Wie steht es mit Belgiens Neutralität?
Folgen des mangelhaften deutsch-belgischen Locarno-Vertrages
Der holländische Generalstabschef, General Seyffardt, hat kürzlich die für den Angehörigen einer in machtpolitischen Krage» Europas sich gern als strikt neutral bezeichnenden Nation seltsame Erklärung abgegeben: „Die Möglichkeit eines deutschen Angriffs auf Belgien, Frankreich oder unser Land wird, abgesehen von der Frage, ob man in dieser Hinsicht anbcrhalb unserer Grenzen nicht eine gar zu pessimistische Auffassung vertritt, nach meiner Ansicht durch die neuen militärischen Maßnahmen Belgiens eher vermindert als erhöht." Gemeint sind die seit einiger Zeit in großem Umfange zur Ausführung gelangenden Fortifikationsarbeiten an der belgischen Ostgrenze, wo ausgedehnte Lchühcngrabenanlagen entstehen, wichtige Brückenköpfe und Verkehrsknotenpunkte mit einem Gürtel starker PanzerfortS umgeben werden, und zwar alles in Ausführung des geheimen französisch- belgischenMtlitärabkommens, das, wie die jüngst veröffentlichten Enthüllungen des „Libre Belgique" sowie die warnenden Hinweise des „Daily Telegraph" erneut bewiesen haben, eine der hauptsächlichsten Gefahrenauellen für den Frieden Europas darstellt.
Wie diplomatisch unklug auch zweifellos die Erklärung des holländischen Generalstabschefs sowohl in Deutschland als auch in den nicht zum Trabantcnkreis Frankreichs gehörenden Ländern wirken mußte - das „Utrechtsch Dagblad" rvar mutig genug, sie als eine Ungehörtgkeit gegenüber Deutschland anzuprangern —, so bestätigt sie doch die Auffassung, daß holländische Militärkreise sich nicht scheuen, gelegentlich recht deutlich die Gemeinschaft militärischer Interessen »wischen ihrem Lande und den Belgiern gegenüber Deutschland zu betonen. Eine keineswegs als neutral zu bezeichnende Geste, die uns Deutschen unverblümt den ganzen Jammer unserer machtpvlitischen Ohnmacht vor Augen hält.
I» England wie in Belgien selbst hat man vor dem RüstungSeifer der Belgier, der sich ausschließlich gegen Deutschland wendet und keineswegs den Charakter einer reinen Verteidigung besitzt, gewarnt. Im deutschen Reichstage sind von oppositioneller Seite wiederholt Anträge gestellt worden, die bentsche Regierung möge den Völkerbund veranlassen, die S a tz u n g s m ä ß t g ke i t der französisch- belgischen Militärkvnvention nachzuprüfen In Band 2 Seite 123 der vom Völkerbund herausgegebenen Sammlung von Staatsverträgen werden zwei zwischen Frankreich und Belgien ausgetauschte Noten vom 10. und 18. September 1020 ausgcfllhrt, in denen zwar der Abschluß einer Militärkonvention bestätigt, der (geheime!) Wortlaut dieser Konvention aber nicht wiedergegeben wird.
Im Herbst 1027 ist dann diese Konvention beider Mächte — ebenso geheim — inhaltlich erweitert worden, ohne daß der Völkerbund, wie es abermals seine Pflicht gewesen wäre, beide Vertragspartner darauf hinwies, ihm sei vom Wortlaut der Konvention nichts bekannt. Als Bölkerbundsmit- glied kann Deutschland unter Berufung auf die Art. 18
und 20 der Völkerbundssatzung eine Veröffentlichung und Nachprüfung der Satznngsmäßigkeit der französisch-belgischen Konvention mit ihren geheimen Zusätzen verlangen! Aber keine deutsche Negierung hat bisher vvn diesem ihr zustehenden Recht in wirksamer Weise Gebrauch gemacht. Als das „Utrechtsche Dagblad" vor ungefähr zwei Jahren einige sensationelle Enthüllungen aus dem Wortlaut des Geheimabkommens brachte, glaubte man auch in der Wilhelmstraße etwas auftrumpfcn zu müssen. Allein schon die plumpen, durchsichtigen Dementis der französischen und belgischen Regierung genügten, um eine weitere Klärung der ganzen Angelegenheit zu verhindern. Deutschland schwieg, obwohl der offensive Charakter dieses belgisch-französischen Wilitär- abkommens immer deutlicher in Erscheinung trat. Man könnte fast den Eindruck gewinnen, als fühle sich jede deutsche Negierung durch das seinerzeit in Locarno vereinbarte Schiedsabkommen zwischen Deutschland und Belgien gar zu einseitig gebunden. Gemäß Artikel 1 dieses Abkommens sollen alle auf gewöhnlichem diplomatischen Wege nicht bcizulegenden Streitfragen jeglicher An zwischen Deutschland und Belgien dem Ständige» Internationalen Gerichtshof zur Entscheidung unterbreitet werden. „Diese Bestimmung gilt jedoch für Streitfragen, die aus solche» Tatsachen entsprungen sind fz. B. die „Neutralität" Belgiens vor dem Kriege!), welche zeitlich vor Abschluß des Abkommens liege» und der Vergangenheit angehüren." Dadurch sind uns in der Tat die Hände gewissermaßen gebunden: Man wollte uns die Möglichkeit nehmen, vor aller Welt den Nachweis der fadenscheinigen 'Neutralität Belgiens vor dem Kriege zu führen und unsere gute Sache im Rahmen unseres Kampfes wider die Krtegsschnldlnge vor dem Internationalen Gerichtshof irgendwann zu verfechten. Wir wissen, wie unsere deutsche Diplomatie sich bei dem Rechtfertigungsversuch bezüglich unseres Einmarsches in Belgien äußerst ungeschickt selbst ins Unrecht setzte <v. Vethmann-Hollwegs Unrechtserklärung am 4. August 1014 tm Reichstag), statt die Möglichkeiten alkszu- nützen, die ihr der F e st u n g s v e r t ra g vom 14. Februar 1831 gewährte, der bekanntlich Deutschland ein Durchmarsch- und Besetzungsrecht zngestoht. Das Belgien von 1914 war nicht das neutrale Land von 1831. Das Belgien von heute ist, rein machtpolitisch gewertet, keinen Deut anders als das der Vorkriegszeit. Wir sehen die Zusammenballung starker militärischer Kräfte an unserer Westgrenze, die Unzulänglichkeit des deutsch-belgischen Lvearno-Vertrages und die „papierene" Neutralität unseres belgischen Nachbarn. Es bleibt uns nichts anderes übrig als angesichts unserer eigenen militärischen Schwäche die wenigen Rechte, die uns unsere Zugehörigkeit zum Völkerbunde im machtpvlitischen Krüstesptel der Gegenwart bietet, mit allen verfügbaren Mitteln energisch zu wahren. Dazu gehört auch die völkerrechtliche Klärung des geheimen französisch-belgischen Militärabkommens.
Nüslunqspropaqcmda in Frankreich
TU. Paris, 1. Mär». Das französische Generalstabsvlatt „Echo de Paris" hatte mit Unterstützung von chauvinistischen Abgeordneten und rechtsgerichteten Verbänden vor Monaten einen Film anfertigen lassen, der zur Propaganda gegen die Abrüstung dienen sollte. Als der Film in einem Pariser Lichtspieltheater vorgefllhrt werben sollte, verbrannte er
größtenteils aus bisher noch nicht aufgeklärter Ursache. Das „Echo de Paris" hat darauf eine neue Sammlung veranstaltet und im Laufe von einigen Wochen über 2 Millionen Franken zusammengcbracht. Der Film ist inzwischen wiederhcrgestcllt worden und soll im März in einem der größten Pariser Säle vorgeführt werden. Das „Echo de Paris" setzt seine Sammlung »och weiter fort, und die eingehenden Geldbeträge sollen für die Propaganda mit anderen Mitteln verwendet werden.
Eine Verständiqungskundgebung
TU. Berlin, i. März. Wie die „Vossische Zeitung" mel- det, haben 100 Schriftsteller, Künstler und Gelehrte aus Deutschland den 180 französischen auf ihre kürzliche Kundgebung geantwortet. In ihrer Antwort gehen sie davon aus daß eine Wiederholung der Weltkatastrvphe den Untergang der abendländischen Kultur bedeuten würde und baß die Geschicke der hochentwickelten Völker nicht mehr von den Waffen, sondern vvn der Vernunft bestimmt werden müssen. Weiter heißt es in der Antwort: „Was für Freiheit und Gerechtigkeit in unserem eigenen Lande zu tun ist, nehmen wir voll auf uns. Aber für die Ordnung der deutschen Beziehungen zum übrigen Teil der Welt können wir nicht auf die Hilfe der Freien und Gerechten in den anderen Ländern verzichten. Unsere beiden Länder müssen j,n Einklang bleiben mit dem Grundsatz der Menschlichkeit, daß wir die Völker nicht opfern, sondern für sie arbeiten sollen. Nach unserer Meinung muß die deutsch-französische Gcmeiw schüft das nächste Ziel sein, ans das mir unsere Anstrengungen zu richten haben."
Der Wirlschaftsaufbau in der Sowjetunion
Programmrcde SnUmows auf dem Rätckougretz
TU. Moskau, 1. März. Aus dem allrussischen Nätekongrest hielt als erster Berichterstatter der Vorsitzende des NateS der Volkskommissare Grvßrußlands, Sulimow, eine Prv- grammrebe über die politische Lage. Er ging davon ans, daß der Fünfjahrplan auch weiterhin die Hauptaufgabe der «owjctrcgierung bleibe. Die Losung der Sowjctregierung, bas industrielle Ausland einzuholen, ja zu überholen, werde durchgeführt werd.n. Auf einer ganze» Reihe von Gebieten werde das bereits in diesem Jahr geschehen. So werde die Eisenindustrie Englands nnd der Bergbau Frankreichs, Belgiens und eine Reihe anderer Länder überholt, während auf dem Gebiet der Oelgenrinnung Rußland nach Amerika den zweite« Platz in der Welt einnchmen ,verde. Solimvw ging bann zur internationalen Lage über nnd unterstrich, daß die Außenpolitik der Sowjetunion bisher auf den Frieden gerichtet gewesen sei. Die Svwjetrcgieruug werde auch in Zukunft für die Erhaltung des Friedens sorgen.
Auf bas Gebiet der Durchführung der Aufgaben des FünsjahreSplanes übergehend, lenkte Sulimow die Aufmerksamkeit der Nätctaguug auf den zum Teil s.hr ungünstigen Stand der Aufbauarbeit en. Die Verteuerung der Bauten gegenüber den Entwürfe» stelle eine besondere Gefahr dar. Men» es nicht gelingen sollte, den Selbstkostenpreis, wie es der Plan fordere, tm dritte» entscheidenden Jahr um 12 Prozent herabznsetzen, so würde das bedeuten, baß eine ganze Reihe von Werken nicht gebaut werden könne. Indessen sei die Schaffung einer zweiten schwerindiistrlellcn Basis neben dem Donezgebiet, nämlich der im Ural, eine Aufgabe von allererster Wichtigkeit. Qualitativ seien die Ausgaben des Planes bisher trotz aller Anstrengungen nicht durchgeführt worden. So ist der Selbstkostenpreis gegenüber dem Plansoll um 11 Prozent nur um 7 Prozent herabgesetzt und die Produktivität der Arbeit gegenüber de« geforderten 20 nur um 11 Prozent verbessert worden.
Auf dem Gebiete der L a n d m i r t s ch a f t-meröe, so un tcrstrich Sulimow, die Generallinie überall bnrchgeführt. Am meisten lasse bisher noch die Ernteergievigkeit zu wünschen übrig. Es seien eine Reibe agrartechnischcr Maßnahmen vorgesehen, um diesem Uebel abzuhelsen. Die Erhöhung der landwirtschaftlichen Produktivität hänge aber eng mit dem Fortgang der Industrialisierung zusammen. Die Sowjctregierung werde noch in diesem Jahr der Landwirtschaft insgesamt 120 000 Traktoren zur Verfügung stellen.
Im Flugzeug auf Löwenjagd
Bilder von einem modernen Jagdausflug in die Serengetisteppe.
Von Anton E. Zischka« Paris.
Vor zwanzig Jahren jagte man hier noch Löwen zu Pferde. Ein ganz aufregender Sport war das, eine Jagdart, die mehr Tollkühnheit verlangte als irgend eine andere: Mau hetzte den Löwen solange, bis er sich ermüdet gegen den Verfolger wandte und aus Wut und Angst zum Angreifer wurde. Ans dein Sattel oder während des Sprungs vom Pferde mußte geschossen werden, in der Sekunde zwischen der Rollenänoe- rung, in dem Augenblick, der das fliehende Raubtier zum Jäger machte, den Reiter zum Wild. Viele verloren bei dieser Hetzjagd ihr Leben. Sie war fast ein Kampf von gleich zu gleich. Uebrigens nur in diesen Gegenden möglich, den unendlichen Steppen des Serengeti, den fast baumlosen, ebenen Graswüsten.
Heute ist Nairobi eine moderne, laute Stadt mit einem Aeroklub. Unser Doppeldecker also keine Sensation, unsere Absicht, Löwen im Flugzeug zu jagen, nichts Außerordentliches. Wir wollen natürlich Löwen nicht vom Flugzeug aus schießen. Nicht mit so ungleichen Massen kämpfen. Sondern die Tiere nur bis ins Innerste ihres Reviers verfolgen, sie ungehindert beobachten.
Autos, mit Zelten und Material und 30 schwarzen Boys beladen, sind 8 Tage vor uns abgefahren. Die werden sie zu den 450 Kilometern Landweg zwischen Nairobi und dein Campplatz Wohl brauchen, denn zerweichte Straßen sind zu befahre», Flüsse ohne Brücken zu durchqueren. Die Karawane braucht 11 Tage. Wir selber legen den Weg in drei Stunden zurück.
Miß Horkan ans New Aork, die den Ausflug angeregt, mich als Pilot eingeladen hat, will das ganze riesige Wildgebiet umfliegen, und so biegen wir weit ans, kommen von Nord- Westen auf die Steppe zu. Unendlich weit dehnt sich die Grasfläche ans, das wellige Gelände ist bis zum Lgarja-Salzsee mit Schirmalazien, Dornbüschen und Gras bedeckt.
Kleine Herden von Giraffen äsen an den Baumkronen, fliehen entsetzt vor dem Tosen des Motors. Wir überfliegen den tiefblauen See. Ohne Baum und Strauch breitet sich min ein gigantischer Flugplatz ans, 100 Kilometer lang, 60 breit.
Der Apparat bleibt dicht über dem Boden, nur 20, 30 Meter hoch. Unten wogen die Halme wie ein Meer, die ganze Steppe ist von weißen, gelben und roten, von violetten nnd blatten Sternen übcrsät. Vor dem seltsamen Vogel flüchten Zebras und Herden von Antilopen, Gazellen und sich überstürzende Wildebcests, Kuhantilopen von büfsclartigcm Aussehen. Wilde Angst treibt die vielen hundert Tiere mit gesenktem Kavk und kteil aukaericktetem Scbwanr r»
Achtung dahin. Grabt-Gazellen, zierliche Hörner aufgesetzt, Nudel grauer Wildschweine, Strauße, die durchaus nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern weitausholend und wiegend dahinrasen. Da tauchen drei Hyänen auf. Und die allein machen das Nennen nicht mit. Sie schauen empor, ducken sich. Warten auf das Aas, das dieser Niesenvogel liegen lassen wird. Eine Stunde lang r.llt nun schon das herrliche Schauspiel ab. Immer neue Tiere, immer mächtigere Nudel erscheine». Ungeheure Massen von Wild haben sich in diesen Steppen erhalten.
Miß Horkan h'nter mir filmt und photographiert nnd zittert vor Entzücken. Und dann Packt sie mich Plötzlich au der Schulter und schreit ins Bordtelephon: „Zwei Löwen... zwei." Ich reiße die Steuerung herum, schaue zur Seite. Unten tauchen zwei große Tiere aus dem Gras, langsam trollen zwei Löwen davon.
Eine Kurve, nnd wir sind gefährlich tief über ihnen. Der eine hebt den Kopf, eine lange Mähne flattert im Winde, der Nachen ist weit offen. Der andere kauert sich nieder, beide sind sie kampfbereit, blicken nach dem schimmernden Flugzeug empor.
Ringsum flüchten noch immer wilde Gazellen, Herden von Antilopen, nun drei Giraffen. Die Angst vor dem Flugzeug läßt sie die Nähe Simbas vergessen, der allein ruhig bleibt. Unumschränkter ä crrscher dieser Wildbahnen, dieser menschenleeren Ebenen, fürchtet er auch das Donnern des Motors nicht. Wir kreisen lange über den Löwen, und der Eindruck von majestätischer Kraft bleibt unvergeßlich.
Als wir den Campplatz erreichen, zreht eben ein Gewitter auf, dunkle Wolkenbänke kriechen den Horizont empor.
Nacht in Gnmmizelten dann, auf die klatschend schwerer Negen fällt. Ein unsagbar schöner Morgen, in allen Farben glühend die Steppe, duftend das Akazienwäldchen, in dem die Zelte liegen. Von dem schwarzen Felsen aus, der das Lager deckt, kann man die Spiele der Gazellen sehen, Herden von Zebras. Abgesondert von dem Nudel kämpfen zwei Kongoni- Männchen mit starkem Gehörn, zitternd sicht ein Weibchen zu. Bunte Vögel flattern um den Felsen, und wenn die Dämmerung einfällt, rauscht das Zirpen von Millionen Insekten auf.
In den Nächten spielen sich ganz in der Nähe blutige Dranien ab. Löwen reißen ihre Opfer aus den Herden, das Brüllen Simbas tönt auf, und Hyänen kommen bis ins Lager. Hochauflodernde Feuer brennen ringsum, trotzdem aber fehlen am nächsten Morgen die zum Trocknen ausgehängten Wildkenlcn.
Mit den Autos war ein White-Hunter voransgefahren, ein Bcrussjäger und Fährtensucher. Er hat sich auf die Jagd begeben, hinter zwei Leoparden her Am Abend des gleichen Tages bringen drei Waykoma-Boys ihn ins Lager. Ganz unvermittelt hat ihn die eine Katze angesprnnge«, ihm die Krallen
tief ins Fleisch geschlagen, Schulter und Brust zerfetzt. Der Jäger bearbeitete den Leoparden mit dem Gewehrkolben, bis das Tier erschreckt flüchtete. Die Verwundungen schienen nicht sonderlich schwer. Am nächsten Morgen aber treten hohcs- Wnndfieber und unerträgliche Schmerzen ein. Und nun zeigte sich, daß die Jagd im Flugzeug mehr ist als die Laune einer* reichen Frau: Acht Tage Autotransvort würden das Leben kosten. So starte ich das Flugzeug und bringe den Jäger nach Nairobi ins Spital. Ein Flug durch Regenböen, mit aller Kraft muß der Kranke sich aufrecht halten. Schmerzen und Fieber und das Schlingern des Apparates im Tropenstnrnh im Seitenwind. Trotzdem: Wir kommen rechtzeitig nach Nairobi. Noch sind die Fäulnisstoffe der Krallen nicht zu tief inSj Blut gedrungen.
Camp dann wieder, blutigrote afrikanische Abende, da? leise Summen eines Negerlieds in der unendlichen Ruhe, dantz plötzlich der Aufschrei eines niedergerissenen Tieres. Und imz mer wieder Flüge, ganz niedrig über den fliehenden Herden. Jagd mit der Kamera. Die Serengetisteppe beherbergt nach englischen Schätzungen weit über 300 000 Tiere. Wir sehen sie fast alle auf den Nundflügen. Ungeheure Massen, ein großartiges Schauspiel in einer fast unberührten Natur. Und immer wieder das Brüllen Simbas, ersterbende Schreie, dann das lange nachhallende Kläffen und Knurren und klagende Heulen der Schakale und Hyänen. Diese Bestien zwingen uns auch, zwölsTage lang das Fliegen einzustellen. In einer einzigen Nacht war vergessen worden, die Gummiräder des Aeroplans mit dichtem Dorngesträuch zu umgeben. Und am Morgen sind sie zerbissen, durch ein paar Hyänen unbrauchbar gemacht, die alles zermalmen, was ihnen zwischen die Zähne kommt, Knochen, Holz, Gummi. Ein Auto muß nach Nairobi fahren, denn gerade Reifen haben wir nicht mit. Es folgt ein Kamps mit Schlammstraßen und Wasser und Sand.
Ueberall im schwarzen Erdteil beginnt das Donnern der Motoren das Gebrüll der Wildnis zu übertönen. Teilweise aber sind die Wege noch so, wie sie vor 100 Jahren waren. Langsam dringen die Asphaltstraßen vor, langsam erschließen sie die Wildreservate, in ein paar Jahren werden sie auch oie Serengetisteppe aus ihrer Ruhe reißen. ...
Wir fliegen gegen den Kenia, den Kilimandscharo dailn, die gewaltigsten Äergriesen Afrikas, die funf-und Halbtausend Meter hoch ihre beschneiten Gipfel m die glas, klare Luft recken. Von da oben steht man es deutlich, wre die Sissalplantaqen nnd Kaffeegärten immer weiter Vordringen wie die gelben Strohdächer der Klkuyu-Siedlungen immer mehr unter dem Laub der Bananenhaine verschwinden. ,
^Langsam wird auch die afrikanische Wildnis verdrängt. Langsam stirbt die alte Romantik dieses Erdteils, und e,»c neue e ntsteht: Man sagt Löwen im Flugzeug..»