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Laien iu uer

Von Dr E. Weller, Calw

Ab 1 Januar 1949 werden bei den Amts und Landgerichten wieder Laien als SehÖf fen und Geschworene hoi der Urteilsfindung in Strafsachen mitwirken Aus diesem Grunde sind in den letzten Tagen von dem vom Kreisversanimjungsausscliuß bestimm­ten Siebener-Ausschuß bei den Amtsgeric» ten anhand einer von den Gemeindeverwal­tungen zur Verfügung gestellten Urliste die notwendigen Schöffen und Geschworenen gewühlt worden ln der Urliste sind alle Bürger aufgestellt, die die Befähigung zu dem Amt de« Schöffen und Geschworenen haben Dieses Amt ist ein Ehrenamt, dem die Gewählten, sofern sie nicht einen gesetzlich festgelegten Ahlehnungsgrund haben, naehkommen müssen. Unfähig zu dem Amte sind solche Personen, welche die Be fähigung hierzu durch strafgerichtliche Verurteilung verloren haben oder die in folge gericl tlicher Anordnung in der Ver ftigung über ihr Vermögen beschränkt sind. Es sollen nur solche Personen ge wählt werden, die das 30 Lebensjahr voll­endet und die ihren Wohnsitz in der Ge­meinde zwei volle, Jahre haben. Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Ge brechen nicht geeignet sind, kommen eben falls nicht in Frage. Ferner scheiden aus sämtliche richterliche Beamte und Beamte der Staatsanwaltschaft, da es sich ja gerade um Laien handeln soll, ferner gerichtliche und polizeiliche Vollstreoknngsheamte und Religionsbeamte. Personen, die über 65 Jahre alt sind, können ebenso wie Ärzte und Frauen, welche durch die Fürsorge für ihre Familien keine Zeit haben, das Amt ab­lehnen.

Die Schöffen und Geschworenen werden für eine Sitzungsperiode von vornherein ausgelost. Sie werden also nicht für eine einzelne Strafsache, die zur Verhandlung steht, bestimmt. Wenn ein Schöffe in der Ausübung seines Amtes verhindert ist. tritt an seine Stelle ein ebenfalls bereits gewählter Ililfsschöffe.

Schöffen und Geschworene sind Laien, die bei der Urteilsfindung in Strafsachen neben rechtsgelehrten Berursrichtern mitwirken Die Schöffen sind Beisitzer auf den Schöf­fengerichten, die Geschworenen auf den Schwurgerichten Die Schöffengerichte sind zuständig für schwerere Vergelten und Verbrechen, während bei den Schwurgerieh ten die sog.Kapitalverbrechen wie bei­spielsweise Mord oder Meineid zur Ver­handlung kommen.

Im Kreis La Iw bestehen Schöffengerichte beim Amtsgericht Calw für die Amts- gerichtshezirke Calw und Nagold und beim Amtsgericht Neuenbürg für dessen Bezirk Jugend-Scltöffengetinhte befinden sich bei ollen Amtsgerichten also auch beim Amts­gericht Nagold. Die Schöffengerichte sind besetzt durch einen Richter und 2 Schöffen Außerdem wirken Schöffen in den Straf kammern des Landgerichtes mit, wo Be­rufungsfälle gegen Urteile des Amtsgerichts und des Schöffengerichts verhandelt werden

Die Seitwi.rgericlite treten bei den Land­gerichten nach Bedarf zusammen. Durch die Lnndcsjustizverwaltnng kann bestimmt werden, daß die Bezirke mehrerer Land­gerichte zu einem Schwurgerichtsbezirk zusammengelegt weiden. Es ist bestimmt worden, daß die Bezirke des Landgerichts Tübingen und Hcchingen einen Schwur- gorichtsbezirk bilden und daß die Sitzungen des gemeinsamen Schwurgerichts beim Landgericht Tübingen stattfinden. Der Kreis Calw gehört zu dem Landgerichts- bezirk Tüliingen.

Die Schwurgerichte sind besetzt mit drei Bcrufsrichtorn einsehl. dem Vorsitzei.den und sechs Geschworenen. Während der Ilauptverhamllung üben die Schöffen und Geschworenen das Richteramt in vollem lmfnngc und mit gleichem Stimmrecht wie die Berufsrichter aus. Sie sind den Berufs richlcru in der, Urteilsfindung, und zwarj

was die Schuldfeststellung und Straffest­setzung anbelangt, völlig gleichberechtigt

Bis zum Ja lue 1923 hatten die Ge­schworenen auf den Schwurgerichten eine besonders geartete Steilung. Sie wirkten nämlich lediglich bei der Festsetzung der Tatfrage und Schuldfrage, dagegen nicht hei der Festsetzung der Strafe als solcher mit. Am Schluß der mündlichen Verhandlung zogen sich damals die Ge­schworenen allein in ihr Beratungszimmer zurück und berieten in Abwesenheit der Berufsrichtei anhand eines Fragebogens, der ihnen vom Vorsitzenden vorgelegt wor den war, über die Tat- und Sehuldfrage. In dem Fragebogen war die Schuldfrage regel­mäßig in Haupt-, Uilfs- und Nebenfragen gegliedert. Vorher wurden die Geschwore­nen von dem Vorsitzenden eingehend be­lehrt. Hierbei durfte ihnen der Vorsitzende nicht seine eigene Meinung Uber den Fall sagen. Nach der Beratung und Beschluß­fassung kehrten die Gesellworenen in den Sitzungssaal zurück und ihr Obmann ver­kündete in feierlicher Formauf Ehr und Gewissen" den Wahrspruch (Verdikt) der Geschworenen. In diesem Wahrspruch wurde zum Ausdruck gebracht, ob die Ge­schworenen den Angeklagten für schuldig oder nicht schuldig befanden. Dieser Wahr­spruch mußte von den Berufsrichtern ohne Rücksicht auf ihre eigene Meinung ange­nommen werden. Er unterlag nicht der richterlichen Nachprüfung. Die Berufsrich­ter hatten lediglich noch das Urteil zu fäl­len. Hierbei wirkten die Geschworenen jedoch nicht mit. Bei Verneinung der Schuldfrage mußten die Berufsrichter frei- sproclien, hei Bejahung mußten sie bestra­fen, indem sie über die Art und Höhe der Strafe entschieden.

Im Jahre 1923 wurde diese Regelung ab- gesehafft und das heute wieder gültige Verfahren eingeführt. Hierbei haben die Gesciiworenen die gleiche Stellung wie die Schöffen, d. h, sie entscheiden gemeinsam mit den Richtern über die Schuldfrage wie Uber die Strafhöhe. Das Schwurgericht ist

Verkauf von Weilmafhtsbäumcn im Jahre 1948

Bei Verkauf vom Waldbesitzer an den Kleinhandel und Großhandel sind folgende Preise in Rechnung zu stellen:

Klasse Größe der Bäumchen Höchstpreis (Stumpflängen über 20 cm und astlese Spitzenlängen über 30 cm sind nicht mitzurechnen)

0 bis zu 70 cm 0,15 DM

1 über 70 bis zu 130 cm 0.35 1 >M

2 über 130 bis zu 200 cm 0,50 DM

3 tiber 200 bis zu 300 cm 1.10 DM

4 über 3J0 bis zu 400 cm 1.70 DM

Die oben angeführten Preise dürfen

nicht überschritten werden. Für gering­wertige Bäume und besonders ungünstige Abfuhrlage ist ein Abzug von den Höchst­preisen zu machen Den Preisen dürfen vom Erzeuger die tatsächlich entstehenden, aber angemesseren Werbungskosten zu- "eschlagen werden. Beim Einzelahsatz vom Waldbesitzer an den Verbraucher können zu den Preisen nach Absatz 1 und 3 Zu­schläge von 15 Prozent gemacht werden Dieser unmittelbore Absatz unterliegt nicht den marktregelnden Bestimmungen, da­gegen der Preisverordnung. Der Absatz von Weihnaohtsbäuinen seitens der Ge­meinden an ihte Einwohner unter Aus Schluß von Händlern gilt als unmittelbarer Absatz.

Die Abgabe von Weihnacbtshäumcn durch Erzeuger an Händler und Wieder Verkäufer darf nur an Inhaber von Markt Ausweisen erfolgen. Der Absatz von Weih riaclitsbäumen durch Kleinhändler an die Verbraucher darf nicht vor dem 8 Dezem her 1948 beginnen, dagegen der Absatz an Händler ab sofert.

Im Auftrag der W Forstdirektion Tübingen Der Kreisforstmeistcr.

Stadt Calw _

Zur Schulwahl am Sonntag, 12. Dezem­ber, werden die Abstimmberechtigten dies­mal nicht benachrichtigt und erfolgt keine Zusendung der Wahlzettel. Die Abstimm­zeit ist von 9.00 bis 18.00 Uhr, die Wahl­bezirkseinteilung ist dieselbe wie bei den vorausgegangenen Wahlen.

Bürgermeisteramt.

also praktisch heute nichts anderes als ein vergrößertes Schöffengericht.

Über die Frage, ob es zweckmäßig ist, Laien an der Strafrechtspflege zu betei­ligen, herrschte von jeher keine einheit­liche Meinung. Bekanntlich wurden die Schöffen- und Schwurgerichte während des Dritten Reiches abgeschafft, da man damals davon ausging, daß Berufsriehter bei freier Beweiswürdigung ebensogut oder besser als Laien imstande sind, Recht zu sprechen. Diese Ansicht mag im Einzelfall auch durchaus zutreffen. Sie rechtfertigt aber noch nicht die Abschaffung der Laienbetei­ligung in der Justiz, wenn das Volk in diese Art von Justiz tatsächlich mehr Ver­trauen hat. Die Einführung der Laien­gerichtsbarkeit in Deutschland erfolgte allerdings nicht aus Zweckmäßigkeitsüber­legungen, sondern war im wesentlichen ein politischer Akt, als die absolute Monarchie durch die konstitutionelle Monarchie ver­drängt wurde. Es war eine Forderung der liberalen.Parteien, die in Frankreich bereits im Jahre 1791 und in den meisten deutschen I.ändern im Jahre 1848 durchgesetzt wurde. Vorbild hierfür war das englische Muster, wo dieJury von alters her überliefert war.

Richtig ist, daß außer der Garantie der Öffentlichkeit der Justiz nichts so sehr eine Kontrolle der Unparteilichkeit des Rich­ters gewährleistet, wie die Beteiligung von Laien in der Rechtsprechung bei Straf- fällen. Das Vertrauen einzelner Angeklag­ter mag zu seinen Mitbürgern trotz der Garantie der richterlichen Unabhängigkeit auch größer sein als zu einem rerhtsgelehr- ten Beamten Ein wesentlicher Faktor, der für die Wiedereinführung der Laien­gerichtsbarkeit spricht, liegt meines Erach­tens in dem erzieherischen Wert. Bei den Laien, die in der Rechtsprechung mitwir­ken, wird die Überzeugung gestärkt, daß wirklich Recht gesprochen wird. Sie be­kommen einen Einblick in den Gang der Justiz, wovon viele nichts oder nur wenig wissen. Vor allem aber sind diese Laien­richter genötigt, selbst einen richtigen rechtlichen Maßstab an die Handlungen anderer Mitbürger anzulegen Sie schulen ihr eigenes Rechtsgefühl, ihr Vertrauen zu Jen Gesetzen und zu den staatlichen Ein­richtungen wird gestärkt. Dies wirkt sich nicht nur auf die S-höffen und Geschwo­renen. sondern mittelbar auch auf weitere Volkskreise aus. Aus diesem Grunde ist es zu begrüßen, daß die Schöffen- und Schwur­gerichte wieder eingefü'Tt worden sind. So können sich wieder Kenntnis der Ge­setze, Berufserfahrung und Urteilskraft der Berufsrichter mit der natürlichen An­schauung und der Unbefangenheit der Laien glücklich ergänzen.

Bekanntmachung

Durch Beschluß des Landratsamts vom 22. Novemher 1948 ist nachstehenden An­trägen auf Erteilung einer Ausnnhmebewil- ligung i S. des <5 5 des Einzelliandeis- schutzgesetzes entsprochen worden;

1 Artur Tllinger in G alw zur Neu-' erriehtnng einer Verkaufsstelle für Tabak- waren und Wein in dem Ladenlokal im Erdgeschoß des Hauses Bad«tr. 7 in Calw,

2 Messersehmiedmeister Martin März in Falw zur Errichtung einer Verkaufs­stelle für Stahlwtreu in einem Laden im Erdgeschoß des Hauses Lederstraße 46 in Calw,

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