Ausblick nach Osten

Di« wahrhaft vaterländischen Kundgebungen des Vereins für das Deutschtum im Ausland anläßlich seiner Jahres­tagung in Deutschlands Ostmark haben die Blicke erneut nach Osten gerichtet. Während im Westen die Hoffnungen aus eine erträgliche Lösung der für das Reich lebensnot­wendigen Fragen immer geringer werden, haben die Me - mel wählen im deutschen Osten Mut und Widerstands­kraft neu gestärkt. Die historische Bedeutung dieser Wahlen beruht auf dem Bekenntnis der Memeldeutschen zur deut­schen Volksgemeinschaft. Dabei verdient besondere Beach­tung nicht nur, daß eine überwältigende Mehrheit der Be­völkerung des Memellandes sich gegen die litauische Regie­rung und für die deutsche Kultur aussprach, sondern daß innerhalb der antilitauisch gesinnten Bevölkerungsschichten obendrein noch eine deutliche Klärung zugunsten einer starkwilligen deutschen Politik eintrat. Der deutsche Osten ist trotz aller Unterdrückungen in neue Bewegung geraten. Die Wahlen im Memellauü sind der erste unverzerrte und unverzerrbare WillenSauSdruck des östlichen Deutschtums außerhalb unserer Grenzen zum Wiederanschluß an das Deutsche Reich geworden. Daraus ergibt sich nicht nur Sie Neuaufrollung der Memelfrage, sondern der Frage des östlichen Deutschtums überhaupt, bas durch Ver­sailles aus seinem kulturellen und wirtschaftlichen Zusam­menhang herausgerissen worden ist. Es strebt mit leiden­schaftlichem Willen zum deutschen Mutterlande zurück. Dar­aus erwächst die zwingende Aufgabe für die deutsche Poli­tik, diese neue große Bewegung ebenfalls zum Sturm gegen Versailles »nzusetzen. Durch die Anschneidung der Tribut- und der Abrüstnngsfrage können wir immer mir erst halbe Arbeit leisten. So wichtig ferner für uns die Lösung der Donanfrage aus wirtschaftspolttischen Gründen sein mag: noch dringlicher, noch unaufschiebbarer bleibt ans knltur- und allgemeinpolitischen Gründen die Wiederherstellung der Ordnung im Osten. Nach dem Treuebekenntnis des Memel- landes zum Deutschtum ist es ein Gebot der Ehre und der politischen Klugheit im Osten, der Wiederangliederung des Memellandes die gleiche Kraft zuzuwenden wie der Be­seitigung des polnischen Korridors und der Wiederherstel­lung Oberschlesiens. Ebenso sicher wie es ist, daß das Welt- vertrauen in die Festigkeit des Deutschen Reiches erst nach Aufhebung der Tribute wiederkehren kann, ebenso unleug­bar hängt eS auch von der Erneuerung erträglicher deut­scher Grenzen im Osten ab.

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Durch ein Netz militärpolitischer und militärischer Bünd­nisse im Osten Europas ist Frankreich die Einkreisung Deutschlands mit dem Ziel der Ausrechterhaltung der Ver­sailler Friedensgebote gelungen. Aber dieses mit viel Gold und großem diplomatischem Geschick zustandegebrachte Rtng- system hat seine Schwächen. Polen ist zivar nach wie vor der unbedingt fügsame Gefolgsmann Frankreichs, die Staa­ten der Kleinen Entente bereiten hingegen den Pariser Diplomaten Sorgen. So haben es jetzt die drei Staaten Rumänien, Südslawien und die Tschechoslowakei für zweckmäßig und geboten erachtet, unter sich einen einheitlichen, ausgesprochenen Militärvcrtrag abzuschließen, der in den ersten Maitagen 1932 zur endgültigen Unter­zeichnung gekommen ist. Bei der Kühle, mit der die amt­liche und nichtamtliche französische Presse den Vorgang be­handelt hat, läßt sich mit gutem Grund daraus schließen, daß man in Paris über diese Lösung verstimmt ist. Di« Block­bildung, wie sie sich soeben vollzogen hat, läßt Frankreich als Bertragsmacht beiseite und zeigt, daß die drei Staaten der Kleinen Entente ihre Entschlußfreiheit und Unabhän­gigkeit zu wahren gewillt sind. Worin liegt der Grund da­für, daß gerade jetzt, wo doch von allgemeiner Abrüstung oder mindestens von erheblicher Wehrminderung die Red« ist, ein solches Militärbündnis geschloffen wurde, bas auf die Mehrung der kriegerischen Machtentfaltung hinausgeht? Alle drei Staaten fühlen sich in wachsendem Maße durch di« bolschewistischen Einflüsse bedroht, die, vorläufig am be­merkbarsten in der Tschechoslowakei, am Werke sind, um den Boden für die kommunistische Wektrevolution reif zu ma­chen. Rumänien fürchtet außerdem für die Erhaltung des Landes Bessarabien, ans das Räterußland von Zeit zu Zeit seine Ansprüche erneuert. Au den Besorgnissen vor räte­russischen Bestrebungen und Unterwühlungen tritt der Um­stand, daß der BegriffDonaukonsöderation", also die Schaf­fung eines Donaubundes unter Zuziehung der Länder Oesterreich und Ungarn und unter der Schutzherrschaft Frankreichs, den drei Staaten der Kleinen Entente ge­wisse Befürchtungen eiugeflößt hat. In ihrem Selbstbestimmungsrecht gefährdet, wollen sie ihre Ansprüche aus eigener Kraft schützen und aus diesem Gesichtspunkt heraus sich aufeinander stützen. Noch ist die von Frankreich geschaffene deutschfeindliche Staatensront im Osten unerschüt­tert, aber schon läßt sich die Bresche erkennen, di« eine ge­schickte deutsche Wirtschaftspolitik im Südvsten Europas schlagen könnte.

Das neue belgische Kabinett

TU. Brüssel, 24. Mai. Das neue belgische Kabinett ist am Montag gebildet worben und setzt sich wie folgt zusam­men: Ministerpräsident und Finanzminister: Renk in (kath.-kons.),- Inneres: Carton (kath.-kons.): Landesver­teidigung: Crokaert (kath.-kons.): Industrie, Arbeit und soziale Fürsorge: Hey mann (flämischer Vertreter der Christ!. Gewerkschaft): Kolonien: Tsch offen (Vertreter der Chris:!. Gewerkschaft): Landwirtschaft: Van Dievoet (kath. Flamen): Oeffentliche Arbeiten: Sap (kath. Flamen): AeußereS: Hymans (liberal): Justiz: Cocq (liberal): Unterricht: Petitjean (liberal): Telegraphenwesen: Bo- vesse (liberal): Verkehrswesen: Forthomme (liberal).

Die neuen Männer im Kabinett sind also die Minister Tschoffen, Forthomme und Sap. Der neue Kriegsmintster Crokaert (früher Kolonialminister) wird als ein unbedingter Anhänger des französisch-belgischen Militärabkommens be­zeichnet. Er ist bei früheren Gelegenheiten verschiedentlich für besondere militärische Sicherheitsmaßnahmen gegenüber Deutschland eingetreten.

Deutschland und die Welt

Von Professor Heinrich Bröker

Sämtliche Staate«, deren Industrien seit Jahrzehnten einer gesteigerten Ausfuhr dienen,leiben heute unter wirt­schaftlichen Schwierigkette«. Die früheren Absatzmärkte sind geschwunden oder unzureichend geworden, weil fast jedes Land seine eigene Produktion fördern und durch Zollschutz- manern die fremde Einfuhr hemmen will. Nicht mehr die Weltwirtschaft" mit ihrem vielseitigen Wettbewerb und weitgehenden Warenaustausch, sondern die starke Bevor­zugung des Binnenmarktes wird überall ausschlaggebend werden. Diese unaufhaltsame Entwicklung zwingt zu wirt­schaftlichen Um- und Neugestaltungen, denen insbesondere Deutschland nicht länger ausweichen kann.

Schon ein kurzer Rück- und Ausblick kennzeichnet die Notwendigkeit dieser Forderung. Seit den achtziger Jahren vernachlässigen wir den heimischen Nährstand (Landwirt­schaft) zugunsten des gesteigerten Exports (Industrialisie­rung), um unser Wirtschaftsleben weniger dem Eigenbedarf als dem Weltmarkt anzupassen. Je mehr Absatzgebiete wir draußen eroberten, um so abhängiger wurden wir von deren Aufnahmefähigkeit. Obwohl wir, neben England, im inter­nationalen Wettbewerb führend wurden, handelte cs sich keineswegs um Dauererfolge,- denn letzten Endes blieb auf den Weltmärkten nicht etwa unser Bestreben, sondern die Bereitwilligkeit der fremden Völker ausschlaggebend. Der sich überall ausbreitende Handelsneid führte schließlich zu Störungen und zum Weltkriege. Von Waffen umringt und wirtschaftlich blockiert, waren wir jahrelang auf uns allein angewiesen,- die notwendigen Rüstungen verursachten einen Ausbau zahlreicher Industriezweige, der in der Inflations­zeit, die einem Ausverkauf glich, bedenkenlos fortgesetzt wurde. Diese Niesenanlagen und ausgedehnten Verbindun­gen fanden 1924 eine nur noch unzureichende Betätigung. Wir hatten uns überindustrialisiertI Geborgte Milliarden­summen ermöglichten zwar eine Scheinkonjunktur oder kurze Atempause, doch bereits 1928/29 versagte auch diese Taktik, deren Folgen Ueberschuldung, Wertverluste und Zins­lasten, Bolksnot, Absatzmangel und Erwerbslosigkeit heute hinreichend erkennbar sind. Dennoch gibt es noch Leute, die eine Besserung hauptsächlich vom Auslande und vomWeltmarkt" erhoffen.

Das Ausland hat jedoch übergenug eigene Sorgen. Eng­land, das sogar auf Freihandel und Goldstandard verzichtete, ringt ebenso wie Italien um die Ausrechterhaltung seiner Geltung. Frankreich steht vor mannigfachen inneren Schwie­rigkeiten, ebenso der ganze Südosten und Osten Europas. Die Vereinigten Staaten aber werden spätestens ab 1933 eine erhebliche Verschärfung ihrer Krise erleben, der die seit Jahrzehnten verwöhnten Amerikaner kaum gewachsen sei» dürften. Fremde Völker kommen somit als Deutschlands Helfer nicht in Betracht. Das gilt auch vom sogenannten Weltmarkt. Schon das üblich gewordene SchlagwortWelt­wirtschaftskrise" ist irreführend. Was man in früheren Jahr­zehnten unter Weltwirtschaft verstehen mochte, besteht nicht mehr. Wir gehen einem Zeitalter entgegen, wo jedes erst recht bas deutsche Volk vornehmlich auf Selbsthilfe ange­wiesen sein wird: mithin wird sich überall der Warenaus­tausch auf die notwendigsten Gebiete und Erzeugnisse be­schränken. Nicht also die Frage, ob dieWeltwirtschaft", son­dern ob unsere eigene Kraft versagen wird, ist entscheidend geworden.

Aber auch sonst zwingen die Verhältnisse gerade Deutsch­land zu wirtschaftlicher Neugestaltung. Bereits im Laufe dieses Jahres droht die Entwicklung katastrophenähnlich zu werden. Die öffentlichen Finanzen sind bedenklich geschwächt:

die Steuerrückgänge verschlimmern die Lage, die sich nicht durch die geplante, einer Lotterie ähnelnde Arbeitsbeschaf­fungs-Anleihe bessern läßt. Wir haben der Weltfinanz un­haltbar gewordene Zugeständnisse gemacht und ausgerechnet an solche Fesseln unser Wirtschaftsleben gebunden! Allein 1932 solle» wir ohne Tribute für Verzinsung und Til- gung der Anleihen usm. monatlich durchschnittlich 170 Mil- lionen Mark an das Ausland abführen. Demgegenüber be­tragen unsere im Auslande zu erzielenden Einkünfte nur etiva 29 Millionen, so daß zur Deckung des Devisenabflusses noch monatlich ISO Millionen Mark verbleiben, die ein ent­sprechender Export nicht mehr auszugleichen vermag. Denn während der tatsächliche Ausfuhrüberschuß 1931 noch 239 Mil­lionen Mark monatlich betrug, ist er im ersten Vierteljahr 1932 auf durchschnittlich 12S Millionen monatlich gesunken. Unsere Devisenbilanz leidet daher unter einem monatlichen Fehlbetrag von etiva 2S Millionen Mark, der angesichts des sich ausbreitcnden Handelskrieges sich eher vergrößern als verringern dürfte und der auf die Dauer unmöglich durch Gold- und Devisenabgaben der geschwächten Reichsvank ge­deckt werden kann. Die mit Hilfe von Lohnabbau und Prets- schleudcrei erhoffte Ausfuhrbclcbung wird von zahlreichen Zollschranken vereitelt. Ein Auslandsmoratorium allein vermag nicht lindernd zu wirken. Die wachsende Krise er­fordert daher umwälzende Maßnahmen und somit auch den Einsatz geeigneter Kräfte.

Die produktive Erwerbslosenfttrsorge gehört zu Deutsch­lands wirksamsten Selbsthilfemittcln. Jene Milliarden, die wir alljährlich für Unterstützungen ausgeben .fördern nicht die Kaufkraft, sondern das Volkselend. Nichtig angewandt» könnten sie belebend wirken: Zivei Millionen zum Arbeits­dienst herangezogcnc Erwerbslose würden weil sie durch landwirtschaftliche Ertragssteigerung, Urbarmachung von Oedländereicn, Siedlung, Straßenbau und sonstige öffent­liche Arbeiten alle Näder in Gang bringen weiteren drei­einhalb Millionen Erwerbslosen überall Beschäftigung sichern. Das Arbeitsloscnclend wäre dadurch beseitigt: die Selbsternährung unseres Volkes würde erreicht und mit ihr die Zurückhaltung jener Milliardensummen, die wir heute alljährlich dem Auslande für Nahrungsmittel geben. Ueber- wachung und Regelung der Unterschiede zwischen Gestehungs­kosten und Verkaufspreisen, zeitgemäße Gestaltung der Ein- und Ausfuhr, des Finanz- und Verwaltungswesens auf soli­dester Grundlage, soivie sonstige Selbsthilfe-Maßnahme« würden den organischen Aufbau ermöglichen und fördern. Derartiges vermag man natürlich nicht auf dem Wege über­lebter Kompromisse zu erreichen, sondern nur unter dem unbeirrbaren Einfluß einer neuen geradlinigen Politik.

Die Notzeit ist viel zu schlimm geworden, um durch Halbheiten gebannt werden zu können. Ein lediglichfrei­williger" Arbeitsdienst bleibt unzureichend. Auch die 4V- Stundenwoche ist kein Rettungsmittel, zumal die Einstel­lung einer neuen Arbeitskraft zu Lasten von sechs Schaffen- den erfolgen soll, denen man entsprechend weniger Loh« geben will, ohne andererseits die Senkung der Lebenshal- tunskosten zu gewährleisten. Die schlimmen Erfahrung«« der Nachkriegszeit und die Ausdehnung der heutige« Krise müssen selbst dem Laien die Erkenntnis vermitteln, daß «S so unmöglich weiter gehen kann. Nicht die durch parlamen­tarische Zufallsmehrheiten erstrebte Fortdauer einer fal­schen Politik, sondern eine dem Aufbau dienende Neu­orientierung wurde das Gebot der Stunde, um zu verhin­dern, daß aus der Krise eine Katastrophe »nd aus Deutsch­land ein Spielball der Welt wirb.

Todesfahrt eines Rennfahrers

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Bereits in der ersten Runde des Großen Internationalen Automobilrennens in Berlin ereignete sich ein folgen­schwerer Unfall. Der Wagen des tschechischen Rennfahrers Fürst Lobkowicz erlitt eine Reifenpanne, geriet ins Schleudern, sauste über Sen Nasenstreifen, überschlug sich

Explosion in einer Dynamitsabrik

-i: Nürnberg, 24. Mai. In der Dynamitfabrik Stadeln der Rheinisch-Westfälischen Sprengstoff-AG. hat sich ein Explosionsunglück ereignet, bei dem auch ein Menschen­leben zu beklagen ist. In einem abgesonderten Raum, in

und stürzte schließlich eine Böschung vier Meter tief hinab, wo er, wie auf unserem Bild zu sehen ist, völlig zerschmettert liegen blieb. Der Fahrer, den unser Bild rechts oben ratzt, starb auf dem Wege zum Krankenhaus.

dem Sprengstoff getrocknet wird, entzündete sich Plötzlich aus bisher unbekannter Ursache der in dem Raum lagernd« Sprengstoff. Wände und Decke stürzten ein und ein an der Unglücksstelle beschäftigter Arbeiter wurde so schwer ver- letzt, daß er auf dem Transport ins Krankenhaus starb.