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Nr. 47

Donnerstag, den 26.Februar 1931

Jahrgang 103

Die Landwirtschaftsaussprache im Reichstag

Der Umfang der Generalvollmacht des Kabinetts umstritten Um die Verbilligung der landwirtschaftlichen Kredite

Berlin, 26. Febr. Die generelle Ermächtigung für die Zollerhöhnngen, die das Kabinett in seiner Montag- sitzung beschlossen hat, erstreckt sich, wie erneut mitgeteilt wird, auf sämtliche Zollpositionen, also auch auf industrielle Rohstoffe und Erzeugnisse. Deshalb wird nicht die ursprüngliche Vorlage mit den landwirtschaftlichen Zoll- ermächtigungen, die der Neichscrnährungsminiiter dem Ka­binett unterbreitet hatte, dem Rcichsrat und Reichstag zu- gelcitet werden, sondern ein anderer Gesetzentwurf, der augenblicklich noch ausgearbeitet wird. Dieser Gesetzentwurf ermächtigt die Reichsrcgierung, sämtliche Zölle im Berord- unngöwcge scstznsetzen.

Die gestrige Reichstagsaussprache über das Lchiele-Programm wickelte sich in großer Ruhe und Sachlichkcit ab. Sie wurde fast ausschließlich von den Ver­tretern der Landwirtschaft bestritten. Es geht bei alledem um das Grundsätzliche, um Ziel und Richtung der Agrarpolitik, da die neuen Gesetze im einzelnen noch im Reichsrrnährungs- ministcrium ansgearbcitct werden. Die christlich-sozialen Bauern ließen durch ihren Abgeordneten Renken dem ihnen eng verbundenen Minister eine uneingeschränkte Ver- trauenserklärung übermitteln. Abg. Freybe von der Wirt­schaftspakte! vermißte unter den angekündigten Zollmaß­nahmen eine Erhöhung der Fettzölle. Im Übrigen wandte er sich gegen die Preissenknngsaktion der Negierung, obwohl es doch in den letzten Wochen darüber ziemlich still geworben ist. Die Drohungen des Gehelmrats Dulsberg, daß sich die Freundschaft der Industrie für die Landwirtschaft in Feind­schaft verwandeln werde, wenn sie auf dem bisherigen Wege sortwandle, rief den früheren Ernährungsmtntster Tr. Fehl vom Bayerischen Bauernbund aus den Plan. Er be­stritt, daß die Landwirtschaft übermäßige Subventionen er­halten habe und bezifferte die jährlichen Zuwendungen auf nur 83 Millionen, wobei ex allerdings Zollmaßnahmen nicht unter die Subvention rechnete.

Vorsichtige Zustimmung klang aus der Rede des" Abg. Meyer von der Volkspartei, der es vor allem begrüßte, daß von einer Kündigung der Handelsverträge einstweilen Abstand genommen werden soll. Die Staatspartei sandte den Abg. Hillebrand, der ihr als Hospitant von der Deut­schen Bauernpartei zugcwiesen worden ist. auf die Tribüne. Er trat für eine Agrarpolitik ein» die den Export nicht ge­fährde. Die Interessen der Landarbeiter verfocht der Sozial­demokrat Dobbert. Als l'tzter sprach der Zentrnmsabge- ordnete Beck, der als Schlesier die Hoffnung ansdrückte, daß dem bisher vernachlässigten Osten nun endlich wirksame Hilfe zuteil werde. Heute soll die zweite Lesung des Ernährungs­etats beendet werden

Um den polnische» Handelsvertrag und di« Genfer Zoll­konvention

In parlamentarische» Kreisen geht die Ansicht über den Sinn der allgemeinen Zollermiichtigung, die der Ernährungsminister am Dienstag für das Kabinett ge­fordert hat, nach wie vor weit auseincmder. Während auf der einen Seite erklärt wird, daß die Ermächtigung die Ratifi­zierung der Genfer Zollkonvention und den Abschluß des Handelsvertrags mit Polen elnschliebe. wird das auf der anderen Seite aus juristischen und tätlichen Gründen ent­schieden bestritten. Infolgedessen verdichtet sich der Eindruck, daß auch innerhalb des Kabinetts die Meinungsverschieden­heiten über die künftigen Wege der deutschen Außenhandels­politik noch nicht endgültig bereinigt sind.

Aussprache über eine Berbillig»«« -er landwirtschaftlich««

Kredits

Amtlich wird mitgeteilt: Am Mittwochvormittag fand un­ter dem Vorsitz des Reichskanzlers Dr. Brüning eine erste eingehende Aussprache mit Vrrtretern der laubwirtschast-' lichen Zentralkredltinstitute und des Neichsverbanües der deutschen Landwirtschaftlichen Genossenschaften Raissetsen statt, um Maßnahmen zur Verbilligung der landwirt­schaftlichen Kredite auf organisatorischem und sonstigem Ge­biete zu erörtern. An dieser Besprechung nahmen u. a. der preußische Ministerpräsident Dr. Braun, die Neichsminister Dr. Schiele und TreviranuS sowie der Reichsbanf- präsident Dr. Luther teil. Ti« Aussprache befaßte sich mit den gegenwärtigen Zuständen aus dem Gebiet des landwirt­schaftlichen Kreditwesens und ergab Ueberein st im­mun g darüber, daß beschleunigt weitere Erörte­rungen angestcllt und auf ihrer Grundlage die erforder­lichen Maßnahmen getroffen werden sollen. Die Besprechun­gen werden fortgesetzt.

D«r Ne'chslandbnah z«r Agrar,oNag«

Der Neichslandbund veröffentlicht folgende Stellungnahme zur Agrarvorlage:

»Der Neichslandbund stellt fest, Latz in dem Regierungs­programm feine und der Grünen Front Forderungen auf Lastensenkung für die schwer ringende Landwirtschaft fast völlig fehlen und hält insbesondere an seiner bereits vor­liegenden Kritik an der Osthilfe fest. Vorbehaltlich der Stel­lungnahme im einzelnen kann trotzdem anerkannt werden, daß der Gesetzentwurf für die Reichsregierung weitere Mög­lichkeiten schafft, selbständig auf allen Gebieten der landwirt­schaftlichen Produktion den Schutz der nationalen Wirtschaft durchzuführen. Ob und wie wett öieferOeffnung des Weges zur nationalen Wirtschaftspoli­tik ein wirkliches Beschreiten dieses Weges folgt, ist entscheidend für Wert oder Unwert der Regierungsaktion. Nach den schweren Ent­täuschungen, die die deutsche Landwirtschaft gerade bei der Durchführung von vorhandenen Möglichkeiten zur Besserung ihrer Lage bisher erfahren hat, kann die Ncichsr^ierung nicht durch Eröffnen weiterer »Möglichkeiten", sondern nur durch erfolgbringenüe tatsächliche Durchführung umfassender national-wirtschaftlicher Maßnahmen die deutsche Landwirtschaft retten. Im Sinne seiner bisherigen Kampf­beschlüsse kämpft der Neichslandbund nach wie vor dafür, daß nnter Freimachung von allen Abhängigkeiten die ge­gebenen Möglichkeiten sofort ungeschmälert und wirksam ausgenutzt werden."

Dr. Brüning reist nicht nach Wieir

TU. Berlin, 2S. Febr. Reichskanzler Dr. Brüning ist, wie von zuständiger Stelle mitgeteilt wir-, zu seinem Be­dauern nicht in der Lage, an dem für den 8.. 4. und 5. März geplanten Besuch in Wien tellzunehmen, La die parlamen­tarischen Verhandlungen in Berlin seine Anwesenheit not­wendig machen. Die Neichöregierung wird aus diesem Grund bei der bevorstehenden Reife durch NeichSaußenminister Dr. Curtius und den Staatssekretär in -er Reichskanzlei, Pttnder, vertreten sein. Die Herren werden Berlin am 2- März abends verlasse« und am S. Mär» abends wieder nach Berlin zurückkehren.

Kommunistische Kundgebungen gegen die Arbeitslosigkeit

Zusammenstöße in Berit» und in de« Großstädte« -es Reiches.

TU. Berlin, 23. Febr. Für den gestrigen Mittwoch, den »Weltkampftag gegen Arbeitslosigkeit", hatte die Revolutio­näre Gewerkschaftsopposition sR.G.O.) große Kundgebungen in Berlin und im Reich geplant, die in Berlin von der Polizei unter Hinweis aus die Gefährdung der öffentlichen Sicherheit ausdrücklich verboten worden sind. Um die Ord­nung für den Fall von Störungsversuchen aufrecht zu er­halten, hatte die Polizei verstärkten Schutz angeordnct. Trotzdem ereigneten sich zahlreiche Zwischenfälle und Zusam­menstöße. Im Bezirk Wedding drangen kleine Trupps von Erwerbslosen in die Geschäfte ein und stahlen Lebens­mittel. Ein kommunistisches Versammlungslokal in der Weddingstratze wurde von der Polizei ausgehvben» weil man annahm, daß von dort aus die Plünderungen in Szene gesetzt würden. In dem Lokal nahm die Polizei 51 Zwangs- gcsteilungen vor. Auch im Zentrum der Stadt kam es ver­

schiedentlich zu Zusammenstößen von Erwerbslosen mit der Polizei. Besonders am Bülowplatz hatte« sich mehrere Hun­dert Erwerbslose zu einer Kundgebung versammelt. Die Polizei räumte den Platz, wobei ein Mann verletzt wurde. An der Rosenthalerstratze stürmten Erwerbslose ein Geschäft und entkamen unter Mitnahme von Lebensmitteln, ehe die Polizei einschreiten konnte. Verbuche der Demonstranten. Kundgebungen im Westen von Berlin abzuhalten, wurden durch vorbeugende Maßnahmen der Polizei schon im Keime erstickt. Insgesamt sind gegen 100 Festnahmen erfolgt. Be­merkenswert ist die Tatsache, daß seitens -er sogenannten Erwerbslosenausschüsse unternommene Bemühungen» die ans den Betrieben kommenden Arbeiter zu Demonstrationen zu veranlassen, erfolglos blieben.

Die aus allen Teilen Deutschlands eingegangenen Mel­dungen über den kommunistischen Weltkampftag zeigen, daß es im wesentlichen zu keinen größeren Störungen der Ruhe und Ordnung gekommen ist. -

Außer einem Zusammenstoß in Leipzig, der vier Tote verursachte, sind sonst nirgendwo Tote zu beklagen: Ver­schiedentlich kam es zu größeren Zusammenrottungen der Kommunisten, die dann auch die Polizei wU Steinen, Latten

Tages-Spiegel

Im Reichstag «mrde die Beratung der Agrarvorlage fort» gefetzt. Heber den Umfang der Ermächtigung des Kabinetts besteht in parlamentarischen Kreise« noch Unklarheit, doch steht deren Ansdehanng ans sämtliche Zollpositionen fest.

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Hngenberg hat ans den Appell des Reichspräsidenten znr Mitarbeit in einer Versammlnngsreds geantwortet» in der er die Loslösnng des Zentrums von der Sozialdemokratie «nd die politische Führung für die Rechte forderte.

In Berlin «nd mehrere« Großstädte« des Reiches kam «8 gestern bei kommnnistische« Demonstrationen gegen die Arbeitslosigkeit z« Zusammenstößen; iy Leipzig gab es vier Tote.

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Im Haushaltsansschntz des Reichstages «mrde eia Antrag gestellt, das Bild Lülows a«s einem Sitzungszimmer z» entferne«.

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In Paris haben einige Zentrnmsvrrtreter mit französische« Politiker« eine Berständignngsanssprache gehabt; bie Besprechungen »erliefe« praktisch ergebnislos.

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Im Württembergische« Landtag »ahm Staatspräsident Dr. Bolz in einer beachtenswerte« Rede zu de« politische» Zu­sammenstößen ber letzten Zeit Stellung.

und dergleichen ang^fsen. Aus Königsberg und Saar­brücken wird gemeldet, daß es dabet Verletzte gegeben hat. In Königsberg wurden auch drei Beamte verwundet, einer durch einen Messerstich, einer durch einen Flaschen» wnrs und ein dritter durch einen Stich in die Nase. In Hamburg hatte die Polizei einen Anfmarsch gestattet, ber in vier größeren Zügen nach der Moorheiöe erfolgte. Etiva 700 Personen waren zusammengekommen. Nach einer Stunde erfolgte -er Abmarsch reibungslos. Zu Ruhestörungen kam es nicht. InKöln mußte die Polizei energisch Vorgehen» da sie mit Steinen beworfen wurde. Mehrere Verhaftungen wurden vorgenommen. In München gingen mehrere Hundertschaften Polizei mit blanker Waffe gegen bie De­monstranten vor. Auch hier wurden einige Kommunisten v:r- hastet. In Lubwigshafen waren 22 führende Kom- munisten in Haft genommen worden, die man in den Abend- stunden wieder fretließ. In Braunschweig demon- strierte ein Zug von etwa MM Personen vor der Wohnung des Ministers Kränzen. In Magdeburg ging die Polizei mit der blanken Waffe vor nnd gab auch Schreck­schüsse ab. 0 Verhaftungen wurden vorgenommen.

Frankreichs Abrüstunyssabolaye

Der Eindruck bex Maginotrebe in Berit«. Gr»e»ek wirb antworte«.

TU. Berlin, 28. Febr. Ucber den Anhalt der in Paris zwischen der französischen und der englischen Regierung ge­troffenen Flottenabmachungen Ist tn Berlin noch nichts End- gültiges bekannt. In politischen Kreisen wird dennoch rin »wachsendes Mißtrauen" Deutschlands gegenüber diesen Verhandlungen für notwendig erachret. Man erklärt, daß man, vom allgemeinen Abrüstungsgedanken aus gesehen, den Versuch -er fünf großen Flottenmächte zu Abmachungen über eine Begrenzung der Flotten zu gelangen, wohl be­grüßen könne. Derartige Abmachungen dürften aber unter keinen Umständen zur Folge haben, dah die Landabrüstnng ober, richtiger gesagt, praktisch illusorisch gemacht wird.

Zu dem Abrüstungswillen Frankreichs lieferte gerade am Tage der englisch-französischen Alottenabmachungen in Paris der französische Kriegsminister Maginotin der Kammer einen dramatischen Kommentar. Die Rebe des französischen Kriegsministers hat in Berlin größtes Aufsehen und stärkste Entrüstung hervorgerufen. Seine Aeußcrnngen über bie Friebensverträge werben an zuständiger Berliner Stelle alS eine glatte Geschichtsfälschung bezeichnet. Deutsch­land habe sich im Versailler Vertrag zur Abrüstung nur unter der Voraussetzung bereit erklärt, daß auch die anderen Staaten später abrüsten würden.

Es bars angenommen werden, bah Neichswehrminister Groener bei der nächsten Gelegenheit auf die Rede des fran­zösischen Kriegsministers zurückkommen wirb.

Die Naturkatastrophe auf Sizilien

TU. MaUand, 28. Febr. Noch immer laufen Meldungen über infolge der Ueberschwemmungen verursachten Schäden ein. Auf Sizilien sind wegen der Ueberschwemmungen über 20 Gemeinden unbewohnbar geworden. In Librizzi wurden zwei Personen durch einen Erdrutsch getötet. Bei Bergamo wurden mehrere Arbeiter von einer Lawine überrascht. Zwei wurden verschüttet; die andere» konnten gerettet werde«,