Kommt1932der erhoffte Wirtschaftsumschwung?

Bon Dr. Karl von Tyszka, Professor an der Universität Hamburz

Wird mit dem Uebergang zur besseren Jahreszeit in diesem Jahre sich auch das Wirtschaftswetter wenden und unserer Wirtschaft einen, wenn auch nur mäßigen. Aufschwung bringen? Viele, sehr viele klammern sich an diese Hoffnung uyd schöpfen aus ihr den Mut. allen Schwierigkeiten zum Trotz durchzuhalten. Werden ihre Erwartungen enttäuscht werden, oder kann die Wirtschaftswissenschaft, deren Aufgabe es ja auch ist, aus dem Verlauf der Vergangenheit und den Faktoren der Gegenwart Schlüsse auf die mutmaßlich zu­künftige Entwicklung zu ziehen, ihnen Hoffnung machen? Zwei Aeußerungen zu dieser Frage liegen vor. Neben dem kürzlich erschienenen amtliche» Bericht des Instituts für Konjunkturforschung tn Berlin die Wirtschaftsprognose eines unserer führenden Großindustriellen, Peter Klöckner. Fol­gen wir dem letzteren, so sieht heute freilich noch die Lage recht trostlos aus, aber nach seiner Meinung ist der tiefste Punkt bereits erreicht und im Sommer, vielleicht schon im Spätfrühjahr wären erträglichere Verhältnisse zu erwarten. Klöckner stützt seine Ansicht, die freilich nur für die von ihm vertretene Kohlen- und Eisenindustrie gilt aber diese ist ja die Grundlage unserer ganzen Wirtschaft. auf die Fort­schritte, die hinsichtlich der Zusammenarbeit -er groben Eisen­werke in den europäischen Ländern gemacht sind und wovon er eine Belebung für die ganze Wirtschaft erwartet. Aller­dings steht auch er als Voraussetzung die Regelung der Re- parations- und Schuldenfrage an.

Weniger hoffnungsvoll lautet wenigstens auf de» ersten Blick der Bericht des Konjunkturinstituts. Ein sehr trau­riges Bild des Absturzes unserer Wirtschaft wird uns hier amgerollt. Aber wir müssen den ganzen Ernst der Lage er­fassen und dürfen die Augen auch vor ungünstigen Tatsachen nicht verschließen, wenn wir eine wahrheitsgetreue Wirt­schaftsprognose geben wollen. Nehmen wir das Jahr 1928 als ein Normaljahr an. so zeigt sich, in welch erschreckender Weise die industrielle Erzeugung, die volkswirtschaftlichen Umsätze das Bauvolumen und der Außenhandel abgcsunken sind, das Volkseinkommen sich vermindert hat währen- die Arbeitslosigkeit und die Zahl der Konkurse gestiegen sind. Um einige charakteristische Zahlen zu geben - Tic industrielle Pro­duktion ist von HIN «Inder» auk 70 zurückgegangen. die volks­wirtschaftlichen Umsätze habe» sich von 154.3 auf 105,0 Mil­liarden Mark verringert, das Bauvolumen ist von 8.!1 auf 4.5 Milliarden, die Ausfuhr von 12,4 ans 9.6 Milliarden, die Einfuhr noch weit stärker von 13.6 auf 6,7 Milliarden ab­gesunken. und das Volkseinkommen, das 1928 auf 75,4 Mil­liarden geschätzt wurde, dürfte heute nur etwa 59 Milliar­den Mark betragen. Dagegen ist die Zahl der Arbeitslosen von 1,39 Millionen aus 604 Millionen und die der Konkurse von 10 595 aus über 17 069 gestiegen.

Das sind erschreckende Zahlen! können wir trotzdem Hoff­nung haben? ES fällt schwer, eine Antwort darauf zu gebe», denn gerade gegenwärtig zeigt sich die Zukunft so tief verschleiert wie kaum je. Ich glaube aber, daß wir ohne den schweren Ernst der Lage zu verkennen doch noch in diesem Jahr eine Besserung der Verhältnisse erwarten kön­nen. und finde für Kiese meine Vermutung Stützen sowohl in der Entwicklung der weltwirtschaftlichen Verhältnisse als auch in unserer eigenen Volkswirtschaft.

Was das crstere. die weltwirtschaftlichen Ver­hältnisse anbclangt, so glaube ich mich nicht zu täuschen, wenn ich behaupte, daß die Völker der Welt mit Aus­nahme nur eines Landes immer mehr die Notwendigkeit gegenseitiger Zusammenarbeit zur Ueberwindnng der schweren Weltkrise einschcn. Man beginnt zu erkennen, daß die einzelnen Länder der Weltwirtschaft sich wie Kunden und Lieferanten gcgcnüberstehe» und daß. wenn die Kauf­kraft des Knndenlandes durch maßlos hohe ihm aufgebürdete Zahlungen geschwächt ist, dieses Land auch nicht Abnehmer der Waren sein kann, welche die anderen Bölker anzubieten haben. Daß die Wohlfahrt des einen Landes die Quelle des Reichtums des anderen ist, diese Erkenntnis bricht sich immer

mehr Bahn, besonders auch in den Bereinigten Staaten von Amerika, in England und in Italien. Nur e t n Land sträubt sich noch und glaubt in seinersplendid isolation" mit seinem Goldreichtum der übrigen Welt trotzen zu können. Man braucht aber kein Prophet zu sein, um vorauSschen zu kön­nen, daß Frankreich sehr bald die Nachteile der hochmütigen Ablehnung jeder internationalen Zusammenarbeit am eige­nen Leibe schwer wird büßen müssen; auch hier kommt Hoch­mut vor dem Fall. Denn wenn auch Frankreich militärisch das stärkste, am Gold gemessen, das verhältnismäßig reichste Land ist, was nützt ihm das alles, wenn es wie eS den Anschein hat, die Verbindung mit den übrigen Ländern immer mehr verliert? Die Geschichte zeigt uns genug Bei­spiele des Sturzes eines übermächtigen und als unbezwing­bar angesehenen Gegners von heute auf morgen. Deshalb ist es Aufgabe eines jeden von uns. an welcher Stelle er stehe, wo und wie er immer zu Wort kommen kann, fort­gesetzt darauf hinzuweisen, daß Deutschlands Gesundung ab­hängig ist von der endgültigen Beseitigung der Neparationslasten, sowie der Regelung der Aus­landsverschuldung in 'einer tragbaren Weise, und daß die Erholung der deutschen Wirtschaft wiederum die Voraus­setzung der Gesundung der Weltwirtschaft ist Deutschland als das Land der Mitte im mehrfachen Sinne, im geographischen, geopolitischen und technisch-wirtschaftlichen, kann nicht aus- geschaltet werden, ohne daß die Weltwirtschaft ebenfalls da­hinstecht.

Neben der Stabilisierung -er weltwirtschaftlichen Ver­hältnisse ist aber auch die Konsolidierung unserer volkswirtschaftlichen Verhältnisse notwendig. Auch hier sehe ich die ersten Schritte zur Besserung. Denn was die deutsche Wirtschaft bisher so schwer belastete, was ihre Konkurrenzfähigkeit aus dem Weltmarkt so schwer be­einträchtigte, waren der hohe Preisstand und der Zinssatz. Ein Vergleich der Lebenshaltungsindexzisfern im dritten Vierteljahr 1631. wie sie das Statistische Ncichsamt vor kur­zem bot, zeigt, in welchem Grade die Lebenskosten in Deutsch­land immer noch höher liegen als in den meisten übrigen. Ländern. Setzt man 1913 gleich 100. so stellte sich der Lebens­

haltungsindex lin Gold umgerechnet» in Deutschland «»f 133. in England dagegen auf 120 , in Frankreich auf 115 , jy Italien auf 117, in Oesterreich aus 108 , in der Tschechoslowa­kei auf 97, um nur einige Länder zu nennen Zn diesen hohen Preisstand ist jetzt eine Bresche geschlagen, und man wird aus den verschiedensten Gründen deren Ausführung hier zu weit ginge annehmcn können, daß die Lebenskosten sich noch weiter, wenn auch langsam und allmählich senken werden. Dadurch wird der Verbraucher entlastet, währen­dem Erzeuger durch die gleichzeitige Senkung der Grund- stoffpreise und Zinssätze die Möglichkeit der billigeren Her­stellung und des preiswerten Einkaufs der Waren gegeben wirb, so daß von der Senkung der Lebenskosten auch der Kaufmann Vorteil hat. Ein armes Land wie unser Deutsch­land muß billig sein, denn nur bann kann es aus dem Welt­markt konkurrieren.

Die notwendige Begleiterscheinung und Voraussetzung der Preisermäßigung ist die Ztnssenkung. die, a». geordnet durch die letzte Notverordnung, nun ebenfalls vor sich geht- Das bedeutet eine Belebung unserer ganzen Wirt­schaft. Viele Fabrikanten und Kaufleute, für die bei den bis­herigen hohen Zinssätzen eine Kapitalaufnahme zur Wetter­führung ihres Unternehmens unmöglich war. werden jetzt in den Stand gesetzt. Geld aufzunehmen, zu arbeiten und Personal zu beschäftigen. Diese Entlastung, die der Geldmarkt und damit die Wirtschaft durch die Zinssenkung erfahre«, spiegeln bereits die letzten Neichsbankausweise wider.

So besteht die Hoffnung, daß auch wieder Vertrauen i« die Wirtschaft kommt. Denn daran fehlt es noch. Von ent­scheidender Wichtigkeit ist es. daß in allen Schichten der Be- völkerung die Einsicht in die Notwendigkeit des Sparens wiederkehrt. Daß unsere Gelddecke so knapp, daß io wenig Zahlungsmittel vorhanden sind, liegt zu einem sehr wesent­lichen Teil daran, daß noch sehr viel Geld ängstlich und heim­lich verwahrt,gehamstert" wird. Wenn all das Geld, das heute in Kommoden. Strümpfen. Schubladen usiv versteckt ist. au amtlicher Stelle wird diele Summe aus 1,5 Mil­liarden geschätzt wieder durch die Banken und Sparkasse« dem wirtschaftlichen GclökreiSlauf Angeführt würde, so er­hielte die Wirtschaft sogleich ein anderes Gesicht und würde neu auileben. Allo mehr Vertrauen gegenwärtig, das ist das Letzte, was noch kehlt, damit im Frühjahr mit der Wetter- wenbe auch eine Wirtschaftswende einsetzt.

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> Sechs Millionen Arbeilslosel

Nunmehr hat das Arbeits­losenheer auch dieSechs-Mil- lionen-Grenze überschritten. Am 3 l. Januar waren rund 6041000 Arbeitslose gemel­det. Dies bedeutet gegenüber dem 15. Ja», eine Znnainn« ^ um rund 75000.Mil weichen D Niesenschrillen das Arbeits­losenheer angewachsen ist, zeigt unsere Statistik, die so­wohl den niedrigsten als auch den höchsten Stand der jewei-

b°hre berücksichtigt.

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Originalroman von Gert Nothberg.

L9. Fortsetzung Nachdruck verboten

Langst wußte Jutta nun. daß ihre Reise nach hier ver­geblich war. Karl Heinz war nicht mehr hier, und sie wollte ihm vorläufig nicht Nachreifen. Sic mußte einstweilen noch bleiben, jedoch lief ihr Vertrag in Kürze ab. Vielleicht wurde sie nach Amerika gehen, aber sie wußte es noch nicht. An­träge hatte sie genug. Eie wollte es dem Schicksal überlassen, ihr den Gatten in den Weg zu führen. Es hielten sie ja keine Sorgen ums Geldverdienen davon ab. hier im herrlichen Vom längere Zeit zu verweilen Schon oft hatte Jutta auf­geatmet. wenn sie wieder einer Verpflichtung ledig war. Aber immer wieder bat man sie »m einen Liederabend.

Eine große Zeitung brachte ihr Bild nnt Kritik: Sie singt mit einer süßen, goldklaren Stimme. Wie Engelsgemug. >0 rein und innig. Wir hoben große Sängerinnen, von deren Heuer hat Inge Stern nichts. S'e ist eine Künstlerin für sich alle-n

^nge-Iutta freute sich, den Menschen durch Ihren Gesang wohizütun. Doch war sie auch gern einmal für sich allein.

Hanne Oldenberg glaubte immer noch zu träumen. Ls war ihr unfaßlich, daß sie wirklich in Italien war.

Herr van Engelen hatte auch viele Bekannte von seinem früheren Aufenthalt her. So war es jedem eine Freude, län­gere Zeit in Rom verweilen zu können.

Jutta hatte vor einiger Zeit eine junge Amerikanerin kennen gelernt, welche gern Konzerte besuchte, sonst aber ziemlich zurückgezogen in ihrer Villa in Froskatl lebte.

Die beiden jungen Damen hatten sich herzlich zueinan­der hingezogen gefühlt.

Ethel Morland hatte Jutta schon ein paarmal besucht. Nun mußte Jutta diese freundschaftlichen Besuche endlich einmal erwidern. Sie war so dringend und herzlich einge­laden worden. So wollte sie heute nach Fraskati hinaus.

Hanne war bereits fertig. Sie trug nur noch schwarze

Seide uns wa^ nicht wenig stolz daraus. Rur das eine tat ihr leid, daß ihre Verwandten sie nicht sehen konnten. Sie hing mit unsagbarer Liebe und Treue an Jutta. Jetzt aber war sie der jungen Frau behilflich, sich fertig anzukleiden, da die Zofe heute weggeschickt worden war, um gleichfalls einen freien Tag für sich zu haben.

Jutta trug ein weißes Kleid aus zartem, duftigen Stoff. Ein breiter Hut von derselben Farbe, mit einer blassen Rose geschmückt, paßte vorzüglich dazu. Die kleinen Füße steckten in weißen Tcnnisschuhen. Ein Spitzenschiri», die silberne Tasä)e. die Handschuhe noch schnell, und dann ging es fort.

Während der Fahrt bewunderten sie aufs neue all die herrlichen Bilder, die sie nun schon so oft gesehen hatten.

Hanne stieß einen lauten Iubelruf aus, als man nach Fraskati kam. Die Abhänge mit den blauen Brüchen erreg­ten auch Juttas Entzücken.

Wie wundervoll, wie wundervoll!" rief Hanne Olden» bcrg.

Jutta sog mit scheuer Andacht die duftende, von Rosen­wellen getragene Luft in sich hinein. Aus den Gürten der Billen, der weißen Marmorhäuser, stieg ein berauschender Geruch. Gab es wirklich so viel Schönheit? Und der Ginster blühte und leuchtete.

Bald kam auch die Billa Ethel Morlands in Sicht. Me junge Dame erwartete ihre Gäste bereits. Nun kam sie ihnen freudig entgegen.

Die beiden jungen Damen begrüßten sich herzlich.

Wie schön, 0 wie wunderschön," rief Jutta, »dort diese Wassernixe "

Ethel nickte lächelnd.

Sie lenkten ihre Schritte dorthin.

Ein herrlicl-er Frauenleib aus weißem Marmor, aber von solch sinnbetörender Schönheit und Vollkommenheit, daß den Beschauerinnen der Atem stockte. Welche Meisterhand mochte das geschaffen haben?

Es ist ein Werk des Professors von Saldern," sagte Ethel erklärend. Ein leises Rot war dabei in ihr schmales Gesichtchen gestiegen. Jutta stand noch immer bewundernd.

Aus dem weißen Marmorbeüen stieg der jchlanle Frauea-

leiv hervor. Große sremdlanvijche Wasserpflanzen bedeckte, den Boden des Beckens. Goldfische schossen durch das klar« glitzernde Wasser. Rings um das Ganze standen blühend« Akazien-, Mandel- und gltronenbäume, kleine Orangem Haine.

Ein Paradies. Miß Morland. wie einzig schön ist da« alles."

Nun aber bat Ethel die Gäste ins Hans. Gleich werde c« furchtbar heiß im Garten, da die Sonne den Höchststand er­reicht habe.

Man ging plaudernd ins Haus.

Und immer van neuem oab es zu bewundern und zu staunen. Ueberoll Kunstgegenstände von unermeßlichem Wert.

Jutta sah Ethel scheu an. Wie reich mußte diese jung« Amerikanerin sein.

In einem ganz in rom oeholtenen Zimmer bat Ethel d>e Damen. Platz zu nehmen. Die erste kleine Erfrischung sollte hier gereicht werden.

An der einen Wandseite hing das Bild einer zarten äl­teren Daine.

Meine liebe, verstorbene Mama," sagte Ethel mit wei­cher Stimme.Sie lebte ihrer Gesundheit weaen immer hier im Süden. Sie allein bat dieses Heim geschaffen."

Jutta gefiel das Gesicht sehr. Sie fand eine große Aehn- lichkeit mit Etlicl. Man plauderte von diesem und jenem. Ethel fragte Jutta, wie lange sie wohl noch hier in Italien bleibe. Sie erwarte bald ihren Vater, und da derselbe Musik und Gesang über alles liebe, so sei es ihm ganz gewiß eine besondere Freude, Juttas Stimme zu hören.

Aber nun." Ethel stand auf bei diesen Worten, »will ich mich mal um unser Diner kümmern. Ich bitte einen Augenblick um Entschuldigung." Sie duschte hinaus.

Jutta aber und Hanne standen auf. »m auch die anderen Photographien, welche in kostbaren Nahmen umherstanden, in Auoenschein zu nehmen.

Plötzlich w-itelcn sich Juttas blaue Angen.

Wie nach einem Halt suchend, ergriff sie Hannes Arm. Diese schaute gleichfalls erschrocken auf das Bild.