Polens Anteil

an den dentschen Tributleistungen

De» Ltquidntionovertrag mit Deutschland vom Sejm» ausschnß angenommen.

TU. Warschau, 2». Ja». Der Scjmauüschuß für aus­wärtige Angelegenheiten nahm von den beiden znr Erörte­rung stehenden Verträgen mit Deutschland nur den Lt- quidationsvertrag mit den Haager Protokollen mit den Stimmen der Regierung und einigen Stimmen der polnischen Linken in -weiter und dritter Lesung an. Die Aussprache liber den deutsch-polnischen Handels­vertrag ist auf die nächste Sitzung vertagt worden.

Der Berichterstatter wies in einer längeren Rede die Vorteile, die der Liqutbationsvertrag Polen bietet, nach und empfahl thn anzunehmen. Er erklärte, Polen erhalte nach dem Haager Aufteilungsplan aus Sen deutschen Trlbut- zahlnngen bet de» ersten 37 Raten einen Anteil in der Höhe von je 500 000 NM. Ferner seien sämtliche polnischen Kriegsschulden und sonstige Leistungen in einer Gesamtsumme von 7,6 Milliarden Zloty für null und nichtig erklärt worden. Somit seien auch gewisse deutsche Gegenforderungen an Polen auf Entschädigung für Beschlagnahme von Staatsgut hinfällig geworden. Alsdann gab der Redner einen genauen Ueberblick über die Vor­geschichte des Liquidationsabkommens. Das Ergebnis der Liquidation deutschen Eigentums in Posen und Pommerellen sei durchaus befriedigend, der in deut­scher Hand verbliebene Besitz sei nur gering. Insgesamt verblieben in den beiden genannten Provinzen 13 v. H. landwirtschaftliche und S v. H. städtische Objekte in deut­schem Besitz, die noch hätten liquidiert werden können.

Weitere Ausrüstung in Polen.

Im Sejmausschuß gab ein Abgeordneter des Negterungs- blocks einen Ueberblick über den Haushalt Polens. Der Haushaltsplan sehe an Heeresausgaben 817,8 Millio­nen Zloty fetwa 410 Millionen NM.) vor. Das sei bei­nahe ein Drittel des gesamten Haushalts­planes. Dtcse hohe Summe rechtfertigte der Referent vor allem mit der Notwendigkeit, die Schlagfertigkeit der Armee und die Mobllisicrungsvorräte des Staates auf der Höhe zu halten, denn das sei die Bürgschaft für die Unantastbar­keit der Grenzen. Die Notwendigkeit des hohen Kricgshaus- haltes suchte ^>Mied»er ferner damit zu begründen, bah er die KrteasrmIDffen der Nachbarn Polens in de» schwärze­sten FarbenEchlte. Deutschland ist hierbei am schlech­testen weggerommen. Einschließlich aller Verbände, wie Stahlhelm, Hitler-Stoßtruppe, Reichsbanner, Kyfshäuser- bund, Reitervereine u. a. verfügt Deutschland nach Meinung des Redners im Augenblick über eine Kriegsstärke von acht Millionen Man». Ueber Sowjetrußland wußte der Redner zu sagen, daß es über eine ständige Armee in Stärke von 1 362 06a Mann und einen Hecreshaushalt von 6 Milli­arden Zloty lfast 3 Milliarden NM.) verfüge. Alle Staaten mit Ausnahme von Polen und Südslawien wiesen einen ständig steigenden HeereshauShalt auf.

Ein aufsehenerregender Appell

TU. Neuyork, 25. Jan. Der Rektor der Columbta-Unt- ver..cät, Butler, r.chtetc auf der Jahrcstagung der Völker- bundsverelnigung in Ehikago einen machtvollen Appell an das amerikanische Volk, eine aktivere Politik der Völkerver­ständigung zu betreiben. Amerika dürfe nicht untätig zn- schen, wie die alliierten Mächte ihre feierlich eingegangene Abrüstungsverpflichlung mißachteten. Unter den Schulben- abmachungrn leide Amerika m:hr als die Schuldnerstaate», weil es das Zwanzigfach« des eingetriebencn Geldes durch Verluste in Industrie und Handel etnbitße. Die Washingto­ner Negierung müsse daher unverzüglich ersucht werden, die Einberufung einer internationalen Konferenz in die Wege zu leiten, um die Schuldenfrage auf Grund der neugeschaffenen Verhältnisse zu überprüfen.

Kleine politische Nachrichten

Ein Direktorium für Berlin. Die Verhandlungen über die Neuordnung der Verwaltung Groß-Berlins, die den Ge- meinbeauSschuß des Preußischen Landtages beschäftigen wird, sind nunmehr zu einem Abschluß gelangt. Die Pläne des preußischen Innenministers gehen dahin, daß an Stelle eines Oberbürgermeisters ein Kollegium von 6 Bürgermeistern mit einem Oberbürgermeister an der Spitze die Verwaltung der Netchshauptstadt durchführen soll. Dem Kollegium zur Seite steht eine Körperschaft, bestehend aus 31 von der Stadt­verordnetenversammlung gewählten Männern. Diese Kör­perschaft soll Beschlüsse fassen können, die dann im Verein mit den Kollegien Gesetzeskraft erlangen.

Keine Vereinheitlichung der Sozialversicherung. Zeitun­gen berichten, die Netchsregierung beabsichtige, die Versichc- rungszweige und deren Träger zu vereinigen, und für die Sozialversicherung im Ganzen einen einheitlichen Beitrag zu erheben. Die Meldung ist in allen Teilen unrichtig. Für eine Neugestaltung lt"gt das Atel nicht in der Vereinheit­lichung, sondern in der Vereinfachung und Verbilligung der Sozialversicherung.

Frick über die Negieruugsbereitschaft der NSDAP. In Kassel sagte letzte Woche Minister Frick in einer Versamm­lung der NSDAP.: Wenn man glaube, heute noch mit den Nationalsozialisten eine Negierung bilden zu können, so irre man sich. Nach dem 14. September hätten sich die National­sozialisten noch mit den beiden Ministerien des Innern und der Reichswehr begnügt. Heute seien sie dazu nicht mehr b.reit, sondern heute laute ihre Forderung, daß das Volk befragt werden muß, wie eine neue Negierung ausschen soll.

Neue blutige Zusammenstöße in Berlin. Auf einer natio­nalsozialistischen Versammlung in Hohenschönhausen kam es zn blutigen Zusammenstößen zwischen Nationalsozialisten

Genf auf dem toten Punkt

Das Bölkerbundsschiff ist unter seiner Mannschaft auf dem toten Punkt angelangt. Unter französischer Mannschaft. Wenn auch Sir Drummond Hay de» riesenhaften Genfer Verwaltungsapparat leitet, so ist er doch ebenso wie jeder Minister in starkem Grade abhängig von der Mitarbeit der führenden Bürokratie seines Geschäftsbereiches. Die besteht beim Genfer Völkerbund aus mehr als siebzig Mann. Die Völkerbundsverwaltung war immer ein gewissermaßen her­renloses Land, eine Kolonie, die erobert werden mußte. Das ist den Franzosen geglückt. Der Berwaltungsmechanismus des Genfer Völkerbundes ist eine französische Maschine ge­worden. Im Verlauf des letzten Jahres gelang die Zurück- drängung nicht nur des englischen, sondern die nahezu voll­kommene Entkräftung auch deS dentschen Einflusses. Ein be­deutender Mann sagte einmal zu diesem Punkte: »Im Völ­kerbund gibt es bereits eine Ueberlieferung, eine Atmo­sphäre. Wenn die Deutschen die Absicht haben, diese zu be­unruhigen, werden sie sich in eine schiefe Lage bringen. Und abgesehen davon, bildet sich dort eine Art einheitlicher Zu­sammenarbeit heraus, die sich etivas. über die materiellen Begehrlichkeiten und über den elementarsten Egoismus er­hebt. Es ergibt sich die Notwendigkeit der Harmonie der verschiedenen Mitglieder, die an den Arbeiten teilnehmcn. Und Deutschland wird gut tun, sich ihr anznpassen, wenn es in Genf eine Rolle spielen will." Der bedeutende Mann, der dieses sagte, heißt Brianö. Das Wort fiel in seiner großen Locarnorede vom 28. Februar 1926. Die Rolle, die Deutsch­land in Genf erwarten durfte, wurde bet uns als gute Mit­telrolle angesehen. Sie ist sehr klein geworden. Was init den deutschen Sorgen geschieht, bestimmt die Völkcrbundsbüro- kratie selbstherrlich. Wir sind ihr Objekt geworden. Sie hält stets einen Ausschuß bereit, um uns cinzufangen.

Wenn wir jetzt wieder in den Vordergrund des Geschehe­nen geschoben worben sind, so kam das leider nicht durch un­sere Tatkraft in der Wahrnehmung der deutschen Notwen­digkeiten, sondern durch die Macht der Ereignisse. In jener wahrlich großen Rede, der großzügigsten, die ein Franzose in leitender Stellung nach dem Kriege gehalten hat. heißt es seherisch: »Alle Völker hegen den Wunsch, sich einander zu nähern. Man versuche ein Europa zu schaffen, das nicht län­ger gesetzlos und unzusammenhängend dasteht. Sehen Sie denn nicht, daß im Reich der Wirtschaft die Anarchie herrscht? Sehen Sie denn nicht all die ungeheuren Industrien, die un­ter Volldampf arbeiten, vermutlich über die Abnahmesähig- keit der Kundschaft hinaus? Was wird geschehen, wenn die Völker sich nicht verständigen, sich nicht organisieren? Wenn die wirtschaftlichen Ursachen des Krieges, die bei weitem tiefsten und schwerwiegendsten nicht verschwinden? Glauben Ste selbst, daß es sozialen Frieden geben kann? Nein! Also ist es unbedingt notwendig, sich zu verständigen " Wie aktuell ist ln diesem Augenblick jene Locarnorede Briandsl In welch vollkommenem Grade gibt sie Clemenceau recht, der

über die beiden gegensätzlichsten und bedeutendsten französs- schen Staatsmänner unserer Zeit sagte:Poincarö wettz alles und versteht nichts; Brianb weiß nichts und versteht alles!"

Man kan» nicht sagen, daß Briand nichts getan hätte, um die von ihm aufgeworfenen Fragen einer befriedigenden Lösung entgegenzuführen. Aber wie langsam kam dte Rhein- landränmung trotz Locarno und wie weit sind wir noch ent- fernt von der unvermeidlichen Grenzlüsung im Osten, wenn die Völker Frieden haben sollen. Hier sind die militärische« Kräfte stärker gewesen als der französische Außenminister. In Genf schnf jedoch seine eigene Bürokratie die Hindernisse einer logischen Fortentwicklung der Locarnopolittk durch dis Fülle der Verschleppungsausschüsse nichr für, sondern gegen Abrüstung, gegen den Wirtschaftsfrieden. gegen die Minder- heitenrcchtc, gegen die Lockerung der schlimmsten Fessel eines gesunden deutschen und europäischen Lebens, des Versailler Vertrages. In diesen Fragen leistete Briand der Schädi­gung des Locarnvgeistes und der Vvlkerbundsaufgaben zweifellos Vorschub. Vielleicht aus tnnerpviitischen taktisch:» Erwägungen, jedoch mit schwersten friedenslähmenden Wir­kungen. Dennoch ist auch ein anderes Wort seiner Lvcarno- redc von 1626, deren genaue Lektüre im Wortlaut sich im­mer gelohnt hat, weil sie in vielen Fragen die Schleier lüf­tet, in diesem Augenblick im höchsten Grade zeitgemäß; Frankreich ist der Meinung, daß Deutschland eine Rolle zu spielen hat; in Europa und in der Weit. Verschiedene Völ­ker und ihre verschiedenartigen Geistesrichtnngen machen das Gleichgewicht der Welt ans. Eines von ihnen ver­schwinden zu lassen oder zu verkleinern, wenn man ihm die Geltung seiner Rasse und seiner Geistesart. soweit sie ande­ren Völkern unschädlich sind, unmöglich macht, wäre ein Ver­brechen gegen die Menschheit!"

Jetzt wäre es Zeit, Herrn Brianö in Genf zuznrufen: Wie lange soll dieses Verbrechen geqen die Menschheit, die sinnlose Ausplünderung und Niederhaltunq des deutschen Volkes, noch fortgesetzt werden? Die Europabesprechung und die Ratstagung greifen ja mitten hinein in das deutsche und gleichzeitig das Unglück Europas: Wirtschaftskrise. Zoll­krieg infolge der gleichgewichtsstörcndcn Trtbutplänc; Kriegsgefahr infolge Bruch der Vermisse: Abrüstungsbe- stimmungcn durch die ehemaligen Gegner Deutschlands; Kriegsgefahr durch die östlichen Wahnsinnsgrenzen.

Der Völkerbund ist in diesen Fragen am toten Punkt. Seine Bürokratie steuerte uns unter iheem französischen Uebergewicht durch fruchtlose Ausschüsse noch härter an die klippenreichen Probleme heran. Das Völkerbundsschisf führt schon ohne Wind. Jetzt muß das Steuer herumgeworfen werden, wenn es nicht auf die Klippen geworfen werden soll. Genf und die Welt kommen erst wieder weiter wenn sie end­lich erkennen: Revision der Tribute. Revision der deutsche« Grenzen!

Das aeslürzle Kabinett Steeg

Bei eurer Abstimmung in der Kammer ist dte französi­sche Negierung ganz übrrraschend gestürzt worden. Ste blieb mit 293 gegen 283 Stimmen in der Minderheit. Das gesamte Kabinett hat sofort seinen Rücktritt etngereicht, der auch angenommen wurde. In gut unterrichteten parlamen­tarischen Kreisen rechnet man nunmehr mit einem Kabinett Laval.

Unser Bild zeigt die zurückgetretene Regierung: 1. den Kriegsminister Potnleoe, 2. Ministerpräsident Steeg,

und Kommunisten. Polizei mußte eingrclfen. um die strei­tenden Parteien zu trennen. 7 Personen wurden leicht und eine schwer verletzt. 34 Personen wurden zwangsgestellt.

T«s neue englische Schulgesetz angenommen. Das neue englische Schulgesetz, das den Besuch der Schule bis zum 15. Lebensjahr vorsieht, ist im Unterhaus in dritter Lesung mit 266 gegen 238 Stimmen angenommen worden. Es tritt jedoch erst in etwa zwei Jahren in Kraft.

Staatsbesuch des litauischen Ministerpräsidenten in Lett­land. Der litauische Ministerpräsident Tubelis traf zu einem Besuch des lettländischen Staatsoberhauptes in Riga ein. Der Besuch des litauischen Ministerpräsidenten deutet einen weiteren Schritt zur Annäherung Lettlands und Litauens.

Deutsche Schulklassen ln Südslawien genehmigt. Der süd­slawische Unterrichtsmtnister hat nach einer Meldung der DAZ." aus Belgrad die Errichtung von etwa 56 neuen Schulabteilungcn für die deutsche Minderheit Sübslawiens genehmigt. Die Gesuche wurden auf Grund der Bestimmung des Volksschulgesctzes, daß bet Vorhandensein von minde­stens 30 Schülern Mlnderheitenabteilungen zu errichten sind, bereits im Sommer 1930 von 98 Mtnderheitengemeinden cingeretcht.

Die Verhandlungen über die Ukrainer Beschwerden ver­schoben. Die Beschwerden beim Völkerbund über die Ge-

3. Handelsmtnister Loucheur, 4. Außenminister Briand. 5. Justtzmtntster Cheron und 6. Landwirtschastsmtntster Boret, über den das Kabinett gestürzt ist. Boret ist in eine neue politische Skandalaffäre verwickelt, die wohl dem Oustrtc-Skandal nachsteht, jedoch ebenfalls ein bezeichnen­des Licht auf die merkwürdige Verquickung von Politik und Geschäft wirft, wie sie in Frankreich üblich ist. Links ln der Ecke der voraussichtliche neue Ministerpräsident und frühere Arbeitsmtntster Laval.

waltmaßnahmen der polnischen Regierung in der Ukraine sind in dem Dreierausschuß für dte Minderheitenfrage zur Verhandlung gekommen. Der Ausschuß beschloß, sämtliche Beschwerden auf der Mattagung des Rates im Dreieraus- schuß zu behandeln.

Sparprogramm der argentinischen Regierung. Wie aus Buenos Aires gemeldet wird, hat die argentinische Negie­rung ein großes Sparprogramm entworfen, das uilter an­derem eine Kürzung der Beamtengehälter bis zu 22 Prozent vorsteht. _,

Schiffe im Packeis einaeschlossen

TU. Ntga, 26. Jan. Ein Funkspruch des Kapitäns deS lettländischen DarnpfersKoupo" besagt, baß der Dampfer mit 16 anderen Schissen, darunter auch einigen deutschen, 29 Kilometer westlich von Kronstadt nach wie vor im schwe­ren Packeis liege. Am Mittwoch haben drei russische Eis­brecher 12 Dampfer von Leningrad durch das Packeis in bas freie Wasser geführt. Die Befreiung der noch fest liegenden 16 Dampfer wird voraussichtlich noch eine Woche dauern. Das EiS wird immer schwerer. Die Verpflegung und bas Heizmaterial reichen auf dem lettländischen Dampfer nur noch für 7 bis 10 Tage. In Leningrad liegen, vom Eis über, rascht, noch weitere 15 Dampfer fest.