dem Ergebnis dieser Prüfung ihre weiteren Maßnahmen abhängig machen.
Die Eröffnung der Lausanner Konferenz
Macdonald fordert die Revision undurchführbarer Verpflichtungen Erste Zusammenkünfte Papens mit Herriot und Macdonald
TU. Lausanne, 17. Juni. Die feierliche Eröffnungssitzung der Lausanner Konferenz fand gestern vormittag im großen Kuppelsaal des Hotels Beau Rivage statt. Die Sitzung begann auf Vorschlag Hcrriots und Grandis mit der einstimmigen WahlMacdonalds zum Präsidenten -er > Konferenz. Die Wahl wurde von der Konferenz mit lebhaftem Beifall ausgenommen. Der Schiveizer Bundespräsi- öent Motta begrüßte hierauf die Konferenzteilnehmer. Ein erfolgloser Ausgang dieser Konferenz bedeute nicht nur einen unermeßlichen Schaden für jede einzelne Nation, sondern einen allgemeinen Zusammenbruch.
Sodann hielt Macdonald in englischer Sprache die Eröffnungsrede. Er führte u. a. aus: Die Konferenz trete unter Sem Schatten einer der schwersten Wirtschaftskrisen zusammen. Die gesamte Weltöffentlichkeit blicke jetzt auf die in Lausanne versammelten Mächte, um einen Ausweg aus einer bisher noch nie erlebten Krise zu finden. Die Zahl der Arbeitslosen betrage heute 2 SMillionen. In den meisten Ländern wachse das Elend und di« Not täglich. Heute spiele eS k«ine Rolle mehr, welche Art von Regierung an Ser Macht sei. Die Staaten seien verarmt. Ein Einzelner könne heute nicht mehr an Len Wiederaufbau denken Sa eine einzelne Macht nicht mehr in der Lage sei, Lern wachsenden Elend standzuhalten. Die jetzt -beginnende
Konferenz habe einen Teil der Ursachen der Wellnot zu behandeln und zwar die finanzielle Erbschaft des Weltkrieges in ihrer Rückwirkung aus die Weltwirtschaft. Di« Konferenz müsse in diesen Fragen zu einer Regelung gelangen.
Macdonald schilderte bann den Verlauf der bisherigen Tributverhandlungcn und betont«, daß ein Zusammenbruch nur verhütet werden könne, wenn dieganze Schnldenfrage bereinigt und damit das Vertrauen wicöerhergestellt werde. Macdonald wies weiter darauf hin, daß die Sachverständigen immer wieder an die Regierungen appelliert hätten, selbst die Verantwortung zu übernehmen und die notwendigen Entscheidungen zur Ucberwindung der Krise zu treffen. Ein sofortiges Abkommen werde eine wohltuendere Wirkung haben als die unvollkommenen und endlosen Verhandlungen. Verzweiflung sei eine Festung, die im Sturm genommen werden müsse. Das Problem der Konferenz sei grundsätzlichen Charakters. Jedoch könnten einmal feierlich übernommene Verpflichtungen nicht durch einseitige Ablehnung beiseite gelassen werden. Dieser Grundsatz sei von niemanden bestritten worden, aber Verpflichtungen, die sich als undurchführbar erwiesen hätten, müßten auf dem Wege des Uebereinkommens revidiert werden. Beide
Tages-Spiegel
Reichspräsident von Hindenbnrg hat am Donnerstag die neue Verordnung gegen politische Ausschreitungen unterzeichnet. Mit Erlaß -er neuen Notverordnnng sind die seitherigen politischen Verordnungen aufgehoden.
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Baden «nd Bayern haben Sonderverordnnngen erlassen, nach denen Uniform- «nd Demonstrationsverbote ansrecht- erhalte« bleibe«.
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Die Lausanner Konferenz wurde gestern mit einer Rede ihres Präsidenten Macdonald eröffnet. Der Reichskanzler hatte erste Aussprachen mit Herriot «nd Macdonald.
Der Oldenbnrgische Landtag hat auf die drei Ministerposten des Landes Nationalsozialisten gewählt. Auch der PräfiK dent des Landtags ist Nationalsozialist.
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In Zürich kam es z« blutigen Kommuniftenkrawalle«. Ei« Demonstrant wnrde durch einen Schuß getötet, zahlreiche andere find schwer verletzt.
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Der repnblikanische Parteikongreß Amerikas hat Hoover wieder als Präsidentschaftskandidaten ausgestellt.
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Im Osfembnrger Gterilisationsprozeß wurden Medizinalrat Dr. Merk zu einem Jahr, ein« beteiligte Aerztin z« sechs Monate« nnd ein weiterer Arzt z« ü Wochen Gefängnis »ernrteilt.
Seiten müßten den Tatsachen Rechnung tragen. Die Konferenz begrüße es, daß nach den gegenwärtigen Phasen der Verhandlungen die Vereinigten Staaten sich bereit erklärt hätten, gemeinsam mit den übrigen Mächten an den weiter- gehenden Problemen des Wiederaufbaus des Handels unser Wirtschaft mttzuarbelten. Ein Erfolg in Lausanne ohne einen Erfolg der Abrüstungs- Verhandlungen sei undenkbar.
Macbonald schloß: Alles hängt jetzt von uns ab! Ich richte an diese Konferenz Len -ringenden Appell, nichts zu fürchten als Schwachheit und bei den Verhandlungen Vorschläge auSznarbeitcn, die in sich eine Hilfe für die Welt bedeuten!
In der Eröffnungssitzung wurde zum Schluß auf Vorschlag des Reichskanzlers und des belgischen Ministerpräsidenten Sir Maurice Hankey einstimmig zum Generalsekretär gewählt.
Unterredungen zwischen Papen, Herriot «nd Macdonald
Gestern fand eine erste Unterredung zwischen Papen und Herriot statt. Von deutscher Seite wird über den Verlauf dieser Unterredung mitgeteilt, daß der Reichskanz- ler zunächst eingehend die innerpolitische Lage Deutschlands dargelegt und Herriot über die letzten Vorgänge in Deutschland unterrichtet habe. Daran schloß sich eine längere Aussprache über die Gesamtheit der auf der Lausanner Konferenz zur Verhandlung stehenden Fragen, die, wie betont wird, einen durchaus vertrauensvoll offenen Charakter trug.
Herriot hat gestern abend dem Reichskanzler im Beisein des ReichsaußenmtnisterS einen Gegenbesuch abgestattet. Kurz vorher hatte der Reichskanzler eine persönliche ein- stündige Unterredung mit Macdonald über die letzten Ereignisse in Deutschland und die innen- und außenpolitischen Ziele der Reichsregierung. Ferner sind hierbei die einzelnen Fragen durchgesprochen worden. Auf deutscher Seite wird festgestellt, daß die Donnerstagbesprechungen mit Herriot und Macdonald durchaus im Geiste des Verständnisses geführt worden sind. Der Wille, eine Grundlage für die allgemeine Regelung zu finden, ist in diesen Verhandlungen stark hervorgetreten. Herriot hat in der Unterredung weitgehendes Verständnis gezeigt. Wie weit allerdings Herriot in der Lage sein wird, bei diesen Entschlüssen den deutschen Wünschen entgegen zu kommen, ist die Frage. Reichsaußenminister von Neurath hatte mehrere längere Unterredungen mit den englischen Staatsmännern. Auf deutscher Seite wird die Auffassung vertreten, daß die Gegensätze zwischen der englischen und deutschen Auffassung als gering anzusehen seien.
Heute Kanzlerrede in Lausanne
Die 6 einladenden Mächte der Tributkonferenz hielten gestern nachmittag eine kurze vertrauliche Sitzung ab. Es wurde beschlossen, in der heute beginnenden sachlichen Aufnahme der Verhandlungen zunächst den Reichskanzler von Papen anzuhören, der über die Lage Deutschlands berichten und den Standpunkt der Reichsregierung zur Tributfrage darlegen wird. — Von maßgebender deutscher Seite werden Gerüchte, nach denen der Reichskanzler am Donnerstag Herriot und Macdonald eine schriftliche Aufzeichnung über die Unmöglichkeit weiterer deutscher Reparationszahlungen überreicht haben soll, in Abrede gestellt.