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Nr. 143
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Dienstag, den 23. Juni 1931
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verantwortl. Lchviftleitung: Friedrich Hans Scheele Druck und Derlag der A. Selschläger'schen vuchdruckerei
Jahrgang 104
Die Ausarbeitung des Zahlungsaufschubplans
Heute Übermittlung der amerikanischen Vorschläge an die Mächte — Keine Zeit zu Diskussionen und Konferenzen — Frankreich fordert weitere politische Sicherheiten
---Nenyork» 23. Juni. In den frühen Morgenstunden des Montag ist Präsident Hoover in Begleitung des Vorsitzenden des Finanzausschusses des Senats, Smoot, und des Untersekrctärs im Schatzamt, Odgen Mills, von seinem Wochenendaufenthalt nach Washington zurückaekehrt. Smoot und Mills haben sogleich die Ausarbeitung des ins einzelne gehenden Moratoriumsplans ausgenommen, der heute den 13 interessierten Negierungen zugehen soll. Es verlautet, daß irgendwelche Versuche der französischen Negierung unter Berufung auf den Aoungplan Vorbehalte zu machen, in Washington stärkstem Widerstand begegnen würden, da man lediglich von einer uneingeschränkten Durchführung des Hooverschen Planes sich eine wirkliche Besserung der deutschen Finanzlage verspricht.
Stimson erklärte bei einem Prcsseempsang, daß die Inkraftsetzung des Hoover-Planes keine Konferenz erforderlich mache. Die beteiligten Mächte brauchten nur ihrer Zustimmung auf diplomatischem Wege oder durch eine öffentliche Erklärung Ausdruck zu geben. Vor allem wichtig sei rasches Handeln.
Der Moratoriumsplan Hoovers bedeutet für die Vereinigten Staaten einen Zahlungsausfall von 954 Millionen, für Frankreich einen solchen von 359 Millionen, während Italien mit einem Ausfall von 77 Millionen NM. und England mit einer noch geringeren Ausfallssumme weit günstiger davonkommen. Hieraus erklärt sich die starke Mißstimmung in Paris.
Der Hindcnbnrgbri.es an Hoover gab den Ausschlag.
Die immer wieder gestellte Frage, was den Präsidenten der Vereinigten Staaten bewogen hat, in völliger Abkehr von der eingehaltenen Linie entscheidend in den Gang der Ereignisse cinzugreifen, hat durch eine Erklärung des Staatssekretärs Stimson eine sensationelle Beantwortung erfahren.
Stimson teilte mit, daß Hoover, als die ersten Meldungen über die katastrophale Finanzlage Deutschlands einliefen, die Neichsregierung anfforderte, einen Bericht über die Lage einznreichen. Der Präsident fügte hinzu, daß er Wert darauf lege, die erbetene Unterrichtung von „höchster Stelle" zu erhalte». Wie Stimson weiter mitteilt, antwortete Reichspräsident von Hindenburg persönlich in einem langen vertraulichen Schreiben an Präsident Hoover. Der Inhalt des Briefes wird geheim gehalten, doch erklärte Stimson, daß der Bericht Hindenburgs die voraufgegangcne Information über den Ernst der Lage in vollem Umfang bestätigt habe.
Die Heralü Tribüne versichert, daß Hoover drauf und dran gewesen sei, die nach der Zusammenkunft in Eheguers einsetzende Nevisionspropaganda mit einer unmißverständlichen Erklärung im Sinne der bisherigen offiziellen Auffassung zu beantworten. Der Umschwung sei erfolgt, als der von seiner Enroparcise zurückgekehrte Senator Morrow dem Präsidenten mitgetcilt habe, daß nach Meinung maßgebender Persönlichkeiten der Neichsregierung die revolutionäre Bewegung kaum mehr aufzn halten sei, wenn nicht sHnellstens eine Besserung der Wirtschaftslage etntrete. Der Zusammenbruch der österreichischen Trivut- anstalt sowie die Berichte Meltons hätten dann die Befürchtungen Hoovers verstärkt. Den Ausschlag aber habe der Brief Hindenburgs gegeben, der Hoover veranlaßt habe, unverzüglich einzuschreitcn.
Stimsons Enroparcise verschoben.
Nach einer Meldung Berliner Blätter aus Washington forderte Präsident Hoover telegraphisch den Schatzmeister
Reichsbank und Hooverplan
TU. Berlin, 38. Juni. Der Ncichsbankpräsident Dr. Luther erstattete gestern dem Reichskanzler Dr. Brüning Bericht über die währungspolttische Lage. Rcichsbankvizepräsibent Dr. Dreyse äußerte sich über die Lage bei der Rcichsbankl Der Hooverplan habe eine neue Lage geschaffen. Die Reichsbank hoffe, daß nun weniger Kreditkündigungen erfolgten, so daß eine Restriktion nur in allermildestem Ausmaße notwendig zu werden brauche und die Resonanz des Hoover- Planes tm Auslände dazu führe, daß weniger Kreditkündigungen erfolgten. Zu weiteren Besorgnissen sei nach Ansicht der Reichsbank kein Grund vorhanden. Die Reichsbank rechnet damit, daß sie auch über den Ultimo hinwegkommt, wenn keine besonderen neuen Momente auftreten. An eine Diskontänderung würbe vorläufig nicht gedacht. Die Kredit- restriktton werde eS wohl mit sich bringen, baß über den Kredit der Banken in Höhe von 260 Millionen Mark an die Reichsregierung neue Verhandlungen erforderlich sein würden. ^
Mellon auf, seine Reise durch die europäischen Hauptstädte fortzusctzen, um sich dort zu informieren. Die Abreise des Staatssekretärs Stimson nach Europa habe verschoben werden müssen, weil es der Präsident für nötig hält, daß bei der gegenwärtigen Lage der Staatssekretär ihm in Washington zur Verfügung stehe.
Oesterreich, Italien und England erklären ihr Einverständnis
Der österreichische Gesandte hat nach einer Meldung aus Washington am Montag vormittag im Staatsdepartement vorgcsprochen. Er drückte dem Staatssekretär Stimson die große Genugtuung seiner Negierung über Hoovers spontanen Schritt und ihr volles Einverständnis mit dem Vorschlag des Präsidenten aus.
Die italienisch eHaltung läßt sich dahin zusammenfassen, daß Italien dem Vorschlag Hoovers mit Sympathie zu stimmt, obwohl er für Italien einen Ausfall von 170 Millionen Lire bedeutet. Man sieht im übrigen in dem Vorschlag Hoovers den Triumph der Idee Mussolinis von der Verbindung des Kriegsschulden- und Reparationsproblems. Man hofft, daß der amerikanische Schritt finanzieller internationaler Solidarität auch zur Solidarität auf politischem Gebiet, etwa in Fragen der Abrüstung führen wird. Nicht zuletzt aber erwartet Italien, daß Deutschlands wirtschaftliche Erleichterung nicht in einer zunehmenden politischen Betätigung auf Italiens Kosten sich auswirke sgemeint ist vor allem die Zollunion).
Die englische Regierung hat gestern ihre Antwort auf die Moratoriumserklärung Hoovers an die Regierung der Vereinigten Staaten übermitteln lassen. Die englische Negierung begrüßt die Vorschläge Hoovers und nimmt sie grundsätzlich an. Die Hovvererklärung ist jetzt der Gegenstand der näheren Durcharbeitung durch die verschiedenen zuständigen Ministerien und deren politische, finanzielle, rechtliche und sonstige Sachverständige. Die Antwort trägr, wie ausdrücklich betont wird, nur einen vorläufigen Charakter, da die englischen Behörden natürlich abwarten, wie sich die anderen Staaten zu dem Hooverschen Plan stellen werden. Die politischen Kreise in London rechnen damit, daß unter dem Eindruck der Hovvererklärung in Australien die Agitation zur Einstellung der Schuldcnzahlungen wieder auf- lcben wird.
Neue politische Forderungen Frankreichs.
In französischen politischen Kreisen wird daraus hingewiesen, daß Frankreich bei seiner Stellungnahme zu Hoovers Vorschlag folgende Gesichtspunkte im Auge behalten werde: 1. Es sei zu bedenken, ob der Vorschlag des Präsidenten überhaupt Aussicht habe, vom amerikanischen Kongreß in vollem Umfange gebilligt zu werden. Man dürfe die Haltung der amerikanischen Volksvertretung gegenüber dem von Wilson Unterzeichneten Versailler Vertrag nicht vergessen. 2. Man möge ferner die Frage untersuchen, daß die Wiederherstellung der deutschen Zahlungsfähigkeit nach Ablauf des Moratoriums vollkommen gesichert erscheint. 3. Frankreich müsse alles tun, damit der ungeschützte Teil der deutschen Zahlungen weiter geleistet werde. Ferner müsse Frankreich jetzt die von Deutschland in Locarno verweigerte bindende Erklärung verlangen, daß die durch den Versailler Vertrag geschaffenen Ostgrcn- zen unabänderlich seien. Vermutlich werde die französische Negierung in Washington erklären, daß sie Hoovers Vorschläge nur unter der Voraussetzung grundsätzlich billigen könne, daß Deutschland erst die erforderlichen Sicherheiten biete. Auch in Bezug auf die Abrüstungsfrage seien politische Garantien von Seiten Deutschlands unerläßlich.
Dreyse wies dann insbesondere darauf hm, daß die gegenwärtigen Maßnahmen das Gegenteil einer Inflation bedeuteten. Im Verlauf der letzten Wochen sei der Notenumlauf um mindestens 10Ü Millionen zurückgegangen. Es bestehe keinerlei Anlaß zu Besorgnissen bezüglich der Währung. Auf eine Anfrage erklärte er sodann ausdrücklich, daß die Ncichsbank feste Unterlagen für ihre optimistische Ansicht habe. Eine Auskunft über die Frage des 300 Mil- lionen-Dollarkredits vermochte er jedoch nicht zu geben. Auf eine weitere Anfrage bestätigte er, daß ein größerer Teil der Kündigungen von Auslandsgeldern in der letzten Woche auf französische Banken zurückzuführen sei.
Die Frage der Arbeitszeitkürzung
Berhandlnnge« i« Retchsarheitsministerium.
TU Berlin, 28. Juni. Im Reichsarbeitsministerium fand am Montag die angekündige Besprechung zwischen de» Spitzenorganisationen der Arbeitgeber und -er Arbeitnehmer über die auf Grund der Bekanntmachung -er Neichsregierung
Tages-Spiegel
Hoovers Moratoriumsplan ist gestern in Washington a«S» gearbeitet worden und wird heute den beteiligte« Mächte« zngchen.
Der amerikanische Staatssekretär Stimfo« erklärte, -atz ein« internationale Konferenz znr Inkraftsetzung -es Wett» Moratoriums nicht in Frage komme.
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Frankreich beabsichtigt sich sei« Einverständnis zu Hoovers Plan durch politische Garantien Deutschlands erkaufen z« lassem
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Anläßlich des Regierungsantritts des Ssterreichische» Saht, netts Buresch fand zwischen Berlin «nd Wien ein Tele» grammanstansch statt.
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In Berlin wurde« die -entfch-rnmäuische» Handelsvertrags» Verhandlungen erfolgreich zum Abschlutz gebracht.
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Bei den Parlamentswahlen in Bulgarien erlitt die Regie« rnngspartei eine schwere Niederlage. Die Kommunisten konnte« die Zahl ihrer Mandate verdreifachen.
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Das Riesenflngschiff Do X ist gestern in Rio de Janeiro ei«, getroffen «nd mit großem Jubel von der Einwohnerschaft -er Hauptstadt Brasiliens begrüßt worden.
zur Arbeitsverkürznng zu erlassend« Durchführungsverordnung statt. Der Entwurf läßt die Möglichkeit einer Kürzung des Gehaltes bzw. Lohnes in vollem Umfange der Arbeitszeitverkürzung zu. Bei einer Herabsetzung der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 48 ans 40 Stunden könnten also die durch Lohnabbau und Krisenfteuer bereits geschmälerten Einkommen noch einmal um ei« Sechstel gekürzt werden. Dagegen ist in dem Entwurf für Durchführungsverordnung eine Verpflicht ungderAr- beitgeber zu Neueinstellungen entsprechend der Arbeitszeitverkürzung nicht vorgesehen.
Ueber die Lohnkürzung kam es, wie -er gewerkschaftliche Pressedienst mitteilt, zu einer sehr lebhaften Aussprache. Der Reichsarbeitsminister gab zu, daß die Kürzung des Einkommens vielfach Bedenken begegne. Es wurde daher in Aussicht gestellt, -aß vor der Herabsetzung Ser Arbeitszeit auch das Einkommen geprüft und, falls eine weitere Lohnkürzung nicht mehr tragbar erscheine, vonderArbeits- zeitverkürzung ganz Abstand genommen werden solle.
Nach den grundsätzlichen Auseinandersetzungen beschäftigten sich die Besprechungen mit Len technischen Einzelheiten der Durchführungsverordnung. Vor der Herabsetzung der Arbeitszeit in den einzelnen Gewerben sollen noch Besprechungen mit den interessierten Arbeitgebern und Arbeitnehmern dieser Gewerbe stattfinden. Für verschiedene Gewerbe sind Einladungen zu derartigen Besprechmrgcn bereits ergangen.
Polnische Lustspionoge über Schneideniübl
TU Schneidemühl, 23. Juni. Am Sonntag abend winde Schneidemühl von einem polnischen Militärflugzeug überflogen. die polnische Maschine war an den weißroten Abzeichen deutlich erkennbar. Das Flugzeug kam ans der Richtung Bischke lPolen), überflog die Grenze bei Küddow- thal und wandte sich dann nach Schneidemühl, wo es die Kasernen, das Negicrungsgcbäude sowie die Bahnanlagen in niedriger Höhe überflog.
Der GrenzLevölkerung hat sich infolge der wiederholten Nebcrsliegungen eine außerordentliche Erregung bemächtigt, um so mehr als der Nachweis erbracht werden konnte, dag einwandfrei Spionage vorlicgt.
Spaniens neue Verfassung
Entschädigungslos« Trennung von Kirche «nd Staat.
TU Madrid, 23. Juni. Der juristische Unterausschuß des Berfaffungsausschusscs hat für den Vcrfassungsentwurs eine völlige Trennung von Kirche und Staat vorgeschlagen. Soweit bisher feststeht, enthält -er Verfaffnngsentwurf 110 Paragrafen. Entgegen der bisherigen Auffassung wird das aktive und -aS passive eingcräumt. Aus der geschichtlichen Entwicklung wird der Einheitsstaat anerkannt, einzelnen Landschaften aber das Recht zu einer gewissen Autonomie eingeräumt, wenn sie von 200 000 aller Wahlberechtigten der betreffenden Landschaft verlangt wird. Ausgeschlossen von der Autonomie bleiben Armee, Marine, Gerichtsbarkeit, Verkehrswesen und Außenpolitik. Die Grundrechte der So- zialgesetzgÄ«mg lehnen sich stark an die W«io»a««c Versas- lung a».