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dir. 52

M i ttw o ch, den 4. März 1931

Jahrgang 103

Neue Härten für die Landwirtschaft

Aenderung des Brotgesetzes und zollfreie Einfuhr von Gefrierfleisch im Reichstag beschlossen. Eine Folge des Fernbleibens der Rechtsopppsition

TU. Berlin» 4. März. Im Reichstag wurde gestern nach Schluß -er Aussprache zum Landwirtschaftshaushalt der kommunistische Antrag auf Einfuhr von 120000 Tonnen zoll­freiem Gefrierfleisch jährlich mit 316 gegen 68 Stimmen ab- gclchnt. Im Hammelsprung wurde sodann -er sozialdemo­kratische Antrag, der die Zulassung einer Einfuhr von büüüo Tonnen zollfreien Gefrierfleisches mit Wirkung ab 1. 8. 1031 vorsteht, mit 218 Stimmen der Sozialdemokraten, der Kommunisten» eines Teiles der Staatspartei sowie einiger Zentrumsmitglteder gegen 162 Stimmen bei 1 Stimmenthaltung in zweiter Beratung an» genommen. Schließlich nahm der Reichstag den Gesetz­entwurf über die zollfreie Einfuhr des Gefriersleischkontin- gents in der Schlußabstimmung in dritter Lesung mit 223 gegen 140 Stimmen bei 4 Enthaltungen an.

Der Reichstag nahm im weitere» Verlauf der Abstim­mungen zum Lanöwirtschaftshaushalt eine Entschließung der DVP. für Standardisierung der Agrarpro­dukt e an, ferner eine Entschließung der Wirtschaftspakte!, die Beihilfen für die Nügenschen Küstenfischer fordert. An­genommen wurde auch eine sozialdemokratische Entschließung, den Zinsverbilligungszuschuß deS Reiches für Bodenverbesserungsdarlehen auf 10 Jahre aus- zud.chnen und den Gesamtplan der Zinsverbilligungsaktion für Bodenverbesserungsdarlehen entsprechend zu erhöhen. Annahme fand sodann die Entschließung des volkswirtschaft­lichen Ausschusses über Aenderung des Zinssatzes und deS Tilgungsplanes, der für Verbesserungen von landwirtschaft­lichem Boden gegebenen Darlehen mit Ausnahme der Be­stimmung, daß die durch Meliorationen erzielte Renten- rrhöhung aus 16 Jahre steuerfrei bleiben solle. Sodann wurde in zweiter und dritter Beratung der sozialdemokra­tische Gesetzentwurf, der das Brotgesetz praktisch aufhebt, mit den Stimmen der Sozialdemokraten und der Kommunisten endgültig angenommen.

'Der kommunistische Mißtrauensantrag gegen den Ncichsernährungsminister Dr. Schiele wurde mit 811 ge­gen 60 Stimmen abgelehnt Ebenso verfiel auch -er kommu­nistische Antrag, das Gehalt des Ministers zu streichen, der Ablehnung.

Nm den Gefrierfleischantrag der Sozialdemo­kraten entspann sich eine lange, erbitterte Debatte. Ein Kom- promißvorschlag, der bas zollfreie Gefrierfleischkontingent durch verbilligtes Frischfleisch ersetzen sollte, scheiterte an der Erwägung, daß dem Reich durch eine solche Regelung neue beträchtliche Kosten' erwachsen würden. Min. Dr. Schiele

wandte sich mit Schärfe gegen di« sozialdemokratische Forde­rung der Einführung von 60 000 Tonnen zollfreien Gefrier­fleisches, die er für die Neichsreglerung als schlechthin un­annehmbar bezeichnete, Sa sie dem ganzen bisherigen Kurs widerspräche. Unterstützt wurde der Minister in seinem Widerstand durch den Abg. Hepp von der Landvolkpartei. Eindringlich appellierte der Redner an das Zentrum und an die Staatspartet, dem sozialdemokratischen Antrag nicht zuzustimmen. Ihm schloß sich für die süddeutsche Bauern­schaft der Abg. Gerauer von der Bayerischen Bolkspartet an. Weiter sprachen sich die Vertreter der WirtschastSpartei, der Deutschen Volkspartei, der Hannoveraner und der Deutschen Bauernpartei, gegen den Antrag aus. Ob dieser trotz Annahme überhaupt in Krast treten wird, erscheint noch ungewiß. In parlamentarischen Kreisen rechnet man näm­lich mit einem Einspruch im Neichsrat. Die preußi­schen Provinzen und die übrigen vorwiegend agrarisch inter­essierten Länder werden vermutlich die erforderliche Mehr­heit für einen solchen Einspruch ausbringen. In diesem Falle ginge das Gesetz wieder an den Reichstag zurück und könnte dort nur mit einer qualifizierten, das heißt einer Zweidrittel­mehrheit, endgültig verabschiedet werden. Die aber wäre nicht vorhanden. Es scheint, daß die Regierung mit diesem Verlaufe auch gerechnet hat.

Di« «erhandlnngen des Kanzlers «lt de» Sozialdemokrat«».

Gestern nachmittag wurden die Besprechungen zwischen dem Reichskanzler und den Unterhändlern der sozialdemo­kratischen ReichstagSfraktion über die Stellungnahme der Sozialdemokraten zu? RegierungSpolitjk fortgesetzt. Gin Ergebnis wurde auch diesmal nicht erzielt. Wie verlautet, präsentierten die Sozialdemokraten eine ganze Reihe von sozialen Forderungen, die sich teil­weise mit Len Anträgen der Partei im Steuerausschnß dek- ken. Weiter wurden Maßnahmen zugunsten der finanziell notleidenden Gemeinden gefordert und endlich bemühen sich die Sozialdemokraten offenbar, die bevorstehenden Ne- formmaßnahmen zur Sozialversicherung in bestimmte Bahnen zu lenken. Die schwebenden Fragen des Wehrhaushalts sind nicht weiter berührt worden.

Wie verlautet» hat es Dr. Brüning abgelehnt, neue Zu­geständnisse an die Sozialdemokraten zu machen; man ver­ständigte sich jedoch dahin, nach einer »Generalformel* zu suchen, die sich auf den Wehretat, den Sozialetat und auf alle sonstigen strittige« Punkte beziehen soll.

Briand verteidigt die Verständigungspolitik

Kammerrede über Abrüstung, Revision und Annäherung.Gewohnte Redewendungen

--- Paris, 4. März. Die französische Kammer begann gestern mit der Beratung des Haushalts des Außenministe­riums. Nach heftigen Angriffen Franklin Bouillons, des be­kannten Widersachers der Verständigungspolitik, nahm Außenminister Briand das Wort zu einer groben Ver­teidigungsrede, in der er u. a. aussührt«: Wenn man an die Kriegsgreuel denke, so sei es ganz selbstverständlich, daß man trotz der zu überwindenden Schwierigkeiten zäh an dem ein­mal eingeletteten Versuch zur Befriedung Europas scsthalte. Wenn sich dieser Versuch zur Anfrechterhaltung des Friedens insbesondere aus eine dc«tsch^französische Annähe» rnng erstrecke, so geschehe das einfach deshalb, weil von den deutsch-französischen Beziehungen Leben oder Tod der euro­päischen Politik abhänge. Er habe manchmal über die Schwierigkeiten dieser Politik nachgedacht, insbesondere als man ihm das Ergebnis der letzten deutschen Wahlen mitge­teilt habe. Aber gerade in solchen Augenblicken, so betonte Briand mit erhobener Stimme und unter großem Beifall der Kammer, müsse ein Minister zeigen, daß er Wagemut besitze. Kenn man von den Reden deutscher Minister spreche, so könne «r demgegenüber nur feststcllen, daß man es diesen Männern gerade als Verdienst anrechnen könne, sich wenig­stens in aller Offenheit anszusprechen und ihre wahren Ge­danken öffentlich darzulegcn. Fest stehe jedenfalls, daß ei« Fortschritt in der Entwicklung der international«« Nnniihe» r«>!gspolitik z« verzeichne» sei.

Briand erinnerte in diesem Zusammenhang an die Rege- -nng der Minderheitenfrage und betonte, daß ein Fortschritt chvn darin z» erblicken sei, baß ehemals feindlich gesinnte Länder heute überhaupt miteinander verhandelten. Deutsch- .aud habe bei mehreren Gelegenheiten das feste Versprechen abgegeben, niemals zu Gewaltmitteln zu greisen. Briand schilderte sodann noch einmal die Vorbereitungen znr Ab- *üstungskoulcrenz und erklärte, daß das französisch-italie­

nische Alottenabkommen die Bedeutung dieser Konferenz nicht schmälern werde. Wenn Deutschland sich auf den Stand- Punkt stelle, daß eS das Protokoll der vorbereitenden Ab­rüstungskonferenz zu nichts verpflichte, so stehe doch anderer­seits fest, daß dieses Protokoll den Rahmen der kommenden Konferenz bilde. Frankreich sei stet- den in Art. 8 übernom­menen Verpflichtungen nachgekommen. Wenn Deutschland andere Hoffnungen und Wünsche hege, so könne er demgegen­über nur antworten» daß bereits im Locarnovertrag festge- legt worden sei, daß stets die Möglichkeit bestehe, über gewisse Frage« ne« z« verhandeln. Dies bedeute aber noch lange nicht, baß Frankreich in allen diesen Fragen nachgebrn werde. Die deutsch-französische Annäherungspolitik müsse fortgesetzt werden.

Briand ging sodann noch einmal auf bas Flotten­abkommenein und stellte die Uebereinstimmung der fran­zösischen und der italienischen Auffassung als einen großen Erfolg seiner Politik hin. Wenn die Kammer in den nächsten Tagen die Einzelheiten dieses Flottenabkommens erfahren werde, so werde sie sich darüber klar werden, daß keine der beiden Mächte außergewöhnliche Zugeständnisse gemacht Hab«, die nicht mit der Sicherheit übereinstimmten. Briand schloß seine Ausführungen mit dem Hinweis, daß er, wenn «r auf die Ergebnisse seiner Politik -urückschaue, nichts zu bedauern habe.

Die Erklärungen Briands wurden von der Kammer ohne jeden Zwischenruf ausgenommen. Als er die Tribüne verließ, dankte ihm nicht endenwollender Bcrfall ans alle« Bänken des Hauses.

Mit 651 gegen 14 Stimmen wurde der gesamte Haus­haltsplan angenommen. Das Abstimmungsergebnis bedeutet einen großen Erfolg für die Politik Briands. Nichts kann trotz allem darüber hinwegtäuschen, daß zwischen dem Außenminister Briand »der zum mindesten »wifchen seiner

Tages-Spiegel

I« Reichst«- wurde» gestern di« sozialdemokratischen An» trüge aus Abänderung des Rrotgesrtzcs «nd zollfreie Ei«, fuhr d«S Gefrierfleisches ««genommen.

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Die parla«e«t»rische Loge im Reichstag Hai sich versteift, b« die Sozialdemokratie sich weigert, dem Wehrhaushalt »uznstimme«. Der Kanzler hat Sompensatiousfordernnge» abgelehnt.

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I« ReichstagsanSschntz für Stenerfrage« «a«dte sich Mini» ster Dr. Dietrich gegen die kommunistische» Anträge, di« eine einmalige Sonderoerstenerung »er Vermögen über 600 000 NM. «nd der Einkommen über »«> 006 RM. in Höhe von 2V ». H. fordern.

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Außenminister Cnrtins ist gestern in Wie« mit de« öster­reichische» Minister« i« Besprechungen ringetrete«. Es wurde ihm ei« sehr herzlicher Empfang bereitet.

«

Brian- hat gestern in ber Sommer eine Rebe über Ab­rüstung, Revision »nd Annäherung gehalten; sie verlief in der gewohnte« Weise.

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Et« sranzöflsches Bankenkonsortium plant, Italien eine An­leihe von über 100 Millionen D«l«r jetwa 425 Millionen Reichsmark) z« gewähren.

theoretisch vertretenen Außenpolitik und den übrigen Kabi­nettskollegen des Rechtskabinetts ein kräftiger Widerspruch besteht. Die Politiker'der Rüstungsindustrie benutzen die Friedenspolitik Briands als" ein willkommenes Aushänge­schild, nm dahinter frisch und fröhlich weiter zu rüsten.

Außenminister Lurlius in Wien

--- Wie«, 4 . Mär». ReichSaußenminister Dr. EurtiuS ist gestern hier eingetrofsen. Nach einem Besuch bet Bundes­kanzler Dr. E« d« r erschienen Dr. Cnrtins und Pünüer bet Vizekanzler Dr. Schober. In einer eingehenden Aus­sprache, der auch die beiderseitigen Gesandten, Graf Lerchen­feld und Dr. Frank, beiwohnten, wnrd« zunächst die allge­meine Lage erörtert und anschließend die Deutschland und Oesterreich interessierenden Fragen besprochen. Die Be­sprechungen wurden beim Gegenbesuch der österreichischen Minister im Hotel Imperial fortgesetzt. Dabei bedauerte der Bundeskanzler in einer Hirzen Begrüßungsansprache, daß es dem Reichskanzler nicht möglich gewesen sei, nach Wien zu komme». Dr. Schober wie- auf die gemeinsame« Gefühle hin, die die Deutschen hüben und drüben beseelten, sowie auf die engen Beziehungen, die die beiden Staate« verbinden. Dr. LurtiuS betonte in seiner Erwiderung die Notwendigkeit des weiteren Ausbaues der beiderseitigen Be­ziehungen. An das Essen schloß sich ein allgemeiner Empfang im Bundeskanzleramt.

Darauf empfing BundeSpräfldent MiklaS Neichsaußen- minister Dr. CnrtiuS, der in Begleitung des deutschen Ge­sandten, Gras Lerchenfeld, erschienen war. Der Bundespräsi­dent gab zn Ehren der deutschen Gäste einen Empfang, an dem die Vertreter der Regierung, die drei Präsidenten deS Nationalrates, der Borfitzende de- BundeSrates «nd zahl­reiche führende Persönlichkeiten des politischen Lebens teil- nahmen. _

Erdsenkungen in Griechenland

TU. Athen, 4. März. Bei dem Dorf« Bissia (Provinz Korinth) auf dem Peleponnes hat sich urplötzlich die Erde in einem Umfang von vier Quadratkilometern gesenkt. Durch die Erdsenkung entstand eine neue Quelle, deren Wasser dem Golf von Korinth zufließt. DaS Dorf Kunina ln der Nähe der Stadt Aighion, «in Ort mit 850 Häusern, Ist durch die Erdsenkung fast vollkommen zerstört. Es sind bisher zwei Tote, 8 Schwerverletzte und zahlreiche Leichtver­letzte »u beklagen. Weitere Erdsenkungen um 60 bis 200 Meter haben die Dörfer Olcna, Gumera und Leckochori nahe der Stadt Pygos ebenfalls auf dem Peloponnes betroffen. Die Einwohner, unter denen bet Einbruch der Katastrophe große Paaik ausbrach, kampieren unter freiem Himmel.

Umsturzversuch auf den Philippinen

TU. Renyork, 4. März. Der amerikanischen Besatzungs- behörde in Manllla ist es gelungen, durch rasches Eingreifen einen von der nationalistisch-religiösen Sekte Colorums ge­planten Umsturzversuch im Keime zu ersticken. Die Anhänger der Sekte bcabsichtigtcn, die amerikanische Garnison ans der stark befestigten Insel Corregiüor am Eingang der Bucht von Manllla niederzumachen und die Geschütze aus die Stadt Mantlla zu richten. Dann sollte die Unabhängigkeit der Phi­lippinen ausgerusen werdeu.