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B®KANNTMACWUN<pEN DES LA NO« ATS AMTES UND DER BEHÖEDEN

Calw Freitag, 19. Mai 1950 Nr. 20

Auflockerung des Mieterschutzes und der Wohnraum­bewirtschaftung bei Neubauten und Umbauten

Das Erste Wohnungsbaugesetz vom 24. April 1950 will Erleichterungen für den gesamten Wohnungsbau schaf­fen. Es beschränkt sich dabei nicht auf den mit öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungsbau, sondern auch der steuerbe­günstigte und der frei finanzierte Woh­nungsbau sollen günstige Auswirkungen auf die Privatinitiative geben. So werden für den nur durch Steuervergünstigung angeregten Wohnungsbau und für den frei finanzierten Wohnungsbau die Bestimmun­gen über die Wohnraumbewirtschaftung und teilweise auch diejenigen des Mieter­schutzgesetzes aufgehoben. Beim steu­erbegünstigten Wohnungsbau wird die Miete dagegen auf die sogenannte Kosten­miete beschränkt, d. h. auf den Betrag, der die notwendigen Zins- und Tilgungslasten sowie sämtliche Bewirtschaftungskosten deckt. Dagegen entfallen beim völlig frei finanzierten Wohnungsbau die Beschrän­kungen der Preisbildung. Wenn der Zweck der Gesetzes, nämlich den Wohnungsbau unter besonderer Bevorzugung des Baues von Wohnungen, die nach Größe, Ausstat­tung und Miete (Lasten) für die breiten Schichten des Volkes bestimmt und geeig­net sind, als vordringliche Aufgabe zu för­dern, erreicht werden soll, so bietet neben den anderen Förderungsmaßnahmen gerade auch die im Gesetz vorgesehene Auflocke­rung der Wohnungszwangswirtschaft einen genügenden Anreiz zur Schaffung von neuen Wohnungen. Das Wohnungsbauge­setz unterscheidet je nach dem Umfang der geschaffenen Erleichterungen drei Arten des Wohnungsbaues:

I. den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau unter Einsatz öffent­licher Mittel,

II. den steuerbegünstigten Wohnungsbau und

ITT. den frei finanzierten Wohnungsbau.

Es soll nun im folgenden bei jeder dieser 3 Arten ein Überblick über die Auswirkung der Lockerung der Wohnraumbewirtschaf­tung gegeben werden, wobei diese Auswir­kung auf die folgenden Ausflüsse der Wohnraumzwangswirtschaft

A) Wohnraumbewirtschaftung nach dem Wohnungsgesetz des Kontrollrates,

B) Beschränkung der Preisbildung nach den Preisvorschriften,

C) Mieterschutz nach dem Mieterschulz­gesetz

zu untersuchen ist.

I. Der frei finanzierte Wohnungsbau

Als frei finanzierter Wohnungsbau wird das Bauvorhaben bezeichnet, das ohne Ein­satz öffentlicher Mittel (also ohne zinsver­billigte oder zinslose Darlehen oder Zu­schüsse für die nachstellige Finanzierung) durchgeführt wird, und bei dem eine Inan­spruchnahme einer Steuervergünstigung nicht erfolgt oder nicht erfolgen kann. Grundsteuervergünstigung bekommen nur diejenigen Wohnungen, deren Wohnfläche 80 Quadratmeter nicht übersteigt und für die bei einer Vermietung höchstens die sog. Kostenmiete erhoben wird. Näheres siehe bei Ziffer II.

A) Wohnraumbewirtschaftung

Der frei finanzierte Wohnungsbau ist von der Erfassung und Zuteilung durch die

Wohnungsbehörden freigestellt. Es findet somit bei diesen Wohnungen weder eine Wohnraumerfassung noch eine Wohnraum- zuteilung statt. Die Aufhebung der Wohn­raumbewirtschaftung gilt rückwirkend für alle Wohnungen, die nach dem 31. 12. 1949 bezugsfertig geworden sind. Alsbezugs­fertig ist ein Gebäude dann anzusehen, wenn den zukünftigen Bewohnern nach der Verkehrsauffassung zugemutet werden kann, das Haus zu beziehen. Die Aufhe­bung der Wohnungszwangswirtschaft ist ein gewisses Wagnis. Der Bundestag hat daher eine Entschließung gefaßt, wonach Anfang November 1950 überprüft werden soll, ob die Auswirkungen der Auflocke­rung soziale Bedenken ergeben. Eventuell würden dann für zukünftige Bauten neue Bestimmungen getroffen werden müssen.

Ein Vermieter, der für seinen Mieter eine Wohnung baut, hat. gegenüber dem Wohnungsamt den Anspruch auf Zu­teilung der dadurch freigewordenen Räume, wenn der Mieter auf Grund freier Ver­einbarung in die für ihn erstellte Woh­nung zieht. Dieses bereits in einigen Län­dern bestehende System desFreikaufs gilt daher jetzt im ganzen Bundesgebiet. Die Freimachung der Wohnrüume kann nicht ohne vertragliche Vereinbarung durch Gerichtsurteil oder Verfügung der Woh­nungsbehörde erzwungen Werden. Jeder Zwang gegen den Mieter ist. dadurch aus­geschlossen.

B) Preisbildung

Auf frei finanzierte Wohnungen finden die Vorschriften über die Preisbildung bei Mieten keine Anwendung mehr. Es tritt jetzt die freie Marktmiete neben die Preis­bindung, die bei den übrigen Wohnungs- verhältnissen noch gilt. Der Mietpreisstop des Jahres 1936 ist dadurch unterbrochen

und das seither erstarrte Mietpreisgefüge gelockert worden.

C) Mieterschutz

Auch auf dem Gebiet des Mieterschutzes schlägt das Wohnungsbaugesetz für den frei finanzierten Wohnungsbau die erste Bresche in ein Gebiet der Wohnungs­zwangswirtschaft, das erstmals seit dem Jahre 1917 in mehr oder weniger schroffer Form unser Wohnungswesen derart durch­drungen hatte, daß diesesMietnotrecht" seit dem Jahre 1936 ein Dauerzustand ge­worden war. Auf frei finanzierte Wohnun­gen finden nunmehr die Vorschriften der §§ 119 und 2431 des Mieterschutzgeset­zes keine Anwendung mehr. Damit sind die frei finanzierten Wohnungen im we­sentlichen vom Mieterschutz befreit wor­den. Bestehen bleiben lediglich die beson­deren Schutzbestimmungen für Werk- Wohnungen und werkgeschützte Woh- nungen nach §§ 20 bis 23 b des Mieter­schutzgesetzes. Der Mieterschutz au Wcrk- wolinungen wird daher in einer späteren Nummer ausführlich behandelt werden.

Für jedes Mietsverhältnis der frei fi­nanzierten W T olinungen gelten jedoch noch besondere Schut^vorSchriften des Mieterschutzgesetzes nach wie vor wei­ter. Wohl ist der eigentliche Mieterschutz aufgehoben, es sind aber noch einige Si­cherungen für den Mieter, die im Bürger­lichen Gesetzbuch nicht enthalten sind, aus dem Mieterschutzgesetz besonders aufrecht erhalten worden. Im einzelnen sind dies:

1. Beim Tod des Mieters treten die zum Hausstand des Mieters gehörigen Familien­angehörigen in die Rechte und Pflichten des Mieters ein. In diesem Fall hat der Vermieter kein Kündigungsrecht. Diese Be­stimmungen zugunsten der Familienange­hörigen des verstorbenen Mieters gelten nicht für Geschäftsräume und für gewerb­lich genützte unbebaute Grundstücke. Fer­ner hat der überlebende Ehegatte eines verstorbenen Mieters ein Kündigungsroidit,

Bekanntmachungen des Landratsamts

Hagelversicherung

Das Landwirtschaftsministerium Tübin­gen gibt bekannt:

Die derzeitige wirtschaftliche Lage der Landwirtschaft verlangt von den Inhabern landwirtschaftlicher Betriebe mehr denn je, daß sie ihre Felderzeugnisse gegen Hagel­schaden versichern. Der zur Förderung und Erleichterung zwischen Südwürttemberg und der Nordd. Hagelversicherungsgesell­schaft bestehende Vertrag ist auch für das Jahr 1950 fortgesetzt worden. Nach diesem Vertrag sind die Landwirte in Südwürttem­berg, die sich bei der Nordd. Hagelversi­cherungsgesellschaft versichern, nach Ent­richtung der Nettoprämie und des Zuschla­ges für den Hagelversieherungsfonds, da­für 1950 auf 75 v. H. (Senkung um 5 v. II.) der Nettoprämie festgesetzt wurde, v o n jeder Nachschußpflicht befreit. Es muß daher erwartet werden, daß von dieser günstigen Versicherungsmöglichkeit überall Gebrauch gemacht wird.

Landwirte, die trotzdem ihre Felderzeug­nisse gegen Hagelschaden nicht versichern und im Falle eines Hagelschlages dadurch in Not kommen, haben keinerlei Unterstüt­zung aus öffentlichen Mitteln zu erwarten.

Landratsa m t

Änderungen am Wasserbetrichswcrk da Firma Ernst Burk har dt & ('<)..

Sägewerk in Unterreichcnbaeh (T 24)

Die Firma Ernst I)urkliardt & Co., Säge­werk in Unterreichenbach, hat die Geneh­migung zum Einbau einer zweiten Turbine und eines neuen Einlaufrechens im Was­sertriebwerk T 24 in Unterreichenbach be­antragt.

Einwendungen gegen das Wasserbauvor­haben sind binnen 14 Tagen, vom Tage der Bekanntmachung an gerechnet, beim Land­ratsamt schriftlich oder zu Protokoll ein­zureichen. Die Gesuchsunterlagen liegen während der Einspruchsfrist beim Land­ratsamt Zimmer Nr. 11 zur Einsicht­nahme auf. L a n d r a t s a in t

Hebammcnniedcrlassung in Calmbach

Die Hebamme Frau Luise We ssinger in Calmbach tritt am 1. "6. 1950 nach un­unterbrochener 40jähriger Dienstzeit in den Ruhestand. An ihre Stelle tritt Frau Marie B o d a m e r, bisher in Höfen als Hebamme tätig. Als Wohnsitz wurde ihr Calmbach zugewiesen. Neben Calmbach ist sie auch für die bisher von ihr versorgte Gemeinde Höfen zuständig.

Lr-a-nd ratsamt