Angriffe gegen die Staalsform

Die Strafbestimmungen der neuen Strafrechtsvorlags

Der Dtrafrechtsauöschuß des Reichstags nahm die Be­stimmungen der neuen Strafrechtsvorlage an. die An- -rtffegegenbierepubltkantscheStaatsform «nd gegen verfassungsmäßige Körperschaften, sowie Bergehen bet Wahlen und Abstimmungen mit Strafe bedrohen. Danach wirb u. a. mit Zuchthaus nicht unter 5 Jahren bestraft, wer den Reichstag, den NetchSrat, die RetchSregierung, den Neichswirtschaftsrat, «inen Landtag, eine Landesregierung oder den Staatsrat eines Landes mit Gewalt oder durch Drohung mit Gewalt nötigt oder hindert, ihre Befugnisse überhaupt oder in einem bestimmten Sinne auszuüben. Wer Mitglieder dieser Körperschaften au der Ausübung ihrer Pflichten mit Gewalt oder durch Drohungen hindert, wird mit Gefängnis nicht unter einem Jahr bestraft. Ebenso wird mit Gefängnis be st rast, wer öffentlich die verfassungsmäßig festgesteltte republt- kanlsche Staatsform de» Reiche» ober eines Landes beschimpft, sowie derjenige, der öffentlich den Reichspräsidenten beschimpft. Jedoch wird in diesem Falle die Tat nur mit Zustimmung des Reichspräsidenten ver­folgt.

Wegen Vergehens bet Wahlen und Abstim­mungen wird u. a. derjenige mit Gefängnis bestraft, der mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung oder durch Dro­hung mit einem erheblichen wirtschaftlichen Nachteil jemand nötigt oder hindert, überhaupt oder in einem bestimmten Sinne zu ivählen. Ebenso wir- mit Gefängnis bestraft, wer durch Täuschung bewirkt, daß jemand bet der Stimmen­abgabe über den Inhalt seiner Erklärung irrt oder eine un­gültige Stimme abgibt. Nicht betroffen werden Fälle, in denen jemand durch Täuschung dazu gebracht wird, sich für einen bestimmten Kandidaten zu entscheiden, den er bet Kenntnis des wahren Sachverhalts nicht gewählt haben würde. Die übrigen Paragraphen des Abschnittes, die eben­falls Annahme fanden, behandeln die Fälschung bet Wahlen, die Verhinderung einer Wahl und die Verletzung des Wahl­geheimnisses.

Die Strafbestimnnlnge» für die Beleidigung eines aus­ländischen Staatsoberhauptes oder Gesandten wurden vor­läufig abgelehnt. Ueber ihre Fassung konnte eine Ueberein- stiinmung noch nicht erzielt werden. Genehmigt wurden da­gegen die Bestimmungen über hochverräterische An­griffe gegen einen ausländtschen Staat, die mit Gefängnis bestraft werden, die Verletzung ausländischer Hoheitszeichen, für die Gefängnis bis zu einem Jahre oder Geldstrafe vorgesehen ist und über die Neutralitäts­verletzungen, für die gleichfalls Gefängnisstrafe bean­tragt wird.

In der Sitzung sotten die Bestimmungen brtr. Angriffe

Um das Agrarprogramm

Au der programmatischen Rede des Netchsernährungs- ministers im Reichstag nehmen eine Reihe Berliner Blätter ausführlich Stellung. DieGermania" hebt als besonders bedeutungsvoll hervor, daß Schiele ausdrücklich betont habe, daß die Neichsregierung nur insoweit von einer Ermächti­gung zum Schutze der Landwirtschaft Gebrauch machen wolle, als es mit, den Gesamtinteressen der deutschen Volkswirt­schaft in Einklang gebracht werden könne. Eine solche Siche­rung sei um io notwendiger, als durch eine» einseitigen Ge­brauch der neuen Ermächtigungen nur zu leicht eine erheb­liche Gefährdung unserer wirtschaftlichen Auslandsinteressen, die unsere Jndustriekrise verschärfen müsse, herbeigcfiihrt werden könne. DieDeutsche Tageszeitung" ist der Ausfassung, daß die Vorlage nur die Basis und Möglich­keit. noch nicht die letzte Entscheidung und Wirklichkeit schaffe. Ohne Zweifel bedeute es einen großen Erfolg der zähen Arbeit und klugen Taktik des Retchsernährungsmtnisters, daß er diese Vorlage im Kabinett zur Annahme gebracht habe. Der zuversichtliche Grundton seiner Rede deute darauf hin, baß er nach dieser grundsätzlichen Entscheidung im Ka­binett die Durchführung der einzelnen Maßnahmen nicht mehr für besonders schwierig halte. Aber alles hänge von der Art ab, wie die Ermächtigung tatsächlich gehandhabt werde. Die Notlage der Landwirtschaft erfordere rasche und' wirklich durchgreifend: Maßnahmen. In derVossischen Zeitung" weist der Reichstagsabgeoröncte Dr. Neinholb darauf hi», daß die Einigung über das Agrarprogramm in den wichtigsten Punkten keine Einigung sondern eine Ver­tagung bedeute. Nur wenn die Frage der Rückwirkung auf die Handelspolitik und die Preisentwicklung im Innern be­friedigend gelöst seien, erscheine überhaupt die Möglichkeit gegeben, baß die Negierung von einer Ermächtigung Ge­brauch machen könne. Wenn die Negierung nnter diesen Vor­aussetzungen die erbetenen Ermächtigungen anzuwenden be­reit sei, würde sie die Unterstützung der Staatdpartei haben; wenn sie dagegen die großen Linien der bisherigen Handels­politik abbtrgen wolle, werde sie niemals auf die Gefolg­schaft der Staatspartei rechnen können. DerVorwärts" bezeichnet den Abschnitt des Schieleprvgramms als den be­denklichsten, in dem die Regierung ermächtigt werden soll, gleitende Zölle, die bisher nur für Getreide bestanden, für alle agrarischen Produkte einzuführen. Damit wäre eine Durchbrechung unseres gesamten Hanbelsvertragssystems verbunden. Die Gefahr werbe nur dadurch etwas vermindert, daß nicht der Neichsernährungsmtnister allein ermächtigt würde, die Zölle zu erhöhen, sondern baß das Neichskabinett diesen Beschluß fasten müsse, so daß also auch die Jndustrie- intercssen zur Geltung kommen würden. So weitgehende Zollcrmächtigungen, wie sie das Programm Schiele vorsehe, seien in der -Hand jeder Negierung ein gefährliches handels­politisches Instrument. Es sei deshalb nicht zu erwarten, daß die Entscheidung des Reichstages dem Verlangen des Reichs- «rnährungsmtnisters sofort auf dem Fuß folgen werde. Die Beratungen im Kabinett seien zwar abgeschlossen, aber die wicht'"- - und d-"den Beratungen tm Parlament

>.o>.u nun erst b>.ütnneuen.

gegen dt« Wehrmacht ober die BolkSkraft beraten werden. Die Kommunisten haben die Einfügung eines neuen Ab­schnittes über den Schutz der Arbeiterkraft beantragt.

Minister Wirlh zur Krebsbekämpfung

Der Haushaltsausschuß des Reichstags setzte die Abstim­mungen zum Haushalt des Innenministeriums fort. Unter anderem wurde der Retchsbeitrag an die Notgemeiu- schaft der deutschen Wissenschaft in Höhe von 0 050 000 bewilligt. Ebenso wurde der Haushaltsposten von 300 000 für die Förderung der Bestrebungen auf dem Gebiet des Schul-, Erziehungs- und Bolksbtl- bungswesen angenommen, dazu eine sozialdemokratische Entschließung, dem Reichstag ein neues Gesetz vorzulegen, das die allgemeine Schulpflicht um ein Jahr verlängert. Für die Ausgestaltung dieses Schuljahres sollen reichseinheitliche Grundsätze tm Sinne einer BerufS- vorbereitung aufgestellt »verben.

I» der weiteren Abstimmung wurden die HaushaltS- kosten von 000 000 Reichsmark für Erziehungsbeihilfen und von 750 OOO Reichsmark zur Förderung der Leibes-. Übungen angenommen. Bet Kapitel Gesundheitswesen machte der Reichslnnenminister längere Ausführungen zur Frage der Krebsbekämpfung.

Er betonte, daß 1928 die Sterbeziffer an Krebs Sei be« Männern 10,6, bet den Frauen 12,2 durchschnittltch also ll^i auf 10 020 Personen betragen habe. Diese Zahlen bedeuteten allerdings kaum ein« wirkliche Zunahme der Krebskrank­heiten, sie seien vielmehr durch die Verschiebung im Alters­aufbau der Bevölkerung und durch die bessere Feststellung der Todesursachen wesentlich beeinflußt. Die größere Sterb­lichkeit der Frauen an Krebs beruhe auf -er hohen Ziffer von Erkrankungen an Unterleibskrebs, die meistens tm mitt­leren Lebensalter austreten und in zunehmendem Maße, jetzt auch in der Altersgruppe zwischen 80 und 40 Jahre» beobachtet würben. Wenn sich tn der Statistik der letzten Jahre eine geringe Abnahme der Sterbeziffer an Krebs tn den mittleren Altersgruppen zeige, so sei das wohl auf die Fortschritte zurückzuführen, die auf dem Gebiet der Behand­lung festzustelleu seien. Der Bevölkerung müsse der heute noch weit verbreitete Gedanke genommen werden, daß der Krebs eine unheilbare, unweigerlich zum Tode führende Krankheit sei. Bei rechtzeitiger Behandlung sei die Krebs- krankhett heilbar.

Es folgte eine längere Aussprache über den Fouü zur Bekämpfung des Alkohols und der mit dem AlkoholtS - muS zusammenhängenden GesundheitSschäde». Dieser Fond ist bekanntlich im Hinblick auf die Finanzlage von 1 Mill. auf 800 090 Reichsmark gekürzt worden.

Hitler über den Reichslagsauszug der Nationalsozialisten

TU. München, 23. Febr. Aus Anlaß des 11. Jahrestags der Gründung der Nationalsozialistischen Partei fand im Bürgerbräukeller eine Kundgebung statt, in der Städtrat Esser und Gauleiter Abgeordneter Wagner über 'Entwick­lung und Ziele der nationalsozialistischen Bewegung spra­chen. Als dritter Redner ergriff Adolf Hitler bas Wort zu einer programmatischen Darstellung der Politik der Natio­nalsozialisten, wobei er entschieden bestritt, daß der Auszug -er Nechtsopposition aus dem Reichstag gegen seinen Willen erfolgt fdi.Es geschieht nichts, ohne daß ich es weiß oder billige, noch mehr: es geschieht nichts, ohne daß ich es wünsche. Wir werden jedes Mittel ergreifen, um das gegenwärtige Regime zu beseitigen."

Die Nationalsozialisten würden sich auch durch den Brief des Reichspräsidenten v. Hlndenburg tn ihrer Taktik nicht irresühren lassen. Hlndenburg sei wohl ein Schlachten- lenker gewesen, aber er sei kein politischer Lenker, sondern er werde selbst gelenkt. Wenn der Reichspräsident hoffe, daß eine nationale Opposition seine Politik rette, so erklärte» die Nationalsozialisten, baß sie dieser Brief eisig kalt lasse. Sie gingen in den Reichstag in dem Augenblick wieder hin­ein, in dem es ihnen für das deutsche Volk zweckmäßig er­scheine. Die im Reichstag verbliebenen Parteien machten zwei Drittel mit den Marxisten. Sie sollten auch das letzte Dritte! i mit ihnen machen. Man rechne scheinbar nicht mit der Fähig- I seit und grenzenlosen Verbissenheit der Nationalsozialisten. > die hente schon ihres endgültigen Sieges gewiß seien.

Der Kriegshaushalt vor der französischen Kammer

TU. Berlin» 25. Febr. Bei Behandlung des KriegshauS- halts in der französischen Kammer erklärte der Bericht­erstatter Doutlloux-Lafont, das Jahr 1031 stehe in außenpolitischer Hinsicht Im Zeichen der Beunruhigung und die Sorge um die nationale Verteidigung trete trotz aller Friedensbemühungen Frankreichs stark in den Vordergrund. Auf dem Wege der Abrüstung habe Frankreich bedeutende Anstrengungen gemacht. Die französische Truppenstärke sek heute um die Hälfte geringer als 1014. Die Effektiv-Starke der ausgebildeten und verfügbaren Truppen betrage 200 090 Mann, während es in Deutschland 250 090 Mann mit sechs­jähriger Ausbildungszeit gebe. <?!) Was die nationale Ver­teidigung anlange, so seien die französischen Kräfte denjenigen Deutschlands ungefähr gleich. l!> Unter diesen Umständen sei es unmöglich, auf dem Wege der Abrüstung weiter fort- zuschrciten. Jede weitere Abrüstung könne zu einer neue» Invasion führen.

Die aufsehenerregenden Gegenerklärungen des sozia­listischen Abgeordneten Chouffet gipfelten in der Fest­stellung, daß die französischen Heeresausgaben insgesamt 10 Milliarden Franken betrügen und nach heutiger Währung um mehr als 12 Milliarden Franken höher seien als im Jahre 1013. In den verschiedensten Haushalten seien mehr als sieben Milliarde» an reine» Heeresausgaben versteckt.

Allein tm Jahre 1031 betrüge» -ie Grenzbefestlgungsam». gaben 1 Milliarde. Man habe den Krieg gewonnen und Deutschland entwaffnet. Trotzdem habe sich der französische Heereshaushalt verdreifacht. Die sozialistische Partei wende sich nicht gegen die nationale Verteidigung, wohl aber gegen die Verschwendung für militärische Zwecke. In Marokko werde eine Truppe von 58 009 Mann von 303 Generälen und hohen Stabsoffizieren kommandiert. Das sei zweifellos eine Verschwendung.

Der Präsident des Heeresausschusses, der Abg. der demo­kratischen und sozialen Fraktion, Fabry, betonte, daß im Falle eines Streitfalles nicht die Güte des Materials ent­scheidend sei, sondern vielmehr die Menge und die Art seiner Anwendung. Eine Modernisierung der Armee bedeute noch lange nicht eine Modernisierung des einzelnen Soldaten, der vielmehr immer derselbe bleibe. Modernisieren heiße, bas beste Kriegsmaterial zu verwenden. Der Redner be­tonte, daß die beste Pazifierung Europas tn der moralischen Abrüstung liege. Einer materiellen Abrüstung werde stets eine neue Aufrüstung folgen.

Der republikanisch-sozialistische Abgeordnete Rifsaterre unterstrich die jährliche Erhöhung des Rüstungshaushaltes. Er wies darauf hin, daß die französische Negierung vor dem vorbereitenden Abrüstungsausschuß betont habe, baß die Sicherheitsbedingungen schon jetzt eine Herabsetzung der Rü­stungen zuliebe«. Der französische Kriegshaushalt stehe je­doch tn direktem Gegensatz zu diesen Erklärungen. Die fran­zösischen Rüstungsausgaben hätten sich seit 1014 um 600 Pro­zent erhöht.

Der Präsident der rabikalsozialistischen Kammergruppe» Daladier, betonte bet der Beratung des KriegShauS- haltS in der Kammer, daß die Gesamtausgabe», die man unter dem sog. Sicherheitshaushalt habe buchen wollen, sich auf 16,4 Milliarden Franken beliefen. Die französische Streit­macht beziffere sich auf 556 000 Mann und sei demnach unge­fähr der der zweijährigen Dienstzeit im Jahre 1912 gleich. Heute verfüge Frankreich jedoch über 210000 Berufssoldaten gegenüber nur 140 000 tm Jahre 1012. Es gebe in Europa kein Land, das dem französischen ein gleichwertiges Heer gegenüberstellen könnte.

Der Großher^g von Oldenburg ch

Großherzog Friedrich August von Oldenburg ist jetzt tm Alter von 77 Jahren gestorben. Der Großherzog hatte berelts vor dem gewaltsamen Umsturz durch die Wilhelmshaven» Marlnetruppen freiwillig auf den Thron verzichtet und seit­dem auf Schloß Nastede gelebt. Der Großherzog ist der Schwiegervater des Prinzen Eitel Friedrich von Preußen.

Admiral von Cavellech

In Wiesbaden ist der frühere Admiral Eduard von Ca­pelle im Alter von 75 Jahren einem Herzschlag erlege». Von Capelle war der Nachfolger Tirpitz' als Staatssekretär de» Rcichsmarineamtes. In dieser Eigenschaft setzte er es durch, daß von der U-Bvotwaffe uneingeschränkter Gebrauch gemacht wurde.

Geistesgestörter

im Hause des Reichspräsidenten

In letzter Zeit haben sich die Fälle gehaust, daß Unbefugte bis tn das Vorzimmer des Reichspräsidenten einzudringeu vermögen. Vor einigen Tagen erschien im Vorzimmer eine geistesgestörte Frau, jetzt wurde dort ein offenbar unzurech­nungsfähiger Mann festgenommen, der mit einer Pistole, die mit einer Patrone geladen war, herumhantierte und behaup­tete. er wolle sich erschießen. Der Eindringling konnte leicht überwältigt und der Polizei zugeführr werden. Es handelt sich um «inen 20 Jahre alten Man» aus Kreuzberg in Obcr- schlesien namens Vroll. Von nun ab ist Vorsorge actrossen worden, daß Besucher tm Reichspräsidcntenpolais nicht mehr ohne weiteres bis in bas Vorzimmer des Reichspräsidenten »orzudringen verm ^