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Nr. 81
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Freitag, den 8. April 1932
Jahrgang 105
Der deutsche Donau-Vorschlag in London
v. Bulow lehnt den Tardieu-Plan ab und schlägt wirtschaftliche Stützungsmaßnahmen
für die notleidenden Donauländer vor
LU. London, 8. Äpril. Stzährend der gestrigen Verhandlungen des Viereransschusses der Donaukonferenz hielt Staatssekretär von Bülow eine Rede, in der er den deutschen Standpunkt eingehend darlcgte. Zunächst erklärte er, daß bei den Verhandlungen der Vvllkonsercnz bereits in einigen Punkten eine Ucbereinstimmung erzielt worden sei, und zwar handle es sich um folgende Punkte: t. Alle beteiligten Staaten sind sich in der Erkenntnis einig, daß der durch die Frieden svcrträge geschaffene Zustand keine wirtschaftliche und finanzielle Lebensmöglichkeitfürdie einzelnen Donau- staatcn gewährleistet. 2. Ferner wurde eine Einigung über das Ziel der Besprechungen herbcigeführt, nämlich daß die Lebensfähigkeit der Dvnanstaaten nur durch ei» gemeinsames Vorgehen gesichert werden kann. 3. Die Beteiligten stimmten ferner darin überein, daß eine Hilfsaktion für die Dvnanstaaten im unmittelbaren Interesse der betroffenen Großmächte und ganz Europas liegt. 4 Die Sa- niernngsaktion für den Donauraum bedeutet ein Vorberei- tungsstadium für eine rationellere Gestaltung der gesamten europäischen Wirtschaft.
v. Bülow ging darauf aus den französischen Vorschlag ein und betonte, daß von den fünf betroffenen Donanstaaten vier anerkannt hilfsbedürftig seien, die Tschechoslowakei befinde sich nicht in einer Notlage. ES sei kein Zweifel darüber, daß Oesterreich und Ungarn hilfsbedürftiger seien als Südslawien und Rumänien. UeberdicS zeige der letzte Finanzbericht des Völkerbundsausschusses, daß sich auch andere ans dem Balkan befindliche Staaten in einer akuten Notlage befinden.
Ans bas Borzugszvllsystem übergehend, erklärte v. Bülow, daß schon seit Jahren versucht worden sei, dieses System durchzuführcn, ohne daß jedoch ein Erfolg zu verzeichnen gewesen wäre.
Wenn cs gelingen würde, ein wirtschaftliches System unter diesen Staaten zu bilden und wenn alle außenstehenden Staaten ihre Meistbcgünstigungsrechte nicht geltend machten, wäre dann wirklich durch das Vorzugs- zollsystem der Notlage abgeholfen? Nach deutscher Ansicht trifft das nicht zu. Darin liegt das Kernproblem der ganzen Frage, weil nach deutscher Auffassung ein wirtschaftlicher Bund durch dieses Borzngszoll- fystem nicht gewährleistet würde. Bei Durchführung desselben hätten die agrarischen Donanstaaten für ihre landwirtschaftlichen Ueberschüsse keinen Absatzmarkt, da Oesterreich und die Tschechoslowakei allein diese Ueber- schüssc nicht ausnehmcn könnten. Ferner würde die Tschechoslowakei in industrieller Hinsicht ein starkes Ucbergcwicht im Donauranm ans Grund ihrer ne« entwickelten Industrien, jedoch auf Kosten der übrigen industriellen Lieferländer, gewinnen.
Wie statistisch nachgewicsen ist, findet schon jetzt ein starker Warenaustausch zwischen den Staaten des Donauraumes statt. Dieser Austausch konnte natürlich noch durch Vorzugszölle erhöht werden. Nach deutscher Auffassung jedoch würde auch das nicht zu einer Gesundung führen können. Die Tschechoslowakei und Oesterreich könnten unter den günstigsten Umständen nicht mehr als die Hälfte der landivirt- schaftlichen Erzeugnisse Ser übrigen Donanstaaten abnchmen. ^ ^ daher auf Italien und Deutschland angewiesen.
Bülow betonte dann nachdrücklich, daß eine Durchführung des französischen Planes eine sehr schwere Schädigung der gesamten deutschen Wirtschaft bedeuten würde, und wies auf die daraus erfolgende Verdrängung der deutschen Jndustricausfuhrcn nach den Donau- staaten durch die Tschechoslowakei hin. Der Verzicht ans Liese Ausfuhr, wie er Deutschland von Frankreich zugemntct werde, ist für Deutschland ein derartig schweres Opfer, wie es unter den augenblicklichen wirtschaftlichen Verhältnissen nicht tragbar ist.
«cyuetziich ging n. Bülow auf den „dcut s chen Plc er. der in den wesentlichen Zügen in der deutschen 2 wort auf die französische Donandcnksthrift dargclegt wor ist. Er steht folgendes vor:
1. Gewährung von Vorzugszöllen sür i e r e iS c e r z c u g u n g für die Agrarstaatc Ungarn, Bulgarien, Südslawien, Rumänien. Deutschland Frankreich hätten diesen Plan bereits durch Abschluß von L zngszollvcrträgen mit einigen dieser Staaten teilweise Durchführung gebracht.
d»^ ^Währung von allgemeinen einseitigen Vorzugszö w i^ Groß-Staaten für die I n d u st r i e n n d L a r nock " Oesterreichs. Auch dieser Plan bede weiie Opfer für Deutschland denn die vorzu
"»mahn,« der Erzeugnisse der Donanstaaten wü
eine schwere Konkurrenz für den deutschen Außenhandel bedeuten und außerdem würde die deutsche Ausfuhr nach den anderen Großmächten, die im Donauranm Vorzugszölle gewährten, beeinträchtigt werden.
Der deutsche Vorschlag hat folgende Vorteile:
1. Es handelt sich zunächst darum, die Wirtschaft dieser lebensunfähigen Staaten lebensfähig zu machen. Erst dann können sie auf Grund der lebensfähigen Wirtschaftslage kreditwürdig werden. Das kann jedoch nur eintretcn, wenn man die Ansfnhr dieser Länder fördert und ihre Kaufkraft dadurch hebt.
2. Während die deutsche» Vorschläge sofort durchführbar sind, stehen dem französischen Plan große Schwierigkeiten entgegen, wie sie schon während der letzten 13 Jahre bei ähnlichen Versuchen einen Erfolg verhindert hätten.
Abschließend betonte von Bülow, eine Verbindung der deutschen mit den französischen Vorschlägen sei unmöglich, denn für Deutschland würde die Gewährung einseitiger Vorzugszölle an die Donanstaaten nur dann möglich sein, wenn die deutsche Ausfuhr in den Donauranm nicht durch einseitige Vorzugszölle der Dvnanstaaten untereinander erschwert oder unterbunden wird. Voraussetzung für den deutschen Vorschlag sei daher. Saß der französische Vorschlag nicht durchgeführt werde. Etne Unterbindung der deutschen Ausfuhr nach den Donanstaaten hätte zur Folge, daß der deutsche Export nach anderen Teilen der Welt gedrängt würbe, insbesondere in di« Teile, die noch entwicklungsfähig sind, also die Ueberseegebicte. Dies wiederum hätte zur Folge, daß Deutschland bei diesen Ueberseeländern als Gegenleistung einen großen Teil seines Bedarfs an landwirtschaftlichen Erzeugnissen eirrzndecken hätte, was wiederum zu einer Schädigung des Donauraumes führen würbe. Es sei daher klar ersichtlich, daß der französische Vorschlag für Deutschland unannehmbar sei.
Das Ergebnis der Konferenz
Das Ergebnis der Verhandlungen des Viererausschusses der Donaukonferenz wurde in einem Protokoll zusammen- gefatzt, das der Bollkonferenz heute vormittag vorgelegt wird. Der Inhalt bewegt sich in allgemeinen Ausdrücken, führt die Punkte anf, in denen die Mächte übereinstimmen, hebt die zutage getretenen Gegensätze hervor und beschäftigt sich mit der wetteren formellen Behandlung der Donaufrage.
Das Protokoll bringt zum Ansdruck, daß grundsätzlich finanzielle Hilfsmaßnahmen nur dann einen Zweck hätten, wenn gleichzeitig dafür gesorgt werde, daß die unterstützten Staaten wirtschaftlich auf eigene Füße gestellt würden, damit ste in Zukunft ihren Verpflichtungen Nachkommen könnten. Unter dem Eindruck der Ausführungen des Staatssekretärs v. Bülow wird darauf hingewiesen, daß die wirtschaftlichen Beziehungen der Großmächte zu den Donaustaaten voneinander wesentlich abhängig sind. ES wird zugegeben, daß Deutschland und Italien an dem Handel mit den Donanstaaten mehr interessiert sind als Frankreich und England, und daß die Erhaltung des italienischen und deutschen Ausfuhrmarktes für die Donaustaaten von Wichtigkeit ist. Ferner schlägt das Protokoll r r, daß die Vierm ächte konferenz als solche erhalten bleiben «nö zn weiteren späteren Sitzungen zufammen- treten soll. _
98000 Arbeitslose weniqer
TU. Berlin, 8. April. Nach dem Bericht der ReichSanstalt für die Zelt vom IS. bis 31. März ist die E n t l a st u n g am Arbeitsmarkt in der zweiten Märzhälfte deutlich erkennbar geworden. Die Arbcitslosenzahl ist seit dem tk». März um rund 98 000 zurückgegangen und betrug am 31. Mürz nach den Zählungen der Arbeitsämter rund 6 031 000.
Bevorstehende Ermäßigung
des Reichsbankdiskonls
TU. Berlin, 8. April. Wie bereits vom RcichSsinanzmini- stcr angekündigt, schweben innerhalb der Reichsbank Erwägungen darüber, ob der derzeitige flüssige Geldmarkt und die verhältnismäßig geringe Inanspruchnahme der Neichs- bank nicht zn einer Senkung des Diskantes ausgenuht werden könne, um von dieser Seite aus der Wirtschaft eine weitere Erleichterung zu verschaffen Diese Erwägungen dürften sich am Donnerstag zu einem Beschluß verdichtet haben, da der ZentralauSschutz auf heute nachmittag 15 Uhr einberufen worden ist. Man dürfte in der Annahme nicht fehl gehen, baß eine Senkung des Diskontsatzes von anf
Prozent beschlossen werden wird.
Tages-Spiegel
Auf der Londoner Biermächte-Konserenz hat gestern «. Bülow den deutschen Borschlag zur Wiederherstellung einer lebensfähigen Wirtschaft der Donauliindcr vorgetragen. Die Konferenz dürfte noch heute ihren Abschluß finden.
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Englischc Regierungsstellen betonen erneut, -atz Tardie« und Macdonald nicht über die Tribntsrage verhandelt hätte«. Die deutsche Auffassung, daß Lausanne das Ende der Tribute bringen werde, habe in London überrascht.
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Der französische Ministerpräsident Tardie« beabsichtigt, am Montag in Genf anf die Rbrüstnngsrcde Nadolnys z« antwvrten.
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Grotzes Anfsehen erregt eine Mitteilung der Zeitung „Frie- Lcricns", derznsolge der ehem. Kronprinz bereit gewesen fein soll, Gemeinschastskandidat der RcchtSopposttion für die Präsidentschastswahl zn werden. Der Kaiser habe jedoch sein Einverständnis versagt.
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Bor dem Reichsgericht in Leipzig hat der Prozeß gegen de« ehemaligen Reichswehrlentnant Scheringer wegen Hochverrats begonnen.
„Graf Zeppelin" ist gestern abend in Pernambuco eingetrof- fe«. Er hat die Strecke von Friedrichshasen nach Pernam- bnc» in «nr SV Stunden znrückgelegt.
Der Wahlkampf im Reich
— Berlin, 8. April. Die Wahlpropaganda im Reich Heck bald ihren Höhepunkt erreicht. Reichskanzler Brüning sprach gestern in Hamburg, während Graf Westarp in Mannheim für Hinbenburg warb. Hitler hielt in Frankfurt a. M., Darmstadt und Lnbivigshafen Wahlversammlungen.
Der neue Preußische Landtag wird die besondere Attraktion haben, daß ein Hohenzollernprinz in ihm als Abgeordneter einzieht: Die Nationalsozialisttfche Partei hat auf ihren Landeslisten an siebter Stelle den Prinz August Wilhelm von Preußen als Kandidaten aufgestellt. Bei dem starken Zuwachs, den die Nationalsozialisten erwarten, ist das ein sicheres Mandat.
Hitler gegen Wahllügen
TU. Nürnberg, 8. April. Adolf Hitler hat vor dem »Nttrn» berger Gericht folgende eidesstattliche Erklärung abgegeben: „Ich versichere an Eides statt: 1. Es ist nnivahr, daß ich für mich im Kaiserhof sür 10 Tage den Betrag von 4048 Mark ausgegeben habe. Wahr ist, daß diese Rechnung eine Fälschung öarstellt. 2. Es ist unwahr, daß ich aus Parteiämtern mehr als 13 000 Mark erhalte. Wahr ist. daß ich überhaupt keinerlei Einnahmen von der Partei beziehe. 3. Es ist unwahr, daß ich vom Verlag Franz Eher 240 000 Mark jährlich beziehe. Wahr ist, daß ich von meinen Bücher- uich Schriftstellerhonoraren lebe. Diese machen nur einen Bruchteil dieser Summe aus. 4. Es ist unwahr, daß ich aus Ver- sammlungsetnnahmen jährlich 200 000 Mark erhalte. Wahr ist, daß ich meine gesamten Versammlnngsretsen aus meinen persönlichen Bücher- und Schrlftstellerhonorarcn -ecke, von den Versammlungen aber niemals einen Pfennig bezogen habe. Dagegen gebe ich von den Ueberschüsse« meiner Bücher- und Schriftstellcrhonorare so weit als möglich noch sür Parteizweckc ab. 5. Es ist unwahr, daß ich reich geworden bin. Wahr ist, daß ich keinerlei Vermögen besitze. 6. Es ist unwahr, daß ich außerdem noch das Gehatt eines Rcgierungsrates beziehe. Wahr ist, daß ich mit Rücksicht anf mein persönliches Einkommen als freier Schriftsteller mein gesamtes Gehalt als Negiernngsrat laufend schon bisher und auch für alle Zukunft der braunschweigischen Staatsbank zur Verteilung an ansgesteuertc Erwerbslose überweisen ließ und lasse".
Schlacht an der Grenze von Korea
TU. Mnkden, 8. April. In der Nähe der Grenze zwischen der Mandschurei und Korea an der ostchinesischen Eisenbahnlinie ist eine große Schlacht zwischen japanischen Truppen unter General Tainon und chinesischen irregulären Truppen ausgefochten worden. Japanischen Kampfberichten zufolge wurden 500 Chinese» getötet und 3000 verwundet. Ihre eigenen Verluste geben die Japaner mit S toten und 30 verwundeten Offiziere an, während über die Zahl der verlorenen Mannschaften keine Angaben gemacht werden. Die Truppen des Generals Tamon nahmen die Stadt Fanchcng ein und marschieren gegen Jlan.