Aus den Parteien

Sommertagung der witrtt. Demokrat««

Da» in Deißlingen OA. Rottweil unter großer Be­teiligung abgehaltene Sommerfest der Deutsche» demokrati­schen Partei war sehr gut besucht, brachte aber insofern eine Enttäuschung, als Reichsfinanzminister Dr. Dietrich, der auf der Versammlung sprechen sollte und den gerne viele gehört hätte«, wegen der Regierungsgeschäste in Berlin am Erschei­nen verhindert war. Es sprach dann Abg. Dr. Mauthe über

württembergische finanz- und wirtschaftspolitische Fragen. Er betonte besonders den Einfluß des Wirtschaftsministers Dr. Mater, der es verstanden habe, ein besseres Verhältnis der württ. Regierung zu Gewerbe und Industrie Herrustellen. Ferner sprach der Abg. Johannes Fischer, der im Vergleich mit der Verherrlichung Schmelings gelegentlich seines Welt- meisterboxkampses auf die Unterbewertung geistiger und staatsmännisch politischer Arbeit hinwtes. Die Schlußrede hielt Reichstagsabg. Dr. Heuß über Fragen der Reichspoli­tik. Die Tagung stand unter der Leitung von Ingenieur Lay-Rottmeil.

Das Stresemann-Ehrenmal am Rhein

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Blick auf das Stresemann-Ehrenmal in Mainz, während der Einweihungsfeterlichkeiten. Im Hintergrund der Rhein.

Aus Stadt und Land

Calw, den 8. Juli 1931.

Zum Berbandstag der siidd. Küfermeister in Calw Wie bereits der Ocffentlichkeit mitgeteilt, findet am näch­sten Samstag und Sonntag der Berbandstag Ser süddeutschen Küfermeister in Calw statt. Die Anmeldungen zu dieser Ta- gugA sind sehr zahlreich, so daß unsere Stadt mit einem starten Fremdcnznstrom rechnen kann. Das Hauptinteresse -er weiteren Oeffentlichkeit wird sich auf die mit dem Ber­bandstag verbundene großangelegte Küfer- und Kellereifach­ausstellung in der Turnhalle wenden. Eine stattliche Anzahl heimischer und auswärtiger Geschäftsbetriebe wird ihre Er­zeugnisse zur Schau stellen und es ergeht an die Bevölkerung von Stabt und Land die Bitte, sich diese Schau, die Spitzen­leistungen des Küfer- und Küblergewcrbcs und der mit ihr verwandten Industrie? zeigen wird, nicht entgehen zu lassen. Neben den besonderen Kttfererzeugnisscn, wie Fässer, Butten und Stützen sind namhafte Firmen unter den Ausstellern ver­treten, die dem Besucher ein reichhaltiges Bild des Küfer- und Kellereifachgewcrbes übermitteln werden. Die Ausstellung verdient die weiteste Unterstützung aller Bevölkerungskreise. Vom Reichsbund der Kriegsbeschädigten and Hinterbliebenen Man schreibt uns: Die Bezirksleitung hatte ans Sonntag mittag die Kriegsbeschädigten des Bezirks zu einer Ver­sammlung in den Bad. Hof eingeladen um gemeinsam über die Auswirkung der letzten Notverordnung für die Kriegs­opfer Stellung zu nehmen. Der Bezirksvorsitzenöe begrüßte die Anwesenden und dankte den Kameraden von der Gau- leitnng, sowie dem Leiter der Calwer Fürsorgebehöröe, für ihr Erscheinen. Der Referent Kamerad Kaiser, führte alsdann in klaren Ausführungen die Verschlechterungen vor Augen, die die Notverordnung für die Kriegsbeschädigten und Hinterbliebenen gebracht hat. Die Auswirkungen lassen sich in 2 Gebiete zusammenfassen: 1. Beschränkung bei der Inanspruchnahme von Heilbehandlung, 2. Herabsetzung aller Renten und Untersttttznngsbezüge. Mit scharfen Worte» geißelte der Referent die Ungerechtigkeiten, die diese Not­verordnung für die Kriegsopfer brachte und zeigte an Hand von Beispielen und Zahlen, wie gerade die ärmsten Teile des Volkes an ihren Einkünften beschnitten wurden. Den Ausführungen war zu entnehmen, daß nach den neuesten Be­stimmungen nur noch Rentenempfänger einen Rechts­anspruch auf Heilbehandlung haben. Für alle anderen Be­schädigten ist der Heilbehandliingsanspruch in eine soge­nannte K ann Vorschrift umgeivanöelt worden. Die Renten- bezttge sind insgesamt um 6, 8, 10 und 12 Prozent gekürzt worden. Bei Kriegsbeschädigten, welche bei Behörde» und sonstigen Körperschaften «»gestellt sind, beträgt die Kürzung z. Teil 6070 Prozent. Auch ans sonstigen Gebieten des VcrsorgungswesenS wurde stark abgedrosselt. Manche Fttr- svrgelcistung von ehemals ist heute mit soviel juristischen Umschreibungen versehen, daß sie praktisch gar nicht mehr durchgeführt werden kann. Groß ist die Verbitterung in wei­ten Kreisen der Kriegsopfer und verheerend die Auswirkung der Notverordnung in moralischer Hinsicht. Man fragt sich unwillkürlich: Wie mag die Quittung für diese Ungerechtig- bauten? Der Redner schloß mit dem Wunsche, Parteien, gleich welcher Richtung, bei den be- sch g en Abänderungsanträgen im Herbst daran denken, Kriegsopfer da sind, die sehr unter der un- gleichen Lastenvcrteilung der Notverordnungen zu leiben ha- dankte dem Referenten für seine treff- ttchcn Ausführungen, und schloß die Versammlung. La keine Diskussion gewünscht wa»

Behandlung der Milch während der heiße« Jahreszeit

Es ist selbstverständlich, baß die Milch nach Abgabe durch den Händler sofort und schnell abgekocht werden soll, bis sie hochkommt. Alsdann wird sie am besten im fließenden kalten Wasser rasch wieder gekühlt. Es empfiehlt sich, die Milch beim Aufkochcn etwas zu rühren, damit sich keine dicke Haut bildet und sie sozusagen besser ausdunsten kann. Es ist ferner rat­sam, mindestens einen Teil Milch, welcher am nächsten Mor­gen verbraucht werden soll, in die Speisekammer, in den küh­len Keller oder nachts zugedeckt vor das Fenster zu stellen. Es ist am besten, die Milch in den Topf messen zu lasten, in wel­chem sie gekocht und aufbewahrt wird. Sauberkeit der Töpfe ist natürlich Selbstverständlichkeit. Wenn es Haushaltungen gibt, welche jedoch keinen kühlen Platz haben, ist ein noch­maliges Anfkochen und Kühlen am Abend ratsam. Die Säure- baktcrien werden dadurch nochmals in ihrer Entwicklung ge­hemmt.

Wetter für Donnerstag und Freitag

Im Westen und Norden liegt Hochdruck, über Mitteleuropa zeigen sich kleine Tiefdruckgebiete. Für Donnerstag und Freitag ist noch mehrfach bedecktes Wetter bet einem allmäh­liche» Nachlassen der Niederschläge zu erwarten.

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Birkeuseld, 7. Juli. Seit anfags Februar ist der verhei­ratete 45 Jahre alte Goldarbeiter Heinrich Kunzmann von hier vermißt. Alle Nachforschungen nach dem Vermißten blie­ben bis jetzt erfolglos. Nun haben heidelbeersuchende Leute von Neuenbürg in der Nähe des Pslanzengartens auf dem Rieckertswasen den Leichnam im dichten Gebüsch gefunden. Er war so weit in Verwesung übergegangen, daß er nur noch an den Kleidern erkenntlich war. Was Kunzmann zum Freitod veranlaßte, ist nicht recht erklärlich,- vielleicht haben ihn wirt­schaftliche Sorgen in den Tod getrieben. Kunzmann hinter­läßt eine zahlreiche Familie.

Pforzheim, 7. Juli. Montag abend gegen 8 Uhr gab es ans Sem Marktplatz einen Zusammenstoß zwischen Komunt- sten und Nationalsozialisten, wobei mehrere Personen durch Stockhiebe und Messerstiche verletzt wurden. Es soll recht kräf­tig zugeschlagen morden sein. Nach kurzer Zeit traf die Poli­zei ein und veranlaßte die etwa 200 Personen, größtenteils Neugierige, den Platz zu räumen. Es wurden mehrere Per­sonen festgenommen, darunter auch die Messerstecher. Die Vorkommnisse sollen auf die Schlägerei vom Sonntag nach­mittag zurückzusllhren sein.

Vaihingen a. E., 7. Juli. Am Sonntag kam cs hier zu schweren politischen Ausschreitungen. Hervorgerufen wurden angeblich die fast eine Stunde dauernden Tumulte durch drei junge Burschen, welche außerhalb des Orts einige Steine auf Stuttgarter Kraftwagen schleuderten, die mit National­sozialisten besetzt von Pforzheim kamen. Diese Büberei nah­men S.A.-Leute zum Anlaß, völlig unbeteiligte Bürger, selbst Frauen, zu überfallen und schwer zu mißhandeln. Zwei Män­ner und eine Frau wurden so geschlagen, daß sie ärztliche Hilfe in Anspruch nehmen mußten. Nationalsozialistische Sturmtrupps bedrohten auf dem Markt die in ihrer Er- regung zusammcngelaufenen Bürger, die Polizei stand der Uebermacht der SA.-Leute machtlos gegenüber.

Tübingen, 7. Juli. Im Zusammenhang mit der Nagolder Saalschlacht hatte das Schwurgericht gegen den der KPD. an­gehörenden, 21jährigen Gärtner W. Hummel von Stuttgart zu verhandeln, welcher bet der Saalschlacht durch Revolver­schüsse vier Personen verletzt hatte. Er wurde wegen eine» Vergehens des unerlaubten Waffenbesitzes, eines Ver­brechens des versuchten Totschlags t« Tateinheit mit einem

Verbrechen des erschwerten Laudsriedensbruchs unter An­erkennung mildernder Umstände zu der Gefängnisstrafe von 2 Jahren und 3 Monaten verurteilt. 3 Monate werben an die erlittene Untersuch» Hungshaft angerechnet. Der dritte Akt der Nagolder Saalschlacht, die Vorgänge außerhalb des Traubensaals", wird nächsten Donnerstag vor dem Erwet- terten Schösfengericht verhandelt.

SCB. Tübingen, 7. Juli. Die Stadtgemeinde Tübingen hat das Kraftwerk Tübingen-Herrenberg gemeinsam mit der Elektr. Kraftübertragung in Herrenberg mit je hälftiger Ko­stenbeteiligung erbaut. Das Werk konnte seit März 193V voll in Betrieb genommen werden. Nun liegt die gesamte Bauabrechnung vor. Sie ergibt einen Baukostenaufwand in Höhe von 2 580 000 Mk. Die Ueberschreitung des Voranschlags beträgt 680 000 Mark.

SCB. Ulm, 7. Juli. Am Montagabend sind auf dem Bahn­hof Ulm zwei junge Männer von der Schaltervorhalle aus in den Schalterraum des Fahrkartenschalters eingedrungen und haben aus der Schalterkaste 334 Mark geraubt. Die Ein­brecher hielten dem diensttuenden Schalterbeamten zwei Re­volver vor und drohten ihm mit Erschießen, falls er Lärm schlage. Sie flüchteten, wurden aber sofort von Beamten des Bahnhofstreifdienstes Ulm und einem Polizeibeamten mit j Kraftwagen und zwei Diensthunden verfolgt. Einer der Etn- i brecher, der Maschinenschlosser Friedrich Kollegger aus Hohenems in Vorarlberg, wurde in Ehrenstein festgenommen, nachdem er zuvor durch einen Revolverschutz eines Streif­dienstbeamten getroffen worden war,- er wurde ins Kranken­haus nach Ulm verbracht, wo er die Tat eingestanden und den Namen des Mitkollegen, eines ledigen Zimmermanns aus Hamburg, angegeben hat, der im Besitz des geraubten Geldes sein soll. Dieser konnte bis jetzt noch nicht ergriffen werden.

Vermischtes

Wo man des Kammersensterlns unkundig ist...

soll man nichtfensterln", sonst geht es einem wie jenem wackern Oberbayern, der kürzlich in Hirschhorn in Baden diese Heimatsitte betätigen wollte. Nachts gegen 3 Uhr wollte der beim dortigen Kanalbau beschästigte junge Mann bei be­freundeten Damen im Hammerviertel zum Fcnsterln gehen. Nur an einer Stange emporkletternd stieg er drei Stockwerke hoch vor das Schlafzimmer der Schönen. In der Dunkelheit erkannten aber die des Fensterlns noch unkundigen drei Mäd­chen ihren Liebhaber nicht und schrien aus Leibeskräfte» Feuert". Sofort wurde der Feueralarm weitergegeben, die Feuerwehr rückte mit der Spritze zumLöschen" heran. Das heitere Vorkommnis bildete lange das gern belachte Tages­gespräch des Ortes.

Ameisenfleiß.

Ameisen bedienen sich bekanntlich der Blattläuse al- Zuckerlieferanten. Diese sondern einen süßen Saft ab, den jene aufnehmen und in den Bau tragen. F. Okland stellte Untersuchungen über die dabei in Frage kommenden Mengen an, und zwar mit der roten Waldameise. Er wog mehrfach eine bestimmte Anzahl Ameisen, die zu ihrenMilchkühen, wie man die Blattläuse auch nennt, da sie durch Melk- Bewegungen von den Ameisen zur Abgabe des Saftes ver­anlaßt werden, eilten, und die gleiche Zahl beladen zurück kehrender. Dabei stellte er fest, daß die einzelne Ameise jedes­mal ein Milligramm Zuckersaft davontrug. Daraus berechnete er für eine ganze Kolonie der roten Waldameisen, die durch­schnittlich 100 000 Tiere zählt, eine Jahresernte von zech» Kilogramm, wobei er berücksichtigte, daß sich nur 20 000 an >er Sammlung beteiligten.

Geld-, Volks- und Landwirtschaft

Wiste« Sie schon ... - Gute Zeiten für Gerüchtemacher.

Die Flüsterer waren wieder am Werke. Ueberall wurdt einem etwas ganz heimlich und selbstverständlich unter dem berüchtigten Siegel der Verschwiegenheit erzählt, zuge­flüstert,- es wurde gemunkelt und gedeutet, geredet, geredet, geredet ... Niemand entging den mit so geheimnisvollem Wissen beladenen Mitmenschen, die gutherzig genug sind, uns an ihren Enthüllungen und Entdeckungen teilnehmen zu lassen.Wissen Sie schon, daß ... ?", so begann die Unkerei das Gespräch, wo man sich sonst mit dem zwar nicht sonder­lich geistreichen, immerhin doch garantiert harmlosenWie geht's?" oderSchönes Wetter heutel" begnügte. Die Ge­rüchtemacher hatten gute Zeiten. Etiva so wie in Kriegsjah­ren. Schon damals wurde mit Gerüchten eine Menge Beun­ruhigung, ja Unheil in die Bevölkerung getragen, und es bedurfte stärkster Beschwörungen, auf diese üblen Erzählun­gen nicht hineinzusallen. Denn alle diese Gerüchte haben das eine Gemeinsame: sie sind erlogen, ein hitziger phanta- sicvoller Kopf hat sie sich ausgedacht, und eine Menge gewtssen- nnd gedankenloser Nachbeter murmelt sie nach. Jetzt war das nicht anders. Was in Notzeiten, unter außergewöhnlichen Bedingungen von der Regierung, von der Volksvertretung, von den besten Köpfen der Nation ersonnen wurde, uin über eine sehr schwierige Strecke des Weges himvcgzufüh- ren, den unser Volk durchlaufen muß, das ist immer noch nicht hart genug. Die Gerüchtemacher tüfteln sich noch schlim­mere Dinge aus. Und da der Materialismus nun leider sehr, sehr groß gezüchtet worden ist, ist jeder besonders hellhörig, wenn ihm da irgendein Unsinn von neuen schweren finanziellen Belastungen zugeflüstert wird. In einem Be­zirk lief unlängst das Gerücht um, es sei geplant, einen nen­nenswerten Teil aller Sparkassenguthaben zu beschlagnah­men,- der Staat würde in kürze so eine kleine Notverord- crlassen. Und schon ivar auch eine kleine Panik da; wer der plumpen Sensationsmache zum Opfer fiel, verlangte sei» Geld zurück. Er bekam es selbstverständlich. Aber daß diese Massenabhcbung nun wieder die wirtschaftliche Not der Allgemeinheit erschwert, das brauchte ja jedem Einsichtigen nicht erst gesagt zu werben. Doch bas schien ja wohl die tiefere Absicht derFlüsterer" zu sein, denen man in Zukunft besser auf die Finger sehen sollt«.