Kein neues Oesterreich-Ungarn
Sin vorläufig abgeschlossenes Kapitel in der ungarischen Königsfrage
verschieden« Begebenheiten der letzten Wochen veranlaß- ten den ungarischen Ministerpräsidenten Grafen Bethlen, . in einer programmatischen Rede, die er kürzlich in Debrecen hielt, eindeutig zur Königsfrage Stellung zu nehmen. Der Grunbton seiner Ausführungen war darauf abgestimmt, daß diese Frage jetzt nicht dringend sei. Mit dieser entschiedenen Absage an alle diejenigen, welche die „Restauration" in den Wahlkampf htneinziehen wollten, bestätigt Bethlen nur seine immer eingenommene Haltung. Er Hat stets, um seiner Außenpolitik Belastungen fern zu halten, den Standpunkt vertreten, daß die Zeit für eine Wiederbesetzung des ungarischen Thrones noch nicht gekommen sei. Wenn er diese seine Ansicht in der Debrecener Wahlrede noch einmal so scharf betonte, so ivandte er sich damit also weniger an die Allgemeinheit als an einzelne.
Zu diesen dürfte der allseitig als Führer der Legitimisten anerkannte Graf Albert Apponyt allerdings nicht gehören, denn dieser hat erst kürzlich ebenfalls mit dem größten Nachdruck erklärt, daß die Zeit für eine legitimistische Unternehmung noch nicht gekommen wäre. Eher schon möchte Bethlen einen Artikel des Markgrafen Georg Pallavicini im Auge gehabt haben, der vor wenigen Tagen unter der Ueber- schrift „Oesterreich-ungarisches Bündnis?" im „Neuen Wiener Journal" erschienen ist. Hier wird die „Restauration", d. h. ln diesem Falle die Wiedervereinigung Oesterreichs mit Ungarn unter dem Szepter Habsburgs, als dringlich und die außenpolitische Atmosphäre als dafür günstig hingestellt sowie die Regierung wegen ihrer abwartenüen Haltung in dieser Frage offen angegriffen. Es heißt da unter anderem: „Dagegen ist schwerer zu erkennen,inwiefern es sein (des ungarischen Auswärtigen Amtes) Verdienst ist, daß die frühere eisige Atmosphäre um die Schicksalsfrage Ungarns so freundlich geworben ist. sowohl bei der Macht, an die uns Bande enger Freundschaft knüpfen, als auch bei jener anderen, an die wir durch unsere finanziellen und wirtschaftlichen Interessen gewiesen sind, deren Freundschaft zu gewinnen unsere offiziell« Politik in den letzten Jahren bedauerlicherweise so sehr vernachlässigt hat."
Dieser letzte Satz — gemeint sind darin Italien und Frankreich — zeigt die eigentliche Ursache für die erhöhte Geschäftigkeit der Legitimisten. Die Rückkehr der Habsburger war bis vor kurzem ein ungarisches Problem, das zwar internationalen Bindungen unterlag, ernstlich aber nur die Beziehungen Ungarns zu seinen Nachbarn und zivar auch nur zu der Kleinen Entente berührte. Nicht einmal auf das Verhältnis zu Oesterreich übte es einen nennenswerten Einfluß aus. Wen» es, womit Pallavicini vollkommen recht hat, Gegenstand der großen Politik wurde, so ist das ein Verdienst nicht der ungarischen oder österreichischen Legitimisten,
sondern des Planes einer Zollunion zwischen Deutschland und Oesterreich. Im ersten Schreck darüber schivanüen in Frankreich nicht nur alle Bedenken, die, ivegen der Freundschaft zur Kleinen Entente, sich gegen die Rückkehr Ottos von -Habsburg auf den ungarischen Thron stellten, sondern man war sogar geneigt, ihm die Ausdehnung seiner Herrschaft über Oesterreich zuzugestohcn. Diese Gedanken fanden ja hinreichenden Ausdruck in einem Artikel Sauerweins.
Italiens Sprachrohr rvar die „Tribuna", die in zwei Artikeln zu der Frage der Restauration Stellung nahm. In dem einen wurde einer österreich-ungarischen Zollunion bas Wort geredet und der Gedanke entwickelt, daß man vom italienischen -Standpunkt ans nichts dagegen einwenden würde, wenn die Zollunion in einePersonalunion überginge. Italien fei nach Ablauf des Antihabsburgpaktes in keiner Weise mehr gebunden. Der zweite Artikel führte aus, die ungarische Frage fände keine endgültige Lösung, ehe nicht der Thron St. Stephans wieder besetzt wäre.
Es sind also ganz gewichtige Stimmen, die hier zugunsten einer Rückkehr der Habsburger laut wurden. Allerdings ist zu beachten, daß sie ertönten, ehe in Genf die deutsch-österreichische Zollunion auf die lange Bank geschoben wurde. Heute dürfte der Eifer Frankreichs abgeebbt und dieses mehr geneigt sein, auf die Gefühle seiner Freunde, der Kleinen Entente, Rücksicht zu nehmen.
Aber auch in den beteiligten Ländern, Oesterreich und Ungarn, findet der Plan einer Wiederaufrichtnng -er Personalunion nicht einmal in den monarchistischen Kreisen ungeteilte Zustimmung. In Oesterreich ist es die unter Führung des Oberste» Wolfs stehende Grnppe der Legitimisten, die „Kaisertreue Volkspartei", die Ungarn das Recht abspricht, den Sohn Kaiser-König Karls für sich in Anspruch zu nehmen. In Ungarn sind die Landwirte keine Freunde einer Verbindung mit Oesterreich. Graf Apponyi, dessen Stel lungnahme großes Gewicht bciznmessen ist, äußerte sich au-: weichend, er wolle nicht in das Entschließungsrecht Oester rcichs eingreifen. Zweifeln begegnet die Personalunion l dem praktischen Sinn des Hönvedmiuisters Gvinbös, d.. kürzlich in einem Trinkspruch auSsührte: „Nenestens prüf? - tiert man uns den Gedanken der Personalunion — mir a. können in staatsrechtlichen Verbindungen allein unsere re' politischen Rechnungen nicht finden und müssen frage», >r hinter der Personalunion vom Gesichtspunkt« der Rcvist und der allgemeinen Abrüstung steckt."
Die Frage der Wiederkehr der Habsburger ist also no . nicht — oder schon nicht mehr — spruchreif. Daran läßt si nach der entschiedenen Ablehnung durch den für die nn garische Politik verantwortlichen Staatsmann nicht mei zweifeln.
nwser Mer Herzen gedrungen uebpa,ier Meisau). Ich nehme de« Anlaß, der sich mir heut« bietet wahr, um dem gegen- wärttgen Leiter der Geschicke der Bereinigten Staaten vv, Amerika, der schon einmal unserm Volk in Zeiten größte» Not die rettende Hand gereicht hat, für die neuerliche Groß- tat im Namen Oesterreichs und seines Volkes von ganzem Herzen zu danken.
Mißstimmung
in Washington über Frankreich
Die amerikanische Presse wird deutlich Bezeichnend für die Haltung der Washingtoner Regierung gegenüber Frankreich in der Frage des Hoover-Planes ist ein Leitartikel der Herald Tribüne, in dem es u. a heißt' Der Versuch der Pariser Regierung, den auf Frankreich ent^ fallend« Anteil der ungeschützten Jahreszahlungen von dem Zahlungsaufschub auszuschließen würde voraussichtlich den ganzen Hooverplan zum Scheitern bringen, da die öffentliche Meinung Amerikas es selbstverständlich ablehne, die ganze Bürde des Opfers allein zu tragen. Die Zerschlagung des Moratoriumsgedankcns würde den Zusammenbruch Deutschlands in doppelt bedrohliche Nähe bringen und Frankreich hätte die Verantwortung für die völlige Zerstörung des Re- parations- und Friebenssystems zu übernehmen.
Noch schärfer äußert sich Hearst in einem groß aufgemachten Leitartikel in den 18 Zeitungen seines Konzerns, Frankreich sei eine ständige Kriegsdrohung. Es benutze gestohlene Gelder, um eine gigantische Kriegsmaschine aukzu- bauen, um Europa zu unterjochen,' Frankreichs großsprecherische Piratennation sollte vor ein Weltkricgsgericht gestellt und gezwungen iverben, Frieden zu halten oder die vernichtenden Folgen seiner Politik zu tragen.
Ein Freund Deutschlands
Die oesterreichische Regierungserklärung
TU Wien, 24. Juni. Im Nationalrat stellte sich die Regierung dem Parlament vor. Bundeskanzler Bure sch befaßte sich in seiner Regierungserklärung zunächst mit der Innenpolitik. Seine Richtlinien sind folgende: Direkte Aufteilung der von der Bevölkerung verlangten Opfer, rascheste Erledigung der Zollvorlage, Abschluß der Handelsverträge, Reform der Verivaltung. Ueber die Reorganisation der Kreditanstalt sagte der Bundeskanzler unter lebhaftem Beifall, es werde Aufgabe der Regierung sein, die Verantwortung auch für die verflossene Periode der Kreditanstalt im Sinne der bestehenden Gesetze gegenüber allen schuldtragenden Organen restlos festznstellen.
Der Bundeskanzler ging dann auf die Außenpolitik über, von der er sagte, daß gerade Oesterreichs Außenpolitik im jetzigen Augenblick in ausschlaggebender Weise seinen wirt
schaftlichen Ersvrdernijscu Rechnung tragen müsse. Die Regierung sei entschlossen, die freundschaftlichen Beziehungen zu allen Narbarstaatcn Oesterreichs zu pflegen, insbesondere soll die brüderliche Freundschaft, die Oesterreich mit dem deutschen Reich verbinde, als wertvollster Bestandteil der österreichischen Politikk und der gegenwärtigen Negierung mit aller Sorgfalt gepflegt werden. Er kam bann auf die Zollunion zu sprechen und meinte, er halte es nicht für angebracht, vor der Entscheidung des Haager Schiedsgerichtshofes zu dem Zollunionsplan in der Regierungserklärung präju- dizierend Stellung zu nehmen. Der Bundeskanzler skizzierte bann die gegenwärtigen HanöclsvertragSverhandlungen und äußerte sich weiter:
„In den schweren Tagen, die wir und mit uns ein großer Teil der Staaten Europas durchleben, kommt die frohe Kunde vom tiefen menschlichen Fühlen des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Ein Lichtstrahl der Hoffnung ist in
Geschichte «I«er Liebe v»n Paul Grabei»
Copyright ISSO So Romandienst »Dtgo*, Berlin D so
l«. Fortsetzung.)
k! Mer Ihre Heiterkeit steckte ihn nicht an, sie verletzte ihn. Das also war das Echo, das all seine schmerzlichen Emp-
die drohende Gefahr nicht sah stieg ihm heiß in oie Schläfe
„Mir ist die Sache nichts weniger als lächerlich. Aber nun genug! Da alle Vorstellungen bei dir nichts fruchten, da du mich nicht verstehen kannst oder willst — so mag dir mein ausdrücklicher Wunsch genügen. Ich will nicht mehr, daß du mit Fred Drenck allein bist! Ich wünsche auch nicht, daß du heute mit ihm tanzst."
„Wie?" Seine herrischen Worte ließen ihre Stimmung im Augenblick Umschlägen. Dicht trat sie vor ihn, mit sprühenden Blicken: „Verbieten willst du mir —
, „Ich wünschees nicht," beharrte er fest, i „Wortklaubereien!" Verächtlich warf sie ihm das Wort hin. „Gleichviel — ich will dir zeigen, daß ich nicht deine Sklavin bin." Und schon wandte sie sich heftig von ihm ab.
dämpft
Einige Augenblicke - . - „
lähmt von einem Gefühl tiefen Schmerzes und bitterer Kränkung. Wie konnte sie ihm das antun; ihm, der es doch so gut gemeint, der nur schwere Kämpfe ihr wie ihm hatte ersparen wollen!
Dann aber wich die weiche Regung aufwallendem n: Sie verlachte ihn, sie mißachtete seine.Wünschet—.ja, tat
e er idr »
»ein Spiel« — nun w
gestraft herausfordern ließ. Ietzt'hieß es für ihn'nur'noch: Biegen oder Brechen!
Schnellen, festen Schritts, mit einer fiebrigen Kampferregung in allen Nerven, ging Wigand in den Tanzsaal hinüber. Er spähte ungeduldig, mit grimmiger Erwartung in das Gewühl — richtig, da hing sie in Freds Arm, lachend, strahlend, und er blickte mit seinem verhaßten Triumphs- torenlächcln auf sie herab, während er sie mit eleganter Sicherheit durch die Wogen der Tänzer steuerte.
Wigand war auf diesen Anblick gefaßt gewesen, er hatte ihn kampfbegisrig ja herbeigewünscht, aber doch — wo er nun die beiden so sah, nun krumpfte es ihm mit einem Male das Herz zusammen.
Gerade jetzt, wo er die Braut in all ihrem Reiz in den Arm des andern, des Verhaßten, geschmiegt sah, gerade jetzt fühlte er, wie heiß er sie liebte. Das war nicht mehr jenes abgeklärte, innige Empfinden, das aus Mitleid, aus Seelenverwandschaft entsprungen war — nein, das war eme flammende, aufbrausende Macht, die ihn im Innersten erzittern machte. Zum ersten Male sah er so recht ihre junge, lockende Schönheit; in dieser Stunde liebte er in ihr zum ersten Male das Weib.
Die Musik war verstummt, Alfred Drenck hatte die Cou- ,e mit Scherzen und Lachen wieder den Ihren zugefübrt, „un ging er zum Büffett, um ein Glas frappierten Sektes zur Abkühlung hinabzustürzen. Da trat ihm plötzlich am Eingang zu dem Vorsaal unvermutet ein Herr entgegen — Wigand. Ah! Das sah ja gerade aus, als sollte ihm der Weg versperrt werden. . , , ^
Kalt und hochmütig reckte sich der Flieger auf, seinen Geg- ner verächtlich mit dem Blick streifend. Dann wollte er lang- sam an ihm vorüber. Doch da trat ihm Wigand wirklich ent-
^,Ich wünsche mit Ihnen zu reden!" Fast heiser vor Er- regung klangen die gedämpften Worte, und auf Wigands Gesicht entbrannte eine fliegende Röte.
„Aber bitte!.Ganz zu Ihren Diensten,"
In^ Wigands Augen schoß e« nachtdunkel auf, aber doch beherrschte er sich: . -- .
Sackett, dem Botschafter der V'e.'cin>atc:r Ltaaten tn Berlin, ist es in hohen« Maße zu danken, daß die amerikanische öffentliche Meinung so objektiv und so nachdrücklich über die katastrophale Lage der deutschen Wirtschaft unterrichtet wurde, baß sich ein Eingreifen der Vereinigten Staaten als unumgänglich notwendig erivics.
Ei» Weltanleiheplan? Wie aus Paris verlautet, sollen Bestrebungen zur Aufbringung einer internationalen Anleihe im Gange sein. An dieser Anleihe sollten sich sämtliche an der Frage der Schuldenregelung interessierten Länder beteiligen und die Negierungen der alliierten und der Bereinigten Staaten sollten die gemeinsame Garantie übernehmen. Mit Hilfe dieser Anleihe solle es gelingen, die Haushalte der Staaten, die durch den Hoover'schen Vorschlag berührt worden seien, «nieder ins Gleichgewicht zu bringen.
zu veacyren. vcunmeyr muy «ch mich auo vtreri an Ihr« Adresse wenden: Ich wünsche nicht, daß Sie weiterhin mit meiner Braut tanzen!"
In dem Flieger zückte es arck, aber er beherrschte sich.
„Ihre Wunsche sind selbstverständlich ganz unmaßgeblich für mich," erwiderte er mit kalter Geringschätzung. „Für mich existieren nur die meiner Cousine." Dainit wollte er hochmütig den anderen stehen lassen.
„Sie sind ein Unverschämterl" Bebend vor Erregung stieß es Wigand hervor.
Drenck war bleich geworden, als ihn das Wort traf; aber er bewahrte die Fassung auch jetzt noch:
„Ich werde Ihnen morgen meinen Kartellträger schicken — nun aber wären wir wohl fertig?"
Haß, der ihn zu verzehren drohte, sein Opfer erreicht.
Durch die dürre Kiefernforst holperte auf hartgefrorenem, tiefspurigem Sandwege der Wagen hin. Still lag im rauen Grau des frühen Wintermorgens der spärliche Wald da, ve^ hängt von einem nebligen Dunst; nur hin und wieder vrach krächzend eine Krähe vom Waldrand am Wege aus, mit schwerem Flatterflug nach dem braunen Acker drüben
Schweigend und ernst saßen auch die drei Insassen des Wagens, Doktor Wigand mit einem alteren Kollegen der die Snstrumententasche bei sich führte, und seinem Sekunda»- ten, einem befreundeten Assessor.
Alle drei Herren waren mit ihrer Zigarre beschastiat nur hin und wieder wechselten sie ein kurzes Wort. So frÜH am Morgen war man nicht zur Unterhaltung aufgelegt, am wenigsten auf einer solchen Fahrt. Zwar die Bedingungen waren an sich nicht so schlimme — aber trotzdem: man konnte
^Dttaan!)bblickte, mechanisch seine Zigarre rauchend, gedankenverloren vor sich hm. Nicht etwa, daß er das Rencontre von vorgestern bereute — o neinl Noch war ja sein Zorn nicht verlogen, und er brannte vor Begier auf den Augenblick, wo er dem andern endlich mit der Waffe tn der Han" geaenübertreten sollte. Aber Ursula» Bild drängte «Men dfese Rache-gedanke« und entzweite ihm seine Emp- sindunaen.