Neue Gesetze
Im Regierungsblatt Nr 8 vom 21. 2. 1949 sind zwei wichtige Gesetze veröffentlicht. Zunächst das Notleistungsgesetz vom 11 1. 1949. Dieses Gesetz tritt an die Stelle des Reichsleistungsgesetzes vom 1 9 1939. Damit hat der Gesetzgeber den staatlichen Stellen die Möglichkeit gegeben, Leistungen zu verlangen, die zur Beseitigung einer Notlage notwendig sind, wenn und soweit dies im Interesse des öffentlichen Wohles erforderlich ist. Voraussetzung ist grundsätzlich, daß der erstrebte Zweck auf andere angemessene Weise nicht verwirklicht werden kann.
Leistungspflichtig sind alle natürlichen und juristischen Personen, die im Staatsgebiet ihren Wohnsitz oder Sitz haben oder Vermögen besitzen. Von der Leistungs- flicht ausgenommen sind lediglich der taat und Ausländer unter bestimmten Voraussetzungen.
Eine Leistungssteile wurde beim Innenministerium gebildet. Vorgesehen ist, daß für bestimmte Leistungsarten oder auch in Einzelfällen die Befugnisse dieser Stelle auf andere staatliche oder kommunale Stellen übertragen werden können
Der Gegenstand der Leistungspflicht bestimmt sich nach § 5 und kann darin bestehen, daß Sachen zum Gebrauch oder son-- stieen Verwendung überlassen werden müssen oder das Eigentum oder sonstige Rechte an beweglichen Sachen auf andere übertragen werden oder schließlich, daß die Ausübung von Rechten unterlassen oder anderen überlassen wird. Für gewerbliche, landwirtschaftliche oder forstwirtschaftliche Betriebe i«t zudem vorgesehen, daß /sie verpflichtet werden können, über bewegliche Sachen und Rechte bestimmte Rechtsgeschäfte abzuscbließen, Sachen und Rechte in bestimmter Weise zu gebrauchen oder zu verwenden und endlich Sachen zu beschaffen einzulagern, herzustellen oder bereit zu halten
Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang die Bestimmung des § 9, daß die Zuweisung an den Leistungsempfänger an Auflagen geknünft werden kann und daß die Le'stunesquelle die Rückübertragung anordnen kann Man darf annehmen, daß diese Vorschrift ihren Ursprung in den Erfahrungen der letzten Jahre hat. Es besteht durchaus das Bedürfnis, daß solche Anord
nungen, die unter dem Zwang der Verhältnisse die Übertragung von Eigentum vorsehen, später wieder rückgängig gemacht werden können. Es ist auch für die Leistungsstelle bereits bei der Leistungsanordnung übersehbar, ob mit einer solchen Möglichkeit zu rechnen ist.
Wichtig ist auch die Bestimmung des § 6. daß die Inanspruchnahme von Räumen nur insoweit verlangt werden kann, als der Leistungsptlichtige dadurch nicht an der Benützung der für seine Wohn-, Berufs-, Wirtschafts- und Gewerbebedürfnisse unentbehrlichen Räume gehindert wird. Es können Räume in Anspruch genommen werden zur vorübergehenden Unterbringung von Personen, sowie Stallungen. Werkstätten, Arbeitsräume usw. Dieser Bestimmung dürfte unter Umständen eine gewisse Wichtigkeit bei der Unterbringung von Ausgewiesenen zukommen.
Wie schon im Reichsleistungsgesetz ist vorgesehen, daß die Anordnung der Leistung schriftlich zu erfolgen hat und dem Leistungspflichtigen und dem Leistungs- empfänger mitzuteilen ist. Gegen die Verfügung der Leistungsstelle ist Beschwerde möglich
Der Leistungspflichtige hat gegen die Leistungsstelle Anspruch auf eine angemessene Entschädigung. Der Leistungsempfänger kann zum Absch'uß eines Vertrags ver- nflichtet werden, auf Grund dessen er dem Leistungspflichtigen eine Entschädigung zu bezahlen hat. Gegen die Festsetzung des Vertrags zwischen dem Leistungspflichtigen und dem Leistungsempfänger kann das ordentliche Gericht angerufen werden, das aber nibht' befugt ist, die Leislungs- anordnung selbst abzuändern.
Mit diesem Gesetz ist eine fühlbare Lücke geschlossen worden, da das Reichsleistungsgesetz den heutigen Bedürfnissen nicht mehr entspricht
Es darf die Vermutung ausgesprochen werden, daß von den Möglichkeiten des Gesetzes nur sparsam Gebrauch gemacht werden soll Schon die Voraussetzungen zeigen, daß der Gesetzgeber tatsächlich nur echte „Notleistungen“ erfassen will. Dies kommt weiterhin auch dadurch zum Ausdruck, daß zunächst zum mindesten das Ministerium
Sprechtage des Landratsamts Die nächsten Sprechtage des Landratsamts finden wie folgt statt: in Nagold (Rathaus) am Dienstag, den 5. 4. 1949, vormittags von 9—12 Uhr, in Alten steig (Rathaus) am Dienstag, den 5. 4 1949, nachm. 14.20 bis 17 Uhr, in Neuenbürg (Rathaus) am Donnerstag, den 7. 4. 49, vormittags 9—12 Uhr, in Herrenalb (Rathaus) am Donnerstag, den 7. 4. 49, nachmittags 1430 Uhr bi 17 Uhr.
Die Einwohnerschaft der, Bezirke Nagold und Neuenbürg wird auf die Möglichkeit, einen Weg in die Kreisstadt Calw zu ersparen, hingewiesen und aufgefordert, von der Einrichtung der Sprechtage regen Gebrauch zu machen.
die Leistungsstelle sich selbst Vorbehalten Hat. Ein weiteres Moment zur Vorsicht ergibt sich daraus, daß dem Leistungspflichtigen ein Anspruch gegen die Leistungsstelle zusteht. Wohl kann der Empfänger verpflichtet werden, eine Entschädigung zu bezahlen; wie die Dinge in der Wirklichkeit liegen, wird aber vielfach die Last der Leistungsstelle verbleiben.
Auf der anderen Seite ist für jeden, der mit den Dingen in der Praxis zu tun hat, klar, daß die Verwaltungsstellen mitunter die Möglichkeit haben müssen, über die Schranken des Eigentums hinweg Regelungen zu treffen
Das zweite Gesetz, auf das ebenfalls kurz hingewiesen sei ist das Flußbaugesetz vom 11. 1. 1949 Auch dieses Gesetz schließt eine Lücke und regelt die Instandhaltung und den Ausbau von Gewässern. Das Gesetz ist gegliedert in 6 Abschnitte, von denen für die breite Öffentlichkeit besonders interessant sind die Bestimmungen des Abschn. V über Hochwasserschutz, die es den zuständigen Stellen ermöglichen, eine Reihe von Maßnahmen anzuordnen. In unserem Kreis ist hiervon durch eine vorläufige Anordnung vom 7. 3. 1949 Gebrauch gemacht worden.
Für unseren Kreis ist weiterhin besonders bedeutsam, daß die Instandhaltung der großen Enz sowie der Nagold vom Staat übernommen worden ist. Eine nähere Darstellung folgt von berufener Seite. N.
Flußbaugesetz für Südwürttemberg
chenden Positionen der Punktliste sind zu ändern.
Grupoenziffer 1011: Anzüge, dreiteilig, neuer Punktwert 65: 1021: Anzüge, zweiteilig. 57; 1031: Sakkos und Janker gefüttert 37; 1051: Hosen 20; Uli: Stutzer (üb. 82 qn Gr 481 57; 1121: Wintermäntel 77; 2011- Sommerkleider 10;' 2016: Sommer- Umstandskleider 10; 2081. 4081: Kostüme 45: 2121: Wintermäntel 52: 3121: Wintermäntel 37; 4011: Sommerkleider 6; 4121: Wintermäntel 35; 8151: Sch'af- und Reisedecken aus Wolle his 140X200 cm 30: 8155. SHdafdecken aus Wolle 100 v 140 c m 15 ; S’öö- Schlafdecken aus Wolle 70yi00e m 7; 8161: Schlaf- ttnd Reisedeckcn aus Baumwolle 140 X 200 cm 18: 3165: Sch’afdecken aus Baumwolle 100X140 cm 9: 8166: S"h1af- decken aus Baumwolle 70x100 cm 5: 8181. Steppdecken 150X200 cm 40; 8135: Steppdecken 100X150 cm 20: 8191: Kinderwagen decken 50X70 6: 9641: Dekorationsstoffe bis 300 g qm 120 cm 4: 9651: Gardinenstoffe 125 cm 4; 9658: Tülle- und Gitterstoffe 150 cm 4 ; 9661: Möbelstoffe 130 cm 8 Punkte
Diese Liste gilt auch für die entsprechende Meterware, wenn mindestens die Menge bezogen wird die zur Herstellung eines der genannten Artikel erforderlich ist.
2 Diese Anordnung tritt am 1. April 1949 in Kraft.
Wirtschaftsministerium — Landeswirtschaftsamt —
Der Landtag von Südwürttemberg und Hohenzollern hat am 11. Januar 1949 ein Gesetz über die Instandhaltung und den Ausbau von Gewässern (Flußbaugesetz) beschlossen, das im Regierungsblatt Seite 41 veröffentlicht ist. Damit wurde eine Lücke in der Württ. Wassergesetzgebung geschlossen die in der Öffentlichkeit und in der Verwaltung schon immer als ein großer Mangel empfunden worden ist.
Als im Jahre 1900 das Württ. Wassergesetz erlassen wurde, hat die Regierung gleichzeitig als Ergänzung zu diesem dem Landtag ein Flußbaugesetz vorgelegt, das jedoch vor allem wegen seinen .weittragenden finanziellen Verpflichtungen für Staat und Gemeinden wieder zurückgezogen wurde. In der Zwischenzeit ist immer wieder die Forderung nach einem solchen Ge setz erhoben worden; aber erst das Katastrophenhochwasser vom 29 Dezember 1947 hat den Anlaß gegeben, daß diesem dringenden Bedürfnis endlich entsprochen wurde
Abschnitt I des Gesetzes handelt von der Instandhaltung der öffentlichen Gewässer Diese Aufgabe fällt im allgemeinen den Gemeinden zu; nur die wichtigsten Flüsse, wie Neckar mit Enz. Nagold und Glatt Donau mit Iller und Riß sowie Areen und Achussen . stehen innerhalb gewisser Gren zen in Staatsunte.-haltung Dabei können Anlieger, Triebwerksbesitzer und sonstige Wassernutzungsberechtigte, die Vorteile durch die Instandhaltung haben, an den Kosten beteiligt werden. Das Land kann
auch für die von ihm unterhaltenen Flußstrecken Beiträge von den Gemeinden erheben Fluß- und Uferbauten zur Sicherung von Grundstücken, Wegen. Brücken, Eisenbahnen usw. sind von den Besitzern dieser Bauten instandzuhalten.
Abschnitt II regelt die Verbesserung und den Ausbau der öffentlichen Gewässer, die im gleichen Sinne wie die Instandhaltung durch Staat und Gemeinden erfolgen.
In Abschnitt III sind die gemeinsamen Vorschriften für die Instandhaltung und den Ausbau, insbesondere solche rechtlicher Art, enthalten, und Abschnitt IV befaßt sich mit der Instandhaltung der nicht öffentlichen, d. h. der Im Privateigentum stehenden Gewässer, die dem Grundeigentümer obliegt
Abschnitt V enthält wichtige Bestimmungen über den Hochwasserschutz, die u. a. einschneidende Eigentumsbeschränkungen für die im Hochwasserbereich Hegenden Grundstücke vorsehen und jeden arbeitsfähigen Einwohner zur Leistung von Hand- und Spanndiensten im Falle der Gefahr verpflichten.
Das vorliegende Gesetz lehnt sich an den Entwurf vom Jahre 1901» an, ist jedoch sehr viel kürzer gefaßt als dieser Es läßt deshalb auch noch manche Frage offen und es weist, wie alle heute beschlossenen und aus der Not der Zeit geborenen Gesetze, Mängel auf Eine enduültiee Stellungnahme kann jedoch erst erfolgen, wenn die Ausführungsvorschriften vorliegen. L,