Au» Stadt und Land.

L«l», den 26. Juni 1928.

Dtenstnachricht.

. Auf Grund der erfolgreich abgelegten Weiten Volksschul- dienftvrütuna ist Otto Schmid von Liebenzell zur ständigen An­stellung an ev. Volksschulen für befähigt erklärt worden.

Die Haftpflicht der Eisenbahn. k?iir Fehler in den ausgehangten amtlichen Fahrplänen, durch die ein Reisender nachweisbar geschädigt worden ist, haf­tet die Eisenbahn, nicht aber für Fehler in den Kursbüchern, auch nicht im Reichskursbuch. Ebenso hastet sie im allgemeinen nickt für falsche Auskünfte und versäumte Anschlüsse, selbst wenn ihr die Zugverspätung zur Last fällt. Ist z. B. dagegen ein letzter Abendzug nachweislich vorzeitig abgefahren, so können die dadurch zum Uebernachten gezwungenen Reisenden verlan­gen daß ihnen die entstandenen Unkosten ersetzt werden. Werden einem am offenen Wagenfenster stehenden Reisenden durch Funkenflug von der Lokomotive her die Kleider versengt, so steht ihm kein Schadenersatzanspruch zu: wird er dagegen an seinem Körper dadurch verletzt, so hat ihm dafür die Eisenbahn «u haften. Werden die Kleider eines Reifenden durch Un­sauberkeit der Betriebsmittel (Oel, Fett) ohne sein Verschulden .beim Ein- und Aussteigen aus dem Zuge beschmutzt, so hastet die Eisenbahn gleichfalls, da sich di« Betriebsmittel in taug­lichem und reinlichem Zustande befinden sollen, i Pie Kornrade als Giftpflanze.

Mit die schönste Zierde des sommerlichen Kornfelds ist die purpurrote Blüte der Kornrade. Der Landmann aber ist nicht so entzückt über diese Pflanze, wie der Naturfreund. Er weiß, .baß die Kornrade nicht nur ein lästiges Unkraut ist, sondern 'auch eine gefährliche Giftpflanze. Ihre Samen, enthalten einen Stoff, der, in größeren Mengen eingenommen, sowohl bei Men­schen, wie hei den meisten Haustieren schwere Gesundheitsftörun- .jgen bewirkt und selbst den Tod herbeisühren kann. So ist bei .fast allen Haustieren festgestellt, daß die Kornrade, in größeren Mengen verabreicht, schwere GesundhcitSschädigungen und selbst chen Tod im Gefolge hat; nur das Schwein scheint gegen das Radegift immun zu sein. Die Krankheitserscheinungen bestehen in einer starken Reizung der Schleimhäute, des VerdauungS- ikanals und der oberen Luftwege, wozu Blutüberfüllung im Ge­hirn und in den Nieren und Auftreibung des Leibes sich ge­sellen. Die tödliche Menge beträgt bei Schafen elf bis dreizehn 'Gramm, bei Kälbern und Kaninchen etwa fünfzehn Gramm; für das Huhn genügt, wie frühere Versuche gezeigt haben, schon der .Genuß einer Portion Brot, das drei bis fünf Gramm Rademehl ^enthält, um Uebelkeit, Kopfschmerzen, Kratzen im Halse und ^Heiserkeit hervorzurrusen.

Wetter für Samstag und Sonntag.

° Die Wetterlage ist ungewöhnlich stationär. Für Samstag Sonntag ist Fortsetzung des teilweise regnerischen und bei nordwestlichen Winden wenig warmes Wetter zu erwarten.

*

(STB.) Pforzheim, 28. Juni. Eine Mitgliederversamm­lung des Arbeitgeberverbandes für Pforzheim und Umgebung Mschloß mit 458 gegen 2 Stimmen, am Freitag dieser Woche ;»ur Kündigung der gesamten Arbeiterschaft der Schmuckwaren- >»ndu>strie zu schreiten, um den Folgen einer etwaigen Berbind- flichkeitserklärung des Schiedsspruches mit einer Lohnerhöhung ,>von 20 Prozent vorzubeugen.

(STB.) Reutlingen, 25. Juni. Als ein hiesiger Bürodiener ln scharfem Tempo aus dem Fahrrad den Sommerhaldenwcg Herunterfuhr und sich unversehens vor den geschlossenen Schran­ken des Bahnübergangs am Stadtgarten sah, war es ihm nicht mehr möglich, rechtzeitig anzuhalten; er rannte vielmehr an die Schranke und stürzte auf das Bahnglets, während ein Zug in unmittelbarer Nähe war. Eine rasche Wendung brachte den auf den Tod erschrockenen Mann aus dem Gefahrenbereich einen Augenblick später wäre das Unglück geschehen gewesen.

(STB.) Sigmaringen, 25. Juni. Hier gab es eine auf­regende Elefantenjagd. Als der Zirkus Holzmüller seine Tiere 'abtransportierte, brachte auf dem Güterbahnhof eine Lokomotive den Elefanten aus seiner tiefen Gemütsruhe. Der Riese riß Dich los und suchte vor dem zischenden und dampfenden Un­getüm sein Heil in der Flucht. Das Zirkuspersonal schwang sich -auf die Pferde und setzte dem Flüchtling nach. Durch die Markt- Ftrahe über die Nepomukbrücke ging die wilde Jagd. Den Vtraßenpassanten fiel das Herz in die Hosen ob des nächtlichen

Spuks. Hinter Bäumen und Häusernischeir suchten sie Schuh vor dem unter lauten Trompetenstößen daherbvausenden Koloß. Der Ausreißer wurde schließlich beim Spital eingehakt und ge­stellt. Jetzt gab er das Spiel verloren. Durch di« Stimme seines Herrn besänftigt, ließ er sich willig Fesseln anlegen und trottete dann-gemächlich dem Bahnhof zu.

(SCB.) Steinheim a. Murr. 25. Juni. Aus der Sandgrube von K. Sammet wurden die lleberreste eines Wisent geborgen. Die Kopfknochen, die Halswirbel- und die Fußknochen waren besonders gut erhalten. Der Schädel eines weiteren Wisent wurde blobgelegt. Der Funst wurde wohlverpackt nach Stuttgart abgeschickt. _

Aus Geld-,

Golks- und Landwirtschaft.

Berliner Briefkurse.

1 holländischer Gulden 1685,1 Ma.

1 französischer Franken 193,8 Ma.

1 schweizer Franken 816,3 Ma.

Börsenbericht.

(SEB.) Stuttgart, 25. Juni. Die Börse zeigte heute ein etwas freundlicheres Gesicht und die Kurse konnten leicht an- ziehen. obwohl die Umsätze sehr gering waren.

Landesprodukteubörse.

(STB.) Stuttgart, 25. Juni. Die Stimmung ist etwas freundlicher, die Umsätze sind aber nicht von großem Belang. Die Preise sind unverändert: Weizen 2124, Sommergerste 2124, Roggen 20.5022, Hafer 1621.50, Weizenmehl 3840, Brot­mehl 5234, Klei« 12 bis 12.50, Wiesenheu (Ernte 1924) 67, Kleeheu (Ernte 1024 ) 78. drahtgepreßtes Stroh 4.505 Mk.

PeodukleubSrsr- und Marktberichte de« Laudrvirtfchaftljcherr Hauytvrrbaudes Württemberg und HoheuzoNern E.B.

Berliner Produktenbörse vom 24. Juni.

Weizen märk. 266269; Roggen mark. 218222; Sommer­gerste 226245; Winter und Futtergerste 204226; Hafer märk. 231239; je per 1000 Kg. Mais loco Berlin 211-215; Weizenmehl 3436,50; Noggenmehl 1414,20; Raps 360 bis 375; Leinsaat 7378; Kl. Speiseerbsen 2526,50; Futter­erbsen 2124; Peluschken 2124; Ackerbohnen 2122; Wicken 2426; Lupinen blaue 10,5011,50; gelbe 13,5015; Raps­kuchen 15,6015,80; Leinkuchen 22,5023; Trockenschnitzel 8,20 bis 8,40; Torfmelasse 10; Kartoffelstöcken 20,3020,50.

Amerikanische Produktenbörse vom 23. Juni.

Newyork: Weizen Roter Winter-Sommer loco 199,25; har­ter dto. 173,25; Mais loco 117; Mehl Spring Wheat clears 750775; Chicago: per Juli 155,25; per Sept. 154; per Dez. 155,50; Roggen per Juli 107; per Sept. 109; per Dez. 111; Mais per Juli 105; per Sept. 105,86; per Dez. 88,50; Hafer Per Juli 47,86; per Sept. 48,50; per Sept. 50,86;

*

Stuttgarter Schlachtviehmartt.

(SEB. Stuttgart. 25. Juni. Dem Donnerstagmarkt am Vieh- und Schlachthof wurde zu ge führt: 28 Ochsen, 8 Bullen, 102 Jungbullen, 166 Jungrinder, 51 Kühe, 372 Kälber, 513 Schweine: alles verlauft. Erlös aus je 1 Ztr. Lebendgewicht: Ochsen 1. 5561 (letzter Markt 53-59), 2. 4452 (4256), 3. (36-46), Bullen 1. 5367 (5155), 2. 4651 (4549), 3. 4615 (39-^2). Jungrmder 1. 6366 (61-65), 2. 5266 (5159), 3. 4249 (39-48), Kühe 1. 3515 (33-43), 2. 22 bis 32 (21-31), 3. 1526 (14-19), Kälber 1. 7882 (7982), 2. 76-76 75-78), 3. 6668 (6276), Schafe 85 (8685),

Schweine 1. 8681 (78-79), 2. 7678 (7577), 3. 7476

(7477), Sauen 5866 Mark. Verlauf des Marktes: Bei Rin­dern mäßig, bei Kälbern langsam, bei Schweinen belebt, bei geringer Zufuhr.

Biehpreise.

Laupheim: Kälber und Boschen 190366, Kalbeln 396186, Kühe 380, Farren 240 Mk. Welzheim: Kühe 360666, Kal­beln 406556, Rinder 266456, Stiere 256406 Farren 460 Mark. Winnenden: ein Paar Ochsen mit 1251 Kg. 1396 Mk., 1 Ochse mit 775 Kg. 896 Mk. 1 Stier mit 225 Kg. 283 Mk-, Kühe 450-660 Mk., Kalbinnen 500700 Mk.. Jungvieh 200 bi s400 Mk. je das Stück.

Echwtineprets«.

Biberach: Läufer 75-80, Milchschweine 3246 Ml. Gail­dorf: Mklchschweine 3042 Mk. Laupheim: Mutterschweine 180 Mk.. Läufer 5558, Milchschweine 2535 Mk. Pforz- heim: Läufer 4045, Milchschweine 2625 Mk. Pfullendorf: Ferkel 2232, Läufer 3538 Mk. Wangen i. A.: Ferkel 2536 Mk. Winnenden: Milchschweine 3540, Läufer 60 bis 80 Mk. Welzheim: Milchschweine 3636 Mk. je das Stück. ^

Betriebskredit.

Tie deutsche Wirtschaft leidet seit mehr denn einem Jahre unter einem empfindlichen Kreditlan­ge l. Sowohl langfristige Kredite in Gestalt von Spar­guthaben der Bevölkerung wie auch kurzfristige als vor­übergehende oder auch dauernde Geschäftsguthaben von Handel und Gewerbe bei den Bankinstituten verschiedener Art in Form von Depositen und Kreditoren sind in vem für die blutleere Wirtschaft notwendigem Ausmaße noch sticht wieder vorhanden. Beides wieder zu sckiasfen, ist dringendes Gebot der Stunde, um die Wirtschaft von fremden Finanzmächten unabhängig und in ihren Ent­schlüssen sreibeweglich zu machen.

Dabei ist das Hauptaugenmerk auf die Bereitstellung von langfristigem Betriebskredit zu richten, damit nur kurzfristigen Geldern der Wirtschaft in den meisten Fällen nicht mehr ged ent ist. Es ist dies die Folge des Zusammenschrumpfens des Eigenkapitals der Unternehmungen und der Awierigen Absatzverhältnisse im In- und Auslands. Die Funktion des Betriebskredits ist heute eine andere als in der Vorkriegszeit, und die Zurückzahlung desselben stützt in den meisten Fällen wegen der dauernd ungünstigen Absatzuerhältnisse auf weitere größere Schwierigkeiten ehedem. Daraus resul­tieren dann Betriebsstörungen oder gar Betriebsein- schränhungen in weitem Umfange, die es im Interesse der Wirtschaft und der Arbeitnehmerschaft zu verhin­dern gilt.

Ueberblickt man die Entwicklung, die die Bereitstel­lung von kurzfristigem Kredit seit der Stabilisierung der Währung genommen hat, so kann von einem absolut un­günstigen Ergebnisse nicht die Rede sein. Die Ansamm­lung von kurzfristigen Geldern bei den Bankinstituten hat bereits einen weit größeren Umsatz angenommen, als diejenige von Sparkavital. Schätzungsweise werden der Wirtschaft heute wieder fünf bis sechs Milliarden Mark kurzfristiger Gelder zur Verfügung stehen. Die Summe wird noch bedeutend vermehrt durch die zeit­weiligen Ueberschüsse aus der Reichspostverwaltung und -er ÄLichsfinanzverivaltung, so daß beispielsweise die Unterbringung dieser allerdings nur alstägliches Geld" zur Verfügung stehenden Guthaben im letzten Jahre nicht immer gelang. Derartig kurzfristige Gelder aber haben heute für die Unternehmungen nur sehr proble­matischen Wert. Sie fließen daher auch durchwegs nur der Börsenspekulation zu, nützen somit der Wirtschaft nur indirekt durch Stützung der Efsektenkurse, was bei der Kreditverhandlung mit dem Auslande immerhin von Wert sein kann.

Die Wirtschaft fordert heute von den Banken Kredite auf längere Frist. Die Banken sind aber nicht in der Lage, dem Folge zu leisten, wenn nicht die Sparer ihnen ihre Ueberschüsse mit Kündigungsfristen von mehreren Monaten zu überlasten gewillt sind. Die Banken können ihre Kreditdisposittonen nur entsprechend dem Grundsatz der Liquidität nach Maßgabe der mehr oder weniger lang befristeten, ihnen anvertrauten Gelder des Publi­kums treffen. Es liegt also sehr wohl auch an der Ernsicht der sparenden Beoölkerungskreise, die Banken in die Lage zu versetzen, dem Kreditverlangen der Wirtschaft nachzukommen. Erster Grundsatz mutz daher sein: nicht als täglich kündbares Guthaben den Danken, die dauernd oder vorübergehend nicht benötigten Gelder zu über­lassen, sondern als solche mit mehrmonatigen Kündi­gungsfristen.

Vergib.

Original-Roman von H. Courths-Mahler 8 . Fortsetzung. (Nachdruck verboten.)

Wie auf Schleichpsaden pirschte er sich durch den Garten. Seine Augen spähten mit scharfen Blicken zwischen den blühenden Obstbäumen und Sträuchern umher. Der treibende, blühende Frühling ringsum steigerte seine Lebensfreude.

Bald entdeckte er die schlanke Gestalt im blauen Kletde. Lori hatte den Arm auf einen Zaun gestützt und schaute nach dem waldbewachsenen Bergrücken hin­über, der der. Horizont begrenzte.

Leise schlich er in ihre Nähe, ohne daß ihn Lori bemerkte. Nun war er dicht hinter ihr. Seine Augen blitzten lustig. Und plötzlich umfaßte er sie mit bei­den Armen, drehte sie zu sich herum und küßte sie aus den Mund einmal, zweimal, dreimal. Dann sah er sie lachend an.

.Das war die Strafe für dein Auskneifen, Baby!" rief er übermütig.

Lori hatte wie gelähmt in seinen Armen gelegen. Ihr Antlitz war bleich geworden und ihre Augen schloffen sich erst und sahen dann mit einem Ausdruck in die seinen, der ihn erschreckte, wie ihr ganzes We-

sen.

.Aber Lori, was ist dir denn?" fragte er ganz be­troffen, als sie wie betäubt in seinen Armen schwankte.

Da raffte sie sich gewaltsam zusammen und lächelte.

.Du Unband wie du mich erschreckt hast!" stam­melte sie.

.Aber Baby, wie kann ein junges Mädchen so blaß werden und so erschrecken» wenn ein schneidiger Leut- Nant es küßt!" ries er lachend.

Sie strich sich das Haar aus der Stirn und atmete tief aus. Damit war die Schwäche überwunden, die sie bet seiner plötzlichen Umarmung befalle» hatte. Sie twang sich zur Ruhe. Hans durste um keinen Preis

ahnen, welcher Sturm ihre Seele durchbrauste, als sie in seinen Armen lag.

»Konnte ich denn wissen, daß eS ein schneidiger Leutnant war, der wie ein Wegelagerer über mich herfiel? Ich dachte, ich sollte umgebracht werden," scherzte sie.

Er machte erstaunte Augen, in denen der Schalk lauerte.

»Hat meine Begrüßung einen so schauderhaften Eindruck auf dich gemacht, als solltest du umgebracht werden? Dann hat sie meine Gefühle nicht richtig zum Ausdruck gebracht und ich muß sie wiederholen. Komm, das Mäulchen noch mal her!"

Uebermütig wollte er sie wieder in die Arme- zie­hen, aber sie wich zurück und bannte mit aller Kraft das Zittern, das sie beste!.

.Untersteh dich, Hans-Georg! Für'S erste habe ich genug von deiner stürmischen Begrüßung", drohte sie scherzend.

Er faßte ihre Hände und zog sie an sich heran. Seine Augen strahlten. .Also guten Tag, Baby! Laß dich anschaun. Du wirst wirklich alle Tage schöner! Ich bin entzückt von meinem Schwesterchen."

.Du für Komplimente hast du in der Residenz Wohl bessere Verwendung", neckte sie.

Er zog die Brauen hoch.

»Ich mutz doch auch hier in der Uebung bleiben. Und überhaupt, Baby, bet dir kommt eS mir vom Herzen. Aber nun begrüße mich erst mal rierlich. Bis jetzt hast du das nämlich noch nicht getan. Erst bist du ausgekniffen und, statt mich zärtlich zu empsan- gen, stehst du hier am Garienzaun und schweifst in die Feme, wo doch das Gute so nahe liegt. Dann Irak- »erst du mich mit Vorwürfen, weil ich dich zu stür- misch begrüßt habe. DaS kannst du nur mit einer ebenso stürmischen Begrüßung wieder gutmachen. Also loSl"

Gr stellte sich dicht vor st» hin und hielt ihr den Mund entgegen.

Lort sah in seine übermütigen Augen. Ach, wie gerne hätte sie sich in seine Arme geworfen und ihre Lippen aus die seinen gepretztl Aber sie wußte, daß HanS^eorg nur wie ein Bruder für sie fühlte, wäh­rend in ihrem Herzen schon lange ein heißeres Emp- finden für ihn erwacht war. Er durste nie etwas da- von merken.

Sie ignorierte seinen Mund und faßte lachend nach seinen Ohren.

»Die Begrüßung von vorhin war nach meinen Be­griffen zärtlich genug, du Unband."

»Du bei den Ohren wollte ich dich nehmen," sagte er lachend und faßte nach ihren rosigen Ohrläpp­chen. So standen sie und hielten sich lachend bei den Ohren. Er sah sie bettelnd an.

»Die Gelegenheit ist günstig noch einen Kuß, Baby!"

.Gibt eS nicht!"

.Ich mache dir meine schönsten Augen, rührt dich das nicht?"

Sie schüttelte den Kops, so daß er sie freigebe« mußte, und sie ließ ihn ebenfalls loS.

.Mit deinen »schönsten Augen" richtest du schon ge- nug Unheil an und an Küssen wird es dir auch nicht gefehlt haben."

»Just nach deinen Lippen hätte ich jetzt Vertan- gen," sagte er, und ehe sie sichs versah, hatte er sie umfaßt und seine Lippen fest aus die ihren gedrückt.

Sie wurde dunkelrot und stieß ihn fast zornig von

sich.

.Nun tst'S aber genug, hörst du!" ries sie unwillig.

»Aber, Baby, sei doch kein Frosch," lachte er.

Ihre Augen blickten gequält an ihm vorbei.

»HanS-Georg. wir sind doch keine Kinder mehr? sagte sie unsicher.

»Aber, Närrchen, du bist doch meine Schwester!"

,DaS eben bin ich nicht, Hans-Georg!"

Sr schüttelte erstaunt den Kops.

(Fortsetzung folgt.)