Amtsblatt für den Kreis Calw

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Calw

Freitag, 3. Dezember 1948

Nr. 48

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Kreistags- und Bürgermeisterwahlen

Einführung in den Wahlvorgan.

Am Sonntag, den 5. 12. 1948, finden in einem. Wahlgang die Kreistags- und Bür­gemeisterwahlen statt. Nach den gesetz­lichen Bestimmungen müssen für jede der Wahlen besondere Stimmzettel (in verschie­dener Farbe), besondere Wahlumschläge und gesonderte Wahlurnen benützt werden.

Die Bürgermeisterwahl wird nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl durchge­führt. Der Kreistag wird bei Vorliegen von mehreren Wahlvorschlägen (in den Wahl­bezirken 1 Calw, 4 Stammheim, 7 Alten­steig, 8 Wildbad, 10 Birkenfeld) nach den Grundsätzen der Verhältniswahl gewählt, In den Wahlbezirken mit nur 1 Wahlvor­schlag <2 Bad Liebenzell, 3 Altburg, 5 Wild­berg, 6 Nagold, 9 Neuenbürg, 11 I-Ierrenalb) findet die Kreistagswahl nach den Grund­sätzen der Mehrheitswahl statt.

Bei den Gemeinderatswahlen am 14. 11. 48 hat sich gezeigt, daß der größte Teil der Wähler sehr gut mit der Wahltechnik ver­traut ist. Die Zahl der ungültigen Stimm­zettel hat sich gegenüber der Gemeinde­ratswahl 1915 um über die Hälfte vermin­dert. In den nachstehenden Ausführungen wird versucht, für die beiden Wahlen noch letzte Hinweise zu geben.

Wann wird gewählt?

Die Abstimmungszeit für Sonntag, den 5. 12. 1948, ist auf 817 Uhr festgesetzt. Verschiedene Gemeinden unter 1000 Ein­wohner haben von der Abkürzung der Ab- stiinmungszeit Gebrauch gemacht.

Wer darf wählen?

Wahlberechtigt ist jeder Gemeindebürger, der in der Wählerliste der Gcmoinderats- wahl vom 14. 11. 1918 eingetragen ist. Die Voraussetzungen der Wahlberechtigung für den 5. 12. 1948 müssen am 14. 11. 1948 vor- liegcn.

cc) Der Stimmzettel darf bei der Abgabe höchstens soviel Stimmen enthalten als Mitglieder des Kreistags im zuständigen Wahlbezirk zu wählen sind (in 10 Wahl­bezirken 3 Sitze und im Wahlbezirk 6 Nagold 4 Sitze).

b) Wählbar als Bürgermeister ist jeder deutsche Staatsangehörige, der am 1. 1. 1948 das 25. Lebensjahr vollendet hat und dem die Wählbarkeit am 5. 12. 1948 nicht ab­erkannt ist.

Wie wird gewählt?

Der Wähler läßt sich bei Betreten des Wahlraums unter Vorzeigen seiner Wähler­karte je einen amtlichen Wahlumschlag für die Kreistagswahl und die Bürgermeister­wahl geben. Den ins Haus zugestellten Stimmzettel bringt der Wähler mit. Außer­dem liegen amtlich hnrgestellte Stimmzettel der Verhältniswahl für den Kreistag im Wahllokal vor. Stimmzettel der Mehrheits­wahl für den Kreistag und Bürgermeister können nur vor dem Wahllokal bereit lie­gen. Der Wähler begibt sich in die Wahl­zelle, macht seinen Stimmzettel fertig, so­fern er dies nicht schon zu Hause gemacht hat. Er steckt den Stimmzettel in den dafür vorgesehenen Umschlag, der nicht zugeklobt oder mit Kennzeichen versehen werden darf. Der gelbe Stimmzettel kommt in den Wahlumschlag ..Kreistagswahl, der weiße Stimmzettel in den WahlumschlagBürger­meisterwahl Mit den Umschlägen begibt sich der Wähler an den Tisch des Abstim­mungsvorstandes, läßt seine Abstimmung in der Wählerliste vermerken und steckt ( den mit schwarzem Aufdruck versehenen Wahlumschlag für die Kreistagswahl per- ( sönlich in die für die Kreistagswahl vor­gesehene Urne. Den mit rotem Aufdruck ( versehenen Wahlumschlag für die Bürger- ( meisterwahl steckt er persönlich in die für (

die Bürgermeisterwahl vorgesehene Wahl­urne.

Wahlberechtigte, die des Schreibens un­kundig oder durch körperliche Gebrechen behindert sind, ihren Stimmzettel eigenhän­dig auszufüllen oder ,in den Umschlag zu stecken und diesen in die Wahlurne zu wer­fen, dürfen sich der Hilfe einer Vertrauens­person bedienen. Nach der Wahlhandlung verläßt der Wähler sofort den Wahlraum.

Beispiele der Stimmenabgabe a) K r e i s t a g s w a h 1 e n. aa) Verhältniswahl (in Calw, Stamm­heim, Altensteig, Wildbad, Birkenfeld).

Im Wahlbezirk 2 Altborg, dem die Gemeinden Altberg, Neuberg, Altdorf, Rotenbach und Schrezbach angehören, sind für die Kreistagswahl 4 Wahlvor- sehläge zugelassen worden. In diesem Wahlbezirk findet, wie in allen Wahl­bezirken von 2 und mehreren Wahlvor­schlägen die Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl statt Iin Verhältnis der Einwohnerzahl des Wahlbezirks zur Einwohnerzahl des Kreises entfallen auf den Wahlbezirk 3 Sitze. Es sind dio amtlich hergestellten Stimmzettel aus gelbem Papier zu benützen, andere sind ungültig. (Nur einen Stimmzettel verwenden!)

Beispiele: Wahlbezirk 2 Altberg (3 Sitze)

Stimmzettel

für dio Kreistagswahl am 5. 12. 1948

Wahlvorschlag Nr. 1 Kennwort: CDU

) Ungerer Heinrich, Fabrikdirektor, Altberg

) Bauderer Friedrich. Geschäftsführer, Altberg ,

) Rohrer Karl, Arbeiter, Neuberg

)

Wie wird gewählt?

a) Sämtliche 34 Mitglieder des Kreistags werden auf 3 Jahre gewählt. Gewählt wird in 11 Wahbezirken (10 Bezirke mit 3 Sitzen und 1 Bezirk (Nagold) mit 4 Sitzen).

b) In sämtlichen Gemeinden des Kreises und des Landes werden die Bürgermei­ster auf 6 Jahre gewählt.

Wer kann gewühlt werden? a) Wählbar in den Kreistag ist, wer im

Wahlbezirk die Wählbarkeit für den Ge-

nm'nderat besitzt.

aa) In der Verhältniswahl können nur die Wahlbewerber gewählt werden, die auf den amtlich hergestellten Stimm­zetteln enthalten sind. Man kann, wenn man sich nicht für eine Liste oder einen unabgc-"ndcrtcn Stimmzettel entschei­den will, kumulieren (1 Bewerber bis zu 3 Stimmen geben) und panasehieren (Bewerber aus anderen Wahlvorschlä­gen übernehmen). Es sind dabei die amt­lich hcrgestellten Stimmzettel aus gel­bem Papier zu benützen, andere sind ungültig.

bb) Bei der Wahl nach den Grundsätzen der Mehrheitswahl können die nicht­amtlich hergestellten Stimmzettel für den einzigen Wahlvorschlag oder eigene Stimmzettel aus gelbem oder gelblichem Papier verwendet werden. Der Wähler ist an den vorliegenden Wahlvorschlag nicht gebunden und kann andere wähl­bare Personen der Gemeinde auf seinen Stimmzettel setzen.

Ungültige Stimmzettel

Von Reg.Insp. B o f i n g c

1. Trotz eingehender Aufklärung und Einführung in den Wahlvorgang, trotz Cürgerversammlungen in einigen Gemein­den, in denen die Bürgermeister auf die ge­setzlichen Möglichkeiten der Ausübung des Wahlrechts hingewiesen haben, gab es bei den Gemeinderatswahlen am 14. 11. 1948 wieder eine Anzahl ungültiger Stimmzettel und ungültiger Stimmen. Allerdings ist gegenüber den Wahlen von 1946 ein ge­waltiger Rückgang zu verzeichnen. Den Wählern ist in der Zwischenzeit die Wahl­technik geläufiger geworden. Da die Kreis­tagswahl am 5 12. 1948 nach ähnlichen Grundsätzen wie die Gemeinderatswahlon durchgeführt wird, soll hier versucht wer­den, etwas Aufklärung zu schaffen, damit die ungültigen Wahlstimmen noch mehr abnehmen.

Im Kreis Calw gab es bei 103 Gemeinden die in Klammer beigesetzten Zahlen sind die Zahlen von 1915 39 925 (15 253) Abstimmende, 1602 (3506) ungültige Stimm­zettel und 778' f 17 782) ungültige Stimmen. Der sehr ins Auge fallende Rückgang der ungültigen Stimmen ist vor allem darauf zurückzuführen, daß viele Abstimmungs­vorstände im Jahr 1946 aus den ungültigen Stimmzetteln jeweils ungültige Stimmen konstruierten; wo dieser Fehler 1948 wie­derholt wurde, ist eine Berichtigung von amtswegen erfolgt.

2. Auf welche Weise kam es nun zu den

und ungültige Stimmen

r beim Landratsamt Calw

ungültigen Stimmzetteln? Die Statistik zeigt rund:

100 Fälle von beleidigenden Bemerkungen auf Wahlumschlägen oder Stimmzetteln, 100 leere Stimmzettel,

250 Stimmzettel, deren Inhalt ganz durch­strichen war,

100 leere Wahlumschläge.

Diese absichtlich herbeigeführten Ungül­tigkeiten sind nur so zu verstehen, daß Wähler ihrem Herzen durch Beleidigungen, Bibelsprüche oder sonstige unsachliche Be­merkungen Luft machten Mancher ver­schaffte sich Genugtuung, indem er durch einen ihm nicht genehmen Wahlvorschlag einen dicken Strich zog oder leere Stimm­zettel oder leere Wahlumsehlägo abgab. Diesen Wählern kann gesagt werden, daß es mit dieser nichts geltenden Abstimmung auf keinen Fall besser wird. Wer an der Wahl so destruktiv teilnimmt, soll lieber zu Hause bleiben. Der Alpdruck des Schlag­wortes ..Wahlrecht ist Wahlpflicht sollte keinen Wähler mehr an die Wahlurne zwingen; cs gibt keinen wohlorganisierten Abschleppdienst mehr zur Aufbringung auch des letzten Wählers. Damit soll nicht gesagt sein, daß ein Wahlberechtigter sich eines seiner wichtigsten Grundrechte ohne weiteres begibt. Seit der Rückgabe des Selbstverwaltungsrcchtcs an die Kommu­nen, veranlaßt durch den Reichsfreiherrn von Stein vor über 100 Jahren, sollte jeder