Nr. 4/Seite 4
Amtsblatt für den Kreis Calw
Samstag 24. Januar 1953
es 78 v. H. und 1951 waren es nur noch 45 v. H. Heute haben ca. 40 v. H. der Damenschuhe, 55 v. H. der Herrenschuhe und 95 v. H. der Kinderschuhe Nichtledersohlen. Da sie sich jetjt in der Minderheit befindet, wird die Leder- sohle der „Ersaß“!
Verkaufserlöse 150 Mili. Dollar
Auf anderen Gebieten außerhalb der Schuhwarenindustrie haben die Kunststoffe ebenfalls große Fortschritte zu verzeichnen. Auf dem Gebiet der Polsterwaren, Handschuhe, Handtaschen, Koffer, Sportwaren, Lederwaren für den persönlichen Bedarf, Lederwaren für Industriezwecke u. a. m. trifft dies zu. Warum auch nicht? Es kostet cirka 7,75 Dollars pro Meter, um einen Stuhl mit gutem Leder zu beziehen. Man kann den Stuhl aber auch mit einem sehr brauchbaren und ansehnlichen Kunststoff beziehen, der von 50 Cents bis 3 Dollars pro Meter kostet. Im Jahre 1940 waren cirka 70 v. H. aller Handtaschen aus Leder, heute aber nur 10 Prozent, 1940 waren 50 v. H. aller Koffer aus Leder, heute nur 10 v. H. Heute werden Handschuhe, Brieftaschen, Aktentaschen, Fußbälle und Dußende anderer einmal vorwiegend aus Leder gemachter Artikel meist aus Nichtledermaterial hergestellt. Die Firmen, welche diese Konkurrenzartikel herstellen, haben im Zeitraum von wenigen Jahren ungewöhnliche Fortschritte gemacht. Das sind nur einige wenige Beispiele. Die cirka 75 maßgeblichen Hersteller dieser Kunststoffe hatten im Jahre 1941 einen Gesamtverkaufserlös von 33 Mill. Dollars. Zehn Jahre später, im Jahre 1951 erreichten die Verkäufe den Betrag von 150 Mill. Dollars. Ihr Schlagwort lautet noch dazu: „Wir haben erst angefangen, uns zu entwickeln!“
Das Beispiel macht Schule
Wenn wir nun die Frage stellen, aus wel
chen Gründen die modernen Kunststofferzeugnisse ihren Siegeslauf angetreten haben, so liegt die Antwort auf der Hand: ihre Qualität und Preiswürdigkeit. Leichtes Gewicht, Widerstandsfähigkeit, Säure- und Korrosionsfestigkeit zeichnen die Hartfabrikate aus Kunststoffen aus. Abwaschbarkeit, Knickfestigkeit und Unempfindlichkeit gegen Nässe, Dämpfe und Schmuß sind die hervorragenden Qualitätsmerkmale der Weichfolien (Plastic) und der beschichteten Gewebe (Kunstleder). Immer häufiger finden wir, ebenso wie in Amerika, in Restaurants, Büroräumen, Theatern, Kinos, in Krankenhäusern, aber auch in privaten Wohnräumen abwaschbare und hygienische Piasticstoffe für Vorhänge, Gardinen und Tischbelag, ebenso wie unverwüstliche Polsterstoffe aus Kunststoff beschichteten Geweben. Automobilindustrie, Möbelfabriken, ebenso wie die Bundesbahn gehen mehr und mehr dazu über, abwaschbare und fleckensichere Polsterstoffe aus Plastic oder Kunstleder an Stelle der bisher üblichen Schmuß fangenden und empfindlichen Stoffarten für Polster- und Bespannzwecke zu verwenden.
Alle diese Vorzüge erklären den erstaunlichen Vormarsch der Kunststoff-Fabrikate auf dem deutschen Markt. Eisen, Stahl, Beton und Glas haben unserer Zeit das Gesicht gegeben, Luft und Helligkeit, Einfachheit und Zweckmäßigkeit und damit Gesundheit und Lebensfreude beginnen, in unsere wieder aufgebauten Städte, Häuser und Wohnungen einzuziehen. Der Zwang zum schnellen Wiederaufbau und unsere Armut haben dieser „Amerikanisierung“ den Weg bereitet. Werden die „künstlichen Stoffe“ und die aus ihnen hergestellten Gebrauchsartikel dazu beitragen, diese Entwicklung, dem amerikanischen Beispiel folgend, zu vollenden? Schon die Kunststoffmesse in Düsseldorf im Oktober 1952 hatte diese Frage bejahend beantwortet.
Obstbau kann seine Krise überwinden
Qualitätsobst nur durch gründliche Pflege - - Sortenveredelung und Anpassung an den Markt von entscheidender Wichtigkeit.
Am Freitag, den 16. Januar 1953, sprachen die fachlichen und technischen Berater des ERP Obstbauberatungsbetriebes Tettnang, Obstbautechniker Zürn und Ing. Braunger, im Gasthaus zur „Traube“ in Altensteig vor Mit- liedem des Kreis-Obst- und Gartenbauvereins alw und sonstigen Obstbauinteressenten über Maßnahmen und Wege zyr Umstellung der Obstbaumbestände entsprechend den Markterfordernissen.
Nach der Begrüßung der Versammlungsteilnehmer durch den stellvertretenden Vorsißen- den des Kreis-Obst-und Gartenbau Vereins Calw, Bürgermeister Mutz (Ebhausen), ergriff als erster Redner Kreisobstbauinspektor Walz
(Nagold) das Wort. Er gab eine kurze Ueber- sicht über die Marktlage des Obstbaues im Herbst 1952 und legte die Gründe dar, die zu der unbefriedigten Marktlage geführt haben. Aus nachstehenden statistischen Angaben für den Kreis Calw 1950/52 ergibt sich folgendes Bild:
Obstart
Durchschnittsertrag je Baum/kg
Gesamtkreis
Calw
1950/52
Landes
durchschnitt
SUd-
wilrttemberg
Ergebnisse von 12 Beispielanlagen Abschnitt Calw-Nagold
Aepfel
32,5 kg
37,1
58,0
Birnen
38,6 „
33,0
80,0
Zwetschgen
27,0 „
17,8
22,0
(in dreijähr. Durchschnitt)
Nährwert da Kartoffel
' 2 Xpftanztiokßs Eiweis, oz%Fw, 1 ZMimaisaCzA 17%Stark&yUamim csb
Der Nährwert der Kartoffel
Bekanntlich sind zur menschlichen Ernährung hauptsächlich Kohlehydrate, Fett und Eiweiß notwendig, außerdem in kleineren Mengen Mineralsalze und Vitamine. Die Kartoffel enthält neben ihrem besonders hohen Gehalt an Stärke auch wertvolles Eiweiß, vielerlei Mineralien und von den Vitaminen vornehmlich C und B.
Immer wieder hört man, daß Kartoffelessen dick macht. Das kann wohl nicht stimmen, da eine Kartoffel von mittlerer Größe nicht mehr Kalorien als etwa eine große Apfelsine oder lVs Eßlöffel voll angerichtetem Salat enthält: ihr IGehalt an Rohfett beträgt Im Durchschnitt nur 0,2%. Wenn man allerdings Kartoffeln in fetter Tunke ißt, dann darf man das Dickwerden nicht der Kartoffel zur Last legen.
Kartoffel essen ist gesund und billig l
Demnach liegen die Zahlen der Beispielsanlagen bei Aepfeln und Birnen wesentlich höher als die des Kreises und des Landesci urch- schnitts, und sie beweisen damit dienüßlichen Auswirkungen der in den Beispielsanlagen angewandten Maßnahmen. Während der Anteil von marktfähiger Qualität beim extensiv betriebenen Obstbau zwischen 15-25°/o liegt, beträgt er bei den Beispielsanlagen bis zu 70% und ergibt somit eine wesentlich höhere Geldeinnahme.
Anschließend sprach Ing. Braunger über Fragen der Technik im Obstbau. Auf kaum einem anderen Gebiete des Landbaues begegnet man so vielen Bedenken und Hemmungen gegenüber technischen Hilfsmitteln wie hier. Diese Hilfsmittel, vernünftig eingeseßt, sind aber eine der wichtigsten Grundlagen, um unsem Obstbau rationell und konkurrenzfähig zu gestalten. Im Ausland habe man es schon lange erkannt, um wieviel wirtschaftlicher es ist, z. B. statt mehrerer Schleppermarken in einer Gemeinde nur ein Fabrikat zu verwenden, wodurch Reparaturen uud Ersaßteil-Be- schaffung wesentlich vereinfacht werden. Durch die Marktlage, wie sie als Folge der Liberalisierung geschaffen wurde, könne unser Obstbau den freien Wettbewerb nicht mehr aus- halten. Er habe aber die ausländische Konkurrenz nicht zu fürchten, wenn er seine tatsächlich vorhandenen Leistungsreserven planvoll
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