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Nr. 35

Donnerstag, den 12. Februar 1931

Jahrgang 103

Abschluß der außenpolitischen Aussprache

Die Mißlrauensanträge gegen Curlius abgelehnt Protest gegen die Kriegsschuldlüge

Erklärungen zum AuSzug der Nationalsozialisten.

Berlin» 12. Febr. Die außenpolitische Aussprache ist gestern im Reichstag zn Ende geführt worden. Begreiflicher­weise war das sachliche Interesse hieran infolge der durch de» Auszug der Rechtsopposition ueugeschassenen Konstella­tion des Hauses nur gering und die Redner sprachen vor fast leeren Bänken. Namens der Landvolkpartei gab der Abg. brich eine Erklärung ab, in der ein Trennungs­strich zwischen dem Landvolk und der abwesenden Nechts- oppvsition gezogen wird; die drei Landvolkabgeordneten, welche sich dem Vorgehen Ser RechtSvpposition angeschlossen hatten, sind ans ihrer Fraktion ausgeschlossen worden. Der Kommunist Stöcker richtete die üblichen Angrisse gegen das kapitalistische System, worauf der Abg Mollath als Vertreter der Wirtschaftspartci zum außenpolitischen Kurs Stellung nahm. Trotz mancher Einwendungen billigte er im großen Ganzen die von Dr. Curtius abgesteckte Marsch­route. Scharfe Kritik übte dann als zweiter Landvolkredner der Abg. Hepp. Seine Vermutung, die Zusicherung Frank­reichs zur Regelung des deutsch-polnischen Minderheiten- streitcs sei mit deutsche» Zugeständnissen in der Abrüstungs­frage bezahlt worden, wies Dr. Curtius durch einen Zu­ruf entschieden zurück. Ob der deutsche Erfolg in Genf in der Praxis die von uns erhofften Wirkung?» haben werde, wurde im Verlauf der Aussprache vielfach bezweifelt, so von dem Ehristllchsozialen Simpfendörfer und dem Gra­fen Quadt von der Bayerischen Volkspartei, der sich zum erstenmal im Reichstag präsentierte. Rückhaltlose Zustim­mung sprach aus dem Kommentar, das der Abg. Reinhold, der frühere Finanzministcr. an die Curtins-Rede anknüpfte. Er sicherte dem Außenminister das Vertrauen der Staats­partei z». wenn der jetzt etngeschlagene Weg unbedingt Lurch- gcführt würde. Einiges Befremden erregte der Abg. Abel von den Volksnationalen, der die Mehrheit mit ck»em Vor­wurf überraschte, sie habe der nationalen Opposition eine» Maulkorb umgehängt. Daß die Sozialdemokraten nur mit halbem Herzen für eine Revision des Aoung-Planes sind, bewiesen die Ausführungen des Abg. Dr. Breit scheid, der allerhand Bedenken gegen einen solchen diplomatischen Schritt geltend machte. Zum Schluß ließ sich noch Graf Westarp vernehmen. Maßvoll ln Form und Sache ver­langte er eine stärkere Hervorkehrung des deutschen Stand- piliittcs gegenüber dem Völkerbund und den Siegermächten.

Dann fanden die Abstimmungen statt. Der kommunistische Mißt raue ii San trag gegen den Reichsaußenminister Dr. Curtius wurde mit 255 gegen 87 Stimmen der Kommu­nisten ni^d des Landvolks, bei 20 Enthaltungen der Wtrt- schaftspartei und der Volksnationalen, abgelehnt. Damit war auch der Mißtrauensantrag des Landvolks gegen den Außenminister erledigt. Das Haus beschloß ferner über Len öeutschnationalen Mißtrauensantrag gegen Dr. Cnrtius zur Tagesordnung iiberzugehen, da ja die Antragsteller selbst nicht anwesend seien. Heute soll dann auch ein Zentrums- antrag zur Abstimmung gebracht werden, über die restlichen Anträge der nichtanweseiiöen Oppositionsparteien der Rech­ten zur Tagesordnung überzugehen.

Der Aeltcstenrat zum Auszug der Nechtsoppositio».

Der Aeltesteurat des Reichstages beschäftigte sich gestern Wittag u. a. mit der durch bas Fernbleiben der Nechts- opposition geschassenen Lage. Es wurde beschlossen, heute die Besetzung der sreigewordcncn Posten des Vizepräsidenten und zweier Schristsührer vorzunehmen. Die in den Ausschüs­sen frcigewordenen Aemter werden von den bereits vorhan­denen Stellvertretern übernommen. Die Ausschüsse, die bis­her nationalsozialistische Vorsitzende hatten, werden also in Zukunst durch die stellvertretenden Vorsitzenden einberufcn. Nach den weiteren Beschlüssen des Aeltestenrates soll heute nach Vornahme der Ersatzwahlen die Beratung des Haus­haltes des Reichswirtschaftsmiiiisteriums beginnen.

Die Fraktion der Deutschen Staatspartet be­absichtigt, an den Neichstagspräsidenten Löbe eine Anfrage zn richten, ob die Nationalsozialisten beim Retchstagspräsi- diiiin U r l a n b s a n t r 8 g e gestellt haben. Es gilt nämlich zu prüfen, welche Folgerungen sich aus der Erklärung der Nationalsozialisten ergeben. Der Paragraph 1 der Geschäfts­ordnung bestimmt» daß die ReichstagSmitglieder verpslich- t e t sind, sich an den Arbeiten des Reichstages zu beteiligen. Fm Paragraph 2 heißt es, Urlaub bis zur Dauer einer Woche erteilt der Präsident, für längere Zeitdauer der Reichstag. Urlaub auf unbestimmte Zeit wird nicht erteilt.

Die n a ti o u a l s o z t a l t st i s ch e Neichstagsfraktion hat beantragt, die durch den Verzicht der nationalen Opposition auf Teilnahme an den Parlamentssitznngen etngcsparten Be­träge für Aufwandsentschädigungen bzw. Diäten restlos den bedürft.gsteu nuler den ausgesteuerten Erwerbs­losen zilzusühre».

DerVölkische Beobachter" bezeichnet in einem Artikel des Hanptschriftleiters, NeichStagsabgeordncter Ro sen­de rg, den Auszug der Nationalsozialisten aus dem Reichs­tag als ein geschichtlich-politisches Ereignis. Eine riesige nationalsozialistische Versammlungswelle werbe jetzt im deutschen Volke entstehen. Im übrigen verstehe es sich von selbst, daß der Auszug der natio­nalsozialistischen Neichstagsfraktion keine vorübergehende Sonderaktion darstelle, sondern den Anfang eines neuen Abschnittes In der Geschichte der nationalsozia­listischen Freiheitsbewegung bedeute. Nun beginne ein neuer Kampf.

Die in Essen erscheinende nationalsozialistischeNatio­nalzeitung" behandelt die Angelegenheit unter der ÜberschriftEin folgenschwerer Schritt" und sagt: Dieser Kampf müsse ein Volksbegehren aus Reichstagsauflösung zum Ziele haben.

Die amtlichen Mitteilungen der DNBP. enthalten eine Stellungnahme zu der jetzt geschaffenen Lag«, in der es u. a. heißt: Der Beschluß der Deutschnalionalen. sich an den wei­teren parlamentarischen Arbeiten des Reichstages nur noch in besonderen Fällen zu beteiligen, bedeutet nicht, daß die Fraktion dem Hause grundsätzlich überhaupt fernbleibt. Wichtiger als die Agitation tm Lande ist der Versuch, die Gemeinschaft der schwarz-rote« Koalition zu sprengen und zu verhindern, daß di« Abwesenheit aus den Parlaments­sitzungen nicht zu einem Freibrief für eine weiter« Ver­gewaltigung der Opposition wird. Die Deutschnationalen werden tm Parlament nur dann eingreisen, wenn «ine Mög­lichkeit besteht, die Kuhhandelspolitik »wischen Zentrum und Sozialdemokratie »u stören, die Interessen der nationalen Wähler »u wahren, oder verhängnisvolle Beschlüsse zu durchkreuzen.

In einer Versammlung der deutschnationalen Bolks- partei in Oldenburg machte am Dienstag der Reichstags­abgeordnete Stubbendorff im Zusammenhang mit dem Auszug der Rechtsparteien aus dem Reichstag die Mit­teilung, daß die nationale Opposition in Kürze ein Rumpf­parlament aufzumachen beabsichtige. Von zuständiger Ber­liner Parteistelle der Deutschnationalen Volkspartei wird hierzu bemerkt, daß diese Mitteilung nicht den Tatsachen entspreche.

Die erste Folge der Obstruktion:

Benachteiligung -er Landwirtschaft.

Die Parteileitung der Deutschen Landvolkpartei teilt mit: In der Mittwochsitzung des Haushaltsausschusses des Reichstages ist der Antrag der Fraktion Deutsches Landvolk auf Erhöhung des Brennrechts für landwirtschaftliche Bren­nereien auf 100 Prozent, der eine dringende Notwendigkeit für die Kartvsfelwirtschaft und die Brennereien darstellt, abgelehnt worden, weil die Vertreter der Nationalsozialisten und -er Deutschnationalen aus Grund ihres gestrigen Aus­zuges aus dem Reichstag fehlten. Diese Ablehnung eines landwirtschaftlichen Antrages ist die erste Folge der nativ- nalsozialistischen Obstruktion und stellt eine schwer« Be­nachteiligung der Landwirtschaft dar. Deutsch- nationale und Nationalsozialisten können die schwere Gefahr von der Landwirtschaft nur abwenden, wenn sie sofort wie­der praktische Arbeit im Interesse öer nationalen Wirtschaft leisten."

Vorstoß in de, Sriegsschnldfr«g«

Nm Reichstag haben die Abgeordneten Dauch - Hamburg (DVP.) und PerlitiuS lZ.) folgende Entschließung zur Kriegsschiil-frage eingebracht:

Der Deutsche Reichstag lenkt erneut die Aufmerksamkeit der internationalen Öffentlichkeit ans die schwere Beein» trächtigung der Gedanken des Friedens und der Verstän­digung durch baS Kriegsschuldurteil des Versailler Bertra- ges. Deutschland hat den Vertrag unterzeichnet, ohne je­doch damit anzuerkennen, daß das deutsche Volk der Urheber d«s Krieges sei. Das tm Ar­tikel 231 ausgesprochene Schulburteil ist nur geeignet, daS Vertrauen unter den Völkern, das für den wahrhaften Frieden erforderlich ist, dauernd zu beeinträchtigen. Die restlose Aufklärung der Vorgänge, die zum-Weltkrieg führ­ten, auf der Grundlage wahrheitsnchendcr historischer For­schung ist daher dringend erforderlich. Deutschland fordert ans diesem Grunde zur Beseitigung des einstigen den histo­rischen Tatsachen nicht entsprechenden Kriegsnrteils, wie es in Art. 231 im Versailler Vertrag zum Ausdruck kommt, die Bildung eines Internationalen Ausschus­ses von unparteilichen Sachverständigen, der allein ein objektives Urteil über die Vorgänge abgeben kann, die zum Ausbruch des Weltkrieges geführt haben. Der Reichstag ersucht die Reichsregierung, alle ihr möglichen Schritte zu tun, um diese Forderung durchzusetzen."

Tages-Spiegel

Im Reichstag wnrden nach Abschluß der anßenpolitischrn Anssprache die Mißtranensanträg« gegen Dr. Enriius mit 255 gegen 87 Stimme« bei SS Enthaltungen a-geleh»t.

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VolkSpartei «nd Zentrum habe« eine» Antrag eingebracht, -er die Berufung eines internationalen Ausschusses von ««parteiische» Sachverständigen üder die KriegSschnldsrage fordert.

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Die Finanznot der Gemeinden infolge der steigenden Für» sorgelaste» droht katastrophale Formen auzunehmen. Für 1931 rechnet man mit einem Fürsorgcauswaud von SOS Millionen.

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Der dentsche Botschafter in Paris hatte eine Aussprache mit Briand über die Bedingungen einer dentsch-'ranzösische« Zusammenarbeit.

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I« England habe» die Liberale» und die Arbeiterpartei ei« Kompromiß zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit abge­schlossen. Ein konservativer Mißtrauensantrag gegen Mac« donald wurde abgelehnt.

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I« Washington wird der Fehlbetrag -es laufende« Rech» nnngsjahres «ns Sill» Millionen Dollar (2 Milliarden RM.j geschätzt.

Verletzung der Brenner-Grenze durch Italien

Italienische Militärflugzeuge überfliege« österreichisches Gebiet

TU. Innsbruck, 12. Febr. Dienstag nachmittag über­flogen drei italienische Militärflugzeuge die österreichische Grenze am Brenner in Richtung Innsbruck Sie kamen bis Jodok, machte» dann kehrt «nd flog«« wieder zur Grenz« zurück.

Anschlag in der Wiener Ischechojlovakischen Gesandtschaft

TU. Wi^u, 13 . Febr. Am Mittwoch verübte in der hie­sigen tschechoslovakischen Gesandtschaft ein tschechostovakischer Staatsbürger namens Gottlieb Zrttka einen Anschlag auf den Legationssekretär Zaicek Hör Skt Der Mann weilt« längere Zeit im Zimmer des Legationssekretärs. Plötzlich hörte man Schüsse fallen. Herbeieilende Angestellte der Ge­sandtschaft fanden den Legationssekretär durch zwei Schüsse schwer verletzt vor. Ein Schuß hatte den Legationssekretär in den Kops getroffen, so daß er sich einer Augenoperation unterziehen mußte.

Der Attentäter wollte angeblich eine schon längere Zeit laufende verwickelte Angelegenheit regeln, die in Holland' spielt und mit der Krtegsltquiüatio« zusammen- hängt. Er wurde verhaftet.

Ueberschwemmungskataslrophe in Rumänien

TU. Bnkarest, IS. Febr. Die untere Donau führt zur Zeit Hochwasser, wodurch eine große Ucberfchivemmungskata- strophe an der Mündung verursacht wurde. Die unmittelbar vor dem Donaudelta liegende Stadt Wilkow ist von der Außenwelt abgeschnttten und hat telephonisch Hilf« erbeten. Mehrere hundert Häuser sind in der Stadt etnge stürzt. Militärische Hilfe ist bereits nach dcm Ueberschwemmungsgebiet unterwegs. Menschenverluste wer­den bisher nicht gemeldet. Desgleichen kommen Alarmnach- richten aus Ser Stadt Ismail, wo der Waflerstand der Donau um 4 Meter gestiegen ist.

Eisenbahnanschlag in Braunfchweig

Gleislockernug bei Bahnhof Oebisfelde.

LU. Hannover, 12. Febr. Am Mittwoch entdeckte, einer Mitteilung der Neichsbahndircktion Hannover zufolge, der Streckenwärter auf der Strecke OebisfeldeHelmstedt in der Nähe des Bahnhofs Oebisfelde aus Braunschwciger Staats­gebiet einen Anschlag auf die Eisenbahnanlagen. In einer Schienen-Verbindilng waren sämtliche vier Laschenschranbcn von den Muttern gelüst und außerdem eine Schraube ent­fernt, die Schiene und Schwelle zusammenhält. Die Schrau­ben waren seitlich vom Tatort verstreut. Vermutlich sind der oder die Täter gestört worden, so baß der Anschlag miß­glückte und eine unmittelbare Gefahr für den Zugverkc r nicht bestand. ES ist bislang nickt gelungen, die Täter sest- znstelleir.