Aus aller Welt
Rekordkirschenernte in Oberbade»
«ns Oberbaben wird berichtet: Je mehr die späteren Kir- ^bensorten der Reise entgegengehen, umso sichtbarer bekommen wir einen Begriff von dem reichen Kirschensegen. Der Srtraa übertrifft alle Erwartungen. Ob man nun die Kir- schenaebiete des Breisgaus, des Kaiserstuhls oder des Mark- aräslerlandes abstreift, an den meisten Plätzen ist man überrascht über die Fülle, die eine günstige Blütezeit und eine den Kirschen vorteilhafte Witterung hervorgebracht hat. Es erhebt sich nur die Frage: wer soll die Kirschen von den Bäumen holen? Viele Landwirte, die von der Heuernte und sonstigen notwendigen landwirtschaftlichen Arbeiten in Atem ge- halten werden, sind mit ihren Angehörigen dazu allein nicht
imstande.
Die Frankfurter Räuber verhaftet.
Die beiden Räuber, der Gärtner Böckner und der Dachdecker Paul, die kürzlich den Frankfurter Lotteriekollekteur Sturm beraubt hatten, waren nach Monte Carlo geflüchtet. Dort scheint ihnen das nötige Kleingeld ausgegangen zu sein. Jedenfalls wurden sie setzt von Beamten der Darmstädter Etsenbahnpoltzei in einem Eisenbahnwagen, der auf einem
toten Gleis stand, schlafend angetrofsen. Beide waren vollkommen mittellos. Nach kurzem Verhör gaben sie die Tat zu. In ihrem Versteck fand man Stricke und sie gestanden, daß sie einen Überfall auf eine Bank in Darmstadt geplant hatten.
Förderanlage eines Bergwerks durch Feuer zerstört
Aus Miesbach wirb berichtet: Im Fördermaschinenhaus der Gewerkschaft Marienstein brach ein Brand aus, durch den die Förderanlage des Bergwerks z. T. zerstört wurde. Der Betrieb mußte eingestellt werden. Mehr als 399 Leute sind dadurch arbeitslos geioorden. Die Gewerkschaft Mariensiein gehört zum Bayerischen Portlandzementwerk. Durch das Feuer wurde das Förderhaus zerstört, auch die Förderseile sind abgebrannt. Die zur Zeit des Ausbruches des Brandes unter Tage beschäftigten Arbeiter der Gewerkschaft konnten sich nur durch einen zweiten Schacht in Sicherheit bringen.
Blutiges Familiendrama.
I« dem Bogelsbergdorf Oberseibertenrod bei Ulrtchstein schnitt der schwer nervenleidcnde Lehrer Gtehl seiner Frau nach heftigem Ringen die Kehle durch. Die Frau starb bald darauf an Verblutung. Der Lehrer trank nach der Tat eine große Menge Formalin. Er wurde in hoffnungslosem Zustand ins Gießener Krankenhaus gebracht, wo er gestorben ist.
Unwetterverheerungen bei Hannover
Verschiedene Gebiete im Westen des Reiches wurden von einem verheerenden Unwetter heimgesucht, bas auch von einer Windhose begleitet war. Ueberall wurden Bauten zerstört und zahllose Bäume entwurzelt. Die Gärten bilden mitunter trostlose Bilder der Verwüstung. Auch Menschenleben sind zu
beklagen. Das Bild zeigt die verheerende Wirkungen oer Windhose in der Umgebung von Hannover. Ltnks eine Eiche, die der Sturm entwurzelte. Der Baum stürzte auf eine große Scheune, die vollständig vernichtet wurde. Rechts ein zum Teil zerstörtes Gehöft.
Aus Württemberg
Der Württ. Bcamtenbund zur Notverordnung.
Der geschästsführende Vorstand bedauert, daß die Retchs- regterung zu einer unterschiedlichen Belastung der Volksund Berufsschichten geschritten ist und nicht alle Volksschichten nach dem Grade ihrer wirtschaftliche» Leistungsfähigkeit herangezogen hat. Die bei der Gehaltskürzung getroffene Unterscheidung nach Ortsklaffen kann nicht gerechtfertigt werden. Diese Maßnahme hat in Verbindung mit dem Teilabbau des ersten Kinderzuschlags und der Doppelbelastung bet den krtegsbeschädtgten Beamten bei der württembergischcn Beamtenschaft die größte Erregung ausgelöst. Der geschäftsftth- rende Vorstand fordert entsprechend der Stellungnahme seiner Spttzenorganisation, des DBB., eine weitgehende Aende- rung der Notverordnung vom 8. Juni 1931, die ihre ungerechten und unsozialen Wirkungen beseitigt.
Aus Stadt und Land
Lalw, den 22. Zuni 1931.
Dienftuachricht.
Techn. Retchsbahninspektor Pfeffer i« Calw ist nach Leonberg als Vorsteher der dortigen Bahnmeisterei versetzt worden.
Gommers Ansaug.
Heute verzeichnet der Kalender den Sommer-Anfang. Die Sonnenbahn hat ihren steilsten Punkt erreicht und wir haben nun den längsten Tag und die kürzeste Nacht des Jahres. Gleichzeitig ist ein Wendepunkt festzustellen, denn von nun ab steift sich die Sonnenbahn nicht mehr, im Gegenteil, sie spannt ihren Bogen stets niedriger. Davon aber merken wir Erben- kinber recht ivenig. Während unsere wissenschaftlichen Instrumente den langsamen und kaum merkbaren Abstieg des Jahres registrieren, ist unser Herz froh beim Klang des Wortes „Sommeranfang", denn jetzt beginnen die sonnigen, heiteren Tage, die Zeit des Werdens und Reifens hebt an. Aber wir haben vom Sommer bereits ein Stück erlebe«
dürfen, noch bevor es kalendermäßig Sommer mar. Hochsommerlich heiße Tage, einer prächtiger wie der andere, waren uns in den letzten Wochen beschieden. Wir spürten den Sommer schon im Blut und tranken seine Schönheit in uns ein, während im Ohre das Rauschen der Wälder, der vielstimmige Sang der Vögel, bas Grollen und Dröhnen der Gewitter, das unaufhörliche Zirpen der Grillen wie ein einziger gewaltiger Sommerakkord lag. Und wenn erst jetzt es wirklich Sommer werden sollte, cs wäre nichts anderes und nichts besseres als die Fortsetzung dieser soeben verlebten Tage.
Vom Rathaus Altensteig.
Zu Beginn der letzten Sitzung gedachte der stv. Bor» sitzende H. Fabrikant Zimmermann, in einer Ansprache deS so unerwartet verstorbenen Stadtbaumeisters Henßler, welcher auch dem Gemcinderat als Mitglied angchörte. Nach Würdigung seiner arbeitsreichen Tätigkeit, die er stets mit Eifer und Treue versah, erhob sich der Gemeinderat von de« Sitzen um das Andenken des Verstorbenen zu ehren. Alsdann wurde in die Tagesordnung eingetreten. Zur Besorgung der anfallenden Arbeiten beim Stadtbauamt wurde TechnikerPaulHenßler vorläufig stellvertretungswetze gegen Taggelb aufgestellt. — Nach der Gemeindeorbnung he t, wen» im Lauf der Wahlzeit ein Gemeinderatsmitglied aul scheidet an dessen Stelle ohne Ersatzwahl der Bewerber zu treten, der in dem gleichen Wahlvorschlag als nächster Erseitzman» festgestellt ist. Die beiden nächsten Ersatzmänner für de» verstorbenen Stadtbaumeister Henßler sind: Metzge>: Karl Bauer und städt. Musikdirektor Wilhelm Maier. Da elfterer nicht mehr hier wohnhaft ist, wird letzterer in den Gemeinde- rat eintreten und zwar auf die Dauer der restlichen Wahlzeit, also bis zum Dezember 1931. — Der stv. Vorsitzende teilte mit, daß Bürgermeister Pfitzenmaier seit 3. Juni krank sei und daß die Dienstunfähigkeit nach ärtztl. Zeugnis voraussichtlich 4—6 Wochen andauern werde. — Der Kricger- verein hat um Neberlaffung eines Platzes in Abt. 3 und 4 des Stadtmaldes Langerbcrg zur Errichtung einer Schießbahn für Kleinkaliberschießen nachgcsucht, ferner bittet er um Zuteilung des erforderlichen Holzmaterials zu Blenden, Schieß- und Zcigestand. Sein früheres Gesuch konnte damals nicht genehmigt werden, weil der Platz zu nahe an einem Weg gelegen war. Bei dem jetzt vorgesehenen Schießplatz ist dies nicht der Fall, auch ist ein natürlicher Kugclfang vorhanden. Dem Gesuch wurde entsprochen und der Platz unentgeltlich zur Benützung überlasse», jedoch wird eine jährlich zahlbare kleine Anerkennungsgebühr erhoben. Bretter solle» nicht abgegeben, wohl aber eine kleinere Anzahl Stangen zur Verfügung gestellt werden. — Ein Brennhvlz- verkauf vom 2. ds. Mts. mit einem Erlös von 2915 lAusbot 1916 wurde genehmigt, ferner ein durch den Walübesitzerverbanb getätigter Verkauf von 690 Rm. Papierhol- bei 7.29 für de« Rm. — Der Viehversicherungsverein ersucht wiederholt dringend um Zuweisung eines Platzes zur Aufstellung eines Drefchmaschinen-SchuppenS beim Stadtgarten. Es kommt dabet in erster Linie der von August Schaal gepachtete Platz in Betracht. Der Gemeinderat will aber diesem allein nicht ohne weiteres seinen Platz nehmen und kommt, auch schon deshalb, weil die weitere» daselbst befindlichen städtischen Plätze damit zusammenhän- gen, zu dem Beschluß, sämtl. auf dieser Seite beim Stadt- garten verpachteten städtischen Plätze zu kündigen, neu ein- zuteilen und wieder neu zu verpachten. — Die 3jährige Wahlzett für die Mitglieder des Ortsschulrats ist abgclau« fen. Bisher waren als Vertreter der Schulgemeinde bestellt die Herren Hermann Kaltenbach, fr. Fabr. Wilhelm Köhler, Bulhbtndermeistcr, Fritz Eckhard, Kaufmann und Wilhelm Fuchs, Silberarb. In geheimer Wahl wurde für Herrn Kaltenbach, Herr Paul Frey, Kupferschmtedmeister und im übrigen wurden die bisherigen Mitglieder wieder gewählt. — Ernst Wochele, Bäcker hat um eine städtische Beihilfe dazu, daß er einen Backofen in der von ihm gemieteten Wohnung etnbauen kann, ober um Einbau durch die Stadt selbst bet
E«lch»chteer*erLIeV« von Paul Grabe!» Sovvrlght isro by Slomandlenst ,Dlgo". verlln D »«
„Hast wohl heute schön auf mich gewartet?"
Leichtfüßig eilte Ursula Drenck dem Verlobten entgegen. Der eben in die Wohnung getreten war, und bot ihm die Lippen zum Gruß.
Georg Wigand zog heute nicht seine Verlobte zärtlich zu langer Begrüßung an sich. Kurz nur erwiderte er vielmehr den Kuß der Braut und machte sich alsbald aus ihren Armen frei
„Allerdings!" erwiderte er ihre Frage gemessen und mit Nachdruck. „Und warum bist du denn nicht gekommen?"
Wigand hatte in der Tat fast eine halbe Stunde vor sein« Hause auf die Verlobte gewartet, die ihn dort, wie gewoh hatte abholen sollen.
„Mein Gott, Jörg! Ich konnte nicht!" Etwas schmolle kam es von ihren Lippen. „Das hättest du dir doch wi sich auch selbst sagen können."
„So? — Und was hielt dich denn ab, wenn ich fragen darf
„Ach — ich hatte mich so darauf gestellt, dir die große Nein teil mitzuteilen; aber nun ist mir die ganze Freude verdi ben!" Verdrossen wandte sie sich von ihm ab, zum Ferch des Erkers hin.
Wigand wurde milder gestimmt. Den Arm um sie leger trat er hinter sie.
„Na, was gab's denn, Ursel?" Und lächelnd drehte er d widerspenstigen Kopf zu sich herum, seine Lippen auf das di «ge, lose Braunhaar drückend. Da klärten sich auch ihre Mi "b" wieder auf, und, schnell versöhnt, stieß sie froh hervc
"Fred kommt zu uns auf Besuch!"
„Run ja — mein Vetter."
„Ach so! Alfred Dren^ —
„Aber nein, Jörg!" Schmeichelnd nahm sie seinen Kopf zwischen die Hände. „Er kommt ja schon heut nachmittag. Er hat von der Bahn aus telegraphiert — da mutzte ich doch schleunigst mein Zimmer steimachen."
„Dein Zimmer?" Wigands Mienen verfinsterten sich.
„Aber natürlich! Wo sollen wir ihn denn Aorist unterbringen? Wir haben doch kein Fremdenzimmer! Da muß ich mich eben so lange bei Tante einlogieren."
„Das finde ich aber — nimm mir s nicht übel - - im Nächsten Grade unpassend: Ein junger Mensch in deinem Zimmer! Wenn ihr keinen Platz sonst im Haus für ihn habt, so mag er gefälligst ins Hotel gehen."
„Aber Jörg! Papas Neffe! Und mein Vetter - mein Iu- gendgefährte, mit dem ich mich wie Schwester und Bruder stehe!" Mit großen Augen sah sie auf den Verlobten. „Das ist doch dein Ernst nicht?"
Wigands Miene blieb hart und finster. „Mein vollster Ernst!" beharrte er. „Und ich verstehe deine Tante einfach nicht — vor allem, ich verstehe dich nicht, daß du das nicht selber empfindest."
Einen Augenblick zuckte es heftig in Ursulas Gesicht, dann aber nahm dieses einen kalthochmütigen Ausdruck an, und schweigend wandte sie sich von ihm ab.
„Wo willst du hin?"
„Mein Zimmer fertig machen — für Fred!" Trotzig betonte sie die Worte.
Unwillkürlich stampfte Wigands Fuß in leidenschaftlichem Aufwallen leise den Fußboden. Einen Augenblick stand er so, dann eilte er zur Tür, die Wohnung zu verlassen. Auf der Schwelle aber stieß er fast mit Ursulas Vater zusammen.
„Ah — Jörg!" Der alte Major streckte ihm die Hand hin. „Na, so allein?" Er sah sich suchend im Zimmer um. „Und du wolltest schon wieder gehn?"
„Ja, Papa!" In unverhülltem Groll bracht« es Wigand hervor. „Ursula hat ja keine Zeit für mich. Sie muß für den Vetter sorgen."
Der alle Herr, sonst immer von einem etwa« verbitterten Ernst, mußte lachen. „Na, wenn dich sonst nicht« drückt, mein Iuchge,— oa« brauchst d« wirklich nicht so tragisch zu neh- ^ men." Versöhnlich cksopste er Wigand apf die Schuster und 1 zog den nur noch halb Widerstrebenden mit sich ins Zimmer.
„vca, romm nur — yier, steck oir ne Zigarre an — fol Und nun setz dich mal verständig zu mir" — sie nahmen am Sofa- ttsch Platz — „und rauch oir den ersten Aerger ein bißchen ab. Da» ist immer da« beste — hab's oft genug selbst so gemacht."
Schweigend rauchten beide ein paar Züge. „Na, siehst du« nun wird's ja schon wieder Heller da!"
Der Major deutete auf Wigands Stirn, die sich in der Tat bereits zu entwölken begann.
Wigano verehrte den alten Herrn aufrichtig, seitdem er am Tage seiner Werbung aus dessen eigenem Munde die schwerwiegende Aufklärung für so manchen Herbon Zug seines We- sens empfangen hatte. Rückhaltlos hatte der Major Drenck zu dem Mann gesprochen, der um sein einziges Kind warb. Ein Ehrenmann von Grund aus, hatte er dem Bewerber nichts verheimlichen wollen. So hatte er denn von dem dunklen Punkt seines Lebens reden müssen, von seiner unglücklichen Ehe mit Ursulas Mutter.
Der Major hatte als nicht mehr ganz junger Mann, als älterer Hauptmann erst geheiratet, und zwar eine junge Wtt- we von außergewöhnlicher Schönheit, bestrickendem Liebreiz und einem Temperament, das alle Männer zu ihren Füßen zwang. Man hatte daher seinerzeit dem Hauptmann Drenck mit geheimem Neid einen »unglaublichen Dusel' nachgesagt, als ihn — wider alles Erwarten — die viel umworbene Frau mit ihrer Hand beglückte, um so mehr, als sie, bei ihrem luxuriösen Auftreten, im Rute stand, eine schwer reiche Frau zu sein.
Wie anders war aber alles gekommen, als die erste Ehezeit vorbei war und Ursulas Mutter anfing, wieder in der gesellschaftlichen Welt zu leben! Die Natur hatte ihr alle Muttergefühle versagt. Das Kind war ihr gleichgültig, häufig sogar eine Last, die sie widerwillig abschüttelte. Eine schier unersättliche Lebensgier jagte diese Frau von Genuß zu Genuß, von Triumph zu Triumph.
Anfangs wußte sie ihren Mann, der noch immer im Bann ihrer berückenden Persönlichkeit lag, mit sich in diesen Taumel hineinzureißen, als er aber, schließlich ernüchtert, sie warnend zur Umkehr beschwor — ihr Ruin drohte, wenn das so weiterging — verlachte sie ihn leichtfertig. Als er aber endlich entschlossen Einhalt gebot, lief sie von ihm.
(Fortsetzung folgt.),.