Der Haushaltsplan des Kreisverbands Calw für 1950

Trotz außerordentlicher Aufgaben Senkung der Kreisumlage um 10 Prozent

Der am 5. Dezember 1948 gewählte Kreis­tag wurde auf den 30. November 1950 von Landrat Geißler au seiner 6. Sitzung in den großen Sitzungssaal des Rathauses in Calw einberufen.

Der Vorsitzende begrüßte in seiner Eröff­nungsansprache besonders den Kreisdelegier­ten der Hohen Alliierten Kommission, Herrn Oberst Blanc, von dem er wisse, daß ihm sein Bemühen um die Schließung der Kluft, awischen dem französischen und deutschen Volke eine Sache des Herzens ist. weil nur so der Friede für Europa gesichert werden könne. Vor allem der Krieg in Korea mahne uns, alles Trennende zurückzustellen und das große Ziel der Verständigung zwischen den beiden großen westlichen Kulturvölkern in einem geeinten Europa nicht aus den Augen zu verlieren. Landrat Geißler nahm sodann gegen den bei den Deutschen immer noch verbreiteten Fatalismus gegenüber allen po­litischen Fragen Stellung und schloß seine kurzen allgemein-politischen Ausführungen mit der Feststellung, daß, was auch immer geschehen möge, die verantwortlichen Män­ner in der Verwaltung entschlossen seien, ihre Pflicht auf dem Platz, auf den sie ge­stellt sind, unbeirrt und verantwortungsbe­wußt zu tun.

Hierauf ging der Vorsitzende auf einige be­sonders dringende Gegenwartsfragen ein. An erster Stelle nannte er hier das

Flüchtlingsproblem,

zu dem er erklärte, daß die zu seiner Lösung getroffenen Maßnahmen völlig unzureichend, um nicht zu sagen verfehlt seien. Es müsse gefordert werden, daß die Ausgewiesenen nur noch dort untergebracht werden, wo für sie Arbeit und menschenwürdige Wohnungen vorhanden sind. Beides fehle nunmehr auch im Kreis Calw. Schließlich gab er auch bei dieser Gelegenheit wieder der Überzeugung Ausdruck, daß die durch die Ausweisung von Millionen von Menschen entstandenen riesi­gen Aufgaben von dem wirtschaftlich ge­schwächten, zusammengebomten und unge­heuer überbevölkerten Restdeutschland allein überhaupt nicht gemeistert werden können. Er unterließ es auch nicht, darauf hinzu­weisen. daß an dieser Katastrophe das deutsche Volk die geringste Schuld treffe. Bundestagsabgeordneter Schüler, den der Landrat besonders begrüßte und zu seiner Wiedergenesung beglückwünschte, äußerte sich ebenfalls zu dem Ausgewiesenenproblem dessen Lösung auch nach seiner Meinung durch Westdeutschland allein nicht möglich sei. Er sprach die Hoffnung aus, daß durch die Arbeit des neu gebildeten Internationalen Flüchtlingsamts eine Besserung der Lage er­reicht werde.

Der Vorsitzende nahm sodann zum Wohnungsbauprogramm Stellung, mit dem es im Jahre 1950 noch ein­mal gut gegangen sei. Für das Jahr 1951 sehe er aber insofern schwarz, als die Frage der Beschaffung der Mittel für die erststelligen Hypotheken noch nicht geklärt sei. Er mahnte deshalb zur Vorsicht, warnte mit allem Nach­druck vor leichtfertigem Bauen und riet mit Ernst, mit dem Bauen erst zu beginnen, wenn die Finanzierung hundertprozentig gesichert und die Gelder tatsächlich zugesagt seien. 1951 werde es besonders wichtig sein, die Bauten zu fördern, die 1950 in der Hoffnung auf Erfüllung der gegebenen Versprechungen begonnen wurden und für diie ein Antrag auf Förderung gestellt, abermangels Masse ab­gelehnt worden sei.

Ferner gab der Landrat auch vor dem Kreis­tag wieder dem Willen des Kreisverbandes

Ausdruck, das Amtsblatt für den Kreis Calw aus Sparsamkeitsgründen so­lange auch weiterhin herauszugeben, bis sich eine andere finanziell tragbare Lösung bietet. Im übrigen darf hierwegen auch auf den Be­richt über die Sitzung des Kreisrats vom 9. 11. 50 im Amtsblatt Nr. 47 vom 24. 11. 50 verwiesen werden.

Zur Frage der

Entschädigung für die F- und E-Hiebe

müsse, so erklärte der Vorsitzende weiter, offen ausgesprochen werden, daß die bis jetzt beabsichtigte Lösung deshalb völlig unbefrie­digend sei, weil sie bei weitem keinen voll­wertigen Ersatz für die zum Teil sehr tief gehenden Eingriffe in das Vermögen der waldbesitzenden Gemeinden bringe. Man wolle hoffen, daß hier auf irgendeine Weise noch ein Ausgleich geschaffen werde und daß vor allem die Gemeinden, die das Unglück hatten, ihr Holz vor der Währungsreform zu verlieren, noch irgendwie entschädigt werden. In diesem Zusammenhang machte Landrat Geißler noch die interessante Feststellung, daß im Kreis Calw allein in gemeindeeigenen Waldungen rund 216 000 fm den ;F- und E- Hieben zum Opfer gefallen seien und daß von dem auf den Waldbesitz der Gemeinden entfallenden Entschädigungsbetrag von 18 Mil­lionen DM nahezu 4 Millionen, also fast ein Viertel, auf den Kreis Calw komme.

Am Schlüsse seiner einleitenden Ausfüh­rungen streifte der Vorsitzende noch kurz die Denkschrift der Stadt Pforzheim über die notwendige Neugliederung des Wiirt-

Die Beratung des

Auf der Tagesordnung, in die nunmehr ein­getreten wurde, stand als wichtigster Punkt die Aufstellung des Haushaltsplans und der Haushaltssatzung des /Kreisverbands für das Rechnungs­jahr 1950. Daß der Kreistag mit Recht die Haushaltsgesetzgebung für den Kreis zu seinen vornehmsten Aufgaben zählt, kam darin zum Ausdruck, daß er den Hauptteil der Sitzung und seine größte Anteilnahme der Beratung des Haushaltsplans widmete. Der vom Kreisrat in seiner Sitzung am 9. 11. 50 behandelte Planentwurf erfuhr wenige Tage vor der Sitzung des Kreistags eine Entlastung um rund 125 000 DM durch die Erhöhung der ursprünglich eingestellten Schlüsselzuweisun- gen des Landes an den Kreis und die Er­mäßigung der vom Kreis an das Land zu zahlenden Umlage für die Landstraßen 1. Ordnung auf Grund des Gesetzes über den

schaftsbezirks Pforzheim. Sie sei zwar nur eine Diskussionsgrundlage, aoer die verant­wortlichen Vertreter des Kreises Calw hätten die Pflicht, festzustellen, daß die Durchfüh­rung der in dieser Denkschrift enthaltenen Forderungen eine solche Verstümmelung des Kreises bedeuten würde, daß aus den ver­bleibenden 65 Gemeinden kein selbständiger und lebensfähiger Verwaltungskörper mehr geschaffen werden könnte. Außerdem gehe die Denkschrift über die Belange und Wünsche der von ihr Pforzheim zugedachten Gemeinden des Kreises Calw völlig hinweg und lasse außer acht, daß bei den großen wirtschaftlichen und soziologischen Verschie­denheiten der Mehrzahl dieser Gemeinden von der Stadt Pforzheim nie eine befriedi­gende Lösung erreichbar wäre.

Hierauf dankte der Kreisdelegierte, Herr Oberst Blanc, in verbindlichen Worten dem Vorsitzenden für seine herzliche Begrüßung und auch in der nun folgenden kurzen An­sprache erwies er sich wiederum als ein warmherziger und überzeugter Anhänger der Verständigung zwischen dem französischen und dem deutschen Volke. Jetzt, da man am Aufbau eines geeinten Europas sei, müsse das, was in der Vergangenheit von beiden Seiten geschah, aus dem Gedächtnis gelöscht wer­den. Er habe sich in den 3 Jahren seines Hier­seins bemüht, die Bevölkerung zu verstehen, mit ihr zu leben und ihre Freuden, ganz be­sonders aber ihre Sorgen zu teilen, wie er sich überhaupt nur als Mensch unter Men­schen gefühlt habe.

Haushaltsplanes

Finanz- und Lastenausgleich zwischen dem Land und den Gemeinden (Gemeindeverbän- den) für das Rechnungsjahr 1950, das der Landtag erst am 6. November 1950 verab­schiedet hatte.

Hierauf ist es übrigens auch zurückzu­führen. wenn der Haushaltsplan für 1950 erst jetzt endgültig festgesetzt werden konnte. Mit Recht beanstandete das Mitglied S c h m i d (Calw) eine so verspätete Aufstel­lung der Haushaltssatzung. Es wäre deshalb auch sehr erwünscht, wenn die für die end­gültige Festsetzung des Haushaltsplans des Kreisverbands unerläßliche Regelung des Finanz- und Lastenausgleichs zwischen dem Land und den Kreisen künftig jedes Jahr so zeitig erfolgen würde, daß der Haushalts­plan schon zu Beginn des Rechnungsjahres und nicht erst, wenn es schon zu zwei Drittel abgelaufen ist, aufgestellt werden kann.

Kreisumlage 1,17 Millionen DM

Die Frage, ob die durch die Erhöhung der Schlüsselzuweisungen und die Herabsetzung der Straßenumlage eingetretene Entlastung von 125 000 DM nicht wenigstens zum Teil auch zu einer weiteren Herabsetzung der Kreisumlage herangezogen werden sollte, gab Anlaß zu einer eingehenden Aussprache. Nach dem Antrag des Kreisrats soll dieser Betrag zur Erhöhung der Planansätze für das Alten­heim und die baulichen Verbesserungen des Kreiskrankenhauses Calw um je 40 000 DM sowie für die Bau- und Unterhaltungskosten der (Landstraßen II. Ordnung um 44 000 DM Verwendung finden. Im Verlaufe der Aus­sprache stellten aber die Mitglieder S c h m i d (Calw), W1 d m a n n (Wildberg) und Breit­ling (Nagold) nunmehr den Antrag, den ge­nannten Betrag mit etwa der Hälfte ebenfalls zur Verminderung der Kreisumlage zu ver­wenden und sie deshalb von 1 170 000 DM um weitere 65 000 auf 1 105 000 DM zu ermäßigen. Diesem Antrag stellte jedoch der Vorsitzende die Tatsache gegenüber, daß eine Senkung der

Kreisumlage um 65 000 DM sich für die ein­zelnen Gemeinden nur sehr bescheiden aus­wirke, während dieser Betrag im Haushalt des Kredsverbands eine erhebliche Bedeutung habe und für die Finanzierung der Ver­besserung der Straßenverhältnisse, des Alten­heimbaus und der Erweiterung des Kreis­krankenhauses Calw dringend benötigt werde, zumal bei der äußerst angespannten Lage auf dem Geld- und Kapitalmarkt auch die nur teilweise Finanzierung dieser wichti­gen Aufgaben durch Schuldaufnahmen sehr fragwürdig sei.

Der Kreistag nahm hierauf den Antrag des Kreisrats, die Kreisumlage auf 1,17 Millionen festzusetzen (23,5 v. H. der sich nach einem bestimmten Schlüssel ergebenden Steuer­kraftmeßzahlen), mit 23 gegen 9 Stimmen an. Damit erfährt die im Vorjahr erhobene Kreis­umlage von 1,3 Millionen DM eine Senkung um 10/».

Bei diesem Beschluß ließ sich der Kreistag von der Erwägung leiten, daß mit Rüdesicht