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VerantwvrU. Lchrislleitung'. §rieärich Han» Scheele Druck unä Verlag äer K. Oelschlager'schen Suchäruckeret

Freitag, den 15. Januar 1932

Jahrgang 104

Italienischer Vorstoß in der Tributfrage

Die Tributfrage muß erst in Europa geregelt werden, dann Ausnahme der

Verhandlungen mit Amerika

Nom» 18 . Jan. Die Mailänder ZeitungPopolo d'Jtalia" veröffentlicht einen weiteren Artikel zur Trl- bntfrage, der ebenfalls von Mussolini stammen bürste und der im eigentlichen eineAnsprache an Amerika" bedeutet. Der Artikel geht davon aus, daß Amerika der einzige Staat sei, der niemandem etwas schulde, dafür aber Gläu- bigeraller sei. Diese Tatsache vereinfache bas Problem. Alle seien sich dessen bewußt, - es früher oder später zur Streichung der deutschen Reparationen kommen müsse. Die deutsche Regierung habe amtlich durch ihre Botschafter mit- getctlt, - Deutschland nicht mehr zahlen könne, weder heute noch morgen noch je. Das sei die vollendete Tatsache und als solche unwiderruflich.

England teil« nun mit, daß es keine radikalen Lösun­gen wünsche. Frankreich finde in der noch unbestimmten Haltung der Bereinigten Staaten einen Grund zur Unnach­giebigkeit. Der Schlüssel lieg« aber allein in den Händen der Bereinigten Staaten. Was sei zu tun ? Sollte inan Geivaltmaßnahmen ergreifen, um Deutsch­land zur Zahlung zu zwingen? Mit welchem Ergebnis? Die Zeit der Nuhrbesetznng sei vorüber. Eine derartige Maßnahme, an der sich in irgend einer Form zu beteiligen Italien ablehnen werde, sei undenkbar. WaS würde ans Locarno werden und was das Schicksal des Völ­kerbundes sein? D e r e i n z i g e AuSweg sei, daß man zwischen den europäischen Staaten mit der Schulden st reichung beginne und dann Ame­rika e i» e g e m e i n s am e F r o n t d e r e u r o p ä i s ch e n Schuldner zeige.

Glaubt ihr, daß die Bereinigten Staaten Len Mut hätten, dte weiteren Zahlungen ihrer Kredite von den europäischen Staate» zn fordern, die Deutschland eine solche Konzession gemacht hätten? Glaubt ihr, daß die Vereinigten Staaten Europa zwingen würden, den verderblichen Kreislauf, den die Lausanner Konferenz jetzt endgültig brechen soll, wieder neu erstehen zu lassen? Gegenüber einem Willensakt ganz Europas, das durch den gegenseitigen Erlaß der Schulden beweisen würde, daß es die Unterscheidung zwischen Siegern und Besiegten überwunden habe, würden die Ver­einigten Staaten nicht -en Mut haben, darauf z» bestehen.

Diese Auffassung wird in dem Artikel desPopolo d'Jta- lia" sodann in moralischer, politischer und wirtschaftlicher Hinsicht begründet. In diesem Zusammenhang wird auch der günstigen Wirkungen gedacht, die das Hvovcr-Morato- rium anfangs gehabt habe, bis di« Zeichen der Genesung auslöschtenunter den großen Wasserstrahlen der Prozedur, die die französischen Juristen, die die Finanzberater des Staates nun einmal sind, Vornahmen". Wenn also schon das einjährige Hvover-Moratorium die Welt habe wieder bele­ben können, so könne man an einer Genesungnicht zwei­feln, wenn erst das große Hindernis fortge­räumt sei, das alle Volker augenblicklich in seinem Bann halte. Aber der erste Schritt müsse in Europa geschehen. Man könne nicht verlangen, daß die Bereinigten Staaten die Initiative ergriffen.

Europa müsse die Vereinigten Staaten vorei nevoll- endete Tatsache stellen, ebenso wie die europäischen Gläubiger Deutschlands sie vollendete Tatsache seiner Zah­lungsunfähigkeit annehmen müßten. Dte große Glocke der Wirklichkeit, so schließt der Artikel, klinge mit ihren häm­mernden Schlägen zwischen beiden Ufern -es Atlantik.

Diese Ausführungen desPopolo -'Italic»" haben in Berlin größtes Interesse erregt. Es wirb darauf htnge- wiesen, daß das bekannte Interview des Reichskanzlers den deutschen Standpunkt zu den italienischen Vorschlägen be­reits ausreichend dargelegt habe. Es sei dagegen nicht rich­tig. im Zusammenhang mit der Veröffentlichung -es Popolo -'Italic, von einer europäischen Front gegen Amerika zu sprechen. Das italienische Blatt vertrete den alten amerika­nischen Standpunkt, daß erst Europa zu einer Einigung ge­langen müsse.

Frankreich kann befriedigt sein.

Im halbamtlichenGiornale d'Jtalia" sagt Gayda, daß die Aufforderung desPopolo d'Jtalia" den ersten wirk­lich aufbauenden paneuropäischen Bersuch -arstelle. Musso­lini arbeite aus die Vereinigung Europas hin. Gestützt aus reiches Zahlenmaterial weist Gayda nach, - Frankreich schon 16 Milliarden Erhalten habe, während nach Angaben des französischen Ministers für vjfentlirhe Arbeiten -er Wiederaufbau nur 19,5 Milliarden Mark gekostet hätte. Frankreich könnte sich also zufrieden geben. Die europäische Front, -je Mussolini wolle, ziele auf die Berständiguug zwi­lchen beiden Ufern des Atlantik ab.

England «nd die Lausanner Konferenz

Das englische Kabinett erörterte gestern wiederum die Tributfrage und die Vorbereitungen für die Lausanner Kon­ferenz. Endgültige Beschlüsse wurden auch jetzt noch nicht gefaßt. Zunächst will die Negierung die Verhandlungen zwi­schen -en englischen und italienischen Finanzsachverständigen abwarten, die heute in London stattfinben. Zu diesem Zweck hat sich der italienische Finanzsachverständige Beneduce nach London begeben.

Berliner Blätter geben eine Reuttermeldnng aus London wieder, in der es u. a. heißt: Obwohl es unter den gegen­wärtigen Verhältnissen nicht so anssteht, als ob eine end­gültige Regelung der Reparationsfrage erfolgen könnte, würde doch, wie man zu wissen glaubt, die englische Regie­rung mit einer Zwischenlösung allein nicht zufrieden sein, die nur darauf hinausläuft, daß man auf der Stelle mar­schiert. Die zuständigen amtlichen britischen Kreise unter­stützen einigermaßen die Ansicht, daß ein langfristiges Mora­torium nicht genüge; wenn man jetzt keine endgül­tige Regelung erlangen könne, so wäre eS bes­ser, einen Vergleich zu schließen, der die End­lösung beschleunigt, anstatt sie zu vertagen. Dieser Ansicht dürfte es -uznschreiben sein, wenn -ie eng­lische Regierung das Reparationsproblem studiert «nd ihre Bemühungen darauf richtet, den Weg für eine günstigere Stimmung fretzumachen, um dadurch eine endgültige Rege­lung in den Bereich des Möglichen zu rücken. Man glaubt zu wissen, baß -ie englische Regierung es vorziehen würde, wenn die Kriegsschuldenfrage in Lausanne nicht erörtert würde und sich die Konferenz einzig «nd allein auf das Reparationsproblem beschränken würde. Im übrigen ist das Datum des 25. Januar feststehend. Man glaubt nicht, - die Konferenz länger als eine Woche dauern wird.

Die Haltung der Bereinigte« Staaten

Die Stellung der Washingtoner Regierung gegenüber der Lausanner Konferenz wird wie folgt zusammengefaßt:Die Vereinigten Staaten erkennen an, Deutschland wird nicht imstande fein, die Reparationszahlungen nach Ablauf des Hoover-Moratoriums wieder aufzunehmen. Es erscheint auch unwahrscheinlich, baß England und Frankreich mit der Schul-

TU. Berlin, 16. Jan. Wie wir erfahren, soll die nächste Sitzung des Retchskabtnetts noch diese Woche stattfinden. Neben den laufenden politischen Fragen, zu denen in erster Linie die ReichSprästdentemvahl und die internationalen Kon­ferenzen gehören, stehen vor allem landwirtschaft­liche Fragen von grundsätzlicher handelspolitischer Be­deutung auf der Tagesordnung. Der Hauptpunkt dieses Teiles der Tagesordnung ist, wie dieLandwirtschaftliche Wochenschau" mitteilt, eine Vorlage des Reichsernährungs­ministers auf Erhöhung des Butterzolles. Bei Einführung des Zolles von 25 Mark je Zentner wurde sei­nerzeit ein Butterprets von über 140 Mark als angemessen im Verhältnis zu den Erzeugungskosten angesehen, während der heutige Butterpreis von 97 Mark ohne Zollerhöhung noch iveiter sinkende Tendenz hat, weil sich die Währungsent­wickelungen und die verstärkten Ueberschußzufuhren aus Uebersee noch nicht voll ausgewirkt haben und zudem im Frühjahr die saisonmäßig üblicheMilchschwemme" bevor­steht. Ein Ausgleich gegenüber dieser Entwickelung wäre etwa bei einem Zollvo«7bMarkje Zentner zu erwar­ten. Auch dabei wäre dafür Borsorge zu treffen, - bei weiterer Währungsentwertung im Ausland neue Dum­ping-Einfuhren selbsttätig abgewen-et wer­den können. Im vollen Umfange wird sich -ie Bntterzoll- erhöhung wegen -es an Finnland -ugestandene» und im Wege der Meistbegünstigung auch anderen Einfuhrländern zugute kommenden Kontingents von 5000 Tonnen ohnehin nicht answirkcn können.

Ob auch in der gleichen Kabinettssitzung -ie Neurege­lung desDüngemittelbezuges für di« Landwirt­schaft erledigt werden kann, steht nach der gleichen Quelle noch nicht fest. Es handelt sich um Düngemittel im Wert« von SOV Millionen Mark, widrigenfalls mit einem Ernte- rückgang bis zu einem Drittel zu rechnen wäre. Das gleiche gilt für die Saatgutversorgnng der Landwirt­schaft, wenn es sich hier auch um erheblich geringere Be­träge handelt. Zur Erwägung stehen bisher unter gegen-

Tages-Spiegel

Das Reichskabinett wird voransstchtlich noch in dieser Wschc. zu Beratungen über eine erweitert« Agrarhilfe durch Her- anffetze« des Bntterzolls «. a. Stützungsmaßnahmen zu» sammentreten. Ferner sind dt« bevorstehenden zwischenstaat­lichen Sonferenze» vorzuberelteu.

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Der Reichspräsident empfing gestern den Reichskanzler zum Bortrag. Die Nationalsozialisten richten erneut scharfe Angriffe gegen Brüning.

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Die Vertreter der deutsche« Städte sind im Reichssinanz» Ministerium vorstellig geworden, «m das Reich zn einer Erhöhung der für die Gemeindehilse ««gesetzten Summe von 2S0 Millionen Mark um IM Millionen Mark z« ver­anlassen. Die Verhandlungen habe» bisher zu keinem Er­gebnis geführt.

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Die italienische ZeitungPopolo d'Jtalia* macht eine» er­neute« Vorstoß für die Kriegsschukdenbcreinigung in Europa als Voraussetzung für de« Schnldenerlaß Ame­rikas.

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Der italienische Finanzsachverständige Benednce befindet sich gegenwärtig z« Verhandlungen über die Tributsrage in London.

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Der abgedankte französische Außenminister Briand wird als Minister ohne Geschäftsbereich Bölkerbundsdelegierter Frankreichs bleibe«.

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Der bentsche Flieger Kirch legte gestern aus einem Sport- ilngzeng die 14M Km. lang« Strecke StuttgartSie ckhelm in der Rekordzeit non 7 Stunden KV Minuten zurück.

denzahlung im Juli beginnen werden. Trotzdem aber findet man hier, daß das finanzielle Problem ausschließlich eine europäische Angelegenheit sei. Aus diesem Grunde wird erwartet, daß -te Regierung der Bereinigten Staate» einen eventuellen Plan, der in Lausanne ausgearbeitet wer­den könnte, weder anzunehmen noch zu verwerfen gedenke. In der Zwischenzeit wird sich die Negierung von den Bera­tungen fernhalten."

Staatssekretär Stimson hat es, wie amtlich auS Washington mitgeteilt wird, abgelehni, einen Beobachter zur Tributkonferenz nach Lausanne zu entsenden.

settiger Ergänzung zwei Wege: Die Bereitstellung einer Ausfatlbürgfchaft für einen Teil der unter öffentlicher Kon­trolle jetzt noch zu liefernden und in Len Boden zu bringen­den Düngemittel und dte Vorberechtigung der neu entstehen­den Düngerkredite im gleichen'Verhältnis, wie die -er Steu­erschulden.

Nationalsozialistische Angriffe aus Brüning

Die Reichsregierung verwahrt sich.

TN. Berlin, 1k. Jan. Dr. Fr ick hat gestern in einer Rede in Lindau erklärt, -er Reichskanzler werde in der Tri­butfrage in Lausanne voraussichtlich üaS gleiche Schicksal erleiden, das Neichsaußenminister Cnrtius seinerzeit in der Zollunionsfrage erlitten habe. An zuständiger Reichsstelle wird hierzu unter Hinweis auf das bekannte Interview des Reichskanzlers erklärt, daß diese Aeußerung FrickS auf Las allerschärfste zurückgewiesen werden müsse. Es gehe nicht an, daß ein Führer einer großen Partei auf diese Weise dem Auslande Las Stichwort gebe, eS sei mit einem Umfall der Reichsregierung zu rechnen.

Ausländische Einwirkung ans Brüning?

Im Völkischen Beobachter schreibt gestern der national- sozialistische Außenpolitiker Rofenbergzuben Verhand- langen Brüning-Hitler der Prästdentschaftsfrage:Wir gehen nicht fehl in der Annahme, daß der immer noch amtierende Reichskanzler von sehr autoritativer Seite aufmerksam ge­macht worden war, daß er nicht mehr recht verhandlungs- fähig sei ohne Adolf Hitlers Unterstützung, da ja kein Volk mehr hinter der Regierung stände."

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Denkschrift Laytons über Reichsbahn «nd Tribute Im englischen Kabinett liegt außer dem Baseler Bericht;, der sich bekanntlich sehr eingehend mit der Reichsbahnfrage beschäftigt, auch eine Denkschrift Laytons zu dieser Krage vor. Sie sieht bestimmte Möglichkeiten für eine Neuregelung der Tribute vor.

Erweiterte Agrarhilfe vor dem Reichskabinett

Der Reichsernährungsminister fordert Erhöhung des Bullerzolls und Erleichterung der Düngemittel- und Saatgutversorgnng