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Nr. 131

Dienstag, den 9. Juni 1931

Jahrgang 104

Das Ergebnis der Besprechungen in Chequers

Zuversicht in Berlin Neue Hoffnungen, aber keine greifbaren Ergebnisse

Ministerempfänge in London

TU. Berlin, g. Juni. Das Ergebnis von Chequers soweit nach bisheriger Kenntnis der Dinge bereits von einem Ergebnis gesprochen werben kann entspricht nach Auffassung amtlicher Kreise in Berlin durchaus den vor Be­ginn der deutsch-englischen Besprechungen gehegten Erwar­tungen. Der Besuch habe den Zweck erfüllt, den man an ihn gestellt habe. Wegen der Abrüstungsfrage hätten die deutschen Minister die volle Möglichkeit gehabt, über alle unsere Lebensfragen zu sprechen, nicht nur mit Macdonald «nd den übrigen englischen Ministern, sondern auch mit anderen der maßgeblichen Persönlichkeiten des englischen öffentlichen Lebens, so mit Montague Norman, dem Gou­verneur der Bank von England. Chequers sei ein Anfang. Die Engländer hätten keine Haltung eingenom­men, die eine weitere Entwicklung ausschließe. An zustän­diger Stelle wirb aber außerordentlicher Wert auf die Fest­stellung gelegt, daß die deutsche Negierung jetzt volle Handlungsfreiheit haben müsse, die nicht eingeschränkt werden dürfe durch unfruchtbare Politik. Die Einberufung des Reichstages widerspreche demgemäß auch den ganzen Dispositionen der Reichsregierung. Es sei eine bringende Forderung der Stunde, daß die Arbeit der Negierung von jeglichen Störungen unbelästigt bleibe.

Ueber die weiteren Entwicklungsmöglichkeiten in der Lributfrage wird an zuständiger Stelle Zurückhaltung geübt und gleichzeitig darauf hingewiesen, daß die Neichs- regierung sich alle Entscheidungen in dieser Frage Vorbe­halten müsse. Zu den Angriffen der oppositionellen Seite wegen Chequers wird darauf hingewiesen, daß immer davor gewarnt^wordcn sei, irgendwelche konkreten Ergebnisse zu erwarten.

Das Reichskabinett dürfte sich voraussichtlich schon im Laufe dieser Woche versammeln, um den Bericht des Reichs­kanzlers und des Neichsaußenministers über die Besprechun­gen in Chequers entgegenzunehmen. Reichskanzler Brüning und Dr. Curtius treffen bereits am Mittwoch nachmittag wieder in Berlin ein. Der Reichskanzler wird die erste sich bietende Gelegenheit benutzen, um dem Reichspräsidenten ausführlich über die Reise nach England z«c berichten. Er wird zu diesem Zweck um die Wende der Woche nach Neu­beck fahren, allerdings so rasch wie möglich nach Berlin zurückkehren, da das Kabinett seine Beratungen beschleunigt fortsctzen dürfte.

Gegenbesuch Henbersons in Berlin?

Zu den Chequersbesprechungen meldet der Evening Standard auf Grund von besonderen Informationen, daß doch etwas erreicht sei. Das Zusammensein habe Brü­ning die Gelegenheit gegeben, mit aller Offenheit die Sache Deutschlands barzulegen. Man habe andererseits Hender- son und Macdonald die Möglichkeit gegeben, sich eine ernste Ansicht über die europäische Lage zu bilden. Beide Teile hätten auf diese Weise zu der Entscheidung kommen können, daß etwas geschehen müsse. Abgeschlossen seien die Verhand­lungen nicht. Man sei aber übereingekommen, daß Chequers das Vorspiel zu internationalen Bespre­chungen sein solle. Man habe beschlossen, daß als rin er­ster Schritt zur Verwirklichung dieses Zieles, Henderson in seiner Eigenschaft als Präsident der Abrüstungskommission baldigst nach Berlin gehen solle. Dieses sei eines der greif­baren Ergebnisse des geheimnisvollen Wochenendes von Chequers.

Brüning »nb Curtius beim englische« König.

Der Reichskanzler und der Reichsaußeuminister wurdi am Montag mittag vom englischen König empfangen. Di üblichen Gepflogenheiten entsprechend, wurden Einzelheit! über den Verlauf der Audienz nicht bekannt gegeben.

An die Audienz schloß sich ein Essen an, bas die cnglisc deutsche Gesellschaft den deutschen Gästen im Worccste Hotel gab. Reichskanzler Brüning führte hierbei in cim Rede aus, der Zweck der Reise nach England sei gewese sich freundschaftlich mit den englischen Staatsleuten auszi sprechen. Es sei nicht seine Absicht, sich in politische Frag« einzulassen, aber er sei fest davon überzeugt, daß enge un freundschaftliche Beziehungen zwischen E»»i land und Deutschland ein absolut notwenüi «er Faktor in den europäischen Angelege», ^ten. Mit großer Freude und mit ehrlicher Hof b-iz-« Zukunft könne er sagen, baß gegenwärtig ü

einander näher kämen. Er hoffe zuve nuna^Avä^^^"^""^ "Her SU finden, wie er der Hof daß diese Tendenz andauern und d freundschaftlichen Beziehungen sich festigen werden. Die R, ^r verschiedenen Mächte ständen Probleme die dringend der Lösung bedürfte», die ab, wegen ihren ungeheuren Grenzen nur in gemeinsame

allgemeiner Zusammenarbeit und im Geiste des guten Willens gemeistert werden könnten. Je mehr die Not­wendigkeit einer konzentrierten Aktion anerkannt würde, um so schneller werde die Erholung einsetzen.

Bei einem Empfang iin königlichen Institut für Aus­wärtige Angelegenheiten wies Dr. Brüning auf die Bedeu­tung des Instituts hin und betonte, daß das Institut von sich aus viel dazu beitragen könnte, um die internationale Zusammenarbeit zu fördern und den Weltfrieden zu sichern. Er unterstrich die Notwendigkeit, die gegenwärtige wirt­schaftliche Krise zu bekämpfen und die Prosperität wieder herzustellen. Der Reichskanzler sagte wörtlich:Unsere bei­den Länder haben die volle Wucht der Weltdepression aus- zuhalten. Wir wissen, was das für Millionen unserer ar­beitslosen Volksgenossen bedeutet." Weiter erwähnte Dr. Brüning, die reizende Ausnahme, die er in Chequers ge­funden habe. Gemeinsame Arbeit zwischen allen beteiligten Ländern zur Verbesserung der gegenwärtigen Lag« sei ver­abredet worden. Er sei sicher, daß dieser Geist ein gün­stiges Echo in der öffentlichen Meinung der ganzen Welt finden würde.

Macdonald und seine Tochter Jshbel waren am Montag abend Ehrengäste bei einem intimen Essen in der deutschen Botschaft. An ihm nahmen außerdem teil: Außenminister Henderson, Schatzkanzler Snowöcn, der Ar­beitsminister Miß Bonfield, der Lordkanzler Sir Robert Vonsittart und der Staatssekretär Talton, Baldwin, Sir Austin Chamberlain, Lord Cecil und der österreichische Ge­sandte. Die Veranstaltung gab den beteiligten Herren Ge­legenheit, einen Mcinungs- und AnsjchtenauStausch, soweit sie es noch für notwendig hielten, sortzusctzen. Zu dem anschließenden Empfang war das gesamte Londoner diplo­matische Corps eingeladen. Ferner waren die Mitglieder des Kabinetts erschienen, mit Ausnahme des Kolonial-, des Innen-, Kriegs- und Handclsministers.

Amerika zeigt starke Zurückhaltung.

Das Ergebnis von Chequers wird sowohl in der Presse, als auch in parl. Kreisen Amerikas als Ereignis allerersten Ranges gewertet. Den Aeußerungen maßgebender Kon- greßabgeoröneter ist jedoch schon jetzt zu entnehmen, baß wenigstens von dieser Seite schärfste Opposition gegen jede Schuldcnverminderung zu erwarten ist, umsomehr als die inländische Finanzlage keineswegs rosig ist. Der republi­kanische Senator Bing-Ham (Connecticuts gab eine viel be­achtete Erklärung ab, worin er sich gegen eine Streichung und Herabsetzung der interalliierten Schulden aussprach. Dagegen befürwortete Wingham einen dreijährigen Zahlungsaufschub, um Europa einen wirtschaftlichen Aufschwung zu ermöglichen.

Taube Ohren in Paris.

Die Reaktion der französischen Presse aus Chcqners, so­fern sie nicht zielbewußt inspiriert ist, läßt sich in drei Wor­ten zusammcnfasscn.. Die Franzosen begreifen nicht, können nicht beg^ifen und wollen nicht begreifen. Jede Vernunft, jede Logik und jede Erschütterung prallt an der Pariser Psychologie ab. Man besteht auf seinem Schein und stopft sich im übrigen die Ohren zu. Die Not Deutschlands wird im besten Falle zu einer Sache hohler Phrasen und anlcihepvli- tischer Kalkulationen.

Bilanz des Krisenjcihrs 1930

1199 Million-» Mark Fehlbetrag.

BeNin, S. Juni. Amtlich wird mitgeteilt: A lg. Mai 1931 sind die Bücher der Rcichshauptkasse für das Rechnungs­jahr 1930 abgeschlossen worden. Die Rechnung schließt im ordentlichen Haushalt mit einem Fehlbetrag von 119g Millionen Mark ab, der sich wie folgt zusammensetzt:

Mindereinnahmen bet den Steuern zu Lasten des Reichs von 778,4 Millionen Mark. Mindereinnahmen bei den Ver­waltungseinnahmen von 48,4 Millionen Mark. Mehraus­gaben bei den fortdauernden und einmaligen Ausgaben von SS6L Mill. Mark. Einschließlich der am Jahresschluß ver­bliebenen Reste betragen die Einnahmen -es ordent­lichen Haushalts 19 411F Mill. Mark. Die Ausgaben -es ordentlichen Haushalts 11691F Mill. Mark. Das Steuer­aufkommen ist im Rechnungsjahr 1639 insgesamt um 1349,9 Mill. Mark hinter dem Voranschlag zurückgeblieben. Davon gehen zu Lasten -eS Reichs 778,4 Mill. Mark, zu Lasten der Länder und Gemeinden 888,6 Mill. Mark und zu Lasten der Knappschafts- und Invalidenversicherung 125,0 Mill. Mark.

Unter den Mehrausgabe« stehen die Srtseufürsorg« mit 72,3 Mill. Mark und der Reichszuschuß an die Reichs­anstalt für Arbeitsvermittlung «nd Arbeitslosenversicherung mit 339^ Mill. Mart.

Tages-Spiegel

Der Berlins des Ministerbesnches in England hat in Berlin Befriedigung hervorgerufen. Man sieht in de« Bespre­chungen von Chequers einen Anfang» die Deutschland bedrängende» Fragen einer Lösung «ntgegenznführe«.

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Die dentsche« Minister wurde« gestern vom englische« König empfangen «nd folgten mehreren Einladungen z« Bankette«. Abends fand ein großer Empfang in der deutsche« Botschaft statt.

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Das Reichskabinett wird vermutlich schon am Donnerstag oder Freitag zusammentrete», «m den Bericht -es Kanz­lers und des Außenministers über die Besprechungen in Cheqners entgcgenznnehmcu.

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Da die Sozialdemokratie erst «ach Rücksprache mit dem Kanz­ler sich über die Einberufung des Reichstags schlüssig werden soll, wird der Aeltcstenrat voraussichtlich die Ent­scheidung anf nächste Woche vertage«.

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Der bayerische Ministerpräsident Held sprach sich mit Ent­schiedenheit gegen die Inangriffnahme einer Reichsresorm ans.

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Der vielumstrittene FilmIm Weste« nichts Neues" wurde zur Vorführung in geschlossene« Veranstalt«,»gen frei- gegeben.

Der Kampf gegen die Arbeitsnot

TN Berlin, 9. Juni. Auf der Generalversammlung des Rcichövcrbandes für Herren- and Knabcnbekleidung sprach Dr. S y r u p, Präsident der Ncichsanstalt für Arbeits­losenversicherung. Er stellte einleitend fest. Laß heute ca. 29 Millionen Menschen in der Welt arbeitslos seien. Die Vorschläge zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ließen sich in drei Gruppen zusammenfassen: einmal die Zurückdrän- gung ausländischer Arbeiter und Doppelverdiener vom Ar- bcitsmarkt, sowie Verlängerung der Schulpflicht, zum an­deren gleichmäßige Verteilung der vorhandenen Arbeits­gelegenheiten und schließlich Beschaffung von zusätzlicher Arbeit. Was die Herabsetzung der Arbeitszeit betreffe, so müsse hier jeder Arbeitgeber selbst entscheiden.

Zur Schaffung zusätzlicher ArbeHen meinte der Präsi­dent, daß es In absehbarer Zeit kaum möglich sein werde, langfristige Anslandskredite zu erträglichem Zinsfuß in derartigem Ausmaß zu erhalten, wie es Las Gutachten der Braunskommission im Auge habe. Den Gedanken der Ar­beitsdienstpflicht bezeichnete der Redner als utopisch, aber die Frage des freiwilligen Arbeitsdienstes werde In näch­ster Zeit eine große Nolle spielen.

Mit der Drosselung der Ausgaben in der Arbeitsloser», sürsorge sei die Nclchsregierung bis an die Grenze dessen gegangen, was man den Arbeitslosen zumute» könne. Wir brauchten aber, so erklärte Präsident Surup zum Schluß, vor allein eine deutlich fühlbare Erleichterung der Kriegs­lasten, damit wir dem nächsten Winter mit Zuversicht ent-, gcgcirsehen könnten.

Bayern gegen die Reichsreform

TU München, S. Juni. Ans der Tagung des ArbcltS- ausschusscsReich und Heimat" ergriff am Montag üben­der bayrische Ministerpräsident Dr. Held das Wort. Er warnte die maßgebenden Instanzen, neuerdings die Fragen der Reichsreform aufzurollen. Der Kampf wurde geführt um die Beherrschung der gesamten deutschen Finanz- und Wirtschaftskräfte von einer Zentrale aus. Wir hätten be­reits unsere Arbeitsorganisation zentralistisch ausgebaut mrd es gebe nichts vcrwirrteres und nichts demoralisierendcves als diese Art der Organisation. Wir hätten unser Finanz­wesen verreichlicht und die Wirkung sei, daß die Verarmung des ganzen deutschen Volkes unter dieser Vereinheitlichung größer sei als vorher. So teuer feien dem deutschen Volk die Steuern noch nicht aus der Tasche geholt worden, als in -er Gegenwart. Der Zentralismus sei in jeder Form zu verwerfen.

Im föderalistischen Staat allein bestehe die Möglichkeit, daß alle Kräfte des Volkes zu einer Einheit znsammenschmel- zen in ihrer Wirkung. Wer heute die SelbständigcVeit der Länder antaste sei ein Umstürzler der gegenwärtigen Ver­fassung. Es bestche der Verdacht, daß in den letzten Kabi­nettssitzungen erwogen worden sei, ob man nicht im Rah­men der Notverordnung die Reichsresorm in Angriff neh­men sollte. Es habe aber doch keiner den Mut gefunden, die Reichsresorm durch eine Notverordnung einleiten zu »voller». Der Föderalismus werde siegen, weil bas d«it- sche Volk an den großen Ideen eines Freiherr« von Stein nicht rw rüdergehen könne. SS gehe «n Heimat, um Vater­land. «m Freiheit und Recht.