Welcher Sommerwetter ist am besten?
Von Professor vr. R. H e n n i g - Düsseldorf.
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?en Neberganasmonaten April und Mai und freut sich nach kalten Winter der wiederkehrenden Warme um kn^br ^a"s in diesen Monaten die im Sommer oft so lästige Hnlettenplage durch Mücken, Fliegen, Bremsen. Wespen noch »u s-blen Pflegt. Der Landmann aber hegt volllä andere Rünsche- Gewiß, im Frühlingsbeginn^ Wenn das Feld de- stellt wird, decken sich noch seine Wunsche mit denen der Städter: Ein sonniger, warmer, trockener Marz ist ihm sehr willkommen, so willkommen, daß man sagt, ein Gramm Märzstaub fei ihm eben so viel wert wie ein Gramm Gold. Aber sobald die Saat der Erde anvertraut ist, andern sich seine Ansprüche ans Wetter gründlich. Dann wünscht er reichlichen Regen und auch die dazu gehörige Kuhle, denn nn Frühjahr pflegt ja regnerisches und kuhles Wetter meist Hand in Hand zu gehen. Zum Teil gilt dies schon fur den Avril, zumeist aber für den Mar. Diesen „wunderschönen Monat", besten Blütenpracht der Städter so gern an sonnen- warmen Tagen und milden Abenden freudig genießt, will der Landmann bekanntlich am liebsten „kühl und naß' haben.
Im Juni, der freilich gerade in unserem deutschen Klima besonders oft verregnet, nähern sich die beiderseitigen Wetterwünsche einander schon wieder merklich. Der Landmann sieht am liebstem einen Mischcharakter dieses Monats; dauernd „kühl und naß" sagt er ihm durchaus nicht mehr zu, sondern der Juni soll, bei noch immer genügenden und gut verteilten Regenfällen, doch schon reichlichen Sonnenschein bringen, der dann in der Erntezeit des Juli und August auch vom Bauern am liebsten gesehen wird — freilich mit Maß, denn allzu lange Trockenheit im Hochsommer ist bekanntlich für die Landwirtschaft auch wieder schädlich, und unbedingt zumeist willkommen sind dem Bauern diejenigen Juli- und Augustmonate, die mit warmem, selbst heißem Sommerwetter oftmalige, tüchtige Gewitterregen verbinden, natürlich nicht etwa Sturzregen und Hagelschlag, sondern stundenlang in gleichmäßiger Stärke niedergehenden „Landregen". In dieser Jahreszeit sind die Wetterwünsche des Landmanns und des Städters wieder durchaus gleichgerichtet, denn auch der letztere bevorzugt die sonnigen, warmen Hochsommermonate und sehnt sich dennoch von Zeit zu Zeit nach einem erfrischenden Gewitter. Die fast immer dabei niedergehende, besonders reiche Regenmenge und die überwiegend hohen Temperaturen, die den Gewittern voraufzugehen Pflegen, im Wechsel miteinander sind höchst vorteilhaft für landwirtschaftliche Zwecke. Es ist daher verständlich, daß im allgemeinen gewitterreiche Sommer als besonders fruchtbar angesehen zu werden Pflegen. Freilich ist ein Gewitter immer ein zweischneidiges Schwert, weites allzu leicht — zumal in gewissen, einzelnen Jahren — in Wolkenbrüche, Wirbelwinde, Haael- katastrophen, Blitzschäden ausartet und dann mehr Schaden als Nutzen stiftet.
Völlig zufrieden mit der Witterung eines Sommers wird weder der Städter noch der Landmann jemals sein. Etwas bleibt immer zu wünschen übrig, und das ist vielleicht auch ganz gut so! Wie es keinen Sommer gibt, der völlig ohne irgend welche lokalen Wetterkatastrophcn verläuft, keinen, der für alle landwirtschaftlichen Produkte gleichmäßig eine Ideal- oder gar Rekordernte zu bringen vermag, so gibt es andererseits auch keinen, der nicht ohne erfreuliche Wettererscheinunaen bleibt, keinen, der eine völlige Mißernte auf allen Gebieten mit sich bringt. Auch hier gilt das Wort: Wat dem eenen sin Uhl, is dem andern sin Nachtigall! Manche Jahre, in denen das Brotgetreide nicht gut gedeiht, bringen eine treffliche Kartoffel- oder Heuernte und umgekehrt; wenn die Gerste einen trefflichen Sommer verzeichnet, mißrät leicht der Hafer. Bezeichnend ist der Umstand, daß die Jahre, die ausgezeichnete Weinernten bringen, leicht durch eine schwere Mißernte im Getreide ausgezeichnet sind, weil langdauernde Dürre im Hochsommer mit entsprechender Hitze für das Getreide und Heu eine Katastrophe sind, während die Reben gar nicht genug davon bekommen können.
In der Beurteilung der Witterung irgend einer Jahreszeit hüte man sich vor einseitig-individuellen Wertabschätzungen. Was uns mißfällt, findet vielleicht ein anderer von seinem Standpunkt aus wundervoll, und was wir für trefflich an- sehen, kann für jemand anders ein Unheil sein. Man denke immer daran, wie unsereins sich aus dem nördlichen Mittel- europa nach dem Lande sehnt, wo „ein sanfter Wind vom blauen Himmel weht", und wie umgekehrt die Bewohner Süditaliens oder Griechenlands uns Nordländer in der Glutzeit ihres Sommers noch ungleich lebhafter beneiden um unsere — ach! — oft so kühlen und nassen Sommer, um den Regen, der uns oft zur Verzweiflung bringt. Uns Nordländern scheint alles Schöne und Gute im r Wärme, zu liegen und im „eisigen Norden" das Unheil zu wohnen. Aber den Bewohnern der heißen Lander drehen die Begriffe sich gradezu um. Bei den alten Babyloniern z. B. saß im Süden das böse Prinzip, denn von dort kam die Glut, welche die Feldfrüchte versengte, und im freundlichen Norden war das Gute zu Haus, denn die Kühle, die den Menschen erlabte, nahm von dort ihren Ausgang. Wer hat nun recht? Welche Auffassung ist die allein Richtige? — Trösten also auch wir uns, wenn der alte Petrus mal nicht so will, wie wir gern möchten, und bleiben wir uns stets dessen bewußt, daß bei der Wcttermacherei vielleicht noch mehr als anderswo die Wünsche und der Geschmack auseinandergehen, daß auf diesem Gebiet mehr als irgendwo sonst eben das Wort gilt: Wat dem eenen sin Uhl, -ls dem andern sin Nach tigall!
Apothekerpreise
Wissenswertes für Gesunde und Kranke.
Von Or. Adalbert Schücking.
der krank wird und Arzt und Apotheke in ?uck Ä '"uß, schilt über diese Ausgaben, wenn sw
Herstellung der Gesundheit nötig sind. Und der Wort^A^^"/ ^ dadurch Ausdruck gegeben, daß er das sehr te'Ä rmwendet, was ihm als
Apothekern ^ dann müßte es allen
sein. Daß sie und die Apotheken „Goldgruben"
von den 6800 deuticken^r?.'!?', ^'bt sich schon daraus, daß durch ihre Apotheke^«Ä""hekern etwa 600 kein Auskommen sahrtsministerium in ^ daß das preußische Wohl-
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irlevsvo^cyrislen gemacht weroen, sondern oe. es stM amy gefallen lallen muß, daß ihm durch eine amtliche putsche Arzneitaxe bis aus den letzten Pfennig der Preis der Arznei- mittel vorgeschrieben wird. Wie kommt nun diese^ amtliche Arzneitare zustande? Alljährlick sühres ,m Reichsgesundheitsamt
Alljährlich findet gegen Ende des Jahres im Reichsgesundheitsamt eine Sitzung statt in der über die Anträge, die von den Apothekern, den Krankenkassen als Vertreternder Konsumenten, der Industrie u.^a.^fur^ie
nächstjährige Taxe gestellt worden sind, beraten wird Vertreter des Reiches und der Lander beschließen allein endgültig übr die Arzneitaxe, die dann dem Reichsrat vorgelegt und von den Ländern in Kraft gesetzt wird. Die Apothecer haben also den geringsten Einfluß auf die Festsetzung der Arzneipreise. Ja, sie können nicht einmal, wie es für andere Gewerbetreibende selbstverständlich ist, die drückenden Gewerbesteuern, Porto- und Frachtkosten abwalzen, da diese Unkosten bei der Arzneitaxe nicht berücksichtigt werden. Daß die Arzneipreise nicht zu hoch sein können, ergibt sich schon daraus, daß vor zwei Jahren Krankenkassen und Apotheker gemeinsam Anträge für die Arzneitare gestellt haben auch bezüglich der sogenannten Arzneispezialitäten. Bei diesen ist zu berücksichtigen, daß jede Apotheke ein Lager von mehreren tausend verschiedener solcher Arzneispezialitaten halten mutz, und daß zahlreiche dieser Mittel infolge Verderbens oder aus anoeren Gründen unverkäuflich find; nirgendwo wechselt die Mode mehr als bei diesen Artikeln. Zu beachten ist ferner, daß von den Apotheken eine Reihe wichtiger Präparate, wie Diphterieserum und die übrigen Impfstoffe und Sera, Salvar- sane und Jnsuline mit einem Nutzensatz von etwa 28'4 Prozent abgegeben werden, also ohne Reinverdienst, denn die Apotheken müssen im Durchschnitt mit einem Unkostensatz von 33 Prozent rechnen. Bei den übrigen Markenartikeln staffelt sich der Nutzensatz des Apothekers nach der Höhe der Einkaufspreise. Er beträgt 43 Prozent bis 2,50 Mark Einkaufspreis und 3714 Prozent bei Mitteln von mehr als 3,20 Mark Einkaufspreis. Auf diese Preise erhalten l ie Krankenkassen als Vielabnehmer einen durchschnittlichen Rabatt von 10 bis 15 Prozent! Die Mehrzahl der in der Apotheke verkauften Markenartikel liegt in der Preislage von 50 Pfennig bis 2 Mark. Wenn man weiter weiß, daß in Oesterreich und Schweden den Apotheken ein Aufschlag bis zu 100 Prozent bei Arzneispezialitäten zugebilligt wird, daß ferner die Arzneimittel keine Massenware sind, sondern dem höchsten Gut des Menschen, der Gesundheit dienen, dann wird man verstehen, daß sie nicht etwa mit Schuhcreme aus eine Stufe gestellt werden können. Sofern die Fabrikanten von Arzneispezialitäten den Preis senken, setzt auch der Apotheker den Verkaufspreis sofort herab. Nicht ohne Grund wird vom Apotheker eine siebenjährige praktische und wissenschaftliche Ausbildung verlangt, die ihn befähigt, auch die Arzneispezialitäten sachgemäß aufzubewahren und zu kontrollieren. Daß den Interessen der arzneibedürftigen Bevölkerung bei Festsetzung der Arzneitaxe so weit entsprochen wird, wie es im Interesse einer zuverlässigen Arneiversorgung möglich ist, ergibt sich aus folgender Aeußerung des preußischen Ministers für Volkswohlfahrt, der 1924 sagte: „Die gegenwärtige deutsche Arzneitaxe entspricht lediglich den dringendsten Bedürfnissen der Apotheken, die unter den veränderten Verhältnissen ebenfalls weit höhere Lasten als früher zu traaen baden."
Württembergischer Landtag
Landtagsansslug nach Hellbraun «nd Heidelberg.
Der mürtt. Landtag unternahm gestern eine Besichtigung des Neckarkanals von Heilbronu bis Heidelberg. An der Besichtigung, bet Ser sämtliche Fraktionen des Landtags zugegen waren, beteiligten sich auch Ser Staatspräsident Dr. Bolz, Justizminister Dr. Beyerle, Finanzininister Dr. Deh- ltnger, Wirtschaftsministcr Dr. Maier, zahlreiche Ministerial- beamte sowie die Vertreter der Presse. In Heilbrvnn wurden die Vertreter der Negierung und des Landtags, an ihrer Spitze Lanbtagspräsiüent Pflüger und der Landtagsdirektor Dr. Eisenmann, von Oberbürgermeister Beuthinger und Landrat Ehemann empfangen und in das Gebiet des Neckardurchstichs begleitet, wo Strombaudirektor Konz die technischen Erläuterungen gab. Strombaudirektor Konz betonte dabei, Lasi die Strecke Maunhetm-Heilbronn mit einer Länge von 114 Km. bis auf 54 Km. für die Großschiffahrt und die Kraftnutzung fertiggestellt ist. Durch den Neckardurchstich bei Heilbronn soll die Stadt Heilbronn hochwasserfret gemacht werden. Die Verlegung des Neckars an Heilbronn vorbei erfolgt z. Z. durch 600 Arbeiter als Nvtstandsarbeit. Der Neckardurchstich erfordert insgesamt 22 Millionen, wovon 8 Millionen bereits verausgabt sind. Nach der Besichtigung des Neckardurchstichs begaben sich die Landtagsabgeorbneten mittels Sonderwagen der Eisenbahn zur württ. Grenze nach Gundelsheim, von wo ans einem prächtig geschmückten Son- öerschiff auf dem Neckar, die Fahrt nach Heidelberg ging. In Heidelberg fand zum Schluß der Fahrt ein geselliges Zusammensein in der Staöthalle statt.
Arb-itslofenunterstütznng an Fürsorgezöglinge.
Der Abg. Bausch lChr.V.) hat folgende Kleine Anfrage gestellt: Der Verein Wichernhaus-Stuttgart, E. V. in Stuttgart, der sich hauptsächlich mit der Betreuung von Für- sorgezöglingen befaßt, klagt in seinem neuesten Jahresbericht darüber, daß manche junge Leute, insbesondere Fürsorge- zöglinge, in die Gefahr kommen, mit der Ermerbslosenun- terstützung Mißbrauch zu treiben. Der Verein schreibt u. a. wie folgt: „Es kann Vorkommen, daß einer unserer jungen Leute neu in den Genuß der Arbeitslosenrente kommt und vielleicht Nachzahlungen in beträchtlicher Höhe, bis zu 100 3iM. erhält. Hier liegt es doch nur im Interesse der Arbeitslosenversicherung selbst, daß dieser Betrag eine zweckmäßige Verwendung für den Arbeitslosen findet, für seine Wohnung, Verpflegung und Kleidung. Zu diesem Zweck müßte es möglich sein, daß der Betrag für den Arbeitslose» an die Anstalt ausbezahlt wird, die für alle seine Bedürfnisse in der letzten Zeit aufgekommen ist und noch aufkommt. Er dürfte nicht in die Hand des jungen Arbeitslosen kommen, der vielleicht noch nie so viel Geld auf einmal in der Hand gehabt hat, die moralische Kraft nicht besitzt, das Geld zu halten, und es noch am selben Tag allein oder in Gesellschaft verjubelt. Die Arbeitsämter scheinen sich nicht für berechtigt zu halten, von der unmittelbaren Auszahlung abzusehen, trotz der schlimmen Erfahrungen, die schon damit gemacht worden sind. Sollte hier nicht ein Wandel möglich sein?" Wir fragen an: Ist das Staatsministerimn bereit, darauf hinzuwivken, daß die Erwerbslosenunterstützung durch die Arbeitsämter in den angedeutete« Fälle» nicht an den
Erwerbslosen direkt, sondern an die Anstalt, in deren Fürsorge er steht, ausbezahlt wird, um den Mißbrauch mit der Erwerbslosenversicherung und schwere sittliche und moralische Schäden für Sen betreffenden Erwerbslosen zu verhindern?
Aus Württemberg
Di« wirtschaftlich« Entwicklung des Handwerks im Mai.
Die Handwerkskammer Reutlingen schreibt dazu u. a.: Auch der vergangene Monat brachte dem Handwerk keine Besserung seiner Lage. Fast in allen Zweigen fehlte es nach wie vor an Arbeitsmöglichkeiten. Die Umsätze gingen meA stens über diejenigen des Vormonats, selbst da, wo das Geschäft etwas lebhafter war, nicht hinaus, zumal die immer schärfer werdende Konkurrenz die Preise weiter heruntcr- brückte. Am deutlichsten zeigte die geringe Aufnahmefähigkeit des Handwerks für Arbeitskräfte, wie stark der Ge- schäftSumfang im Laufe der Krisis eingeschrumpft ist und wie groß die Schwierigkeiten sind, mit denen das Handwerk zu käinpfen hat. Betriebe, die sonst bis zu 10 und noch mehr Gesellen beschäftigten, können heute vielfach mit 2—3 Arbeitskräften die anfallenden Aufträge bewältigen und werden selbst dadurch noch nicht voll in Anspruch genommen. Kurzarbeit ist auch im Handwerk häufig anzutreffe». Es mehren sich sogar die Fälle, daß der Meister nicht eininal mehr den Lehrling weiter zu halten vermag und aussctzm lassen muß, da -er Absatz der Erzeugnisse mitunter vvllkom- men stockt und wochenlang keine Bestellungen cingehen. Ein harter Kampf geht um die vorhandenen Absatzmöglichkeiten, die zudem noch bei einem Teil von Berufen durch Hausierhandel und in zunehmendem Maße durch Schwarzarbeit streitig gemacht werden. Namentlich bei den Vergebungen kommt dies zum Ausdruck. Mit am meisten zu schaffen macht ihm dann noch der außerordentlich langsame Zahlungseingang. Infolge der wesentlich geringeren Verdienst- Möglichkeiten werden die Steuerlasten immer drückender. Viele Handwerker wissen nicht, woher sie das Geld dafür aufbringen sollen.
Die Gattin des Nniverfitätsrektors im Konknrs.
Laut Bekanntmachung des Amtsgerichts Tübingen ist über bas Vermögen der Frau Eva Kirschner, Ehefrau des Rektors der Universität Tübingen, Professor der Chirurgie Dr. mcd. Martin Kirschner in Tübingen, am 1. Juni 1931 das Konkursverfahren eröffnet worden. Nach der amtlichen Bekanntmachung ist das Konkursverfahren veranlaßt durch Schulden, die aus der Bewirtschaftung eines ostpreußischen Gutes entstanden sind. Bezirksnotar Luz in Tübingen wurde zum Konkursverwalter ernannt. In einer persönlichen Erklärung teilen Rektor Prof. Dr. Kirschner und seine Gattin der Oeffentlichkeit hiezu mit, daß Frau Prof. Kirschner seit dem Tod ihrer Eltern Mitbesitzerin des in Ostpreußen gelegenen, von den Vorfahren ererbten Familiengutes sei. Das Gut sei ivie Hunderte seinesgleichen zahlungsunfähig geworden, eine unmittelbare Auswirkung der überall und am meisten im Osten verzweifelten Lage der Landwirtschaft. Frau Prof. Kirschner, die nie einen wirtschaftlichen oder geldlichen Nutzen aus dem Gut gezogen habe, die nie einen Einfluß auf seine Bewirtschaftung ober Verwaltung gehabt habe, wurde von den Gläubigern des Gutes mit ihrem Privatvermögen haftbar gemacht. Prof. Kirschner, der selbst für seine Person keinerlei gesetzliche Verpflichtung hat, machte, um das Aeußerste zu vermeide«, Vergleichsvorschläge aus seinem persönlichen Vermögen, die weit über die Verpflichtung seiner Frau hinausgingen, aber ohne Ergebnis. So sei schließlich für Frau Prof. Kirschner, wollte sic der ständigen Beunruhigung ihrer Gläubiger entgehen, nichts übrig geblieben, als Saß sie, dem Rat ihrer juristischen Berater folgend, gegen sich selbst die Eröffnung des Konkurses beantragte.
Einer Stuttgarter Zeitung wird zu diesem Fall aus Tübingen geschrieben: „Es kann keinen einsichtigen Menschen geben, der nicht in aufrichtigem Mitgefühl hört, wie hier eine der angesehensten Familien des Landes unversehens und ohne sich dem entziehen zu können, in solche Peinlichkeiten hineingezogen wird. Niemand wirb der tapferen Frau die Bewunderung versagen, die einen ungewöhnlichen Schritt getan hat, um die Klärung der grotesken Situation zu erzwingen. Aber der Fall greift weit hinaus über das Etnzclschicksal. Er zeigt dem, der doch bloß schein- bar fern vom Schuß wohnt, drastischer als irgend ein anderer Bericht, wie es in der Ostmark zugeht und wie es um uns steht."
Aus Stadt und Land
Calw, den 11. Juni 1931.
Dt« Arbeitsmarktlage im Arbeitsamtsbezirk Nagold.
Ende Mai standen beim Arbeitsamt Nagold 1957 Personen in Unterstützung. Davon erhielten 1290 männliche und 229 weibliche Arbeitslosenunterstützung, 410 männliche und 28 weibliche Krtsenunterstützung. Die Abnahme seit 30. Mat beträgt 485 Unterstützungsempfänger. Die Arbeitslosen verteilen sich auf die Nebenstellen wie folgt- Nagold 462 männl. und 55 weibl., zus. 507; Calw 273 männl. und 110 iveibl., zus. 383; Freudenstaüt 538 männl. und 23 weibl., zus. 561; Herrenberg 298 männl. und 54 weibl., zus. 352; Horb 139 männl. und 16 weibl., zus. 154. Im Gesamtarbeitsamtsbezirk haben die Arbeitslosen um 10,9 Prozent abgenommen. Im Hauptamt Nagold beträgt die Abnahme 25 Personen —
4.7 Prozent, bei der Nebenstelle Calw 51 Personen — IIP Prozent, Nebenstelle Freudenstadt 365 Personen —
38.7 Prozent, Herrenberg 54 Personen — 13,3 Prozent, Horb 0. Auch in dieser Bertchtszeit war die prozentuale Abnahme im Bezirk Freudenstadt besonders hoch, so daß jetzt ein Ausgleich für die frühere geringe Abnahme geschaffen ist. Gegenüber dem Vorjahr mit 849 Unterstützungsempfängern stand am 30. Mat die 2,3fache Zahl von Personen in Unterstützung. Die Zahl der Arbeitssuchenden betrug am 30. Mat 1931 2896 männl. und 441 weibl., zusammen 3027 Personen. Not- standsarbeitsr waren zusammen 150 beschäftigt. Diese Zahl wird sich durch einige Notstandsarbeiten in der nächsten Zeit voraussichtlich wesentlich erhöhe«.