Darf man die Notendeckung verringern?

Die Erhöhung von Neichsbanköiskvnt unö Neichsbanklom- barb sowie die damit verbundene Unterschrcitung der No­tendeckungsgrenze sind zweifellos drakonische Maßnahmen, deren Härte nicht verkannt werden kann. Gleichzeitig aber dürfte das dadurch gekennzeichnete Bestreben, den ganzen Ernst der Lage schonungslos aufzuöecken, der dadurch zur Geltung gebrachte Grundsatz der Klarheit und Wahrheit im Augenblick der einzig richtige Weg zur allmählichen Herbei­führung normalerer Zustände sein. Maßgebend und von ent­scheidender Bedeutung ist allein der Wille, eine Vermehrung des Notenumlaufs unter allen Umständen zu verhindern. Eine Erhöhung der Deckung unter gleichzeitiger Erhöhung des Notenumlaufs, eine Maßnahme also, die nach außen hin vielleicht als weniger gefährlich in die Erscheinung treten könnte, würde in Wahrheit viel unheilvollere Folgen nach sich ziehen, sobald eben eine Geldschöpfung über den volks­wirtschaftlichen Bedarf an Zahlungsmitteln vorliegt. Wir Deutsche besitzen ja seit dem Kriegsende eine gewisse Er­fahrung auf diesen: Gebiete, die um so fester haften sollte, als wir ihre Auswirkungen am eigenen Leibe schmerzhaft verspüren mußten.

Der Diskonterhöhung ist zum ersten Male seit der Stabilisierung keine Einberufung des Zentralausschusses vvrangegangen. Man hat sich darauf beschränkt, die Zustim­mung der sechs Deputierten einzuhvlen, diezum Zwecke der Beratung des Reichsbankdirektoriumö in besonderen Angelegenheiten" gewählt wurden. Damit ist Ser gesetzlichen Borschrist genüge getan. Tie zur Unterschrcitung der Notendeckung erforderliche Ermächtigung, die diesmal gene­rell erteilt wurde, wie sie der Schachtsche Kommentar zum Vankgesetz 8 29 vorsieht, hatte der Generalrat bereits am Sonntag zuvor erteilt. Mit den dadurch frei gewordenen Gold- und Dcvisenmcngen sowie mit den von der GolddiS- kontbank aus einem Eigenkredit flüssig gemachten fünfzig Millionen Dollars kann die Neichsbank also der bedrängten Wirtschaft beispringen. Tie Währung wird dadurch nicht gefährdet. Die Bank von England hat diesen Schritt wie­derholt getan und zwar nnler Verletzung der Verfassung, die dreimal außer .Kraft gesetzt wurde. Im kühlen Albion. wo die Deckungsgrenze niedriger liegt als in Deutschland, denkt man also über diese Frage weit großzügiger als bei uns, wo man von einem weit verbreiteten Deckungsaber­

glauben reden kann. In Wahrheit hat Ser Barbestand wenig mit der Festigkeit der Währung zu tun. Die prozentualen Minüest-Deckungssatze stellen vielmehr, wie der bekannte Herausgeber derBank", Alfred Lansburgh, sich ausdrückt, den Zaum dar, der den wirklich bestimmenden Faktor, den Geldumlauf, am Ueberschreiten eines bestimmten Umfangs hindern soll. Was er indes nicht tut, solange, den Voraus­setzungen des Goldwährungsprinzips zuwider, die An­sammlung übertrieben hoher Goldbestände einigen Ländern die beliebige Ausdehnung ihres Geldumlaufs gestattet und zugleich die Manipulierung ungeheurer Devisen-Reserven das Korrektiv des Wechselkurses außer Funktion setzt."

Die Regierung hat zu Maßnahmen noch schärferer Art gegriffen, als wir sie seit dem November des Unheiljahres 1923 kennen. Sowohl durch die Hinaufsetzung der amtlichen Zinssätze als auch durch die Einführung der völligen bezw. modifizierten Bankscicrtage. Eine Einrichtung der letzt­genannten Art hat man nicht einmal in den stürmischen Tagen der Markbefestigung gekannt. So wenig sich die ' Härten dieser Maßnahme verkennen lassen, so sehr dürste sie gerade zu dem allen anderen übergeordneten Zwecke, der Verhütung der Inflation, geeignet sein.

Als ein uns Deutschen noch sehr vertrautes Mittel ist auch die Beschränkung des Devisenverkehrs wieder anfge- taucht. Tie hat sich Ende 1923 als recht wirkungsvoll er­wiese». Damals sanken an allen ausländischen Börsen die Marknotierungeu. Im besetzten deutschen Gebiet an Rhein und Ruhr stiegen die Kurse für ausländische Zahlungsmit­tel weit über die amtlichen Notierungen der Berliner Börse hinaus, die zudem zeitweilig nur als nominell bezeichnet werden konnten, weil die Anforderungen an Devisen mir in ganz geringem Umfange befriedigt wurden. Im Schleich­handel wurden Dollarnoten unö gleich wertbeständige Geld­zeichen mit hohen Preisansschlägen (von 12 v. H. und darüber) gehandelt. Trotzdem hielt die Reichsbank den Kurs der Mark.

Vergleiche zwischen der Lage der deutschen Wirtschaft im November 1923 und in den gegenwärtigen Tagen lassen sich nnr schwer ziehen und dürsten zn mannigfachen Trugschlüs­sen führen. Immerhin können die damals gemachten Er­fahrungen zn einem Teil und sinngemäß angewandt in mancher Beziehung als Lehre dienen.

Die deutschen Minister in Paris

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Die Ankunft der deutschen Minister in Paris. Von links nach rechts: Curtius, Briand, Laval und Brüning.

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I, (SO. Fortsetzung.)

) Was aber dann?

Es blieb eben nur die eine Annahme: Sie hatte genug kennen gelernt von den Enttäuschungen der Liebe und der Ehe. Sie wollte nicht noch einmal den Kampf um scheiternde Hoffnungen durchmachen, sie fühlte ihre Seele dem nicht mehr gewachsen. Da hatte sie sich denn gelobt: Nie wieder etwas davon! Lieber entsagen, verzichten auf Trugglück und im ernsten Arbeiten für die leidenden Mitmenschen einen Er­satz dafür suchen.

Gewiß, so mußte es sein. Also ging es ihr wie im: Auch er würde nicht zum zweiten Male wagen, in den schwan­kenden Nachen des Glückes zu steigen. Freilich, ein Unter­schied war da zwischen ihr und ihm: Wenn er nicht mehr daran dachte, so geschah es, weil er nie aufgehört hatte, an sie zu denken, sie zu lieben.

Fruchtloses, schmerzliches Wühlen und Grübeln! Es führte ja doch zu nichts. Wigand raffte sich auf. Es war wohl doch so das beste: sie ging den Weg, den sie sich gewählt, fand im eng begrenzten Kreis den Halt, den sie für das Leben brauchte, und er suchte Trost in seiner Arbeit.

Wigand zog mit einem Ruck den Sessel an den Schreib­tisch und nahm die Mappe mit den Postsachen zur Hand. Eine Anzahl laufender Korrespondenzen mit Patienten und Geschäftsleuten, Rechnungen, Quittungen hier eine Ueber- weisung der Bank, mechanisch überflog er das Schreiben, aber plötzlich stutzte er.Im Aufträge von Frau Ursula Drenck beehren wir uns, vom Konto den Betrag von 3006 Mark zu überweisen, für den Sie uns erkennen wollen."

Ja was hieß denn das? Wenn da gestanden hätte: Im Auftrag von Fraulein von Rommertz, aber so? Verständnis­los starrte Wigand das Papier an, nun sab er noch ein­mal hin, aber da stand ja der Name des Fraulein o. Rom­mertz. da oben aber als der der Adresiattn! Allo die

Bank hatte ote Summe im Aufträge Ursulas an deren Freundin gesandt. Aber warum das? Hatte Fräulein o. Rom­mertz denn nicht selber genug verfügbare Mittel? Sie sollte doch so vermögend sein. Wie kam also Ursula dazu?

In Wigands Gesicht zuckte es plötzlich auf ihn flog da eben ein Gedanke an, ein Verdacht.

Er dachte nach. Aber nicht doch, nicht doch, solche Ko­mödie konnte man ihm doch nicht vorqespielt haben. Und er setzte sich hin, schob das rätselhafte Schreiben beiseite und wollte Weiterarbeiten.

Aber wieder und wieder kam dieser quälende Verdacht. Da sprang er auf: Es hals nichts, er mußte sich Gewißheit verschaffen. Aber wie?

Er sann nach. Ah, richtig! So mußte ihm Auskunft werden. Schnell ging er hinüber in das Zimmer der Sekre­tärin. Sie war schon fort, so mußte er eine Weile suchen, ehe er im Regal mit den Registern den richtigen Band fand. Er kümmerte sich ja sonst nie um diese Angelegen­heiten des Unternehmens

Nun blätterte er mit fliegenden Händen. Hier die Korre­spondenzen mit der Bank. Der erste Blick genügte. Alle Zah­lungen kamen im Aufträge Ursulas. Kein Zweifel sie war die Besitzerin der Klinik, und Fräulein von Rommertz nur vorgeschoben.

Wigand klappte das Register zu und stützte sich schwer auf den Tisch. Seine Gedanken flogen zurück, in jene Stunde, wo Ursula ihn zu bestimmen gewußt hatte, die Position hier an­zunehmen. Er vergegenwärtigte sich jedes Wort, das sie gesprochen. Sie hatte damals so getan, als ob sie nur im Interesse der Freundin, oder doch hauptsächlich deswegen, ihn gewinnen möchte aber nun lag es klar zutage: nicht um der Freundin willen, seinetwillen war es geschehen. Sie hatte ihm eine Existenz schaffen wollen darum diese ganze Ko­mödie!

Eine heiße Röte schoß plötzlich in Wigands Antlitz. Er, der nie im Leben eines Menschen Hilfe nachgesucht, hatte ohne daß er es wußte, freilich Unterstützung emxfqnsM, Älmosenl ... ,

Verkehr mit Devisen

Berlin, 20 . Juli. Auf Grund der Verordnung Wer den Verkehr mit ausländischen Zahlungsmitteln wird vom Reichsbankdirektorium bestimmt, daß alle Kreditinstitute, die ein Reichsbankgirokonto besitzen, die Befugnis erhalten, ausländische Zahlungsmittel und Forderungen in auslän­discher Währung gegen inländische Zahlungsmittel zu kaufen und zu verkaufen. Sie haben die eingehenden Zahlungs­mittel unverzüglich an die für sie zuständige Neichsbank- anstalt abznführen. Auch gewerbsmäßige Geldwechsclge- schäfte (Wechselstuben) dürfen inländische Zahlungsmittel gegen ausländische Zug um Zug eintanschcn. Der Gesamt­betrag der sür Rechnung ein und derselben Person vder Firma bei einer oder mehreren Wechselstuben erworbenen ausländischen Zahlungsmittel darf jedvch innerhalb einer Kalenderwoche 190 RM. nicht überschreiten. Die Wechsel­stuben, Reisebüros und Hotels sind verpflichtet, den täg­lichen Ilebcrschuß an ausländischen Zahlungsmitteln, soweit er nicht in Scheidemünzen besteht, an die Reichsbankanstalt oder ein zum Devisengeschäft zugclassencs Kreditinstitut bin­nen drei Tagen abzuliefcrn.

Gemeinschaft den,scher Kreditinstitute

TU. Berlin, 29. Juli. Wie die Pressestelle der Reichs» regicrung mitteilt, haben sich am Samstag die deutschen Kre­ditinstitute entschlossen, sich zu einer Gemeinschaft zusammen- zuschließen, um in Zukunft Schwierigkeiten, wie sie in den letzten Tagen sich zeigten, vorzubeugen, bzw. ste zu behebe».

Dein Zusammenschluß der deutschen Kreditinstitute liegt offenbar der Gedanke zugrunde, durch eine Gesamthastnng der einzelnen Institute zu vermeiden, daß solche Institute, die auf Grund von Gerüchten oder aus svnstigen Gründen nicht mehr als ganz sicher erscheinen, durch übermäßige Ab­hebungen .in Schwierigkeiten gcrmcn. Die dem Preußen- kvnsortium angehörenden 43 Bankinstitute werden sich ge­nossenschaftlich zusammenschließcn und zunächst ein Gararl e- kapital von 5 Millionen aufbringen. Es wird die Megck.h- keit gegeben werden, daß sich Institute, die nicht zum Preu- ßenkvnsvrtium gehören, anschließcn. Voraussichtlich werden sich die Süddeutschen Institute durch ein großes Berliner Privatbankinstitnt vertreten lassen. Als Sicherheit werden Wertpapiere oder Wechsel hinterlegt werden. Träger des Unternehmens soll die Gvlddiskontbank sein

Englische Pläne

In gut unterrichteten Londoner Kreisen verstärkt sich der Eindruck, daß die englische Negierung in Uebercinstimmniig mit maßgebenden amerikanischen Finanzkreiscn ans der s Londoner Konferenz bereits in allen Einzelheiten ausgcar- ^ ' citete Vorschläge für eine sofortige internationale rcdithilfe zu Gunsten Deutschlands vorlegen wird, kiese Pläne, die vvrsehen sollen, daß die von amerikanischer ;d französischer Seite zur Verfügung gestellten Kredite über Ve Bant von England laufen, werden.allgemein dahin ge­deutet, daß die englische Regierung in Ucbereinstimmung mit der amerikanischen Negierung ans diese Weise den rein ' siuanztechnischen Charakter der ganzen Krcöitoperativn un- ! abhängig von jeglichen politischen Bedin- s g n n g e n für die Zukunft sichern und diese in der Hand be- ' halten will. Die englischen und amerikanischen Absichten ! dürften an? den Widerstand der französischen Seite stoßen.

j Naturkatastrophe in Süd-Mexiko

! TU London, 29. Juli. Der südliche Teil Mexikos ist, nach in London eingctrofsencn Meldungen, in den letzten 24 Stunden von schweren Erdstößen, verbunden mit anßcrgc- ^ ! >ähnlichen Niederschlägen, heimgesucht morden. Mehrere ! Städte sind vvn dem angeschmemmten Wasser überflutet wor- ! den. Zahlreiche Menschen sind ertrunken. Einzelheiten liegen i noch nicht vor.

Und zu der Scham gesellte sich auflodernd der Zorn: Wie durfte sie das wagen? Gerade sie! Wieder durchzuckte ihn ein Gedanke: Weil sie sich schuldbeladen gegen ihn fühlte. Mit Geld hatte ste ihre Seele freizukaufen und ihn abzu­finden gesucht!

Schwer sank er in den Stuhl zurück. Minutenlang saß er regungslos. Nun hieß es also wieder von neuem beginnen. Ja, nicht einmal die Möglichkeit, ins Ausland zu gehen, bot sich ihm jetzt, nachdem er seine Meldung zurückgezogen hatte. Was also nun?

Aber ganz gleich was, jetzt hieß es nnr hier ein Ende ma­chen ihr das Almosen vor die Füße werfen, das sie ge- wagt hatte, ihm zu reichen.

Mit einem Ruck erhob sich Wigand, stellte das Briefregister wieder an seinen Plag und ging hinüber in sein Zimmer. Schwer streifte dort am Schreibtisch seine Feder über das Papier hin.

ann klingelte er.

Schwester ein jonr erschien.

Schwester Martha, hier der Brief muß

wssri an Frau

Sewiß, Herr Doktor. Ich sende ihn gleich mit dem Häus­chen hin."

o war Wigand wieder allein. Aber es litt ibn nicht in engen Raum. Er zog sich an und ging ans oem Haus, m Lust ihn jetzt mit Zentnerlast bedrückte, in dem er nicht

r atmen konnte.

24. Kapitel.

)err Doktor ist noch nicht drinnen." as gerade vorübergehende Hausmädchen bemerkte es zu stellvertretenden Oberin, Frau Drenck, die sie an die zu Wigands Sprechzimmer klopfen sah. Es war acht morgens, wo dieser sonst immer gerade in die Klinik ommen pflegte. Auch Ursula war eben erst ins Haus ge- -n und hatte nur schnell in Beates Zimmer abgelegt.