Nach der Memelenlscheidung des Völkerbundes
Landespräsident Böttcher legt sein Amt nieder TU. Memel, 24. Febr. Präsident Böttcher hat am Dienstag an Gouverneur Merkys folgendes Schreiben gerichtet, in dem er seine Bereitwilligkeit, sein Amt niederzulegen, ausdrückt: »Die Verhandlungen des Völkerbundsrates haben ergeben, daß es noch Monate dauern kann, bis eine Entscheidung darüber fällt, ob der Gouverneur das Recht hat, den Präsidenten des Direktoriums abzuberufcn oö^> nicht. Es liegt im Interesse des MemelgcbieteS, daß möglichst bald wieder ein dem Statut entsprechendes Direktorium in Tätigkeit tritt. Um mit meiner Person kein Hindernis für etwaige Verhandlungen der Mehrheitsparteieu über ein neues Direktorium zu bilden, erkläre ich, daß ich mein Amt als Präsident des Direktoriums hiermit nieöerlege. gez. Böttcher."
Abriislunasvorschläqe in Genf
TU. Gens, 24. Febr. Die sowjetrussische Abordnung hat der Abrüstungskonferenz einen Entschließungs- entwurf eingereicht, wonach die vollständige und allgemeine Abrüstung die Verhandlungsgrundlage bilden soll. Für den Fall der Ablehnung ihres Vorschlages beabsichtigt die sowjet- russische Abordnung ihren bereits im Abrüstungsausschuß des Völkerbundes eingereichten Abkommensentwurf zur Verhandlung zu stellen, der folgende Bestimmungen vorsieht: Armeen bis 30 000 Mann bleiben außerhalb jeder Beschränkung der Rüstungen. Armeen von 100 000 Mann werben um 20 v. H., Armeen über 200 000 Mann um 80 v. H. herabgesetzt. Flotten bis 100 000 Tonnen Gesamttonnage bleiben von der Herabsetzung unberührt. Flotten von 500 000 Tonnen an werben um 50 v. H. herabgesetzt.
Ferner hat die i t a l i en i s ch e Abordnung dem Präsidium der Konferenz einen Vorschlag überreicht, in dem die sofortige Erörterung folgender Fragen gefordert wird: Abschaffung der Großkampfschiffe, Unterseeboote, Flugzeugmutterschiffe. der schweren Artillerie, Tanks, Bombenflugzeuge und aller chemischen und bakteriologischen Waffen, ferner Revision der internationalen Vereinbarungen zum Schutz der Zivilbevölkerung.
Die englische Abordnung hat dem Präsidium der Abrüstungskonferenz am Dienstag den Abrüstungsvorschlag der englischen Negierung übermittelt, in dem vorgeschlagen wird, den Abkommensentwurf des Völkerbundes als allgemeine Verhandlungsgrundlage anznnehmen. Jedoch darüber hinaus folgende Fragen zur Verhandlung zu stellen: 1. Die geeignetsten Methoden zur Herabsetzung der aktiven Truppenbestände, 2. Verbot der beweglichen Landgeschütze über ein bestimmtes Kaliber hinaus, 3. Abschaffung der Unterseeboote, 4. Prüfung der geeignetsten Methode zur Herabsetzung der Kriegsschiffe und der Schiffsartillerie. 5. Gesamtprüfung der Luftbombardierungen. Die englische Regierung verlangt ferner besonders eingehende Prüfung des Verbotes der Gas- und bakteriologischen Waffen und die Schaffung eines ständigen Prüfungsausschusses zur Ueberwachung der Abrüstung.
Die japanische Abordnung hat dem Präsidium der Konferenz gleichfalls einen Abrüstungsvorschlag übermittelt, in dem auf der Grundlage des Abkommensentwurfes des Völkerbundes Verbot des chemischen und bakteriologischen Krieges, der Bombardierung von Städten, des Angriffes auf Sie Zivilbevölkerung, Herabsetzung der Flotten nach Tonnage der Schiffseinhetten und der Schiffsgeschütze, Beschränkung und Heerabsetzung der Land- und Luftrüstungen unter Berücksichtigung des ungenügenden Nüstungsstandes einzelner Länder. Bürgschaften für den Schutz der an dem allgemeinen Abrüftungsabkommcn beteiligten Staaten gegen Bedrohung durch diejenigen Staaten, die dem Abkommen nicht beigetreten sind, oder die die internationalen Verpflichtungen nicht einhalten, gefordert werden.
Nur kurze Osterpanse der Abrüstungskonferenz Das Präsidium der Abrüstungskonferenz hat beschlossen, die Konferenz vom 10. März bis 4. April zu unterbrechen. Französischerscits waren Wünsche hinsichtlich einer Vertagung der Konferenz von Ende März an auf einige Monate geltend gemacht worden. Die deutsche Abordnung hat sich energisch für kurze Unterbrechung während der Osterferien eingesetzt.
Amerikanischer Flottenbau und Abrüstung Aus Washington wird berichtet-. Der Marine- ausschnß des Senats nahm einstimmig die Gcsetzesvorlage an, die die Regierung ermächtigt, die im Washingtoner Abkommen festgelegte QuotefüedenFlottenbauvoll auszunutzen. Die Kosten, die hierdurch entstehen, werden jährlich auf 70 Mill. Dollar geschätzt.
Der neue französische Heereshaushalt
wieder 25 Millionen RM. höher Der Bericht des Finanzausschusses über den französischen Heereshaushalt ist am Dienstag der Kammer zugeleitet worden. Die Heeresausgaben für den Zeitraum von 9 Monaten sApril bis Dezember) werden darin auf 3929 Millionen Franken lrund 630 Millionen RM.) angesetzt, was gegenüber dem Haushalt von 1931 eine Erhöhung um 150 Millionen Franken letwa 25 Millionen RM.) bedeutet. Die Mehrausgaben für das französische Kolonialgebiet sollen ferner 1331 Millionen Franken lrund 221 Mill. NM.) betragen, wobei sich diese Ausgaben jedoch nur auf die Unterhaltung der Truppen in Algerien, Tunis, Marokko und Mauretanien beziehen. Der Esfektivbestand des Heeres mit Ausnahme der Kolonialtruppen wird aus 454 000 Mann festgesetzt, wozu noch etwa 40 000 Mann für die Luftstreitkräfte hinzu kommen.
England und der Fernostkonflikt
TU. London, 24. Febr. Im Unterhaus gab der englische Außenminister Simon eine längere Erklärung über die Lage in Schanghai ab. Trotz aller Versuche, eine neue Weltordnung auf einer festen Grundlage aufzubauen, trotz aller Bemühungen. Streitigkeiten zwischen den Nationen friedlich
Die Kandidaten für die
v. Hindenburg. Adolf Hitler.
Der Wahlaufruf der DNVP und des Stahlhelms
Die Deutschnationale Volkspartei und der Stahlhelm veröffentlichen gemeinsam einen Aufruf zur Ncichspräsi- dentenwaßl, in dem sie nachdrücklichst betonen, daß ihr Kampf dem System und dem S. November gelte. Der 13. März bringe Aufmarsch und Klärung der Fronten. Als Kandidat zum 1. Wahlgang sei der Stahl- helmführer Düsterberg ausgestellt. Zu seiner Wahl werden alle Deutschen aufgerufen, die für die Besreiungsfarben schwarz-weiß-rot und gegen die Symbole eines untergehen- öen Systems seien.
Wie man hört, halten sowohl die Deutschnationale Volkspartei als auch der Stahlhelm an dem Gedanken der Harzburger Front fest und rechnen mit der Ausstellung eines gemeinsamen Kandidaten der nationalen Front für den 2. Wahlgang.
Briefwechsel zwischen Hindenburg und Düsterberg
Die Stahlhelm-Korrespondenz veröffentlicht nunmehr den Brief Düstcrbergs an Hindenburg, Len Düsterberg am 11. Februar im unmittelbaren Anschluß an den letzten Empfang der Stahlhelmbunöesführer durch den Reichspräsidenten an diesen gerichtet hat. In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, daß die großen Hoffnungen, die sich an die Wahl Hindenburgs knüpften, leider nicht in Erfüllung gegangen seien. Damit Ser Name Hindenburg nicht in den unerquicklichen Wahlkampf gezerrt werde und da voraussichtlich im ersten Wahlgang keine absolute Klärung erfolgen werde, hätten die Bundesführer dem Reichspräsidenten die Anregung vorgetragen, im ersten Wahlgang nicht zu kandidieren, sondern sich erst im zweiten Wahlgang zur Verfügung zu stellen. Zum Schluß heißt es- Unserer Ansicht nach würben voraussichtlich Nationalsozialisten und Deutschnationale, sicher aber der gesamte Stahlhelm Euer Exzellenz ohne weiteres wiedcrwählen, wenn die unvermeidliche politische Kursänderung in einer Umwandlung des Kabinetts sichtbar zutage trete und wenn eine baldige Aufhebung des Uniformverbots in Aussicht gestellt werden könnte.
Auf dieses Schreiben erfolgte eine in sehr kameradschaftlichem Tone gehaltene Erwiderung des Reichspräsidenten, in der er es aus Gründen des Pflichtgefühls ablehnt, dem er st enWahlgangfernzubleiben. In dem Schreiben wird betont, daß er stets eine starke nationale Konzentrationsregiernng gewünscht habe, die aber bei dem so tief bedauerlichen Gegensatz nicht möglich wäre.
Zukunftspläne der Nationalsozialisten
Die Nationalsozialisten veranstalteten in der Stuttgarter Stadthalle eine große Kundgebung zur Neichsprä- sidcntenwahl. Als Hauptredner sprach der politische Beauf-
zu regeln, trotz Kclloggpakt und Neunmächtcabkommen müsse, so sagte Sir John Simon, die bedauerliche Tatsache festgestellt werden, daß auf chinesischem Boden Kämpfe zwischen zwei Mitgliedern des Völkerbundes stattfänden. Die englische Politik faßte der Außenminister wie folgt zusammen:
1. Die englische Negierung wird ihren vollen Einfluß in der Zusammenarbeit mit anderen Nationen, ganz gleich, ob diese Mitglied des Völkerbundes sind oder nicht, einsetzen, um das moralische Ansehen des Völkerbundes zu stärken. So enttäuschend es auch in mancher Hinsicht sein mag, daß der Völkerbund die Kämpfe nicht zu verhindern vermochte, so ist er doch der anerkannteste öffentliche Ausdruck der Weltmeinung. Ich sage mit voller Ueberzeugung im Namen der englischen Regierung und meiner selbst, daß sich die besten Mittel zur Wiederherstellung des Friedens nur finden lassen, wenn England offen und ehrlich die Grundsätze des Völkerbundes bestätigt.
2. England ist bereit, bet der ersten Gelegenheit seine Dienste für die Sache des Friedens anzubieten und an der Beilegung des Konfliktes zwischen diesen beiden Nationen, mit denen es auf freundschaftlichem Fuße steht, mitzuwirken.
3. Die englischen Interessen lassen sich in den beiden Worten Friede und Handel zusammenfassen. England erwartet von beiden Seiten, daß die Neutralen bet den Kämpfen keinen Schaden erleiden. Englands Pflicht ist es, sobald wie möglich die Einstellung des Kampfes herbeizuführcn. Die Pflicht des Völkerbundes ist es, schnellstens die notwendigen Informationen zu sammeln und beide Seiten anzuhören.
Chinas Schicksalsstunde
Einigung zwischen Kanton und Nanking
TU. Schanghai, 24. Febr. Die Führer der Kanton-Ne- gicrung haben einen Aufruf an das chinesische Volk erlassen, in dem sie erklären, daß sie in dieser Schicksalsstunde Chinas ihren Kampf gegen Nanking aufgebe«. Sie stellte» ihre
Reichspräsidentenwahl
Düsterberg. Thälmann.
tragte Adolf Hitlers, Hermann Esser-München, der mit- teilte, daß die Neichsregierung Hitler im Falle der Mithilfe der Nationalsozialisten zur Verlängerung der Amts- zeit Hindenburgs auf parlamentarischem Wege drei Angebote gemacht habe, nämlich Sie Anerkennung Ser Legalität der Bewegung, die völlige Freiheit ihrer Agitation und Propaganda und das Angebot einer Negierungsbeteiligung lVerkehrs- und Postministerium). Dieses lächerliche Angebot habe Hitler aber ablehnen müssen, da er sich nicht mit einem Koalitionskabinctt abspeisen lassen, sondern ein völlig neues System aufrichten will. Die Entscheidung des 13. März geht darum, wer die nächsten Notverordnungen erlassen wird. Spätestens in 3 Monaten werden die Nationalsozialisten erreichen, daß mindestens 3—4 Millionen Arbeitslose wieder in den Arbeitsprozeß eingestellt werden. Dieses Ziel soll durch drei Notverordnungen erreicht werden: Die erste Notverordnung geht brutal gegen die Doppelverdiener vor, die zweite Notverordnung bestimmt, baß alle Frauen und Mädchen aus den staatlichen Bürostuben zu entfernen sind und die dritte Notverordnung bringt eine Verringerung der Arbeitslosenziffer dadurch, daß alle Arbeitslosen vom 16.-20. Lebensjahr in das Arbeits-Dienstpflichtheer eingereiht werden. Von diesem Arbeitsdicnst- pflichtheer werden weitere 2 Millionen Menschen leben können.
„Aklionsqemeinschaft gegen den Radikalismus"
Ein Aufruf der Staatspartei zum Reichstagsbeginn TU. Berlin, 24. Febr. Der Gesamtvorstand der Deutschen Staatspartei erläßt einen Aufruf, in dem es nach Hinweis auf die bevorstehenden Entscheidungen über Reparationen und Abrüstung und auf die Wirtschaftskrise u. a. heißt: Die Deutsche Staatspartei erkennt die Entschiedenheit an, mit der die Regierung Brüning-Dietrich um die Beseitigung der Reparationen und um die Sicherheit unseres Vaterlandes ringt. Sie weiß auch, daß die Negierung die deutsche Währung erhalten wird. Sie würdigt ihr starkes Bemühen um die Bekämpfung der Wirtschaftsnot. In dieser Zeit schwerster Gefahren untergräbt staatsfeindlicher Radikalismus Ansehen und Geltung der Negierung nach außen und innen. Das Gebot des Tages ist die kraftvolle Zusammenfassung zur Verteidigung unserer Staats- und Gesellschaftsordnung. Jetzt vor den bedeutsamen Wahlen des Reichspräsidenten und der Landtage ist die Stunde gekommen, die schlagkräftige Aktiv nsgemc in schaft der Mitte zum Schutze von Staat und Wirtschaft vor sinnloser Zersetzung durch Nationalsozialisten und Kommunisten zu schaffen. Gelingt es auch jetzt nicht, eine solche Aktionsgemeinschaft zu bilden, bann ruft die Deutsche Staatspartei dazu auf. Brennendes zurückzustellen und sich in ihren Reihen zu vereinigen im Kampfe für Deutschlands Rettung.
Truppen in den Dienst der chinesischen Republik und erwarten, daß jeder Chinese als nationale Pflicht betrachte, die japanischen Truppen zu bekämpfen. Es gehe jetzt nicht um das Schicksal Schanghais, sondern um das Schicksal Chinas. Der Aufruf ist von sämtlichen Führern der chinesischen Na- tionalbewegung in Kanton unterzeichnet.
Chinesischer Flugplatz durch japanische Bombenflugzeuge zerstört. Acht japanische Flugzeuge zerstörten den chinesischen Flugplatz Hungjao bei Schanghai. Durch zahlreiche Bomben wurde ein grober Teil der dort untergebrachten chinesischen Flugzeuge unbrauchbar gemacht. Die Flugzcugschuppcn stehen in Hellen Flammen. Nördlich Kiangwan haben di, Chinesen einen erfolgreichen Gegenvorstoß unternommen
Politische Kurzmeldungen
In Reichstagskreisen rechnet man mit einer Mehrh-'it für Dr. Brüning bei den Abstimmungen am Freitag vor 10 bis 15 Stimmen. — Kommunistische Erwerbslosenrundgebungen in Berlin wurden von der Polizei nnlerdrückt. — Die Reichsbiersteuer soll ab 15. März um 7 Mark ge- kürzt werden. — Dem Reichskommissar gelang es, in Verhandlungen mit dem Neichsfachverbanö der Sattler, Polsterer und Tapeziermeister eine Senkung der Preise str Neuanfertigungen und Reparaturen in diesem Gewerbe um 10 Prozent herbeizuführen. — Domherr Joseph Klink, der Führer der deutschen Minderheit in Posen und Pommcrcl- len, ist nach einer Meldung aus Posen nach längerem Leiden gestorben. — In Genf trafen Tardieu, Grandi und Sir John Simon zusammen. Sie werden in den nächsten Tagen Besprechungen über die Abrüstungsfrage und wohl auch über das Tributproblem haben. - Zwischen Großbritannien, Frankreich und Italien ist kürzlich ein Dreierabkom- men zur Aufrechterhaltung des status quo im Mittelmeer, bis eine befriedigende Lösung der Situation im Ferne» Osten erzielt ist. abgeschlossen worden. Die drei Großmächte sollen ungehindert ihre Mittelmeerflotten, solange es nötig ist, für die Verwendung im Fernen Osten freigeben könne«.