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Montag, den 2. März 1931

Jahrgang 103

Der Reichsbankpräsident zur Wirtschaftskrise

Dr. Luther über den schädigenden Einfluß der Trivutzahlungen auf die Weltwirtschaft

TU Leipzig, 2. März. Am Sonntag sprach Neichsbank- prästüent Dr. Luther auf dem Presscabend der Leipziger Messe ausführlich über die Wirtschaftskrise und ihre Behe­bung. Er b handelte dabet ausführlich die Wirkungen der deutschen Reparationszahlungen. An erster Stelle sagte Dr. Luther, handelt es sich immer noch um die tatkräftige Fort­setzung des inneren Reformwerks. Hier ist, wie auch die Ncichsregierung zu wiederholten Malen verkündet hat, noch viel zu tun, sowohl im Sinne einer unmittelbaren Sparsamkeit wie durch Vereinfachung und Schlagkräfttg- machnng des ganzen Staats- und Verwaltnngsorganismus. Man soll die Dinge nicht nur oder nicht vorwiegend unter anhen- oder reparationspolitischen Gesichtspunkten sehen. Trotzdem handelt es sich bet allen großen und tiefgreifenden Reformen, die in Deutschland notwendig find, um Deutsch­lands eigene Angelegenheiten. 5 Millionen Erwerbslose, ein Viertel des deutschen Volkes, sind als ein Opfer der Erwerbslosigkeit auf die Ernährung durch öle übrigen drei Viertel angewiesen. Das ist für das verarmte und unter schwersten außenpolitischen Belastungen lebende Volk eine große Leistung und ein Beweis dafür, daß es dem deutschen Volk an Kreditwürdigkeit nicht fehlt. Daß eine so außer­ordentliche Kraftanstrengnng ihre Spuren auch im Schnl- denstand des Reiches HInt-rlassen hat, mar wohl unvermeid­lich. In diesen Jahren schlimmster Not hckt sich der Schul­denstand des Reiches zwar um etwa 809 Millionen Reichs­mark. aber doch eben nur um diese 809 Millionen, erhöht und dabei ist die schwebende Schuld in ihrer Höhe unver­ändert geblieben.

Angesichts der hohen Ausgabenbclastungen, die aus der Vergangenheit hcrübergenommen waren und angesichts der durch die Erwerbslosigkeit und andere Ursachen so herab­gesetzten Steuerkrafi der deutschen Wirtschaft und des deut­schen Volkes ist das eine stattliche Leistung. Die Aengst- lichen und Uebcrängstlichen im Ausland sollten sich vor allem diese Leistungen des deutschen Volkes und Staats- wescns vor Augen halten. Wie aber soll cs in Zukunft werden? Die Not, in der wir uns befinden, hat ihren Grund nicht nur in Mängeln der Währung. Die Macht­mittel der Neichsbank sind zur Verhinderung einer Infla­tion durchaus genitg'iid. Der Währung drohen keine Ge­fahren. Nur die andere Gefahr kann drohen, daß zum Schube der Währung Maßnahmen ergriffen werden müssen, die das Wirtschaltselend und die allgemeine Not noch ver­größern. Man schätzt die Erwerbslosen auf 29 Millionen in den zivilisierten Staaten der Erde. Auf welchem Wege die Lösung dieser Weltkrise sich vollzieht, immer muß cs sich darum handeln. Saß die materiellen «nd psychologischen Möglichkeiten des Wirtschaftslebens wieder zu gesunder Entfaltung gebracht werden.

Daß die politisch » Zahlungen.Deutschlands, die von den Reparationsleistungen ausgehend die Welt durchlau­fen, den marktwirtschaftlichen Organismus der Welt im­mer mehr untergraben, diese Erkenntnis setzt sich in stei­gendem Maße bei den Sachverständigen des Wirtschafts­lebens durch. Das Geld, das wir als Reparationen zah­le». läuft bergauf. Kein wirtschaftliches Gefälle lenkt es, sondern ein politisches Pumpwerk drückt es in wirtschaft­lich verkehrter Richtung. Auf dem politischen Berg ange- rommcn, läuft es auch nicht etwa wieder bergab, sondern politische psychologische Umstände hakten es als Stauwehre zurück und verhindern, daß das Geld als Kapital sich mit ein-r Bekru^tungsivirkullg wieder verteilt.

Es gibt für Deutschland zwei Wege, die Zahlungsbilanz zn verbessern: Steigerung -er Ausfuhr und Verminderung der Ein'ubr. Da erster?!» Hindernisse bereitet werden, kann das repnrationöbclastcte Deutschland nicht auf Maßregeln zur Herabse^ung seiner Einfuhr verzichten. Die Erhöhung der deutschen landwirtschaftlichen Produktion würde bei na­türlichem und allmählichem Wachstum für die gesamte Weltwirtschaft Nutzen bringen. Als Folge der Reparatio­nen und daher als Notmaßnahmc wird der gleiche Vor­gang in ein überschnelles Tempo gedrängt. Dadurch wird wieder ein Unsichcrheitsfaktor in den Weltmarkt gebracht.

Dr Luther vermies darauf, daß im richtig ansgelegten Aoungplan sich die soziale Klausel findet. Gerade die für die Wirtschaft Verantwortlichen müßen die Aufrechterhal­tung der sozialen Lcbcnsbedingungeu des denischen Volkes als Voraussetzung für die Leistungsfähigkeit der Wirtschaft nnd damit für die deutsche Zahlungsfähigkeit verlangen.

Minister Stegerwald über Tarife und Löhne

TU. Berli«, 2. März. Vor dem Haushaltsausschuß des Reichstages erklärte Minister Stegerwald zur Lohn­frage, daß er vor einem gesetzlichen Eingreifen in Tarifver­träge warnen müsse. Die Reichsregierung habe im Septem­ber- vorigen Jahres nach der volkswirtschaftliche» Seite hin

vor der Frage gestanden, was bei unserer Gesamtlage daS Primäre sei. entweder die Senkung der Gestehungskosten oder die Einführung einer verkürzten Notarbeitszeit. Die Negierung habe aus außen- und tnnerpolitischen Gründen die Senkung der Gestehungskosten als daS Primäre angesehen. Sie habe dabet an der Lohn­frage nicht vorübergehen können. Der Minister erklärte, daß er sowohl die Versteifung auf die Kauskrafttheorie als auch eine allgemeine Lohnkürzung von 29 bis 25 Prozent für falsch halte. Wenn die Negierung davon ausgegangen sei, daß die Senkung der Gestehungskosten das Primäre sei, so könne sie jetzt nicht plötzlich von diesem Kurs abweichen und die Ar- beitszeitverkürzung als das Primäre betrachten. ES müsse nun bis zum 1. April ein klarer Kurs gehalten werden. Bis dahin»!eien etwa 80 v. H. aller Tarife erneuert. Nach dem 1. April werde es Sache der Negierung sein, zu überlegen, ob noch aus eines der nächsten Hilfsmittel, namentlich auf die gesetzliche Arbeitszeitverkürzung, zurückgegrlffcn werden müsse, falls bis dahin das Arbeitslosenheer nicht wesentlich vermindert werben könne. Das Neichsarbeitsministerium habe stets vor unwirklichen Tarifverträgen gewarnt und könne diese Warnung heute nur wiederholen.

Zur Sozialpolitik wies Minister Stegerwald auf die Notwendigkeit einer Reform sowohl der Invalidenver­sicherung als auch der Reichsknappschaftsversicherung hin. Wahrscheinlich werde sich der Reichstag schon iu den nächsten Tagen mit einem Gesetzentwurf zur Sanierung der Reichs­knappschaft befassen können.

Zusammenfassend erklärte der Minister:Ueber die Be­seitigung von Jnflationscrscheinungen und Unausgeglichen­heiten im Tarif-, Schlichtungs- und Sozialversicherungswesen lasse Ich mit mir reden, au, Kern dieser Einrichtungen da­gegen lasse ich für meinen Teil nicht rütteln "

"Bor einer Regierungsumbildung im Reich?

D>e Haltung der Volkspartei.

TU. Detmold» 2. März. Die Deutsche Boirspartei für den Wahlkreis 17 (Westfalen-Nord) hielt am Sonntag ihren diesjährigen Wahlkreisparteitag, in dessen Mittelpunkt die Rede des Parteiführers Dingeldey stand. Er wies u. a. dar­auf hin, daß er für sich und seine Fraktion jede Bündnis­gemeinschaft mit den Sozialdemokraten ablehne. Was den Reichskanzler angche, so sei es nur dessen Pflicht, die Unter­stützung der Sozialdemokraten anzunehmen, wenn sie sich ihm zur Verfügung stellten. Weiter betonte er, daß die Volkspartet bereit sei, sich an einer-ander­weitigen Regierungsbildung unter der Führung Brünings und Heranziehung der Opposition zu beteiligen, aber eS sei auch die verantwortungsvolle Mühe der anderen

Tages-Spiegel

Reichsbankpräfident Dr. Luther hielt gestern in Leipzig ein« bemerkenswerte Rede über die gegenwärtige Wirt­schaftskrise «nd die ««finnigen Auswirkungen der Tri- bntzahlungen.

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Antzenminister Eurtius wird heute zum Besuch der öster­reichischem Regierung nach Wie« reisen. Man hat sich dort bereits sehr freundlich über diesen Bcfnch geäußert.

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Reichsarbeitsminister Stegermalb verteidigte im Hanshalts- «tzsschnß des Reichstages sein« Tarif- «nd Lohnpolitik.

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Reichsernährungsminister Schiele hat erneut a die Par­teien der Rcchtsopposition appelliert, die Agrargesetze im Reichstag z« unterstützte«.

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Im Reichstag fand gestern anläßlich des Volkstrauertages, der in Württemberg bekanntlich nicht begangen wird, eine Gedächtnisfeier für die Tote» des Weltkrieges statt.

In Rom Wurden die Flottenverhandlupge« mit Erfolg ab- geschloffen. Auch Frankreich Hai seine Zustimmung zn de« erzielten Uebereinkomme« gegeben.

nötig. In dem Augenblick, in dem sich zeige, daß ein An­steigen sozialdemokratischer Macht beginne, in dem Augen­blick werde er dem Reichskanzler Mitteilen, daß die Volks­partei einen solchen Kurs nicht mitmachen könne.

Die Forderungen der Rcchtsopposition.

In Magdeburg erklärte der thüringische Innen­minister Dr. Fr ick die Forderung der Nationalsozialisten an Brüning sei, daß die Regierung zurücktrete, um durch Neuwahlen im Reich und in Preußen eine dem wirklichen Volkswillen entsprechende Regierung zu schaffen. Der Ge­danke eiueS Parlaments der nationalen Opposition in Weimar werde in die Tat umgcsetzt, wenn es die Führer der nationalen Opposition für richtig hielten. Gegenüber der Drohung des Neichsinnenminjsters mit der Reichsexekution erklärte er, baß nicht Herr Wirth, sondern er, Frick, über das deutsche Nationaltheater zu be­stimmen habe.

Von deutschnationaler Seite wirb mitgeteilt:Die Ver­treter der Reichstagsfraktionen der Nationalsozialisten und der Deutschnattonalen hielten am Sonntag, 1. März in Ber­lin eine gemeinschaftliche Besprechung ab, an der auch die ans der Landvolkpartei ausgeschiedenen Abgeordneten teil- nahmen. Dle Beratungen ergaben die allgemeine Ueber» einstimmung über die Beurteilung der Lage im Boungparl*- ment und volle Einmütigkeit hinsichtlich der zu ergreifenden weiteren politischen Maßnahmen."

Scnatspräsident Walter G r Ü tzn er, der früher Mitglie­der SPD. war, ist der NSDAP. Lclgetreten.

Abschluß der Flottenverhandlungen in Rom

Eine Verständigung zwischen England, Italien und Frankreich erzielt

TU Rom, 2. März. Amtlich wird mitgeteilt, Latz als Ergebnis der Flvttenverhandlungen ein grundsätzli­ches U eb er e i n k 0 m m e n über die auf der Londoner Konferenz offen gebliebene» Fragen erzielt worden ist. Das Abkommen wirb der französischen Regierung unterbreitet werden. Zu diesem Zweck reisen Hendcrson und Alexander nach Paris. Wenn die französische Regierung ihre Zustim­mung gibt, wird das Abkommen den Regierungen der Ver­einigten Staaten, Japans nnd der britischen Dominien zu­gestellt werden.

Hendcrson und Alexander verließen am Samstag mittag Rom, um nach Paris zuriickzukehren. Von dort habe» Brianb und Hendcrson an den italienischen Außenminister Grand! ein Telegramm gerichtet, in dem sie ihr gemein­sames Einversiändnis mit den in Roin getroffe­nen Vereinbarungen feststcllen, der italienischen Regierung für ihre loyale und freundschaftliche Haltung danken und ihre Bereitschaft erklären, die erzielten Abmachungen ihren, bzw. den interessierten Regierungen zur Billigung vorzu- lcgen.

Im Ouay d'Orsay haben Briand und Dumont die fran­zösische Pcsse empfangen und ihrer großen Befriedigung über die erzielte Verständigung Ansbruck verliehen. Der Marineministcr betonte, daß alle bisher in der Presse ver­öffentlichten Zahlen falsch seien. Der Inhalt des Abkom­mens könne erst bekanntgegebcn werden, wenn die britische Regierung sich mit den Dominien in Verbindung gesetzt und den Vertrag gebilligt habe.

Obwohl Einzelheiten zu der in Rom ausgegebenen amt­lichen Mitteilung über den Abschluß der Flottenvcrhand- lungen »och nickt bekanntgegeben wurden, so glaubt man

doch, daß Italien Frankreich gewisse Zusagen hinsicht­lich -es Baues von 10 000-Tonnen-Kreuzern gegeben hat, nachdem Frankreich sich zur Herabsetzung seiner Untersee- boottonnagc bereit erklärt hatte.

Ministerrat über die Wiener Reise

TU. Berlin, 2. März. Am Samstag fand in der Reichs­kanzlei eine Ministerbesprechung statt, die sich hauptsächlich mit der bevorstehenden Reise des Reichsaußenministers Dr. Eurtius nach Wien befaßt«. Der Reichsaußenminister wird Heute abend nach Wien abfahren.

In einer Wiener Zeitung nimmt Vizekanzler Dr. Scho­ber auf die mit dem Besuch verknüpften wirtschaftlichen Verhandlungen Bezug und sagt u. a., man spanne die Hoff­nungen nicht zu hoch, wenn man erwarte, daß der Meinungs­austausch die Möglichkeit von Vereinbarungen geben wird, die den einzig gangbaren Weg aus dem derzeitigen Durch­einander in Mitteleuropa eröffnen.

Gemeindewahlen in Braunschweic^

TU Berti», 2. März. In Braunschweig fanden gestern Kommunalivahlen statt. Eine Zusammenzählung der vor­läufigen Wahlergebnisse aus sämtlichen Kreisen und der Stadt Braunschweig ergibt folgendes Bild:

Sozialdemokraten 112 400 (128 886)

Kommunisten 28114 (20S88)

Nationalsozialisten 80 017 (67 762)

Bürgerliche Einheitsliste 62 900 (79 478)

Die Ziffern in Klammern sind bas Ergebnis der Landtags» wähl vom 16. «^tember 193Y.