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Aienstag, den 9. Februar 1932

Fahrgang 104

Generalaussprache auf der Abrüstungskonferenz

Der englische Außeinyinister enttäuscht durch feine Zurückhaltung Tardieu wiederholt die französische Sicherheitsthese Für Deutschland keine guten Aussichten

-- Genf» g. Febr. Die GeneralaussprachederAb- rttstungskonferenz ist gestern durch den englischen Außenminister Sir John Simon eröffnet worden. In sei­nen sehr allgemein gehaltenen Ausführungen erklärte der Vertreter Englands n. a.: Das wesentliche Erschwernis der gegenwärtigen Lage ist das wachsende Mißverhältnis zwischen jenen Staaten, die seit Kriegsende ausgerüstet, und jenen Staaten, die noch heute unter der durch die Verträge auf- erlcgten Rüstungsbeschränkung stehen. Aufgabe der Konfe­renz mutz cs sein, zunächst dieallgcmcineGrnndtage für die weiteren Verhandlungen fcstzulegen. Obwohl die Lasten siir die Kricgsansgaben außerordentlich sind, darf man flch mit deu Vudgetfragcn allein nicht beschränken. Der Ge­danke, das, ein hoher N n st n n g s st a n d Ersatz für die S i ch e r h e i ti sei, ist längst überholt. Diese Illusion fchafst nur die Gefahr der Unsicherheit bei den weniger ge­rüsteten Völkern. Unser Endziel mutz aber Sicherheit für alle sein. Die einseitige Rüstung ist im besten Fall nur ein Versuch, sich bei einer Krankheit vor der Ansteckung des Nachbarn zu schützen. Man muß praktische und energische Maßnahmen anwenden.

Das Programm der englischen Negier u n g ist -ie Festsetzung des Minimalpnnktcs des Nüstnngsstandes auf -er Grundlage des Entwurfes der Vorbereitenden Ab­rüstungskonferenz, die Abschaffung der Gas- und der chemi­schen Waffen, sowie der Unterseeboote, die Schaffung eines endgültigen Nüstiingsalisschiisses, der die Abrüstnngsarbeitcn überwachen soll. Die Frage der Abschaffung der allgemeinen Dienstpflicht sei zu prüfen. Dagegen sei die Begrenzung der aktiven Truppenbcstäude unbedingt erforderlich, sowie eine wesentliche Herabsetzung der allgemeinen Heeresausgabe». Außerdem empfiehlt Simon im Namen der englischen Re­gierung das Londoner und Washingtoner Abkommen als Grundlage für die Abrüstungskonferenz.

Die Erklärungen Simons haben enttäuscht insofern, als der Minister sich darauf beschränkte, die bereits hinlänglich bekannte englische Auffassung in der Abrüst,mgsfragc wieder­zugeben, ohne wesentlich neue Gesichtspunkte zu bieten. Dem­gemäß lag auch der Schwerpunkt der englischen Erklärung auf -er Frage Ser Flottenabrüstung. Peinlich überrascht hat bent- fcherseits die ausdrückliche Gutheißung und Festlegung auf den von uns wiederholt abgeändertcn Konventions- entwurf der Vorbereitenden Abrüstungskonferenz.

Der französische Kriegsminister Tardieu nahm, von lautem Beifall begrüßt, nach Sir Simon das Wort. Er er­klärte: Die Rttstilugöbcgrcliziiiig ist nur unter vier Bedin­gungen möglich: Unter Berücksichtigung der Sicherheit, der gemeinsamen Verpflichtungen, der geographischen Situation und derbesonderen Bedingungen". Auf dieFehler der Ver­gangenheit kommend, erklärte Tardieu daß er mit Nachdruck seiner Ucbcrzcngung Ausdruck gebeil muffe, daß mau wäh­rend der dreizehn Jahre nicht jene praktischen Resultate ans dem Völkcrbuudspakt gezogen habe, wie sie im Willen seiner Gründer gelegen wären. Frankreich fordert einen Völker­bund, der stark genug ist, Seil Frieden zu organisieren. Ein entscheidender Schritt in der Richtung zum Frieden muß jetzt gemacht werden: aber man darf sich keinen Augenblick von der Hauptaufgabe entfernen. Die Konferenz ist nicht beauftragt, die Karte der Welt zu ändern, einen neuen Friedeilsvertrag auszuarbeiten oder Probleme zu lösen, die mit dem Völker- bundspakt nichts zu tun haben. Wenn jetzt an Stelle der Ge­walt vertragliche Garantien gesetzt werden, so würde man damit von neuem seine Treue zu den bestehenden Unterschrif­ten bekunden. Frankreich hat bereits freiwillig eine wesent­liche Herabsetzung seiner Rüstungen vorgenommcn und ist bereit, die vertragliche Verpflichtung zu übernehmen, seine Rüstungen für eine bestimmte Zeit herabznjetzen.

Tardieir entwickelte sodann die Grundlinien des franzö­sischen Vorschlages und erklärte, der Friede wird nur dann gesichert sein, wenn man den Völkerbund gestärkt und wei­ter ausgebaut hat. Die Franzosen wissen, daß Frankreich seine Trilppenbcstände um ein Viertel, seine Einheiten um vermindert hat, während andere Mächte ihre militärischen Rüstungen fortgesetzt weiter ailsbailen. Frank­reich erinnert sich aber daran, daß England und die Bereinig­ten Staaten I9l9 erklärt haben, die Sicherheit Frankreichs sei nicht genügen-. Das französische Volk verlangt deshalb, daß der Boden Frankreichs geschützt wird. Das französische Volk ist stolz In dem Bewußtsein, daß der Frieden keinen einzigen Menschen unter die Souveränität Frankreichs ge­stellt hat, der nicht bereits seit langem dem Herzen nnd dem Willen nach Franzose war. Frankreich hat es niemals Un­terlasten, Zeichen seiner Großmut zu geben. Es hat 1SM eine in der Geschichte einzig dastehende Entschließung gefaßt: Fünf Jahre vor dem Ablauf Gebiete aufzugeben, die als ein territoriales Pfand Frankreich nach den Verträgen übermit­

telt worden waren. Frankreich hat 1926 durch beispiellose Opfer seine Währung stabilisiert, obwohl große Teile des französischen Volkes dadurch ruiniert wurden. Das franzö­sische Volk zieht aus dieser Lage den Schluß, daß die Ab­rüstungskonferenz jetzt handeln muß.

Jede Erwähnung der Hauptfrage, nämlich der bestehen­den Rüstungsungleichheit, hat Tardieu sorgfältig vermieden. Seine Rede war das rhetorisch Höchstmögliche, sachlich aber das Unglaublichste an unverantwortlicher Oberflächlichkeit ^ nnd Einseitigkeit.

Die Rede Tardieus hat auf der Abrüstungskonferenz das größte Aufsehen hervvrgcrusen. Man liest aus den Erklä­rungen Tardieus heraus, daß er die Konferenzteilnehmer in ultimativer Form vor die Wahl gestellt habe, ob sie die Kon­ferenz znsammenbrechen lassen oder den französischen Sicher­heitsstandpunkt anuchmen wollen, der den Lurch den Ver­sailler Vertrag geschaffenen Zustand verewigen soll. Die all­gemeine Aufmerksamkeit wendet sich daher nunmehr den Er­klärungen zu, die der Reichskanzler hentc im Namen der deutschen Neichsregierung abgebe» wird. In deutschen Krei­sen ist man der Auffassung, daß durch den französischen Vor­stoß Sie seit langem erwartete Auseinandersetzung zwischen dem deutschen und dem französischen Standpunkt in der Abrüstungöfrage unvermeidlich geworden ist, so daß sich eine baldige eindeutige Klärung des deutschen Stand­punktes nicht mehr umgehen lassen wird. Der Kanzler dürfte daher mit grundsätzlichen Vorschlägen hervortreten und die von Deutschland seit langem verlangte klare Entschei­dung in der Abrüstungskrage fordern.

Die Arbeiten an dem deutschen Entwurf eines all­gemeinen Abrüstungsabkommens werden mit großer Beschleunigung zu Ende geführt. In unterrichteten Kreisen nimmt man an, daß der deutsche Vorschlag Ende der Woche eingereicht wird und von Botschafter Nadolny vor Ser Versammlung begründet werde» wird. Der Entwurf, der von militärischer Seite ausgearbeitet worden ist, soll die direkte Herabsetzung der Rüstungen verlangen und die be­kannten deutschen Forderungen zur Abrüstnngsfrage lücken­los enthalten.

Die Franzosen suche« Verständigung mit England

Die französische Abordnung hat am Montagabend der Presse eine Erklärung abgegeben, nach der die französische Re­gierung der Rede des englischen Außenministers Simon grüßte Bedeutung beilegt, da die englische Regierung sich jetzt uneingeschränkt auf den Boden des von dem Abrüstungsaus­schuß ausgearbcitctcn Abkommenseutivurfes stelle, der bis­her von der deutschen Negierung wegen des Art. 53 auf das entschiedenste avgelehnt worden ist. Eine Berstänötgung zwischen der englischen und französischen Negierung in der Abrüstnngsfrage erscheine nunmehr durchaus möglich, da beide Regierungen darüber einig seien, daß die Verhand­lungen streng im Rahmen des Abkommensentwnrfes gehal­ten und eine Lösung des Abrüstungsproblemes nur auf der Grunölagee dieses Entwurfes gesichert werden könnte. Ferner wird betont, daß die Rede Tardieus am Montag keineswegs nur ein taktisches. Manöver sei, sondern als Grundlage der weiteren Verhandln »gen angesehen werden könne.

Besprechungen über die Tributfrage in Genf

Simon» Tardieu und Grand» bei Brüning.

TU. Genf, 9. Fcbr. Die Besuche, die gestern zuerst der englische Außenminister Simon, sodann der französische Kricgsminister Tardieu nnd darauf -er italienische Außenminister Grandi im Hotel Metropole Reichskanzler Dr. Brüning abstatteten, dauerten je 1 Stunde. In den drei Unterredungen soll fast ausschließlich die Tributfrage im Vordergrund gestanden haben. Insbesondere soll die Frage des Zusammentritts der Tribntkonferenz im Juli eingehend erörtert worden sein.

DiedeutscheMemel-Note an denVölkerbund

TU. Genf, 9. Fcbr. Die vom Reichskanzler Brüning Un­terzeichnete Note an den Generalsekretär des Völkerbundes, in der die Neichsregierung beantragt, die Vorgänge im Me­melgebiet auf Sic Tagesordnung einer außerordentlichen sofort einzuberufenden Sitzung des Völkerbundsratcs zu setzen, ist dem Generalsekretär des Völkerbundes übermittelt worden. Dieser hat Sic Note unverzüglich telegraphisch der litauischen Regierung übermittelt mit dem Ersuchen, einen Vertreter im Völkerbundsrat zu ernennen. Satzungsgemäß ist das deutsche Ersuchen auf die Tagesordnung des Völker- bunösrates gesetzt worden.

In der Note weist die Reichsregierung darauf hin, daß die litauische Regierung durch ihr willkürliches Vorgehen einen offenen Bruch-es MemelabkommenLbe-

Tages-Spiegel

Dir Gcneralanssprachc drr Abrüstungskonferenz Hatto einer' schlechten Beginn. Der Vertreter Englands, von dem man eine Berücksichtigung der denischen Forderung auf gerechte Abrüstung erwartet hatte, begnügte sich mit allgemeine» Erklärungen und bemühte sich sichtlich, Frankreich keine Schwierigkeiten zu bereite«.

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Der Vertreter Frankreichs auf der Abrüstungskonferenz wiederholte die bekannte Sicherheitsthese und fand hiermit bei de« östliche« Vasallenstaaten lauten Beifall.

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Heute vormittag wird nun Reichskanzler Brüning in Genf sprechen: seine Rede wird auf alle deutschen Rundfunksender übertragen.

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Die Vertreter Englands, Frankreichs nnd Italiens statteten gestern dem Reichskanzler Besuche ab, nm die Tribntsrage nnd die Mcmelfrage zn erörtern.

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Die bisher dem Hindenburgausschnß gemeldeten Einzeich- nnnge« für die Volkskandiöatnr Hindenvurgs haben am Montag abend die Zahl von einer Million überschritte«.

gangen habe und daß es nnn'"ehr die Pflicht des Bölker- bnndsrates als Schützer des Memekabkommens sei. unver­züglich und mit größter Entschiedenheit alle Maßnahmen zu treffen, um die Einhaltung des Abkommens herbeiznführen und die litauische Regierung zu einer Zurückziehung ihrer Maßnahmen und Wiedergutmachung zu zwingen.

Die außerordentliche Ratstagung für die Memelfrage wird voraussichtlich morgen nachmittag beginnen. Die litaui­sche Regierung hat, wie verlautet. Mitteilen lasten, daß der litauische Außenminister sich wegen der Tagung nach Genf begeben wird.

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Das Memelgebiet fordert Volksabstimmung

Unter dem Druck der letzten Ereignisse, die deutlich be­weisen, -atz Litauen die Memelland-Antonomie völlig zer­schlagen will, erhebt sich in der Bevölkerung des Memel­gebiets immer deutlicher die Forderung aus Selbst­bestimmung durch eine Volksabstimmung. All­gemein ist man der Auffassung, baß im Hinblick auf die zahl­reichen Verletzungen des Memelstatuts der jetzt durchgefüh te Staatsstreich dem Bölkerbundsrat Veranlassung geben müßte, festzustellcn, daß Litauen die Bedingungen, unter denen es die Souveränität über das Memelgebiet erhielt, nicht erfüllt hat und daß es infolgedessen seiner Flechte verlustig gegangen ist.

Der Memeler Landrspräsident in seine Wohnung entlassen.

Gouverneur Merkys hat, offenbar unter dem Druck des deutschen Schrittes in Genf, am Montag mittag den Landes­präsidenten Böttcher in seine Wohnung, wo er jedoch streng bewacht wird, entlasten.

Ausschrcitnnge« im Memelgebiet.

In Deutsch-Krottingen an der memellündisch-litauischen Grenze kam es auf einer Versammlung der memelländischen Landwirtschastspartei zu wüsten Ausschreitungen großlitaui- scher Jungschützen. Die Burschen, die aus Litauen herüver- gekommen waren, hinderten den Redner. Len Führer der Partei, Konrad jr., am Sprechen und gingen dann zu Tät­lichkeiten über, wobei rnehrere LanSleute verletzt wurden. Da der Vertreter des litauischen Kriegskommandante» in Deutsch-Krottingen nicht eingrisf, gelang es den Jungschüt. zen, die Versammlung zu sprengen. Die Tätlichkeiten setzten sich später auf der Straße fort, wobei aus den Reihen der Litauer auch geschossen wurde.

Bor wichtigen innerpolilischen Beratungen

TU. Berlin» 9. Febr. Reichskanzler Dr. Brüning wird voraussichtlich im Laufe des Mittwoch in Berlin eintresfe», um an der für diesen Tag «»gesetzten Kabinettssitzung über die Bankenfrage teilzunehmen. Der Kanzler wird dann noch im Laufe der Woche weitere Besprechungen in der Präsidenten frage haben, die sich insbesondere auf die Festsetzung -es Wahltermines beziehen werden. Die vor­gesehenen Besprechungen über die Sozialreform dürf­ten ebenfalls nach der Rückkehr des Kanzlers stattfinden.

Die Sowjetunion verstärkt die Holzausfuhr

TU. Moska« (über Kowno), 9. Febr. Nach emer Meldung der Telegraphen-Agentur der Sowjetunion hat das Holz- kommiffariat beschlossen, daß die Zahl der bei den Forst- arbciten beschäftigten Kollektivbauern in kürzester Frist auf 700 Mann erhöht werden soll. Die Maßnahme wird mit der Notwendigkeit einer Vermehrung der Holzausfuhr be­gründet»