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BEKANNTMACHUNGEN DES LANDRATSAMTES UND DER BEHÖRDEN

Calw

Freitag, 27. Januar 1950

Nr. 4

Die Pflege der Gemeindearchive

Von Adolf Reile

Den Inhalt eines Gemeindearchivs bil­den solche Urkunden, Akten, Karten, Pläne usw. örtlicher Herkunft, die zwar für die Gegenwartsaufgaben der Verwaltung nicht mehr gebraucht werden, deren Inhalt aber geschichtlich wertvoll ist. Alle diese Stücke sind gefährdet in dem Moment, in dem sie aus dem aktiven Dienst ausschei- den, indem sie gewissermaßen pensioniert werden. Es ist in diesem Falle soweit nicht gesetzliche Vorschriften für die Auf­bewahrung vorliegen darüber zu ent­scheiden, ob es sich lohnt, das betreffende Stück zu erhalten, oder ob es ausgeschie­den worden soll. Aktenausscheidungen sind schon aus Raumgründen nie ganz zu um­gehen. Vom Standpunkt des Historikers aus sind sie im Grunde genommen immer mehr oder weniger bedauerlich; denn für die wirklich eindringende Fosehung ist je­des noch so unwesentlich scheinende Stück für irgendwelche Frage unter Umständen bedeutsam. Es kann sich also bei Aus­scheidung nur darum handeln, den unver­meidlichen Verlust so gering wie möglich zu machen.

Wenn man die furchtbaren Zerstörungen bedenkt, die der Krieg an sachlichen und sittlichen Werten angerichtet hat, dann mag es unangebracht erscheinen, über Schäden zu klagen, die unter demAlt­papier der Archive und Registraturen entstanden sind. Dieser Standpunkt mag verständlich sein bei demjenigen, dem das Archivgut eben Altpapier ist. Wer da­gegen in der Pflege der heimatlichen Über­lieferung eine Hilfe im Kampf gegen mo­ralische und materielle Verwirrung unse­rer Zeit sieht, der darf sich mit dieser oberflächlichen Anschauung nicht zufrie- * den geben. Unsere Not ist so groß, daß auch die kleinste und scheinbar neben­sächlichste Möglichkeit zu ihrer Bekämp­fung nicht gering geachtet werden darf.

Die direkten Schädigungen der Gemein­dearchive unseres Kreises durch Kriegs­zerstörungen sind glücklicherweise rela­tiv unbedeutend. Die friedliche geräusch­lose Tätigkeit der Altpapiersammlungen hat dagegen in vielen Gemeinden weit grö­ßere Verheerungen angerichtet. Wenn auch der innere Wert des Archivguts nicht allgemein erkannt ist, so war es doch gele­gentlich geschätzt wegen seines Heizwertes und als Kompensationsware bei der Be­schaffung von Tapeten und Formularen. Ob und wie weit die Archivbestände über die vielfachen Anfechtungen der Kriegs­und Nachkriegszeit hinübergerettet wur­den, dafür war in erster Linie das mehr oder weniger große Verständnis des Orts Vorstehers entscheidend. Die Erfahrungen hierüber bewegen sich in den einzelnen Gemeinden von Tiefschwarz über alle Grau­stufen bis Weiß. Zwar fehlte es nicht an den notwendigen gesetzlichen Vorschriften. Es bestand auch schon lange die Einrich­tung der ehrenamtlichen Archivpfleger, d. h. von Männern, denen der Auftrag er­teilt war, sich der Gemeindearchive für­sorglich anzuhehmen, ihre Bestände zu überwachen, für die sachgemäße Aufbewah­rung zu sorgen und die Bürgermeister bei Ausscheidungen zu beraten. Alle diese Tä­tigkeiten standen aber zu einem großen Teil auf dem Papier; die personellen und sachlichen Schwierigkeiten dieser Arbeit

ich spreche hier aus meiner Erfahrung im Altkreis Neuenbürg waren so ungemein groß, daß von einer umfassenden und un­ausgesetzten Durchführung der Archiv­pflege m sämtlichen Gemeinden keine Rede sein konnte. Im Großkreis Calw ist heute die Aufgabe für den Archivpfleger nicht leichter geworden. Es wird schon viel er­reicht sein, wenn jeder Bürgermeister des Kreises überhaupt weiß, daß die Bewah­rung des Archivguts ein Problem ist, daß es eine Stelle gibt, die sich für das Schick­sal seines Gemeindearchivs interessiert und an die er sich wenden kann, wenn er über irgendeine einschlägige Frage im Zweifel ist. Wenn die Archivpflege nicht bloß auf dem Papier stehen soll, so muß erreicht werden, daß jedem Gemeindear chiv jährlich einmal ein Besuch gemacht werden kann. Daß dies einem einzelnen Mann im Kreis unmöglich ist, leuchtet ein, zumal ja die ganze Arbeit nebenberuflich geleistet werden muß. Als Bezirkspfleger habe ich mir die Aufgabe gestellt, im gan­zen Kreis interessierte Menschen zu fin­den, die hier bereit sind, mitzuarbeiten. Ich würde die Aufgabe für gelöst halten, wenn es gelänge, wenigstens in einer An­zahl von größeren Orten je einen solchen Mitarbeiter zu finden, der von seinem Wohn­sitz aus einmal im Jahr einige der umlie­genden Gemeinden besuchen würde. Je grö­ßer die Zahl der Mitarbeiter wäre, umso enger könnte ein Netz der Archivpflege über den Kreis gelegt werden, umso klei­ner könnte die Zahl der Gemeinden gehal­

ten sein, die der einzelne zu betreuen hätte und umso intensiver wäre die Wir­kung. Einen nennenswerten Erfolg haben meine Bemühungen bis heute nicht gehabt. Es ist zwar nicht schwer, Titulararchiv- pfleger zu finden; damit ist aber der Sa­che nicht gedient.

Solange ein ausreichender Ausbau des Archivpflegersystems nicht erfolgt ist, sind wir darauf angewiesen, daß alle Bür­germeister aus eigener Initiative alle Maß­nahmen treffen, die für die Erhaltung und sachgemäße Aufbewahrung ihrer Gemeinde­archive notwendig sind. In Zweifelsfällen ist jede Anfrage willkommen und wird, wenn irgend möglich, an Ort und Stelle beant­wortet werden. Vor allem darf erwartet werden, daß keine Ausscheidungen vorge­nommen werden, ohne daß dem Archiv­pfleger Gelegenheit gegeben wird, sich dazu zu äußern.

Es wird wenige Gemeinden im Kreis Calw geben, die weltbewegende Stücke in ihrem Archiv bewahren. Wer aber damit seine Gleichgültigkeit gegen unsere Ar­beit entschuldigen wollte, der verkennt ihren S inn vollkommen. Der Sinn eines Ge­meindearchivs erschöpft sich nicht darin, ein wohlgeordnetes Raritätenkabinett mög­lichst großer Seltenheiten und papierener Mumien, eine Art Aktenfriedhof, zu sein. Die Archivbestände sind nicht Selbstzweck; sie sollen vielmehr Anregung geben zu planmäßiger -Förderung der Heimatge­schichte. Diesem Zweck kann das Archiv nur dienen, wenn es vollständig und wohl geordnet ist Die Archivpflege ist daher eine unter mehreren Voraussetzungen zur Pflege der Heimatgeschichte. Daß die Hei­matgeschichte ihrerseits keine akademische

Bekanntmachungen des Landratsamts

Statistische Erfassung der verdrängten Be­amten und ehern. Berufssoldaten

(Personenkreis, der unter Art. 131 des Gundgesetzes fällt)

Das Landratsamt weist wiederholt auf die statistische Erfassung des unter Ar­tikel 131 des Grundgesetzes fallenden Per­sonenkreises (verdrängte Beamte, ehe­malige Brufssoldaten usw.) hin (vgl. Amts­blatt Nr. 2 vom 13. 1. 1950). Es ist für die­sen Personenkreis wichtig, im Rahmen die­ser Erhebung durch Ausfüllung einer Zähl­karte erfaßt zu werden.

Das Bundesinnenministerium hat den Termin für die Ausfüllung der Zählkarte bis zum 28. Februar 1950 verlängert. Bis zu diesem Zeitpunkt können die ausgefüll­ten Zählkarten bei den Bürgermeister­ämtern abgegeben werden. Nachzüglermel­dungen können nur in Ausnahmefällen an­genommen werden.

Nähere Auskünfte erteilen die Bürger­meisterämter. Landratsamt

Warnung vor Verwendung von feuer­gefährlichen Wandplatten

Es ist bekannt geworden, daß schwefel­haltige Platten zur Verkleidung von Wän­den in Gebäuden verwendet werden. Die Platten kommen meistens als Kunstmarmor in den Handel und werden fälschlicherweise alsMajolika bezeichnet Nach Unter­suchungen des Chemischen Landesunter­suchungsamtes Stuttgart bestehen die Plat­ten aus Schwefel und Sand mit einem Schwefel gehalt bis zu 80% und sind in hohem Maße feuergefährlich

Der Einbau derartiger schwefelhaltiger Platten in Gebäuden jeglicher Art steht mit Art. 68 BO. in Widerspruch und ist ver­boten, da die Platten den Anforderungen der Sicherheit nicht entsprechen. Wenn solche Platten schon eingebaut sind, müssen diese auf Grund von Art. 68 BO. wieder entfernt werden.

Als Herstellerfirmen sind bis jetzt be­kannt geworden:

1. Berthold Huhn, Stattgart, Wolframstr. 4850

2. Louis Jennewein, Stuttgart, Sonnenberg­straße 72, BetriebRocca in Böblingen (Produktion angeblich eingestellt)

3. Willy Bürkle, Stuttgart, Im Vogelsang 49 (Produktion angeblich eingestellt)

4. Firma Syma, Bad Friedrichshall (Pro­duktion angeblich 9eit. Ende 1948 einge­stellt)

5. W. Kämmerer, Baustoffe, Hanau (Main), Philippruh-AIlee 21

6. Hessische Kunstmarmor-Industrie, Wies­baden-Biebrich. Landratsamt

Viehmärkte in Unterreiehenbach Die Gemeinde Unterreichenbach sucht um Verlängerung ihrer früheren Erlaubnis zur Abhaltung eines Rindvieh- und Schweine­marktes, je am letzten Montag der Monate März, Juli und Oktober, auf weitere 5 Jahre nach.

Einwendungen gegen dieses Gesuch sind binnen 14 Tagen beim Landratsamt in Calw anzubringen.

Calw, den 23. Januar 1950

Landratsamt