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Nr. 149

Kmts- unä Knzeigeblatt für cken Oberamtsbezirk (alw

Dienstag, den 30. Juni 1931

vezugspreis:

In äer Staät 40Soläpfennige wöchentlich mit Trägerlohn Post-Sezugspreir 40 Solä- pfennige ohne Bestellgeld

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In ZLllrn KSH«r«r Gewalt bAteht kein Anspruch ans ü«f-r>»ng äer Aeltung oder auf Rückzahlung -I», Sezug^reife»

Zernsprecher Nr. S

verantwort!. Lchriftleitung: Frieärich Han» Scheele Druck unä Verlag äer A. Delschlägerschen Suchäruckerei

Jahrgang 104

Frankreich vertagt die Entscheidung

Harter Endkampf ParisWashington - Die PariserVerhandlungen in einem kritischen Stadium Keine Verständigung über die Rückzahlung der gestundeten Tribute

wesentlicher Punkte Ser französische» Antwortnote mitgro-

TU. Paris, 30. Juni. Der amerikanische Schatziekrctär Mellon hatte im Verlaufe öes Montag nachmittag öer französischen Negierung die bringende Bitte übermittelt, die amerikanischen Vorschläge endgültig an zn neh­men. Dem Vernehmen nach gehen die Vorschläge darauf hinaus, daß Deutschland die ungeteilte Nutznießung auch des ungeschützten Teiles der Reparationen zinslos ge­sichert werden soll. Der französische Ministerrat trat darauf­hin unter Vorsitz des Staatspräsidenten zur Besprechung der Lage zusammen, nachdem der Außenminister Ariand vorher noch eine kurze Unterredung mit dem deutschen Botschafter von Hoesch gehabt hatte: Die Beratungen des französischen Ministerrates dauerten etwa 2 Stunden. Nach seiner Be­endigung gab die französische Negierung eine lakonische Verlautbarung heraus, in der es hieß, daß die Mi­nister den Staatspräsidenten über den Stand der Verhand­lungen unterrichtet Hütten. Abends fanden erneut Verhand­lungen mit den amerikanischen Vertretern statt, worüber fol­gende amtliche Verlautbarung veröffentlicht wurde:Die amerikanische» und französischen Unterhändler haben sich im Minister-Präsidium versammelt und ihre Besprechungen fortgesetzt. Schatzsekrctür Mellon wird den Stand der Ver­handlungen nach Washington berichten. Eine neue Zusam­menkunft ist für Mittwoch vormittag vorgesehen."

Die äußerst dürftige Mitteilung und die Unterbrechung der Besprechungen bis Mittwoch haben große Bestür­zung hervorgeruscn. Man macht insbesondere darauf auf­merksam, daß nunmehr der von Präsident Hoover vorge- schlagcnc Zeitpunkt für das Jnkrastsetzen feines Vor­schlages nicht mehr eingc halten werden könne. Die Verhandlungen sind somit in ein kritisches Stadium getreten. Die Vertagung auf übermorgen kann leicht zu einem endgültigen Abbruch führen. In der amerikanischen Botschaft herrschte am Montagabend der äußerste Pesimis- mus. Man hält es nicht für ausgeschlossen, daß der gesamte Hooversche Plan ins Wasser fällt. Die Franzosen haben in keinem der wesentlichen Punkte nachgcgeben. Es hat sich heransgestcllt, daß nicht die Inkraftsetzung des Hoovermora- toriums, sondern die Vereinbarungen über die Zeit der Rückzahlung nach Ablauf des Moratoriums aus unüber­windliche Schwierigkeiten stoßen. Als neues Hindernis ist nun auch die Frage der Zuständigkeit des Haager Ge­richtshofes für die Differenzen aus den neuen Ab­machungen hinzugctreten, da die Amerikaner dafür den Haager Gerichtshof nicht anerkennen wollen. Schatzsckrctär Mellon hat noch am Montagabend die telefonische Ver­bindung mit Washington wieder ausgenommen. Heute findet im französischen Senat eine Aussprache über die französisch­amerikanischen Verhandlungen statt, in deren Verlauf Laval Erklärungen abgeben wird, die mit grober Spannung er­wartet werden.

Im Gegensatz zu den bisherigen optimistischen Erklärun­gen verbreitet Havas am Montag abend eine Darstellung des gegenwärtigen Standes der französisch-amerikanischen Verhandlungen, die deutlich erkennen läßt, worüber man bis zuletzt verhandelte. Es wird offen zugegeben, baß die amerikanische Negierung die Abänderung verschiedener

Der Kanzlerbesuch in Rom

TU. Berlin, 30. Juni. Amtlich wird mitgcteilt: Auf Grund der deutschen Anregung weiterer freundschaftlicher Aussprachen entsprechend der in Chcqucrs stattgehabten Zu­sammenkunft hat der italienische Ministerpräsident den deut­schen Reichskanzler und den Ncichsaußenminister durch Ver­mittlung öes italienischen Botschafters in Berlin zu einem Besuch in Rom in naher Zukunft cinladcn lassen. Der Reichskanzler und der Ncichsaußenminister haben die Ein­ladung des italienischen Ministerpräsidenten mit Dank an­genommen. Der Zeitpunkt des Besuches bleibt späterer Ver­einbarung Vorbehalten.

Von amtlicher deutscher Seite wird die Nachricht dementiert, daß Laval bei seiner Unterredung mit Hoesch für eine Verschiebung des Besuches der deutschen Minister eingetreten sei und diese Verschiebung mit der innerpoliti­schen Lage begründet habe. Die französische Regierung habe vielmehr einen möglichst nahenTermin für den Besuch vorgeschlagen, während hingegen der deutsche Botschafter gel­tend machte, daß eine Aussprache nur dann Erfolg verspreche, wenn sie in einer Atmosphäre öer Beruhigung stattfinde.

Zum bevorstehenden Besuch der Engländer i« Berlin

Das Programm für den englischen Ministerbesuch in Berlin steht entgegen anders lautenden Darstellungen noch nicht endgültig fest. Sicher ist anscheinend nur. daß Mac- »onald und Henderson am 17. Juli in Berlin eintreffen werden, Henderson bereits am Bormittag, da er von Parts

her Entschiedenheit fordert. Ministerpräsident Laval sei bemüht, einerseits die Isolierung Frankreichs zu ver­hindern, andererseits aber auch dasgeheiligte Recht" Frankreichs auf die deutschen Reparationen zu verteidigen, das Heißt also, daß die Amerikaner aus die Zurückzahlung der ungeschützten Jahreszahlung in ihrer vollen Höhe an Deutschland, und zwar an Deutschland allein, bestanden und daß über die Frage der Nachzahlung der durch das Hoovcr- moratorium gestundeten Aoungannuität durch Deutschland bzw. die interalliierten Schulden an Amerika keinerlei Einig­keit bestand.

Die Amerikaner haben vorgeschlage», daß -er geschützte Teil der Jahreszahlung erst in 37 Jahren, -er ungeschützte Teil in 25 Jahren nachgezahlt werden muß. Auch die fran­zösische a Deutschland z« gewährende Anleihe, die ja nur eine Rückerstattung -es ungeschützten Teils ist, soll erst in 25 Jahre« gezahlt werde«. Hieraus wollte« die Franzose« jedoch nicht cingehe«. Auch über den Zinssatz der Deutsch­land zu gewährenden Anleihe bestanden Meinungsverschie­denheiten. Während Frankreich bisher den Standpunkt ver­treten hat, daß der gestundete Betrag sofort nach Ablauf des Moratoriums zurückgezahlt werden müsse, hat die franzö­sische Regierung schließlich ineinem Gefühl des Entgegen­kommens" am Montag abend beschlossen, diese Frist um 5 Jahre zu verlängern.

Sowohl das Weiße Haus wie das Staatsdepartement stehen in ständiger Nadiotelephonverbindung mit Schatzsekre- tür Mello n. Staatssekretär Castel erklärte beim Presse­empfang am Montag, daß bisher eine Einigung nicht er­zielt sei. Verschiedene technische Fragen ständen noch zur Aussprache. Castcl fügt mit besonderem Nachdruck hinzu, Amerika werde auf keinen Fall seine Zustimmung dazu ge­ben, daß Deutschland die gestundeten Beträge bereits in dem auf das Moratorium folgenden Jahr zurückcrstatte und so eine doppelte Jahreszahlung leiste.

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Polen und die Tschechoslowakei stimmen dem Hooverplan zu

Wie das Washingtoner Staatsparlament in einer amt­lichen Bekanntmachung mitteilt, haben Polen und die Tsche­choslowakei den Hooverplan angenommen. Da diese beiden Staaten besonders eng an Frankreich gebunden sind, wird dieser Tatsache besondere Bedeutung beigelegt und die amt­lichen Stellen fühlen sich dadurchermutigt".

Die belgische Negierung stimmt in ihrer Antwort dem Vorschlag Hoovers grundsätzlich zu, lenkt jedoch die Auf­merksamkeit zugleich aus die besondere Lage Belgiens und auf den besonderen Charakter der belgischen Forderungen, die lediglich zu dem Zweck bestimmt seien, die Schäden wie­der gut zu machen. Die belgische Regierung erinnere daran, daß Deutschland sich aus der Konferenz von Versailles bereit erklärt habe, Belgien völlig wieder herzustellen. Weiter führt die belgische Note aus, - die Jahreszahlungen aus dem Markabkommen fortgesetzt werden müßten und gibt schließlich der Hoffnung Ausdruck, daß die amerika­nische Negierung der besonderen Lage Belgiens Rechnung tragen werbe.

aus nach Berlin reist, während Macdonald nachmittags mit dem Flugzeug aus London erwartet wird. Die erste Nacht werden die englischen Minister als Gäste der Reichsregie- rung im HotelKasserhof" verbringen. Die Dispositionen für den Samstag find noch nicht getroffen. Während ur­sprünglich in Aussicht genommen war, an diesem Tage, der zweifellos der wichtigste sein wird, eine ausgedehnte Fahrt durch die Havelseen zu unternehmen, steht gegenwärtig ein Vorschlag des preußischen Ministerpräsidenten Brau« im Vordergrund, der der Neichsregierung das Jagdschloß Hubertusstock für die Aussprache mit Macdonald und Hen- dcrson zur Verfügung stellen will. Der vorgesehene Emp­fang beim Reichspräsidenten dürste «ach den vorläufigen Dispositionen am 18. Juli stattfinden. Der Nachmittag des 19. Juli ist für einen Empfang in der englischen Botschaft vorgesehen. Am Montag, den 20. Juli, werden die englischen Gäste die Reichshauptstadt wieder verlassen.

Landtagsauflösung in Braunschweig?

Das kommunistische Volksbegehren erfolgreich.

TU. Braunschweig, 80. Juni. Das Ergebnis des kommu­nistischen Volksbegehrens auf Auflösung -es braunschweigi­schen Landtages wurde am Montag abend offiziell bekannt­gegeben. Die erforderliche Stimmenzahl von 10 Prozent der 846000 Wahlberechtigten ist wider Erwarten überschritten worden., die Auslösung des Landtages wurde» SS 07S Stimme« abgegeben. Gegen das kommunistische Volksbegeh­ren stimmten 2071 WEberechttM.

Tages-Spiegel

Die Pariser Berhandlunge« st«d i« ein kritisches Stadium eingetrete«, da sich Frankreich hartnäckig weigert, auf die Wünsche Amerikas einzugehe«. Die französische Regie­rung hat ihre Entscheid»«« »us morgen vertagt.

Der Optimismus der Amerikaner hat sich stark »-geschwächt, m«« zieht jetzt sogar ein mögliches Scheiter« des Hoover» planes in Betracht.

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Für die deutsche« Besuche in Paris und Rom find bisher noch keine Termine festgesetzt worden.

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Die Stndienansschüsse des Europa-Ausschnsses habe« sich de« schwebende« Moratoriumsverhandlungen «ege« vertagt.

Im englische« Unterhans fand eine Aussprache über das Abrüstnugsproblem statt. Macdonald zeigte die Ziele de« Abrüstnngspolitik a»f.

Infolge von Tätlichkeiten zwischen kommunistischen und nationalsozialistisch«« Studenten ist -ie Universität Berlin geschloffen worden.

Die Abrüstungsfrage im englischen Unterhaus

Macdonald über -ie Ziele der Abrüstnngspolitik TU. London, 30. Juni. Bei Beratung des Haushalts für das Weltreich-Verteidigungskomitee im Unterhaus ergriff Macdonald das Wort zu einer ausführlichen Rede über die englische Abrüstungspolitik. Das Abrüstungsab» kommen, Las sich, wie er hoffe, aus -er Abrüstungskonfe­renz ergeben werde, so sagte der englische Ministerpräsident, werde nicht nur eine Erklärung sein, die sich nur mit all­gemeinen Grundsätzen beschäftige, sie werde nicht eine Er­klärung über die Abfichten oder -ie Methoden sein, sondern Normalformen und Tabellen bringen, die Sie Frage der Ab­rüstung in das Gebiet der feststellbaren und nachweisbare« Tatsachen rücke, so - man bei Beendigung der Konferenz nicht nur fromme Wünsche, sondern Tabellen und Mahstäbe, nicht nur Grundsätze, sondern Normalformulierungen in den Händen habe und etwas besitze, das jede interessierte Macht nachzuprüfen in -er Lage sei. Jeder Staat könne sich davon überzeugen, daß die Verpflichtungen von anderen Nationen tatsächlich erfüllt werden.

England habe der Welt ein gutes Beispiel für die Ab­rüstung gegeben. Es habe loyal erfüllt, wozu es sich ge­meinsam mit Len anderen Nationen für »verpflichtet halte. Die HerabsetznngderRüstungen müsse interna­tional sein. England sei schon schr nahe an die Grenze des Möglichen herangegangen. Es fordere jede an Frieden und Abrüstung interessierte Nation ans, die Zahlen zu prü­fen. Jede Ration habe die Pflicht, sich mit den anderen z« gemeinsamer Arbeit Mfammerrznfinden und eine weitere Abrüstung durch internattonale Abmachungen möglich zu machen.

Macdonald legte dann dar, wte England durch die An­nahme der Schiedsgerichtsklausel und anderer Verträge da­zu beigetragen habe, daß ein Streit zwischen zwei Nationen sofort öer Schiedsgerichtsbarkeit unterworfen werde. Das Flottenabkommen sei ein guter Fortschritt auf dem richtigen Wege gewesen. Er könne ferner behaupten, daß der Besuch von Brüning und CurtiuS in England und der Gegenbesuch -er englischen Minister in Berlin einen beruhi­genden Einfluß aus Europa haben werde. Mit aller Ehr­lichkeit könne er sagen, - die Einladung an die deutschen Minister, nach Paris zn kommen, gerade das sei, worum die englischen Minister gebeten hätten. Die Initiative, die Hoo- ver gezeigt habe, sei ein Beweis, daß guter Wille die Welt zu guten Erfolgen führe und - die Welt noch nicht so un­fruchtbar sei, wie es von den oberflächlichen Zynikern be­hauptet werde.

Falschmünzer verhaftet

TU. Berkiu, 30. Juni. .Die Falschgeldstelle der Kriminal­polizei hat eine ans sechs Personen bestehende Falschmünzer- bande, -ie seit längerer Zeit falsche 10-Mark-Scheine in Ber­lin und Umgebung vertrieben hat, festgenommen. Der tech­nische Hersteller, -er 27 Jahre alte Techniker Ernst Schrö­der konnte heute nacht im Friedrichshain gefaßt werden.

Ausruhr in Südperu

TU. Nenyork, »y. Juni. Wie aus Cuzcoin lSüd-Perns gemeldet wir-, ist dort eine Revolte ausgebrochen. Zwei Infanterie-Regiments meuterten als Protest gegen die Rückkehr des verbannten ehemaligen Präsidenten Cerro. Dte Garnison befindet sich tu den Händen der Rebellen.