Naturalunterstiitzung für Arbeitslose
Lösungsmöglichkeiten, aber überschätzte Wirkungen
Im Verlauf jüngster Erklärungen während des Gewerkschaftskongresses äußerte sich der Neichsarbeitsminister unter anderem über die Notwendigkeit der Erwerbslosenunterstützung durch Naturalverpflegung. Damit ist regierungsseitig eine Frage angeschnitten, deren Aufrollung leicht und selbstverständlich erscheint, deren Lösung jedoch mit erheblichen Schwierigkeiten, mancherlei Vorteilen, aber auch Nachteilen verbunden sein würde. Der Minister sprach ganz offen aus, daß die Handelsspanne zwischen Erzeuger- und Verbraucherpreis nach Möglichkeit eingespart werben müßte. Bei einem ErwerbslosenHeer von mindestens fünf Millionen Menschen, die mit ihrem an der Unterstützung beteiligten Anhang auf mehr als 18 Millionen, nahezu den vierten Teil des ganzen Volkes, anwachsen, entfallen natürlich aus eine Handelsspanne außerordentlich hohe Beträge, auch wenn man sich scheut, mit dem Minister anzunehmen, daß die Handelsspanne bis zu 100 Prozent und mehr betrage. Ein sehr erheblicher Teil der im Handelsgewinn liegenden allgemeinen Unkosten besteht bei sämtlichen Waren ja aus Steuern aller Art. Durch Vereinfachung des Warenbezugs und der Warenverteilung würden sich dennoch sehr erhebliche Beträge einsparen lassen, da ausschließlich Waren des Massenverbrauchs zu berücksichtigen wären.
Ein sofort zu sehender Nachteil der Verwaltung und der Wirtschaft wäre die Gefahr der Ausschaltung der Gewerbetreibenden, deren Arbeitsentschädigung in der einzusparenden Handelsspanne liegt. Vermindert sich ihr Einkommen, dann sinken auch die Staatseinkünfte aus ihrer Tätigkeit. Beschränkt man ihren Umsatz so wesentlich, wie das bei einem so riesenhaften Kreis von Versorgten ohne Zweifel geschehen würde, dann ist mit neuer Erwerbslosigkeit durch Abbaumaßnahmen wie Gehaltsverkürzungen und Entlassung von Arbeitskräften zu rechnen. Schon eine etwaige Vorbereitung einer Naturalverpflegung der Erwerbslosen an Stelle von Varentschädigungen müßte davon ausgehen, daß insbesondere der Kleinhandel durch die Erwerbslosenversorgung nicht um seinen unentbehrlichen Käuferstamm gebracht wird. Die Handelsspanne läßt sich auch bei ihm ohne Schädigung herabsetzen, wenn man ihm seinen Käuferkreis sichert, ähnlich wie das bei der Warenverteilung in der Zeit der Kriegs-Rationierung in diesem Punkte durchaus mit Erfolg geschehen ist. Die Naturalvcrpflegnng der Erwerbslosen steht und füllt ja ohnehin mit der Möglichkeit der Schaffung einer Organisation ohne die mindesten Unkosten, insbesondere ohne die Einrichtung neuer kostspieliger Behörden.
In diesem Falle müßte mit ganz besonderem Nachdruck betont werden, daß größte behördliche Zurückhaltung und Sparsamkeit und verständnisvolle Berücksichtigung des gewerblichen Mittelstandes die gebotene und wirkliche Sozialpolitik sind. Im übrigen ist der Behördenapparat namentlich der Gemeinden groß genug, um bei einiger Geschmeidigkeit die Einkaufs-, Vertcilungs- und Neberwachungs-
tätigkeit mit ausübm zu können, die sich neben den leicht zu schaffenden entsprechenden Organisationen und Maßnahmen der Handclsvereinigungen in den einschlägigen Gebieten vielleicht noch als dringlich Herausstellen könnte. In der Sache selbst, also in der Naturalverpflegung der Erwerbslosen, liegen schon reichliche Erfahrungen der Behörden und des freien Handels vor, weil zahlreiche Gemeinden schon seit langem eine Naturalverpflegung Ser Erwerbslosen ausgenommen haben. Das geschah nicht nur durch zusätzliche Hilfe, wie Brennstoffbereitstellung während des Winters und Vermittlung von Gefrierfleisch, Fischen und anderen Lebensmitteln zu verbilligtem Preis, oftmals unter Heranziehung der Finanzkraft der Wohlfahrtsbehörden, sondern bas vollzieht sich auch schon unter Kürzung der Barbezttge der Erwerbslosen unmittelbar. Dabei ist es natürlich gleichgültig, ob den Unterstützten zunächst der volle Satz ausgezahlt wird, von dem sie dann die ihnen zuteil werdende Naturalverpflegung rückvergüten, oder ob man auf diesen Kreislauf verzichtet.
Die Einschaltung -es Staates in die Verwendung -er Erwerbslosenunterstützung kann neben den angedeuteten Nachteilen aber auch von wesentlichen binnen- und außenwirtschaftlichen Vorteilen begleitet sein. Die Schwierigkeiten unserer Landwirtschaft entstehen zum Teil auch aus der leicht verständlichen Hebung der meisten Staatsunterstützten, ihre geringen Geldmittel in möglichst billigen Waren anzulegen. Dabei kommt es natürlich zu der Bevorzugung unterwertiger Nahrungsmittel gegenüber dem Brot und auf weitgehenden Verzicht an Kleidung, Schuhwerk und Brennstoffen. Eine öffentliche Naturalnnterstühung würde deshalb der Erzeugung und damit auch dem Arbeitsmarkt neue Belebungsmöglichkeiten schaffen. Vorschläge, wie die Bereitstellung billigen zollfreien Einfuhrgetreides — natürlich nur der unbedingt unentbehrlichen zusätzlichen Einfuhr —, für Zwecke einer Naturalverpflegnng der Erwerbslosen erscheinen gleichfalls erwägenswert, wenn dabei auch stets übersehen wird, daß Zoll- und Geüührcnnachlässe dem Staat mit der einen Hand alles wieder nehmen, was sie ihm mit der anderen gegeben haben.
Die Naturalverpflegung der Arbeitslosen bleibt im günstigsten Falle eine Ausflucht, obendrein mit dem bedenklichen Charakter eines Versuchs, wenn wir dabei auch nicht ganz im Dunkeln zu tappen brauchen. Dieser Versuch dient nur erst Ser Organisation und Finanzierung der Krise, aber — von der gemachten Einschränkung abgesehen — ganz gewiß nicht ihrem Abbau. Das aber ist der Punkt, über den allein wir alle erst wieder festen Boden gewinnen können. Die Zustimmung zu einer Naturalverpflegung muß also davon abhängig gemacht werden, in welchem Grade sie ohne Gefährdung von Handel und Gewerbe mit Sicherheit der Erzeugung und damit dem Arbeitsmarkt neue Antriebe geben kann.
Das Ergebnis der Siedlungslätigkeit
Im Hinblick auf den neuesten Siedlungsplan des Neichs- finanzministers Dietrich ist es angebracht, einmal nachzuweisen, welche Ergebnisse bis heute die landwirtschaftliche Siedlung gezeitigt hat.
Das Neichsstedlungsgesetz vom 11. August 1919, die Lex Sering, hatte zum Grundgedanken die große schicksalhafte Aufgabe, die Anreicherung des Ostens mit Menschen durch ländliche Siedlung zu einem Gemeingut des deutschen Volkes zu erheben. Das wichtigste Stück in dieser Gesetzgebung besteht in der Verpflichtung der Länder, bas zur Siedlung notwendige Land zur Verfügung zu stellen. Was ist darin nun geleistet worden? Von 1919 bis 1929 sind insgesamt fast 600 900 Hektar Land für Siedlungszwecke erworben worben. Allein etwa 286 000 Hektar oder 43 v. H. ent-
Roman von Er! ch Ebenstein.
28. Fortsetzung Nachdruck verboten
„Vorwärts endlich I' rief Degenwart plötzlich rauh und lüftete stumm den Hut gegen die Zurückbleibenden.
Dann saß er steif aufgerichtet und schweigend den Damen gegenüber, biß sie in den Bahnhof einfuhren.
Was war das gewesen? Hatten Meta Tefsens Worte einen bestimmten Sinn? Warum antwortete Sibylle nicht? Warum fuhr sie zusammen, als von ihrem Vetter die Rede war?
Schon vorhin, als er selbst mit Frau von Thuren über Leo gesprochen, war sie plötzlich so in sich versunken gewesen.
Aber das war ja Unsinn, was da wie ein drohendes Gespenst vor ihm aufstiegl Schon einmal hatte er daran gedacht, ehe er um sie warb, und dann wie als Antwort auf seine törichten Vermutungen Leos Verlobung erfahren.
Was hätte die beiden denn hindern können, sich zu heiraten, wenn sie einander liebten? Es wäre ja das naturge- mäßeste gewesen, da Thuren doch das Gut erbte und dadurch eigentlich seine Base heimatlos machte. Wenn er also nicht um sie warb, so konnte es dafür eben nur die eine Erklärung geben, daß sie ihm gleichgültig war.
Freilich — ob auch er ihr?
„Na, da sind wir ja gerade noch zurecht gekommen/ sagte Frau von Thuren beim Aussteigen. Eben fuhr der Zug ein. „Adieu, lieber Degenwartl Es bleibt also dabei. Sie kommen am Morgen des 30. Juni und mittags ist dann die Trauung/
Sie stieg eilig in das Abteil, das der Schaffner bereits für sie geöffnet hatte.
„Ja, es bleibt alles so, wie Sie es bestimmten, Mama/ sagte Degenwart mechanisch. Und dann verdrängte der Abschiedsschmerz alle anderen Gedanken in ihm.
„Jetzt, gerade jetzt, wo er ihr noch soviel zu sagen, sie so viel zu fragen hätte, mußt» er sie gehen lassen!
fallen davon auf die Jahre 1927—1929. Von diesen drei Siedlnngsjahren wiederum zeigt bas Jahr 1929 mit rund 91090 Hektar das höchste bisher überhaupt erreichte Ergebnis im Ankauf von Siedlungsländereien. Wie stark der Großbetrieb dabei als wichtigste Lanbquelle in Erscheinung tritt, ergibt sich daraus, baß im Jahre 1929 83,1 v. H. von den erworbenen Ländereien aus großen Gütern mit über 100 Hektar, 12,5 v. H. aus Besitzungen mit unter 100 Hektar, nur 3,2 v. H. aus Staatsdomänen und Reichsbesitz und 1,2 v. H. aus Moor und Oebland stammen.
Von den oben erwähnten, für Siedlungszwecke erworbenen 600 000 Hektar Land waren bis Ende 1929 100 000 Hektar der ländlichen Siedlung zngeteilt. Wirtschaftspoli- tisch hat diese bäuerliche Siedlung insofern Bedeutung, als sie die Vermehrung und Verbesserung von solchen Erzeugnissen erstrebt, die die größere Hälfte unserer Lebensmittel-
„Sibylle/ flüsterte er bebend, ihr immer wieder die Hände pressend, „sage mir nur ein einziges liebes Wort noch, ehe du gehst!"
Der Schaffner warf die Türen zu.
Und Sibylle, die einen Augenblick am Fenster stehen geblieben war, verschwand im Abteil, ohne das Wort zu sprechen, nach dem seine ganze Seele dürstete.
Sie kam auch nicht mehr zum Vorschein. Frau von Thu- rens stattliche Gestalt füllte den ganzen Fensterrahmen aus.
„Auf Wiedersehen! Glückliche Reise!" rief er und spähte traurig an ihr vorüber, ob aus dem fortrollenden Wagen nicht doch noch eine kleine Mädchenhand ihm einen Abschicds- gruß zuwinken würde.
Aber es geschah nicht.
9.
Das war furchtbar gewesen.
Sibylle hatte es ja geahnt, daß die Mutter sie wieder nicht verstehen würde, daß alles umsonst sein würde vor der eisernen Härte ihres Willens.
„Weiter nichts?" Hatte sie nur spöttisch gefragt, nachdem Sibylle ihr, kaum in Neuthuren angelangt, alles gesagt und händeringend gefleht hatte, ihr Wort zurücknehmen zu dürfen. „Das Geschwätz zweier Mägde? Darum willst du dich zum zweiten Mal von einer anderen verdrängen lassen? Wirklich, Sibylle, ich hätte dich für klüger gehalten!"
„Lieber das, als ungeliebt neben ihm hinleben! So begreife doch, was das heißt! Habe ein einziges Mal im Leben Erbarmen, Mutter! Ich könnte es nicht ertragen, ihn neben ihr zu sehen und zu denken, daß vielleicht alles in ihm vor Sehnsucht nach ihr schreit!"
„Unsinn! Er hat dich doch freiwillig gewählt und denkt gar nicht daran, die Verlobung aufzulösen, was der beste Beweis dafür ist, daß die Sehnsucht nach der Gräfin nicht so arg ist. Und selbst wenn — er ist ein viel zu kluger und ehrenhafter Mensch, um nicht damit fertig zu werden, wenn er nur will. Und er will, verlaß dich darauf! Könnte er es nicht, würde er zurücktreten. Keinesfalls aber hast du Ur-
einfuhr ausmacht und die durch entsprechende Anstrengung«! im Inland erzeugt werden können, also die Erzeugnisse der Beredlungswirtschaft. In -er Schaffung von Neu sied- lerstellen ist man sehr tätig geivesen. Die Zahl der von 1919 bis 1929 errichteten Neusiedlerstellen beträgt 80 749 mit einer Gesamtfläche von 306 901 Hektar. Allein im Jahre 1929 wurden 4406 Neusiedlerstellen mit 47 387 Hektar Gesamtfläche gegründet (1928 4283). Demgegenüber wurden in der Anliegersiedlung im Jahre 1929 die Ergebnisse des Jahres 1928 nicht ganz erreicht, 4598 Kleinstellen erhielten insgesamt 6207 Hektar Landzulagen zu Eigentum, 1928 dagegen wurden 5329 Kleinstellen mit 6404 Hektar Landzulagen vergrößert. Insgesamt wurden seit 1919 65 544 Kleinstellen mit 79 527 Hektar Landzulagen zu Eigentum bedacht.
Während das Schwergewicht von Neusiedlungen in den letzten Jahren im Nordosten Deutschlands lag — Ostpreußen, Pommern und Grenzmark Posen-Westpreußen umfassen für sich allein im Jahre 1929 46 v. H. der neuerrichteten Siebler- stellen gegen nur 24 v. H. im Durchschnitt der Jahre 1919 bis 1926 —, kam die Anliegersteblung vorwiegend in Oberund Niederschlesten, in Bayern und Hessen-Nassau zur Durchführung. Auffallend stark zurück ging die Moor- und Oedlandsiedlung, und zwar von 545 Stellen im Jahre 1928 auf 173 Stellen im Jahre 1929. Die Hauptstandorte dieser Art von Siedlungsstellen sind die Provinzen Han- nover und Oldenburg, die beide zusammen drei Viertel aller Moor- und Oedlandsiedlungen umfassen.
Bei der Beurteilung der vorstehenden Statistik darf aber nicht vergessen werden, daß die Siedlungstätigkeit bei weitem nicht den Umfang erreichte, der bei der Schaffung des Neichs- siedlungsgesetzes beabsichtigt wurde. Die Gründe liegen hauptsächlich darin, daß eben die landwirtschaftliche Siedlung bei Ser schwierigen Lage der Landwirtschaft nur eine sehr dürftige und meist eine viel zu sehr von Anfang an verschuldete Existenzgrundlage versprach. Der neue Sieblungsplan des Ncichsfinanzministers wird wohl ebenfalls auf diese Schwierigkeiten stoßen, da die Lebensfähigkeit dieser Sieblerstcllen trotz Vergünstigungen und dergleichen sehr fraglich sein wird.
Der Stand der Arbeitslosigkeit im Reich
Nach dem Bericht der Neichsanstalt für die Zeit vom 16. bis 31. August hat sich das Ansteigen der Arbeitslosigkeit, das Mitte Juli eingesetzt hatte, seit Mitte August etwas langsamer fortgesetzt als in der ersten Hälfte des Monats. Am 31. August waren bei den Arbeitsämtern rund 4 Millionen 195 Tausend Arbeitslose gemeldet.
Die Zahl der Unterstützungsempfänger in der Arbeitslosenversicherung und Krisenfttrsorge ist zahlenmäßig stärker, nämlich zusammen um rund 96000 gestiegen, während im vorhergehenden Berichtsabschnitt beide Unterstützungsein- Lichtungen zusammen einen Zugang um rund 49 000 Unterstützungsempfänger zu verzeichnen hatten. Am 31. August wurden nach den vorläufigen Zählungen der Arbeitsämter in der Arbeitslosenversicherung 1281000 lam 15. 8. rund 1225 000) in der Krisenfürsorge rund 1095 (am 15. 8. rund 1065 000) Neichsunterstützungsempfänger festgestellt. Insgesamt hat die Arbeitslosigkeit nicht stärker zugenommen als während der gleichen Entwickelungsperiode des Vorjahres) doch ist dabei zu beachten, daß der Ausgangspunkt in diesem Jahre erheblich höher liegt.
Die Zahl der Wohlfahrtserwerbslosen belief sich Ende Juli am Stichtag der letzten Zählung auf rund 1063 000.
Parleiführerempfanq bei Brüninq
TU. Berlin, 9. Scpt. Wie die Deutsche Staatspartei mitteilt, empfing der Reichskanzler gestern die staatsparteilichen Abgeordneten Dr. Weber und Schneider-Berlin zu einer längeren Besprechung. Es stehe fest, daß die Beseitigung von Härten, die die Notverordnung vom 5. Juni b. I. enthält, bestimmt vorgenommen werde. Hinsichtlich der Hauszinssteuer habe der Reichskanzler erklärt, daß die Vorberatung Uber eine Aenderung derselben noch nicht abgeschlossen sei. In gleicher Weise seien auch die Fragen der Außenpolitik eingehend erörtert worben.
fache, jetzt aus romantischer Ucberspamüheit diese mehr als glänzende Heirat aufzugeben."
„Keine Ursache!"
„Nein! Und ich verbiete dir, mir noch einmal mit dergleichen Unsinn zu kommen!"
Aber Sibylle hatte allen Mut zusammengenommen und die Mutter noch einmal bestürmt.
Da verlor Frau von Thuren die Geduld, und es kam zu einem so heftigen Ausbruch, daß die Tochter sie blaß vor Entsetzen anstarrtc.
Und dann geschah das Schreckliche. Die Mutter taumelte plötzlich und stürzte leblos zu Boden. Steif wie ein Stück Holz, mit bläulichen Lippen lag sie da, während Sibylle außer sich vor Schreck um Hilfe rief. .
Das ganze Haus war im Nu auf den Beinen. Friedrich ritt nach Lambrechtstetten zum Arzt und das Gesinde kniete betend in der Halle unten, denn alle glaubten, nun ginge es zu Ende mit der Gnädigen. .
Doch, es war nicht der Tod, der kam. Freilich schlimm genug stünde es trotzdem um Frau von Thuren, erklärte der Arzt sehr ernst. Der Herzmuskel sei erkrankt und jede, auch die kleinste Aufregung müsse streng vermieden werden.
Und dann kniete Sibylle am Bett der Mutter, die nach
^Nu?lekse klang die sonst so kräftige Stimme an ihr Ohr: „Sibylle, versprich mir, daß du nichts tust, was deine Hei- rat gefährden könnte! Ich werde wohl ein paar Tage krank liegen und kann dich nicht überwachen, muß mich also ganz auf dein Wort verlassen. Willst du es mir geben?"
„Ja, Mama!"
Du wirst ihm nichts schreiben, das sein Mißtrauen welken "könnte?"
„Nein!"
„Ich danke dir. Es — es ist mir eine so große Beruhigung!"
Nie hatte Sibylle ihre Mutter in so weichem Ton sprechen hören. Ls erschütterte fie förmlich.