Seite 3 / Nr. 31
Amtsblatt für den Kreis Calw
Samstag den 2. August 1952
Schadensfeststellung zum Lastenausgleich
1. Was ist Zweck der Sdiadensfeststellung ?
Zweck der Schadensfeststellung nach dem Feststellungsgese^ ist es, Unterlagen für die Durchführung der Entschädigung im Lastenausgleich zu gewinnen. Ferner soll dem vor allem von den Vertriebenen geäußerten Wunsch entsprochen werden, den Geschädigten eine amtliche Bestätigung über die erlittenen Verluste in die Hand zu geben.
§ 2 des Feststellungsgesefees bestimmt ausdrücklich, daß die Feststellung von Schäden nach dem Feststellungsgeseg keinen Anspruch auf Berücksichtigung im Lastenausgleich begründet und daß erst durch die weitere Gese^- gebung geregelt wird, ob und inwieweit festgestellte Schäden im Lastenausgleich zu berücksichtigen sind. Nach demLastenausgleichs- geselj ist die Feststellung von Schäden, die nach dem Feststellungsgese^ festgestellt werden können, Voraussetzung für die Gewährung vcrn Ausgleichsleistungen mit Rechtsanspruch, insbesondere von Hauptentschädigung und Hausratentschädigung, Geschädigte, die im Lastenausgleich nur eine Minderung ihrer Abgabeverpflichtungen wegen Kriegsschäden (insbesondere wegen Kriegssachschäden) zu erwarten haben, bedürfen hierzu keiner Schadensfeststellung nach dem Fest- stellungsgesetj, weil die Schadensfeststellung für diesen Zweck durch die Finanzämter im Zuge der Veranlagung zur Vermögensabgabe erfolgen wird.
2. Welche Schäden werden festgestellt?
Festgestellt werden Vertreibungsschäden, Kriegssachschäden und Ostschäden.
a) Ein Vertreibungsschaden ist ein Schaden, der einem Vertriebenen in demjenigen Gebiet entstanden ist, aus dem er ausgewiesen worden oder geflüchtet ist, durch Vertreibungsmaßnahmen oder vorausgegangene Kriegshandlungen entstanden ist, und zwar an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, an Grundvermögen, an Betriebsvermögen, an Gegenständen der Berufsausübung, an Hausrat, an privatrechtlichen geldwerten Ansprüchen und an Anteilsrechten. Vertriebener ist, wer als deutscher Staatsangehöriger oder deutscher Volkszugehöriger aus den Gebieten jenseits der Oder-Neiß-Linie oder aus Gebieten außerhalb der Grenzen des Deutschen Reichs (Gebietsstand vom 31. Dezember 1937) ausgewiesen worden oder geflüchtet ist. Vertriebener ist auch der Umsiedler.
b) Ein Kriegssachschaden ist ein Schaden, der in der Zeit vom 26. August 1939 bis zum 31. Juli 1945 unmittelbar durch Kriegshandlungen an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, an Grundvermögen, an Betriebsvermögen, an Gegenständen der Berufsausübung oder an Hausrat im derzeitigen Bereich des Bundesgebiets oder in Berlin (West) entstanden ist. Kriegssachschäden außerhalb des Bundesgebiets oder von Berlin (West), insbesondere also Kriegssachschäden in der sowjetischen Besagungs- zone, in Berlin (Ost) oder im Ausland, können nicht festgestellt werden.
c) Ein Ostschaden ist ein Schaden, der einer Person, die nicht Vertriebener ist und die am 31. Dezember 1944 ihren Wohnsitj
im Gebiet des Deutschen Reichs nach dem Stand vom 31. Dezember 1937 hatte, durchVer- mögensentziehung oder als Kriegssachschaden in den Ostgebieten an solchen Wirt- schaftsgütem entstanden ist, an denen nach a) Vertreibungsschäden entstehen konnten. Ostgebiete sind die östlich der Oder-Neiße- Linie gelegenen Gebiete des Deutschen Reichs nach dem Gebietsstand vom 31. Dezember 1937.
Zu beachten ist, daß Kriegssachschäden Vertriebener im Vertreibungsgebiet sowie Kriegssachschäden Ostgeschädigter im Ostgebiet als Vertreibungsschäden bezw. Ostschäden behandelt werden.
3. Wer ist Antragsbereditigter?
Antragsberechtigt nach dem Gesefe ist nur eine natürliche Person, also der einzelne Geschädigte als Person, nicht aber eine juristische Person als solche. Zu beachten ist aber, daß Vertriebene und Ostgeschädigte auch Schäden an ihren Anteilen an juristischen Personen anmelden können.
Den Antrag auf Feststellung kann derjenige stellen, der am 1. April 1952 das verlorene Vermögen besessen hätte. Hat der unmittelbar Geschädigte zu diesem Zeitpunkt noch gelebt, ist also dieser Antragsberechtigter, war er an diesem Zeitpunkt schon verstorben, sind diejenigen Personen, die an diesem Tage Erben waren. Antragsberechtigte, aber nur dann, wenn es sich handelt um: den Ehegatten, eheliche Kinder, Stiefkinder, an Kindes Statt angenommene Personen oder sonstige Personen, denen die rechtliche Stellung ehelicher Kinder zukommt oder uneheliche Kinder, ferner Abkömmlinge solcher Kinder, Eltern, Großeltern oder weitere Voreltern oder Stiefeltern, voll- und halbbürtige Geschwister oder deren Abkömmlinge ersten Grades. Es ist zu beachten, daß alle diese Personen den Antrag nur dann stellen können, wenn sie im Einzelfall — auf Grund Testaments, Erbvertags oder nach der geschlichen Erbfolge — tatsächlich Erben sind. Wegen eines nach dem 1. April 1952 eingetretenen Erbfalls siehe unter Nr. 5.
Im übrigen bestehen hinsichtlich der Antragstellung Unterschiede je nach der Schadensart:
a) Vertreibungsschäden und Ostschäden können nur festgestellt werden, wenn der Antragsberechtigte, der den Schaden geltend macht, also je nachdem der unmittelbar Geschädigte oder dessen Erbe, am 31. Dezember 1950 den ständigen Aufenthalt im Bundesgebiet oder in Berlin (West) gehabt hat. Von diesem Grundsah bestehen aber Ausnahmen, insbesondere Im Falle der nachträglichen Aussiedlung, der Familienzusammenführung und für Spätheimkehrer.
b) Kriegssachschäden dagegen können festgestellt werden ohne Rücksicht auf den Wohnort und auch auf die Staatsangehörigkeit des unmittelbar Geschädigten oder seines Erben. Der Antrag kann also auch z. B. von Bewohnern der sowjetischen Be- sakungszone und von Ausländern gestellt werden.
Sowjetzonenflüchtlinge können die Feststellung im Bundesgebiet oder in Berlin (West) erlittener Kriegssachschäden beantragen, nicht jedoch die Feststellung solcher Verluste,
die sie in der sowjetischen Besahungszone erlittenhaben. Die Feststellung von Vertreibungsschäden und Ostschäden (Nr. 2 a und c) können Sowjetzonenflüchtlinge dann beantragen, wenn sie für ihre Person die vorstehend unter Nr. 3 a aufgeführten Voraussetsungen erfüllen.
Evakuierte, d. h. Personen, die infolge von Kriegseinwirkungen ihren \V 0 hnsit 5 verlegt haben, sind hinsichtlich ihrer im Bundesgebiet oder in Berlin (West) erlittenen Kriegssachschäden berechtigt, ohne Einschränkung Antrag zu stellen. Jenseits der Oder-Neiße- Linie oder in anderen Vertreibungsgebieten erlittene Schäden können Evakuierte nur anmelden, wenn die besonderen Voraussegungen für die Geltendmachung von Vertreibungsschäden oder Ostschäden vorliegen.
4. Bis wann und wo muß der Antrag auf Feststellung gestellt werden?
Der Antrag kann im allgemeinen bis zum Ablauf eines Jahres nach Inkrafttreten des Las- tenausgleichsgese&es gestellt werden. Dieser Zeitpunkt steht bei Ausgabe der Vordrucke noch nicht genau fest. Doch wird für die Antragstellung mindestens Zeit bis zum 31. Juli 1953 sein. Es besteht also keine Veranlassung, die Antragstellung zu überstürzen und infolgedessen unvollständige oder flüchtige Anträge einzureichen.
Für die Entgegennahme der Anträge ist im Regelfall, wenn nicht in einzelnen Ländern etwas anderes bestimmt wird, die Gemeindebehörde zuständig, in deren Bereich der Antragsteller den ständigen Aufenthalt hat. Die Anträge werden von der Gemeindebehörde an das Feststellungsamt (Amt für Soforthilfe, Ausglehhsamt) weitergegeben.
In Berlin (West) sind die Anträge bei dem Ausgleichsamt (Dienststelle für Hausrathilfe und Kriegsschäden) des für den ständigen Aufenthalt des Antragstellers zuständigen Verwaltungsbezirks einzureichen.
5. Wie sind die Formblätter auszufttllen?
Die Anträge müssen auf dem amtlichen Formblatt gestellt werden, das durch die Gemeindebehörden ausgegeben wird.
Alle Antragsteller, gleichgültig welcher Geschädigtengruppe, müssen einheitlich das Hauptformblatt LA2 ausfüllen. In diesem Hauptformblatt sind gleichzeitig anzumelden: al Hausratschäden,
b) Schäden und Verluste an Gegenständen der Berufsausübung oder der wissenschaftlichen Forschung,
c) Vertreibungsschäden oder Ostschäden an nicht zum Betriebsvermögen gehörigen privatrechtlichen geldwerten Ansprüchen, insbesondere an Bankeinlagen, Pfandbriefen, Obligationen, Hypotheken,
d) Vertreibungsschäden oder Ostschäden an Beteiligungen, insbesondere an GmbH-An- teilen, Genossenschaftsguthaben, Aktien. Will der Geschädigte dagegen die Feststellung eines Schadens oder Verlustes an land- und forstwirtschaftlichem Vermögen, Grundvermögen oder Be triebsvermög.e n beantragen, dann muß er, weil für diese Vermögensarten umfangreiche Einzelangaben notwendig sind, hierfür jeweils die besonderen Beiblätter LA 2a, LA2b oder LA2c ver
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