Ungarn und „Mitteleuropa"
Ban Stephan Friedrich, ungarischem Ministerpräsidenten a. D.
Ungeachtet seiner teilweise recht entwickelten Industrie ist Ungarn wirtschaftlich geblieben, was es ivar: ein Agrarstaat. Und seit tausend Jahren hat Ungarn stets versucht, seine Agrarerzeugnisse in der Richtung Oesterreich und Deutschland abzusetzen. Daran hat sich bis heute eigentlich nichts geändert, nur muß seit dem Zusammenbruch der Toppelmonar- chie auch die Tschechoslowakei als einer der bedeutendsten Abnehmer angesehen werden, so daß es heute drei wichtige Richtungspunkte für den ungarischen Außenhandel gibt: Wien, Prag und Berlin. Alle Wünsche, die sich nach anderen Himmelsrichtungen bewegen, nach Lüden oder nach Lndosten, sind irreal, sind Phantome, dem Realpolitiker schwer verständlich»
Als vor fast fünf Jahren Ungarns Reichc-verweser HortHy anläßlich der vierhnndertsten Wiederkehr der Schlacht bei Mohacs an die damalige Waffenbrüderschaft zwischen Ungarn und Serben erinnerte und der Hoffnung Ausdruck gab, -aß Sie beiden Völker sich bald wieder freundschaftlich treffen würden, wies er der ungarischen Außenpolitik den Weg nach Südosten, nach Belgrad. Tatsächlich marschierte die ungarische Diplomatie in dieser Richtung ab, aber statt in Belgrad auzu- kommen, landete sie in — Rom. Diesen neuen Richtungspunkt behielt sie Jahre hindurch bei, entfernte sich also meilenweit von jeder mit dem Begriff „Mitteleuropa" zusammenhängenden Idee.
Man weiß heute noch nicht, wie sich Italien schließlich einem mitteleuropäischen Zollblock gegenüber zu verhalten gedenkt, aber man weiß, daß davon gesprochen wird, nicht nur Ungarn, sondern auch Rumänien und Jugoslawien für diesen Zollblock zu gewinnen. Diese beiden Länder haben teilweise dieselben Interessen wie Ungar»,- teilweise, das heißt in agrarpolitischer Hinsicht. Es gab die Möglichkeit, mit diesen beiden Staaten ein verhältnismäßig wichtiges Kartell »um Schutze -er Getreidepreise zu bilden, seit aber die russischen Schiffe mit Getreide beladen durch das Schwarze Meer dampfen, um es in ganz Süöeuropa und nicht zuletzt auch in Italien zu Dumping-Preisen abzusehen, ist diese Frage nur noch wenig aktuell. Denn eine Uebereinkunft zwischen Ungarn, Rumänien und Jugoslawien hätte nur dann eine» Sinn, wenn gleichzeitig dem russichen Dumping-Getreide der Weg nach Europa versperrt würde, aber solange man vor diesem Dumping nicht sicher ist, muß man sich mit der Feststellung begnügen, daß der beste psychologische Moment für eine Agrarvereinigung zwischen den drei Staaten verpaßt wurde. Eine solche Regelung besitzt zwar auch heute noch Bedeutung, aber keine entscheidende mehr.
Allerdings wären auch früher Abmachungen zwischen diesen drei Staaten nicht ohne Mitwirkung der Tschechosloivakei möglich geivesen. Die Politik des tschechischen Führers Bencsch strebt seit Jahren dahin, daß die Kleine Entente in entscheidenden Augenblicken auch wirtschaftlich eine Einheit nach außen darsteltt, wenn sie auch innen niemals wirklich einheitlich war,- und da man in Ungarn mit dem politischen, vor allem aber mit dem wirtschaftlichen Faktor Tschechoslowakei rechnen muß, weil dieser Staat einer der bedeutendsten Abnehmer ungarischer Erzeugnisse ist, wird man früher oder später doch einen moöus vivendi zwischen den verschiedenen Nachfolgestaaten finden müssen, ten finden müssen.
Hierzu zwingt die wirtschaftliche Entwicklung ganz kategorisch. Die Zerstückelung des großen österreich-ungarischen
Wirtschastsgebilöes hat so katastrophale Folgen gezeitigt, daß selbst die Erfinder der heutigen Grenzen einzusehen beginnen, wie wenig die wirtschaftliche» Notwendigkeiten innerhalb dieser Grenzen Berücksichtigung gefunden haben. Da ist der Industriestaat Oesterreich, der zweite Industriestaat Tschechoslowakei, die beide für ihre Erzeugnisse Absatz suchen müssen, da ist das fast ganz ans seinen Agrarexport angewiesene Ungarn, das, wie erwähnt, seit einem Jahrtausend auf diese Absatzgebiete angewiesen ist — man muß sich finden, und es bleibt sich praktisch gleich, welchen Weg man dazu einschlägt. Wichtig wäre nur, daß man den reinen Willen dazu auf- bringt, überhaupt den Weg zu einer größeren Wirtschaftseinheit zu beschreiten.
Denn man muß sich klar darüber sein, daß sich Mitteleuropa nur dann vor dem wirtsclmftlichen Untergänge be- lvahren kann, wenn cs zu wirtschaftspolitischen Einigungen kommt, und für diese Wahrheit bleibt es sich gleich, von wem Sie Initiative zur Einigung ausgeüt. Mitteleuropa ist aber überhaupt kein Begriff mehr, sobald man Deutschland nicht als seinen geistigen Ausgangspunkt ansieht: Deutschland scheint mir ebensowenig ohne ein Mitteleuropa möglich zu sei», wie ein Mitteleuropa ohne Deutschland wirtschaftlich möglich wäre,- wer sich also nach „Mitteleuropa" orientieren will, muß sich nach Deutschland orientieren — einen sogenannten Mittelweg gibt es hierbei nicht.
Man darf aber auch nicht übersehen, daß, wenn Ungarns Agrarexport schon immer nach Norden und Westen führte, Deutschland seinen Jndnstrieexportweg nach dem Osten gesucht hat. Es mag mehr sein als ein „Exportweg", es mag eine mystische Kraft sein, die Deutschland gen Osten bewegt, eine Kraft, die man sich angcwöhnt hat, den „Drang nach dem Osten" zu nennen. Dieser Drang nach dem Osten spielt aber gerade in der heutigen Wirtschaftspolitik eine gewaltige Nolle, keine mystische, sondern eine sehr praktische. Denn auf die Dauer führt der deutsche Exportwcg in Europa sicherlich nicht nach Westen, sondern nach Osten, zur Donau, und er trifft sich dort mit den Ägrarwünschen Ungarns. Die großen Triebkräfte der Weltgeschichte ändern ihre äußeren Erscheinungsformen, sich selbst aber bleiben sie ihrem Charakter nach immer gleich: Deutschlands so oft entstellter „Drang nach dem Osten" und Ungarns Jahrtausende alter kultureller und wirtschaftlicher Weg nach Norden und Westen treffen sich heute ebenso wie vor Jahrhunderten. Diesen Triebkräften, die sich als Lcitiöeen der Geschichte zeigen, kann man sich auf die Dauer nicht entziehen.
Es ist vollkommen denkbar, daß ein wirtschaftlicher Anschluß Ungarns an ein „Mitteleuropa" im wirtschaftlichen Sinne sowohl in Deutschland als auch in Ungarn Bedenken erregen konnte. In Deutschland dürften es Agrarkrise sein, die sich dagegen sträuben, aber cS wäre durchaus nicht schwer, ihnen zahlenmäßig vorzurechnen, daß ihre Aengste ungerechtfertigt sind, und ihnen gleichzeitig logisch zn beweisen, daß sie mit einer Ablehnung einen falschen Weg einschlagen, da eS verschiedene Möglichkeiten gibt, ihr Dasein durchaus zu sichern. In Ungarn wiederum dürften nicht nur industrielle, sondern auch politische Kreise sich gegen Ungarns Wirtschaftsanschluß an Mitteleuropa wenden,- nicht nur aus Angst vor jenem deutschen „Drang nach dem Osten", den sie bewußt oder unbewußt falsch auslegen, sondern auch, iveil sie in erster Reihe politische Fragen gelöst sehen wollen. Ich glaube aber, daß man nicht alles auf einmal erledigen kann und daß
heute die wirtschaftlichen Gesichtspunkte an die erste Stelle z» rücken sind. Unsere Generation hat in erster Linie wirtschaftspolitische Fragen zu losen »nd darf getrost andere, selbst dringende Fragen der nächsten Generation zur Lösung überlaffen, auch wenn dieses Erbe nicht sonderlich erfreulich ist.
Kleine politische Nachrichten
Klage gegen dap neue bayerische Landeswahlgesetz. Die DBP., die «taatspartei und die Wirtschaftspartei haben endgültig beschlossen, gegen das neue bayerische Lanüesivahl- gesetz Klage beim StaatSgerichtshof zu erheben. Die Klage soll sofort cingereicht werden. In parlamentarischen Kreisen hofft man, -aß der Staatsgerichtshof sei» Urteil möglichst bald füllen werde. Nach der „Münchener Zeitung" ist man in allen maßgebenden parlamentarischen Kreisen zu der Ucber- zeugung gekommen, daß der Landtag spätestens im Herbst neu gewühlt werden soll.
Goebbels erneut verurteilt. Das Schöffengericht Berlin- Mitte verurteilte Dr. Goebbels wegen öffentlicher Beleidigung von zwei Polizeibeamtcn zu einer Geldstrafe in Höhe von 1000 RM. oder 10 Tagen Gefängnis. Der Staatsanwalt hatte zwei Monate Gefängnis beantragt.
Für Bollstreckung des Kiirten-Urteils. Im Preußischen Landtag haben Mitglieder der Deutschnationalen Fraktion einen Antrag eingebracht, der die Staatsregierung ersucht, das gegen den Massenmörder Kürten rechtskräftig gewordene Urteil vvllstrccken zu lassen. Es wird erklärt, daß ein Teil der Linkspresse versuche, die Staatsregierung zn einer Begnadigung des Verurteilten zu drängen. Eine solche Maßnahme stünde jedoch in krassestem Widerspruch zu dem Rechtsempfinden der überwiegenden Mehrheit des Volkes.
Polnische Justizmcthoden in den oftoberschlefischen Terrorprozessen. Vor dem Bezirksgericht in Kattvwitz fand ei» Prozeß statt, dem der größte der Terrorakte zugrunde lag. Am 1ö. November v. I. wurde anläßlich der Wahlen znm Sejm der Tischlermeister Hohcisel in Kattowitz von mehreren Aufständischen so schwer mißhandelt, daß er auch heute noch völlig arbeitsunfähig ist. Bor Gericht behaupteten die vier Angeklagten, vier polnische Aufständische, daß sic durch abfällige Acußerungen Hoheisels, die sich gegen den polnische» Staat richteten, gereizt worden seien. Das Gericht sprach sämtliche Angeklagten frei, da cs sich nicht überzeugen konnte, daß die Aufständischen die alleinige Schuld an der Mißhandlung Hoheisels treffe.
Gcb»rtcnjiberschnß in Frankreich. Die Statistik über die Bevölkerungsbewegung im Jahre 1030 ergibt ein für Frankreich günstiges Bild. Die Zahl der Lebendgeüvrcncn stieg vom Jahre 1829 zum Jahre 1980 von 728 000 ans nahezu 749 000. Während im Jahre 1929 ein GeburtcnanSfail von 12 504 sich ergab, ergibt sich im Fahre 1980 ei» Geburtenüberschuß von 99 786.
Reform des englischen Oberhauses. Im Laufe einer Rede in Worksop lNottinghamsyire) sagte Ministerpräsident Macdonald, daß in jedem industriellen Land das System der Schntzzolltarise versagt habe. In Verbindung mit der mehrfachen Ablehnung von Gesetzen durch das Oberhaus erklärte er, daß die Reform des Oberhauses in das nächste Wahlprogramm -er Arbeiterpartei ausgenommen werden soll.
Umwandlung der spanischen Königsschlösser in Rational« mufee». Wie aus Madrid gedrahtet wird, sollen alle königlichen Schlösser in Spanien in Nationalmnseen umgeivandelt werden. Eine Ausnahme bilden nur die Paläste tu Santander und Dan Sebastian, die als Privatbesitz König Alfons anerkannt wurden.
VvpFi-itzkt 1827 t >7 Karl Köhler L Lo.. Beriin-Zehiendors.
«Nachdruck verboten)
„Nachdem Sie mir eben in aller Form den Krieg erklärt haben?" Der Meister stand nun auch auf. „Ich muß gestehen, diese Zumutung ist doch wohl etwas außergewöhnlich."
„Ganz gewiß ist sie das, aber sie ist auch an jemanden gerichtet, an den ich einen außergewöhnlichen Maßstab legen zu sollen glaubte." .... !
Karl Gerboth sandte einen durchdringenden Blick hinüber zu dem anderen, lleberlegend senkte er nach seiner Art bas graue Haupt, aber nun hob er es wieder mit einer entschiedenen Bewegung
„Nein — ich bedauere."
„Das bedauere auch ich. So werde ich diese Unterredung leider herbeiführen müssen ohne Ihre Zustimiyung."
„Versuchen Sie es — ich glaube, meine Tochter weiß, was sie mir schuldig ist."
„Sicherlich — doch sie weiß jetzt auch, was sie sich selber schuldig ist!"
„Durch Ihre neuen Lehren — nicht wahr?" Es blitzte auf in Gerboths Augen.
Marr nickte; in unveränderter Ruhe.
„Ganz recht, und ich hoffe, daß sie sich wirksam zeigen wer- den auch in diesem Fall."
„Herr —!" Eine düstere Lohe brach aus Gerboths Blick.
Fest hielten ihm des Gegners Augen stand. So sagte er:
„Verstehen Sie mich nicht falsch — jede Heraussorderung liegt mir fern. Ich sprach so, weil es hier um höchste Werte für Ihre Tochter geht. Glauben Sie mir: es ist mir außerordentlich bedauerlich, daß unsere Unterredung diese Wendung genommen hat Ihretwegen, aber noch mehr um Hildes willen. Ich hätte es ihr gern erspart, sie in diesen Zwist mit dem eigenen Vater zu « bringen." !
.Wenn das nicht nur leere Worte sind — nun gut, so tun Sir, was Ihnen die Pflicht in solchem Fall gebietet."
„Und das wäre?"
„Reisen Sie ab mit der nächsten Gelegenheit und versuchen Sie euch vorher nicht noch einmal den Frieden eines Hauses zu stören, das Sie ausgenommen hat im Vertrauen auf die Empfehlung Ihres Freundes — im Vertrauen aus Ihre Gesinnung!"
Marrs Miene wurde sehr ernst.
„Herr Gerboth, Sie lagen mir da Dinge, die einen schweren Vorwurf gegen mich enthalten. Aber ich weiß mich frei von Schuld. Ich habe mich auch darüber zu Franz Hilgers eingehend »Ui-.aeknrockeu. So beschränke ich mich denn daraus. Ihnen letzt
zu sagen: es tut mir leid, aber ich kann diesem Erwarten nicht entsprechen. Hier stehen zu wichtige Dinge auf dem Spiel — nicht zuletzt, ich betone das noch einmal, gerade für Ihre Tochter. So komme denn, was da muß. Ich kann ihr diesen Konflikt nicht ersparen, aber ich habe das feste Vertrauen, Hilde denkt nun wie ich und wird diesen Kampf durchfechten, wie sehr es sie auch schmerzt, weil er notwendig ist"
„Wir wollen es darauf ankommen lassen!" Noch n cmer gereizt rief es Gerboth. „Sie wollen den Kampf — gut, lo sotten Sie ihn haben. Doch wähnen Sie nicht, daß ich dis Hände in den Schoß legen und ruhig zusehen werde, wie Sie mir mein Kind aus den Händen entwinden wollen. Ich werde Mittel und Wege finden, Ihr Vorhaben zunichte zu machen!" i „Was können Sie tun gegen mich?" Fest ruhte Marrs Blick auf dem Antlitz des Gegners. „Sie denken vielleicht daran — ich nehme an, eben nur in der Erregung dieses Augenblicks —, Hilde im Haus festzuhalten, solange ich hier bin, und meine Briefe zu beschlagnahmen, jetzt und auch später noch. Wäre aber ein solches Vorgehen, eine solche Gefangenschaft Ihrer Tochter würdig? Und Ihrer selber? Glauben Sie wirklich, daß Sie damit den Sinn Hildes umstimmen könnten zu Ihren Gunsten?"
Gerboth antwortete nicht, nur seine Hand streckte sich in schroffer Abwehr zu dem anderen hin. Dieser jedoch fuhr unbeirrt fort:
„Nein, Herr Gerboth, das werden Sie doch gewiß nicht glauben wollen, sobald Sie ruhig denken. Damit fördern Sie nur meine Sache und verscherzen sich vielleicht auf immer die Liebe und Achtung Ihres Kindes. Und zudem — in nicht mehr Jahresfrist hat Ihre Macht ein Ende. Dann ist Ihre Tochter mündig, und dann, Herr Gerboth, wenn Sie es denn nicht anders wollen" — nun brach es auch aus Marrs Blick mit einer langgehemmten Gewalt —, „dann werde ich den Kampf führen, zu dem Sie mich zwingen, rücksichtslos und mit allen Mitteln, die mir zu Gebote stehen. Darauf auch mein Wort!"
Und Marr wandte sich zur Tür.
Ein heftiger Widerstreit spiegelte sich in Gerboths Zügen,
«wie er dem Davongehenden mit düsterer Miene Nachsatz. Schon ! lag dessen Hand auf der Klinke, da traf ihn der Anruf:
„Herr Marr! Ich war erregt eben — ich gebe es zu — und es ist wohl auch zu verstehen in meiner Lage; aber ich will doch nicht in dieser Erregung eines Augenblicks den Ueberzeu- gungen eines ganzen Lebens untreu werden. Es ist noch nie meine Art gewesen, mit Gewalt zu siegen, sondern stets nur mit dem Gewicht meiner guten Gründe. Und gerade bei Hilde habe ich diesen Grundsatz stets betätigt. So will ich ihn denn auch jetzt nicht verleugnen, selbst in dieser schwersten Stunde nicht, die mir nun durch Sie bereitet wird. Woylan" — und seine Rechte machte eine Bewegung des Gewährens —, „reden Sie denn mit meiner Tochter! Ich werde Ihnen di« gewünschte Gelegenheit geben. Heute ist die Stund« ja schon »u spät, aber kommen Sie
wieder, morgen vormittag — ich werde Ihnen nichts in den Weg legen."
Marr blieb an der Tür.
Ich danke Ihnen, Herr Gerboth. Ich weiß diesen Entschluß voll zu wür'-lgen."
Gerboth nickte kurz. Doch nun hob er noch einmal die Hand.
„Eine Bedingung freilich knüpfe ich daran: Sobald Sie diese Unterredung gehabt haben, werden Sie abreisen — mit näch- ster Gelegenheit!"
„Das kann ich versprechen, denn es war ohnehin meine Absicht"
„Gut — ich habe Ihr Wort!"
Ein letztes stummes Grüßen, Auge in Auge, mit schwerem Ernst, dann trennten sich die beiden Männer.
* * *
Hilde stand am Feilster ihres Zimmers, noch immer wie sie standmi. nachdem der Vater sie vorhin verlassen hatte. Unbe- egli'ch, die Hände um den Fensterriegel geschlungen. So blickte « hinaus ins schweigende Dunkel draußen über dem Dorf, wo lr vereinzelt hier und da ein winziges Lichtpünktchen aufglühte, s eine menschliche Herdstätte verriet. Von allem, was der ater zu ihr gesprochen, klangen in Hilde immer nur die einzigen irrte nach: Bald wird Marr fort sein! Das hatte sich ihr ins erz gegraben mit schneidendem Weh. Ihr war's dabei gewesen, s versänke etwas Leuchtendes, Sonnenstarkes und Frohes — als nfinge sie eine trostlose, kalte Finsternis mit ihren Schauern, id die fühlte sie jetzt noch in sich — so bange.
Günter Marr fort — nun wußte sie mit einemmal erst, was ihr geworden war in diesen wenigen Tagen und was er ihr itte weiden können! Aufgewacht war unter seiner Berührung les, was in ihr geschlummert hatte. Wie mit einem Zauber^ »lag fühlte sie neue, nie geahnte Kräfte sich regen. Und noch nmal rief es in ihr, wenn sie an die Werbung Franz Hllgers >en dachte: Nein — nie! Ein verzweifeltes, wildes Simmchren >d Fmtstoßen.
Sie erschrak fast vor sich selber, vor der plötz.icyen Leiden- »aftlichkeit ihres Empfindens. Die Vorstellung, daß sie einmal ranz Hilgers' Frau werden könnte, hatte doch sonst nichts urchtbares für sie gehabt. Wenn Ater me mit ,hr
»rüber gesprochen hatte, so war ihr der Gedanke doch auch ohne »s gekommen Es konnte ja nicht ausbleiben Franzens ganzes erkalten aeaen sie war bei aller Zuruckhaltung doch em stan- ges still ^ehrerb etiges Werben, und sie hatte dieser Werbung >nn entgegengesehen als etwas Selbstverständlichem, da- em- al kommen würde und mußte, wenn seine Zeit da war. Sie ihlte so bas geheime Einvernehmen in diesem Punkte zwischen >m Vater und Franz Hilgers heraus, und wie alles bisher in «rem Leben, so hatte sie auch das hingenommen mit dem Gesuhi, ! war wohl gut und richtig so.